Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 25270/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 97/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 09. Dezember 2008 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H ab dem 05. September 2008 gewährt.
Gründe:
Die sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Dezember 2008 richtende Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. § 114 ZPO).
Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache fern liegend ist (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2003 – 1 BvR 1152/02 – NJW 2003,3190; Beschluss vom 07. April 2000 – 1 BvR 81/00 – NJW 2000,1936).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klage hinreichende Erfolgsaussicht. Der Kläger hat mit seinem Begehren, ihm höhere Kosten der Unterkunft und Heizung im Hinblick auf das Bestehen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft mit seinem Sohn zu gewähren, eine reale Chance zum Obsiegen. Der Kläger bildet mit seinem Sohn in der Zeit der Wahrnehmung des Umgangsrechts ggf. zeitweise eine Bedarfsgemeinschaft. Zur Bedarfsgemeinschaft zählen die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Einem Haushalt kann auch derjenige angehören, der mit einer gewissen Regelmäßigkeit in einem nicht unerheblichen Umfang ein Elternteil besucht (vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 14/06 R – BSGE 97,242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 = NZS 2007, 383). Damit ist der Sohn des Klägers als Kläger zu 2.) in das Verfahren einzubeziehen. Das BSG hat bereits in seiner Entscheidung vom 07.11.2006 (B 7b AS 14/06 R – a.a.O. mit Anm. Behrend, jurisPR-SozR 9/2007 Anm. 1) klargestellt, dass in Fällen, in denen "Scheidungs- bzw. Trennungskinder" das Umgangsrecht bei einem Elternteil wahrnehmen, jedes Mitglied einer (auch zeitweiligen) Bedarfsgemeinschaft ggf. einen eigenen Leistungsanspruch nach dem SGB II hat, als dessen Folge eine Einbeziehung in das Streitverfahren in der Regel erforderlich ist. Hinsichtlich der hier im Streit stehenden Kosten der Unterkunft und Heizung entfiele ein hälftiger Anteil auf den Sohn des Klägers (vgl. zur Aufteilung nach Kopfzahl: BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14 / 11b AS 61/06 R – SGb 2008, 472; Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Hierbei ist davon auszugehen, dass der Kläger die Ansprüche seines Sohnes als Vertreter geltend macht. Der Senat wendet im Lichte des Art. 6 Grundgesetz (GG) die Regelung des § 1687 Abs. 1 BGB über die alleinige Sorgerechtsausübung und damit auch alleinige Vertretung durch einen Elternteil, bei dem sich das Kind berechtigterweise aufhält, auch auf die Vertretung prozessunfähiger Kinder im sozialgerichtlichen Verfahren über Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II bei temporärer Bedarfsgemeinschaft an (vgl. LSG NRW, Urteil vom 21. April 2008 – L 20 AS 112/06 – Sozialrecht Aktuell 2008,155 zitiert nach juris). Für den Kläger bedeutet das, dass er nach § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB berechtigt ist, Ansprüche seines Sohnes nach dem SGB II, die für die Zeit der (zeitweisen) Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts geltend gemacht werden, als Angelegenheit des täglichen Lebens und der tatsächlichen Betreuung unmittelbar gerichtlich zu verfolgen, ohne zuvor eine entsprechende familiengerichtliche Entscheidung nach § 1628 BGB (familiengerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern) herbeiführen zu müssen. Die Möglichkeit einer zeitweise bestehenden Bedarfsgemeinschaft sehen auch der Beklagte und das Sozialgericht. Die ablehnenden Entscheidungen des Beklagten für den im Streit stehenden Zeitraum vom 01. April 2007 bis zum 31. März 2008 durch die Bescheide vom 01. Oktober 2007 und 31. Oktober 2007, beide geändert durch Änderungsbescheide vom 14. Februar 2008, in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Juli 2008 und auch der angefochtene Beschluss des Sozialgericht, der auf die Begründung in den Widerspruchsbescheiden Bezug genommen hat, wurden im wesentlichen damit begründet, dass der Aufenthalt des Sohnes des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum trotz Aufforderung mit Schreiben vom 12. Juni 2008 unter Fristsetzung zum 30. Juni 2008 nicht nachgewiesen ist. Für die Frage eines Anspruchs auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung ist aber das Bestehen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Sohn entscheidend. Nur dann wären die derzeitigen Kosten für die 59 m² große Zwei-Raum-Wohnung in Höhe von monatlich 396,13 EUR (auch nach der AV-Wohnen) als angemessen anzusehen. Dies ist in der Klageschrift noch nicht ausreichend dargelegt. Der Klägervortrag beschränkt sich auf die Behauptung, der Sohn verbringe regelmäßig – entsprechend der vor dem Familiengericht des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg getroffenen Umgangsregelung - einen großen Teil seiner Zeit beim Kläger. Aufgrund des derzeitigen Klagevortrags kann über das Bestehen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft im Streitzeitraum noch nicht entschieden werden. Ob diese Voraussetzungen vollumfänglich im Falle des Klägers und seines Sohnes erfüllt sind, bedarf der Ermittlung und Überprüfung im Hauptsacheverfahren.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Dezember 2008 richtende Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. § 114 ZPO).
Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache fern liegend ist (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2003 – 1 BvR 1152/02 – NJW 2003,3190; Beschluss vom 07. April 2000 – 1 BvR 81/00 – NJW 2000,1936).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klage hinreichende Erfolgsaussicht. Der Kläger hat mit seinem Begehren, ihm höhere Kosten der Unterkunft und Heizung im Hinblick auf das Bestehen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft mit seinem Sohn zu gewähren, eine reale Chance zum Obsiegen. Der Kläger bildet mit seinem Sohn in der Zeit der Wahrnehmung des Umgangsrechts ggf. zeitweise eine Bedarfsgemeinschaft. Zur Bedarfsgemeinschaft zählen die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Einem Haushalt kann auch derjenige angehören, der mit einer gewissen Regelmäßigkeit in einem nicht unerheblichen Umfang ein Elternteil besucht (vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 14/06 R – BSGE 97,242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 = NZS 2007, 383). Damit ist der Sohn des Klägers als Kläger zu 2.) in das Verfahren einzubeziehen. Das BSG hat bereits in seiner Entscheidung vom 07.11.2006 (B 7b AS 14/06 R – a.a.O. mit Anm. Behrend, jurisPR-SozR 9/2007 Anm. 1) klargestellt, dass in Fällen, in denen "Scheidungs- bzw. Trennungskinder" das Umgangsrecht bei einem Elternteil wahrnehmen, jedes Mitglied einer (auch zeitweiligen) Bedarfsgemeinschaft ggf. einen eigenen Leistungsanspruch nach dem SGB II hat, als dessen Folge eine Einbeziehung in das Streitverfahren in der Regel erforderlich ist. Hinsichtlich der hier im Streit stehenden Kosten der Unterkunft und Heizung entfiele ein hälftiger Anteil auf den Sohn des Klägers (vgl. zur Aufteilung nach Kopfzahl: BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14 / 11b AS 61/06 R – SGb 2008, 472; Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Hierbei ist davon auszugehen, dass der Kläger die Ansprüche seines Sohnes als Vertreter geltend macht. Der Senat wendet im Lichte des Art. 6 Grundgesetz (GG) die Regelung des § 1687 Abs. 1 BGB über die alleinige Sorgerechtsausübung und damit auch alleinige Vertretung durch einen Elternteil, bei dem sich das Kind berechtigterweise aufhält, auch auf die Vertretung prozessunfähiger Kinder im sozialgerichtlichen Verfahren über Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II bei temporärer Bedarfsgemeinschaft an (vgl. LSG NRW, Urteil vom 21. April 2008 – L 20 AS 112/06 – Sozialrecht Aktuell 2008,155 zitiert nach juris). Für den Kläger bedeutet das, dass er nach § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB berechtigt ist, Ansprüche seines Sohnes nach dem SGB II, die für die Zeit der (zeitweisen) Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts geltend gemacht werden, als Angelegenheit des täglichen Lebens und der tatsächlichen Betreuung unmittelbar gerichtlich zu verfolgen, ohne zuvor eine entsprechende familiengerichtliche Entscheidung nach § 1628 BGB (familiengerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern) herbeiführen zu müssen. Die Möglichkeit einer zeitweise bestehenden Bedarfsgemeinschaft sehen auch der Beklagte und das Sozialgericht. Die ablehnenden Entscheidungen des Beklagten für den im Streit stehenden Zeitraum vom 01. April 2007 bis zum 31. März 2008 durch die Bescheide vom 01. Oktober 2007 und 31. Oktober 2007, beide geändert durch Änderungsbescheide vom 14. Februar 2008, in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Juli 2008 und auch der angefochtene Beschluss des Sozialgericht, der auf die Begründung in den Widerspruchsbescheiden Bezug genommen hat, wurden im wesentlichen damit begründet, dass der Aufenthalt des Sohnes des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum trotz Aufforderung mit Schreiben vom 12. Juni 2008 unter Fristsetzung zum 30. Juni 2008 nicht nachgewiesen ist. Für die Frage eines Anspruchs auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung ist aber das Bestehen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Sohn entscheidend. Nur dann wären die derzeitigen Kosten für die 59 m² große Zwei-Raum-Wohnung in Höhe von monatlich 396,13 EUR (auch nach der AV-Wohnen) als angemessen anzusehen. Dies ist in der Klageschrift noch nicht ausreichend dargelegt. Der Klägervortrag beschränkt sich auf die Behauptung, der Sohn verbringe regelmäßig – entsprechend der vor dem Familiengericht des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg getroffenen Umgangsregelung - einen großen Teil seiner Zeit beim Kläger. Aufgrund des derzeitigen Klagevortrags kann über das Bestehen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft im Streitzeitraum noch nicht entschieden werden. Ob diese Voraussetzungen vollumfänglich im Falle des Klägers und seines Sohnes erfüllt sind, bedarf der Ermittlung und Überprüfung im Hauptsacheverfahren.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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