L 4 KR 1697/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1769/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1697/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger von der Beklagten weitere Kosten einer im November 2005 in London durchgeführten Herzoperation in Höhe von EUR 12.484,74 verlangen kann.

Der am 12 1939 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Er wurde 1982 und 1992 in London in der Klinik "Royal B. and H. N. T." (im Folgenden Royal B.), einer Einrichtung des britischen staatlichen Gesundheitsdienstes, am Herz operiert. Dabei wurde ihm 1982 eine bioprothetische Aortenklappe eingesetzt. Bei der Operation im Jahr 1992 handelte es sich um eine Re-Operation mittels Homograft. Seither fanden jährlich Kontrolluntersuchungen im Royal B. statt.

Vom 11. bis 13. Juli 2005 wurde der Kläger im Städtischen Klinikum K. stationär behandelt. Nach dem vorläufigen Entlassungsbericht der Stationsärztin Dr. S. vom 13. Juli 2005 wurden folgende Diagnosen nach einer am 12. Juli 2005 durchgeführten Herzkatheteruntersuchung erhoben: "Aorteninsuffizienz Grad II-III bei im TEE paravalvulärem Leck zwischen rechts- und linkscoronarer Tasche, Z. n. bioprothetischem Aortenklappenersatz 1982 und Re-OP. mittels Homograft (nur Klappe) 1992 in London, Coronarsklerose ohne hämodynamisch relevante Stenosen, assymptomatisches Aneurysma/Ektasie der Aorta ascendens, seit drei Jahren stabil bei: CT 55 mm, TEE 51 mm, jetzt angiographisch 51 mm, systolisch gute LV-Funktion mit deutlich erhöhten Füllungsdrucken (ganz kleines apikales Aneurysma), Echokardiographisch: mittelschwere pulmonale Hypertonie, Klinisch: oligosymptomatisch bzw. unspezifische Symptome, Paroxysmales Vorhofflimmern, akutell Sinusrhythmus, bekannter Linksschenkelblock, Rezid. hypertensive Entgleisungen, Sinusbradykardie unter Betablocker, minimal 48/min". Es wurde ein "konservatives Procedere" mit regelmäßigen kardiologischen Kontrolluntersuchungen vorgeschlagen.

Am 02. September 2005 wurde der Kläger ambulant im Royal B., Abteilung Kardiologie, untersucht. Nach dem Befundbericht des Kardiologen Dr. G. vom 21. Oktober 2005 habe sich hierbei das Erfordernis einer weiteren Aortenklappenoperation gezeigt.

Im September 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten sodann die Kostenübernahme für diese Herzoperation im Royal B ... Er legte ein Schreiben des Prof. P. vom Royal B. vom 09. September 2005 vor, wonach sich die voraussichtlichen Kosten der geplanten Herzoperation auf GBP 22.000,00 beliefen, wobei eine Sicherheitsleistung in Höhe von GBP 32.000,00 notwendig sei. Der Kläger legte des Weiteren ein Schreiben des Dr. G. vom 23. März 1992, den vorläufigen Entlassungsbericht der Dr. S. vom 13. Juli 2005 und ärztliche Bescheinigungen des Facharztes für Innere Medizin Dr. Sc. vom 21. September 2005 und des Internisten Dr. L. vom 05. und 10. Oktober 2005 vor. Dr. Sc. gab an, dass an der 1992 implantierten Aortenbioklappe innerhalb kurzer Zeit eine mittelgradige Insuffizienz aufgetreten sei. Es sei ein Progress mit der Notwendigkeit einer erneuten Herzklappen-Operation zu erwarten, wobei dieser Progress innerhalb kurzer Zeit und schnell eintreten könne. Die geplante Operation (erneuter Aortenklappenersatz mittels einer Bioprothese und Operation des Aortenaneurysmas) sei trotz des erhöhten Operationsrisikos sinnvoll und solle im Royal B. stattfinden, da der Kläger dort schon seit über 40 Jahren als Patient bekannt sei und großes Vertrauen in die dortigen Chirurgen und Kardiologen habe. Für die gleichzeitige Operation des Aortenaneurysmas spreche auch die arterielle Hypertonie mit immer wieder auftretenden hypertensiven Entgleisungen trotz regelmäßiger Überwachung der Blutdruckwerte und Anpassung der Therapie. Dr. L. gab in seinen Bescheinigungen an, seit 1992 sei ein Aneurysma der Aorta ascendens bekannt mit Progredienz und zwischenzeitlicher Aorteninsuffizenz Grad II-III sowie paravalvulärem Leck zwischen rechts- und linkskoronarer Tasche. Es sei aufgrund der Progredienz mit klinischen Beschwerden eine erneute Operation indiziert. Der Kläger wolle diese in London durchführen lassen, insbesondere wegen des hohen Vertrauens, das er diesen Ärzten nach den Operationen in den Jahren 1982 und 1992 entgegenbringe. Ärztlicherseits seien dieser Wunsch und die Ängste des Klägers nachvollziehbar. Um Kostenübernahme werde deshalb gebeten. Des Weiteren legte der Kläger die Auskunft des Dr. La. von der Klinik für Herzchirurgie K. vom 12. September 2005 vor, wonach sich die allgemeinen Krankenhauskosten bei den Diagnosen Aortenklappenersatz und Aortenascendenz (Diagnosen: ICD 10: I 71.2 und I 35.2) bei einem wahrscheinlichen Operationsschlüssel (5-384.02 und 5-351.04/02) und einer "DRG-Fallpauschale F 03 Z" auf insgesamt EUR 24.110,38 (= Bewertungsrelation 7, 685 x Basisfallwert EUR 3.137,33) beliefen. Der Kläger wies bezüglich des vorläufigen Entlassungsberichts der Dr. S. darauf hin, dass die Ursache der Krankheit nicht beseitigt werden solle, man vielmehr - ohne an seine Gesundheit zu denken - an einem konservativen Procedere festhalten wolle (undatiertes Schreiben des Klägers). Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Facharzt für Herzchirurgie Dr. Le. gelangte in dem Gutachten nach Aktenlage vom 25. Oktober 2005 zu der Einschätzung, dass aufgrund der Progredienz der vorliegenden kardiologischen Erkrankung aus sozialmedizinischer Sicht eine erneute Operation indiziert sei. Die geplante Operation könne in einer Klinik mit entsprechender Indikation in Deutschland durchgeführt werden.

Mit Bescheid vom 03. November 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Kosten der beantragten stationären Krankenhausbehandlung in England könnten anteilig übernommen werden. Die Kosten für die Dauer der medizinischen Notwendigkeit (§ 39 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V)) würden im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne präjudizierende Wirkung für ähnliche oder gleich gelagerte Fälle übernommen. Die Kostenzusage sei jedoch wie folgt beschränkt: Der MDK sei zwar zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Operation indiziert sei. Die geplante Operation könne jedoch in einer Klinik mit entsprechender Indikation in Deutschland durchgeführt werden. Man gewähre daher nur die Vertragssätze, die in einem vergleichbaren Vertragskrankenhaus in Deutschland entstünden. Zudem werde die gesetzliche Zuzahlung abgezogen sowie ein Verwaltungskostenabschlag in Höhe von 6,5 v.H. - mindestens EUR 3,50 bis max. EUR 30,00 - erhoben. Mit den Vertragssätzen seien sämtliche Leistungen, die von der Klinik und den behandelnden Ärzten erbracht würden, abgegolten. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, eine Beschränkung auf die Vergütung, wie sie von der Beklagten bei Erbringung der Sachleistung im Inland zu tragen sei, sei wegen § 13 Abs. 6 SGB V nicht möglich. § 13 Abs. 4 Satz 3 SGB V sei auf die Fälle stationärer Krankenhausbehandlung im EU-Ausland, die von der Zustimmung der Krankenkasse abhingen, nicht entsprechend anwendbar, zumal die Erbringung als Sachleistung gerade in den Fällen, in denen die Zustimmung nicht versagt werden dürfe, im Inland nicht möglich sei. Ein solcher Fall liege vor. Er sei bereits 1982 und 1992 im Royal B. mit einer in Deutschland ungebräuchlichen Operationsweise (bioprothetischer Herzklappenersatz/Einsetzen aus menschlichen Leichen entnommener Herzklappen) behandelt worden. Die Operationsmethode sei deshalb gewählt worden, weil sie verhindere, dass Blutkoagulationen einträten. Dies sei bedeutsam, da er blutverdünnende Medikamente, etwa Marcumar, nicht vertrage.

Vom 25. November bis 04. Dezember 2005 wurde der Kläger sodann im Royal B. stationär behandelt und am 28. November 2005 am Herz operiert (erneuter Aortenklappenersatz mittels Bioprothese). Dabei wurde auch das Aneurysma der Aorta ascendens beseitigt (Operationsbericht des Prof. P. vom 04. Dezember 2005 und histologischer Befund vom 01. Dezember 2005). Mit den Rechnungen vom 08. Dezember 2005 (Kosten für EKG: GBP 66,00), vom 09. Dezember 2005 (Kosten für den stationären Aufenthalt vom 25. November bis 04. Dezember 2005: GBP 23.193,49) und vom 22. Dezember 2005 (Behandlung am 25. November 2005: GBP 1.836,00) berechnete das Royal B. dem Kläger die in der Zeit vom 25. November bis 04. Dezember 2005 und am 08. Dezember 2005 durchgeführten Behandlungen. Die Beklagte erstattete dem Kläger vom Rechnungsbetrag der Krankenhausbehandlung vom 25. November bis 04. Dezember 2005 von EUR 36.595,12 insgesamt EUR 23.990,38 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zuzahlung von EUR 90,00 und dem Verwaltungskostenabschlag von EUR 30,00 (Schreiben vom 12. Januar 2006).

Die Beklagte holte die weitere Stellungnahme des MDK vom 28. November 2005 ein. Dr. Le. gab unter Hinweis auf sein Gutachten vom 25. Oktober 2005 an, die Operation könne auch in Deutschland durchgeführt werden. Nach ausführlicher Diskussion mit Dr. Po. von der Klinik für Herzchirurgie in K. könne die Operation auch dort durchgeführt werden. Gegenüber der Beklagten machte der Kläger am 13. Januar 2006 telefonisch geltend, er habe EUR 40.000,00 für die Operation ausgegeben (Aktennotiz der Beklagten vom gleichen Tag). Er wisse auch, dass eine solche Operation - irgendwo - in Deutschland durchgeführt werden könne. Aber jeder Arzt würde ihn an den ersten Operateur verweisen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. März 2006). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beklagte habe gemäß § 275 SGB V eine Begutachtung durch den MDK veranlasst, wobei bestätigt worden sei, dass die kardiologische Erkrankung eine erneute Operation indiziere. Die geplante Operation hätte allerdings in einer Klinik in Deutschland durchgeführt werden können, beispielsweise in der Klinik für Herzchirurgie in Karlsruhe. Die Notwendigkeit der geplanten und nun durchgeführten Operation werde nicht in Frage gestellt. Allerdings lägen die Voraussetzungen für eine volle Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 Satz 6 SGB V nicht vor. Mit der Zahlung der vergleichbaren deutschen Vertragssätze seien die Leistungsmöglichkeiten erschöpft.

Mit der am 20. April 2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage begehrte der Kläger die Zahlung von EUR 12.484,74. Er wies nochmals darauf hin, dass in den Jahren 1982 und 1992 im Royal B. im Wege einer in Deutschland bis dahin ungebräuchlichen Weise eine bioprothetische Herzklappe eingesetzt worden sei. Diese Operation sei von der Beklagten vollumfänglich bezahlt worden, da seinerzeit in Deutschland diesbezüglich ein Engpass geherrscht habe, weil nur eine einzige Klinik in Bad Oeynhausen eine solche Operation habe durchführen können. In Deutschland sei diese Operationsmethode immer noch nicht gebräuchlich, allein der Einsatz mechanischer Herzklappen sei üblich. Er sei jedoch auf die in London praktizierte Operationsmethode angewiesen, da er blutverdünnende Medikamente nicht vertrage. Dies ergebe sich sowohl aus dem Bericht des Dr. G. vom 23. März 1992 anlässlich der damaligen Behandlung im Royal B. als auch aus den Arztbriefen des Prof. Dr. D. vom D.-Krankenhaus in K.-R. vom 19. September und 06. Oktober 2003, wonach eine Behandlung mit Marcumar wegen Unverträglich dieses Medikaments abgebrochen worden sei. Eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung sei damit im Inland nicht erlangbar gewesen, so dass die Beklagte die vollen Kosten zu übernehmen habe. Aus § 18 Abs. 2 SGB V ergebe sich auch, dass die Beklagte weitere Kosten, wie z.B. die Reisekosten nach London, den Aufenthalt im Hotel und die Kosten für die Vor- und Nachuntersuchungen sowie die Aufenthaltskosten seiner Tochter als Begleitperson zu übernehmen habe. Diese Kosten seien jedoch, um die Klage "nicht durch Einzelposten eines Rechenwerks aufzublähen", noch nicht beziffert worden. Auch hätten nur die Ärzte im Royal B. bei der ambulanten Untersuchung am 02. September 2005, deren Kosten die Beklagte übernommen habe, erkannt, dass bei ihm eine Operation notwendig sei, was sich aus dem Bericht des Dr. G. vom 21. Oktober 2005 ergebe. Zudem sei bei der Operation in London auch das Aneurysma operiert worden, wobei nicht klar sei, ob die Mehraufwendungen hierfür in dem Betrag enthalten seien, den die Beklagte bereits erstattet habe. Auch sei anzunehmen, dass eine etwaige Operation in Deutschland nur mit einer unverhältnismäßigen Wartezeit hätte durchgeführt werden können, so dass sein Leben und seine Gesundheit gefährdet gewesen wären. Zudem hätten die englischsprachigen Unterlagen bei einer Operation in Deutschland erst aus London angefordert und übersetzt werden müssen. Hinzu komme, dass die Mortalitätsrate beispielsweise im Herzzentrum Lahr - bei einer zweiten Herzklappenoperation bei 10,29 v.H. liege. Für eine dritte Herzklappenoperation gebe ein entsprechendes Selbstberechnungsprogramm des Herzzentrums Lahr keine Auskunft. Eine Hochrechnung führe jedoch zu einer Mortalitätsrate von 23,53 v.H ... Zur weiteren Begründung legte der Kläger mehrere Arztbriefe, darunter u.a. den des Radiologen Dr. Lai. vom 12. März 2003, wonach der Kläger an einem zirkulären Aneurysma der Aorta ascendens leide, sowie die Bescheinigung des Dr. Sc. vom 01. September 2006 vor, dass es unter der Einnahme von Marcumar nach der Implantation der ersten Herzklappe 1982 zu mehreren Blutungskomplikationen gekommen sei, so dass bereits damals auf Aspirin ausgewichen worden sei, in Kenntnis dieser Vorgeschichte man sich dann bei der zweiten Operation 1992 für eine Bioprothese sowie man sich wegen mehrfacher hypertensiver Entgleisungen und der schlecht einstellbaren Hypertonie auch jetzt wieder für eine Bioprothese entschieden habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids. Sie legte ergänzend eine Stellungnahme des Dr. Le. vom MDK vom 13. Juli 2006 vor, wonach die geplante Operation (vergleichbarer bioprothetischer Herzklappenersatz) in einer herzchirurgischen Klinik mit entsprechender Indikation, z.B. in der Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe, hätte durchgeführt werden können. Eine solche Operation sei aufgrund der kardiologischen Erkrankung indiziert. Aufgrund der vorgelegten medizinischen Unterlagen sei jedoch nicht zu klären, ob beim Kläger eine Unverträglichkeit gegenüber Marcumar bestehe. Die Beklagte wies zudem darauf hin, dass der von ihr erstattete Betrag sämtliche beim Kläger angefallenen Behandlungskosten berücksichtige. Insoweit nahm sie auf das an den Kläger gerichtete Schreiben des Dr. La. vom 12. September 2005 Bezug.

Mit Urteil vom 30. Januar 2007 wies das SG die Klage ab. § 13 Abs. 4 Satz 6 SGB V setze voraus, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union möglich sei. Dies könne dann der Fall sein, wenn eine Krankheit im Inland nur symptomatisch behandelt werden könne, während im Ausland eine kausale, die Krankheitsursache beseitigende Therapie angeboten werde. Es lasse sich jedoch nicht nachweisen, dass eine gleich wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprechende Behandlung einer Krankheit im Inland nicht möglich gewesen sei. Die zahlreichen Herzzentren in der Bundesrepublik Deutschland, z. B. die Universitätsklinik Tübingen, das Herzzentrum Lahr, die Universitätsklinik Freiburg und/oder das Herzzentrum Bad Krozingen böten den bioprothetischen Klappenersatz als Behandlungsmaßnahme an. Verwiesen werde auf die umfangreiche Darstellung des diesbezüglichen Behandlungsansatzes z.B. im Herzzentrum Lahr (www.heart-lahr.com/arzt/therapie/aokchirurgie.htm, recherchiert am 01. August 2006). Nicht maßgebend sei, dass teilweise unterschiedliche Behandlungstechniken und operative Maßnahmen zum Einsatz kämen. Es seien auch keine Hinweise dafür ersichtlich, dass die in der Klinik in London praktizierte Methode einen qualitativen Vorrang gegenüber den in Deutschland angewandten Methoden habe. Auch lägen keine Hinweise dafür vor, dass die operative Maßnahme in einer Inlandsklinik aus Kapazitätsgründen und dadurch bedingten Wartezeit nicht hätte rechtzeitig erfolgen können. Dies auch deshalb, weil die Voruntersuchungen zur im November durchgeführten Maßnahme bereits im September 2005 erfolgt seien. Es habe mithin ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, entsprechende Behandlungsoptionen im Inland abzuklären. Dass der Kläger zuvor im Royal B. voroperiert worden sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Eventuell nur in englischer Sprache vorhandene Befundunterlagen hätten zeitgerecht übersetzt werden können. Es sei auch nicht vorgetragen, dass die 1982 und 1992 operierenden Ärzte nunmehr ebenfalls die Operation vorgenommen hätten. Die vorliegenden Unterlagen würden nicht belegen, dass die ab dem 25. November 2005 erfolgte stationäre Maßnahme als Notfallmaßnahme durchgeführt worden sei. Darüber hinaus erfasse die Erstattungssumme der Beklagten die operativ behandelte Veränderung der Aorta. Die der DRG-Fall-Pauschale F 03 Z zugrundeliegenden Diagnosen (ICD 10: I 71.2 = Aneurysma ohne Angabe einer Ruptur) trügen diesem Befund Rechnung. Mit Beschluss vom 14. Februar 2007 berichtigte das SG den letzten Satz des zweiten Absatzes der Entscheidungsgründe, da der Gesetzeswortlaut des § 13 Abs. 4 SGB VI nicht vollständig ausgedruckt worden sei.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 09. Februar 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08. März 2007 schriftlich Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die vollen Kosten der Auslandsbehandlung wegen der erheblichen Absenkung des Mortalitätsrisikos von der Beklagten zu tragen seien. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 Satz 6 SGB V lägen auch dann vor, wenn der im Ausland praktizierten anderen Methode ein qualitativer Vorrang gegenüber der in Deutschland angewandten Methode gebühre. In Deutschland stehe jedoch keine gleiche oder ähnlich wirksame und damit zumutbare Behandlungsalternative zur Verfügung. Aus der Stellungnahme des Prof. P. vom 16. März 2007 ergebe sich, dass die Mortalitätsrate bei der durchgeführten Operation in seiner Klinik zwischen 3 bis 5 v.H. liege, während sie im Herzzentrum bei über 10 v.H. gelegen habe (Bezugnahme auf das vorgelegte Schreiben des Oberarztes Dr. Al. vom Herzzentrum in L. vom 14. April 2007, wonach dieser zwar mehr Informationen bezüglich der bevorstehenden Operation benötige, aber - nachdem was der Kläger ihm erzählt habe - davon ausgehe, dass das Operationsrisiko über 10 v.H. betrage). Dr. Po. habe ihm keine Antwort gegeben, ob er (Dr. Po.) jemals eine dritte Aortenklappenersatzoperation durchgeführt habe und wie das Mortalitätsrisiko anzusetzen sei. Er habe unter dem 18. November 2005 GBP 20.000,00 an das Royal B. überwiesen. Er unterhalte ein Konto bei der Englischen National Westminster Bank und habe dem Royal B. ein auf dieses Konto bezogenen Scheck von GBP 12.000,00 gegeben, der am 23. November 2005 eingelöst worden sei. Damit sei die geforderte Hinterlegung von GBP 32.000,00 von ihm bezahlt worden. Von dieser Summe seien sowohl die Hauptrechnung über die Operation in Höhe von GBP 23.193,49 als auch die Kosten für die am 08. Dezember 2005 durchgeführt EKG-Nachuntersuchung in Höhe von GBP 66,00 bezahlt worden. Zudem seien vom Royal B. mit Rechnung vom 22. Dezember 2005 ein weiterer Vergütungsbetrag in Höhe von GBP 1.836,00 für die Untersuchung am 25. November 2005 in Rechnung gestellt worden. Der Kläger hat diesbezüglich den Orderscheck der Sparkasse Karlsruhe vom 18. November 2005, die Rechnungen des Royal B. vom 08., 09. und 22. Dezember 2005 sowie Kontoauszüge bezüglich seines Kontos bei der Sparkasse Karlsruhe und des Kontos bei der National Westminster Bank vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 03. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2006 zu verurteilen, ihm EUR 12.484,74 zu erstatten, hilfsweise bei der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH, Kanzlerstraße 4, 40472 Düsseldorf eine Auskunft zu der Tatsache einzuholen, dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenersatzoperation gibt, weiter hilfsweise Zeugnis der dort tätigen Dr. K. D. und Dr. F. T. hierzu einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Es werde bestritten, dass die Mortalitätsrate bei der dritten Herzklappenoperation des Klägers in Deutschland bei über 10 v.H. gelegen hätte. Das Schreiben des Dr. Al. vom 14. April 2007 stelle nur eine vorläufige Einschätzung dar und beruhe nicht auf Untersuchungsbefunden des Klägers. Die Beklagte hat zum Mortalitätsrisiko die Stellungnahme des Dr. Le. vom MDK vom 03. August 2007 vorgelegt, wonach sich nach ausführlichem Literaturstudium für die von der Beklagten benannten Kliniken (Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe, Universitätsklinik Tübingen, Herzzentrum Lahr, Universitätsklinik Freiburg und Herzzentrum Bad Krozingen) keine entsprechenden Literaturhinweise hinsichtlich des Mortalitätsrisikos hätten recherchieren lassen. Es gebe nur Berichte der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Gießen (Prof. Dr. Vogt) und der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie Bad Oeynhausen (Prof. Dr. Körfer). Prof. Dr. Vogt habe in einer Arbeit aus dem Jahr 2001 in seiner Patientengruppe eine Mortalität von 5,2 v.H. beschrieben, Prof. Dr. Körfer habe hingegen in einer Publikation aus dem Jahr 2006 eine 30-Tage-Mortalität bei Patienten über 80 Jahren von 19,9 v.H. angegeben. Prof. P. habe in seiner Arbeit vom November 2004 für seine Patientengruppe eine 30-Tage-Mortalität für Patienten mit eingeschränkter LV-Funktion von 4,5 v.H. sowie mit erhaltender LV-Funktion von 2,3 v.H. dargestellt, ohne zwischen einem Erst-, Zweit- oder Dritteingriff zu unterscheiden. In der derzeit aktuellen und verfügbaren internationalen Literatur lasse sich mithin bezüglich der genannten Fallkonstellation (dritte Operation der Aortenklappe) keine Aussage zur Mortalität finden. Prof. P. habe in seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 2004 keine selektiven Mortalitätsraten angegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1, 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger von der Beklagten nicht die Erstattung von weiteren aufgewendeten EUR 12.484,74 für die stationäre Behandlung vom 25. November bis 04. Dezember 2005 und ambulante Behandlung am 08. Dezember 2005 im Royal B. in London verlangen kann. Der Bescheid der Beklagten vom 03. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit - worüber im Berufungsverfahren allein zu entscheiden war - die Beklagte es ablehnte, einen Betrag von mehr als EUR 23.990,38 zu erstatten.

1. Aufgrund der im Bescheid vom 03. November 2005 erfolgten Kostenübernahmeerklärung der Beklagten hat der Kläger (nur) Anspruch auf anteilige Kostenübernahme für die vollstationäre Krankenhausbehandlung im Royal B. in Höhe von insgesamt EUR 23.990,38, und zwar unter Beachtung der gesetzlichen Zuzahlung von EUR 90,00 und dem Verwaltungskostenabschlag in Höhe von EUR 30,00.

1.1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst insbesondere auch die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V).

1.1.1. Nach § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses (das SGB V) oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht. Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Nach § 13 Abs. 5 Satz 1 SGB V in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung können abweichend von Absatz 4 in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den EWR, d.h. in Staaten, in denen die Verordnung EWG Nr. 1408/71 anwendbar ist, Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift darf die Zustimmung nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland, d.h. bei einem zugelassenen Vertragskrankenhaus erlangt werden kann. Diese Regelung des Genehmigungsvorbehalts knüpft an die Rechtsprechung des EuGH bei Krankenhausbehandlungen an, wonach Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen mit den Artikeln 49 und 50 EG-Vertrag vereinbar sind (vgl. EuGH SozR 3-6030 Art. 59 Nr. 6 und SozR 4-6050 Art. 59 Nr. 1).

Da Großbritannien zur Europäischen Gemeinschaft gehört, ist die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 5 Satz 1 SGB V für die vollstationäre Behandlung im Royal B. vom 25. November bis 04. Dezember 2005 von der vorherigen Zustimmung durch die Beklagte abhängig. Die Beklagte hat diese Zustimmung mit Bescheid vom 03. November 2005 erteilt, wobei der Senat offenlassen kann, ob in der hierin enthaltenen (teilweisen) Kostenübernahmeerklärung ein von der Anspruchsberechtigung des Klägers unabhängiger Rechtsgrund oder ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen ist (vgl. hierzu Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 39 SGB V RdNr. 359 ff. m.w.N., Stand Juni 2004).

Da eine für den Kläger ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung seiner Krankheit rechtzeitig bei einem zugelassenen Leistungserbringer im Inland hätte erlangt werden können (hierzu unter 1.1.2.), stand die Zustimmung im Ermessen der Beklagten. Die Beklagte hat ihr Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgeübt, dass sie der vom Kläger beantragten stationären Krankenhausbehandlung im Royal B. nur unter der Einschränkung zustimmte, dass die hierdurch verursachten Kosten anteilig unter Beachtung der Vertragssätze, die in einem vergleichbaren Vertragskrankenhaus in Deutschland entstanden wären, übernommen werden, und zwar unter Beachtung der gesetzlichen Zuzahlung und des Verwaltungskostenabschlags (hierzu unter 1.1.3.).

1.1.2. Sein Begehren, die für die Behandlung im November und Dezember 2005 angefallenen Kosten im Royal B. seien von der Beklagten in Umfang zu erstatten, kann der Kläger nicht auf § 13 Abs. 4 Satz 6 SGB V in der seit 01. Januar 2004 geltenden Fassung stützen. Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderem Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den EWR möglich ist. Der Senat geht davon aus, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung der Krankheit des Klägers in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland möglich war. Der Senat stützt sich hierbei auf die Stellungnahmen des Dr. Le. vom MDK vom 25. Oktober und 28. November 2005 sowie vom 13. Juli 2006, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte. Insbesondere aus der Stellungnahme vom 13. Juli 2006 folgt, dass auch ein bioprothetischer Aortenklappenersatz in Deutschland hätte durchgeführt werden können. Eine solche Operation wird beispielsweise in der Klinik für Herzchirurgie in Karlsruhe durchgeführt. Darüber hinaus steht nach den Ermittlungen des SG fest, dass auch das Herzzentrum Lahr entsprechende operative Eingriffe (bioprothetischer Herzklappenersatz) anbietet. Dies wird im Ergebnis vom Kläger auch nicht (mehr) bestritten, wie sich aus seinem Telefonat mit der Beklagten am 13. Januar 2006 ergibt (vgl. Aktennotiz vom gleichen Tag, Bl. 35 der Verwaltungsakte). Aus dem Umstand, dass in den Jahren 1982 und 1992 die beim Kläger im Royal B. damals durchgeführte Operation in Deutschland noch unüblich war bzw. nur von einer Klinik, der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie Bad Oeynhausen, durchgeführt wurde, ändert hieran nichts. Denn bis zur Operation im November 2005 waren mehr als zwölf Jahre vergangen. Im Laufe dieses Zeitraums ist die Änderung eingetreten, dass nunmehr auch (weitere) zugelassene Krankenhäuser in Deutschland den bioprothetischen Aortenklappenersatz durchführen. Das SG hat zu Recht dargelegt, dass der Umstand, dass der Kläger 1982 und 1992 im Royal B. voroperiert worden ist, keine andere Beurteilung rechtfertigt. Denn die medizinischen (Vor-) Unterlagen des Royal B. hätten von einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland vor der Operation angefordert werden können. Soweit dies überhaupt notwendig gewesen wäre, hätten die nur in englischer Sprache vorhandenen Befundunterlagen zeitgerecht übersetzt werden können. Dies ergibt sich daraus, dass die ab dem 25. November 2005 erfolgte stationäre Maßnahme nicht als Notfallmaßnahme durchgeführt worden ist und zwischen der Untersuchung im September 2005 und der stationären Aufnahme mehr als zwei Monate verstrichen waren. Aus dem zuletzt genannten Umstand folgt auch, dass für den Kläger nach der Untersuchung in September 2005 im Royal B. genügend Zeit bestand, Behandlungsalternativen in Deutschland zu suchen. Der Senat schließt jedoch aus den Gesamtumständen (mehr als 20-jähriger Kontakt des Klägers zum Royal B., jährliche Kontrolluntersuchungen dort), dass der Kläger eine Operation in Deutschland zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Betracht gezogen hat, er vielmehr auf die Operation im Royal B. festgelegt war.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den fachärztlichen Bescheinigungen des Dr. L. vom 05. und 10. Oktober 2005 sowie des Dr. Sc. vom 21. September 2005 und vom 01. September 2006. Beide Ärzte empfahlen eine Operation im Royal B. in erster Linie deshalb, weil der Kläger dort schon seit 40 Jahren als Patient bekannt sei und somit großes Vertrauen in die dortigen Chirurgen und Kardiologen habe. Weder Dr. L. noch Dr. Sc. haben jedoch dargelegt, dass ihrer Ansicht nach eine Operation in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland nicht möglich gewesen wäre.

Entgegen der Ansicht des Klägers liegen die Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 Satz 6 SGB V auch nicht deswegen vor, weil - wie von ihm angenommen - das Mortalitätsrisiko im Royal B. niedriger ist. Denn der Senat konnte nicht feststellen, dass die Behauptung, dass die Mortalitätsrate im Royal B. - im Vergleich zur Mortalitätsrate in zugelassenen Krankenhäusern in Deutschland - eklatant niedriger ist. Zwar führte Prof. P. in seinem Schreiben vom 16. März 2007 aus, dass die Mortalitätsrate bei der beim Kläger durchgeführten Operation in seiner Klinik 3 bis 5 v.H. betrage, während Dr. Al. vom Herzzentrum L. angab, dass - nach den von dem Kläger ihm zur Verfügung gestellten Informationen - das Operationsrisiko über 10 v.H. betrage. Die Beklagte hat aber in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass die Aussage des Dr. Al. insofern nicht maßgeblich ist, als sie nicht auf Untersuchungsbefunden des Klägers beruht und Dr. Al. ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass er noch mehr Informationen für eine genauere Aussage benötige. Des Weiteren steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Stellungnahme des Dr. Le. vom MDK vom 03. August 2007 fest, dass sich derzeit aufgrund der aktuellen und verfügbaren internationalen Literatur keine Aussage zur Mortalität bei einer dritten Herzklappenoperation finden lässt. Danach hat auch Prof. P. keine selektiven Mortalitätsraten in seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 2004 angegeben. Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat auch nicht gedrängt, zur Frage des Mortalitätsrisikos Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Auskunft oder durch eine Zeugenvernehmung zu erheben. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisationen - wie etwa die vom Kläger im Beweisantrag genannte - über weitergehende Möglichkeiten als Dr. Le. verfügt, hierzu die aktuell verfügbare internationale Literatur auszuwerten. Derartiges hat der Kläger auch nicht behauptet.

1.1.3. Die Beklagte war auch berechtigt, ihre Zustimmung und die Kostenübernahmeerklärung auf die deutschen Vertragssätze, die in einem vergleichbaren zugelassenen Krankenhaus in Deutschland bei einer entsprechenden Operation entstanden wären, im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zu beschränken. Denn die Regelung des § 13 Abs. 4 Satz 3 SGB V, wonach der Anspruch auf Erstattung höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte, bleibt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch dann unberührt, wenn es sich um die Kostenerstattung einer stationären Behandlung in einem ausländischen Krankenhaus handelt. Dies ergibt sich daraus, dass § 13 Abs. 5 SGB V lediglich eine Ausnahme zu § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V ist, wonach die in Inanspruchnahme außerdeutscher Leistungen ausnahmsweise an das Erfordernis einer vorherigen Zustimmung geknüpft ist. Die Norm lässt jedoch die übrigen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung unberührt (vgl. hierzu auch Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 13 SGB V RdNr. 365 ff., Stand März 2008).

Die von der Beklagten erstatteten EUR 23.990,38 umfassen - unter Beachtung der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von EUR 90,00 und des Verwaltungskostenabschlags in Höhe von EUR 30,00, gegen deren Abzug bei der Erstattung der Kläger sich auch nicht wendet - die Kosten, die beim Kläger bei einer entsprechenden Operation in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland entstanden wären. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 Satz 3 SGB V unter Zugrundelegung von Diagnosis Related Groups (DRG) begrenzt (ebenso LSG Niedersachsen Bremen, Urteil vom 24. April 2008 - L 1 KR 31/07 -, Orientierungssatz veröffentlicht in juris, Revision derzeit anhängig beim BSG unter dem Az. B 1 KR 22/08 R). Der Senat stützt sich hierbei auf das Schreiben des Dr. La. von der Klinik für Herzchirurgie K. vom 12. September 2005. Danach wäre bei den Diagnosen Aortenklappenersatz (ICD-10: I 35.2) und Aortenaszendenz (ICD-10: I 71.2) bei einem Operationsschlüssel "5-384.02" (= Aorta ascendens; Quelle: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, Operationen- und Prozedurenschlüssel, Version 2005, einschließlich Erweiterungskatalog, Stand 15. Oktober 2004) und "5-351.04/02" (= Ersatz einer Aortenklappe durch Kunstprothese [Ziffer 04] bzw. durch Bioprothese [Ziffer 02], Quelle: wie genannt) entsprechend § 39 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) eine DRG-Fallpauschale "F 03 Z" (= Herzklappeneingriff mit Herz- Lungenmaschine, mit komplizierten Prozeduren; Quelle: Fallpauschalen-Katalog G-DRG-Version 2008) angefallen. Unter Beachtung des Basisfallwerts von EUR 31.137,33 und der Bewertungsrelation 7,685 hätte sich ein voraussichtlicher Endbetrag von EUR 24.110,38 ergeben. Unter Beachtung der gesetzlichen Zuzahlung von EUR 90,00 und des Verwaltungskostenabschlags in Höhe von EUR 30,00 ergibt sich damit ein von der Beklagten zu Recht angenommener Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 23.990,38.

1.2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Erstattung von Reisekosten nach London sowie von Aufenthaltskosten im Hotel und für seine Tochter als Begleitperson zu, da er die Erstattung der Kosten hierfür sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG weder beziffert noch beantragt hat. Der Senat ist jedoch unter Beachtung von § 123 SGG an den erhobenen Anspruch (Klagebegehren) gebunden und darf den Kläger nicht mehr zusprechen als gewollt ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 123 RdNr. 3 und 4). Soweit der Kläger allerdings die Erstattung der Kosten für die ambulante Behandlung am 08. Dezember 2005 im Royal B. geltend macht, handelt es sich lediglich um Kosten für nachstationäre Behandlungen, die auf die vollstationäre Behandlung bezogen sind und von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst werden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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