Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1210/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4588/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 wird die Berufung zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten im Vorverfahren streitig.
Auf Antrag des am 1940 geborenen Klägers stellte die Beklagte Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für die Jahre 1957 bis 1961 sowie 1964 bis 1973 mit einer 5/6 Kürzung fest (Bescheid vom 25. Februar 1997, Widerspruchsbescheid vom 26. September 1997). Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG, S 8 RJ 2638/97), in welchem das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 01. Juni 2000 Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige (Bescheid vom 28. April 2000). Der Kläger beantragte am 28. Juli 2006 bei der Beklagten die Neufeststellung seiner Altersrente. Dabei ging es ihm sowohl um die Neubewertung von Zeiten als auch die Anerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe. Des Weiteren bat er darum, die notwendige Neufeststellungsentscheidung mit einem Vorbehalt in Bezug auf § 22 Abs. 4 FRG zu versehen. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 14. September 2006 darauf hin, dass wegen der ungekürzten Anrechnung von Zeiten in Rumänien vor dem SG das derzeit ruhende Verfahren anhängig sei. Mit Schreiben vom 27. September 2006 teilte der Kläger der Beklagten gegenüber mit, dass hinsichtlich seines Überprüfungsantrags keine volle Identität mit dem beim SG anhängigen Streitverfahren bestehe. Teilweise sei jedoch auch eine Überprüfung im Klageverfahren möglich. Die Beklagte solle gegenüber dem SG bestätigen, dass der Rentenbescheid vom 28. April 2000 notwendigerweise nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Mit Bescheid vom 22. August 2007 lehnte die Beklagte die Neufeststellung der Altersrente des Klägers u.a. mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen für eine Anwendung der Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) in der Fassung des Art. 16 des RV-Altersanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 nicht vorlägen. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Mit Schreiben vom 21. September 2007 legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, die Voraussetzungen des "Art. 16 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes" lägen vor. Mit Schreiben vom 14. November 2007 verwies die Beklagte auf ihren Schriftsatz vom 12. November 2007 an das SG, in dem mitgeteilt worden sei, dass der Bescheid vom 22. August 2007 entgegen den Ausführungen im Bescheid nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Der Kläger wurde gebeten, mitzuteilen, ob er seinen unzulässigen Widerspruch zurücknehme. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 nahm der Kläger den Widerspruch zurück und bat um Kostengrundentscheidung nach § 63 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme ab (Bescheid vom 23. Januar 2008). Der Widerspruch sei nicht erfolgreich gewesen, so dass eine Kostenübernahme nicht in Betracht komme. Die dem Verwaltungsakt angefügte Rechtsbehelfsbelehrung stelle keine eigenständige Regelung dar. Die Frage, ob ein Bescheid mit einem Widerspruch angefochten werden könne oder gemäß § 96 SGG Gegenstand eines bereits anhängigen Klageverfahrens werde, könne von der Beklagten nicht geregelt werden, da § 96 SGG nicht zur Disposition der Beteiligten stehe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle der Beklagten vom 17. März 2008).
Mit seiner am 17. April 2008 beim SG erhobenen Klage (Az.: S 8 R 1207/08) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Mit Urteil vom 27. August 2008 hob das SG den Bescheid vom 23. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2008 auf und verurteilte die Beklagte, die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 22. August 2007 dem Grunde nach zu erstatten. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 SGB X lägen nicht vor, weil der Widerspruch des Klägers nicht erfolgreich gewesen sei. Eine erweiternde Auslegung des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X sei unzulässig. Der Anspruch des Klägers ergebe sich jedoch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (Bezugnahme auf die Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Urteil vom 01. Juli 2003 - L 11 RJ 514/03 -). Die Berufungssumme von EUR 750,00 sei nicht erreicht. Gründe, die Berufung zuzulassen, lägen nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG, das der Beklagten am 03. September 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, richtet sich die am 29. September 2008 schriftlich beim LSG eingelegte Beschwerde der Beklagten. Der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung und darüber hinaus weiche das SG von dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 42/00 R - (= veröffentlicht in juris) ab und beruhe hierauf. Die Auffassung des LSG in seinem Urteil vom 01. Juli 2003 (- L 11 RJ 514/03 -), wonach die Entscheidung des BSG vom 18. Dezember 2001 (a.a.O.) nicht anwendbar sei, wenn der Widerspruch zurückgenommen worden sei, treffe nicht zu. Das BSG habe in der genannten Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass eine gesonderte Erstattung von Kosten des Vorverfahrens selbst dann nicht in Betracht komme, wenn der Kläger durch die Rechtsbehelfsbelehrung zur Einlegung von Widersprüchen veranlasst gewesen sein sollte. Eine Übertragung des im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 193 SGG geltenden Veranlassungsprinzips auf eine isolierte Kostengrundentscheidung nach § 63 SGB X sei danach ausgeschlossen. Im Übrigen liege eine Pflichtverletzung hinsichtlich des vom SG angenommenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor, da der erlassene Bescheid bereits gemäß § 96 SGG mit angefochten gewesen sei und deshalb bereits keine Bindungswirkung habe eintreten können. Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung berühre nicht den Verwaltungsakt, sondern vielmehr den Lauf der Frist nach § 66 Abs. 1 SGG.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 zuzulassen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 27. August 2008 ist begründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung liegen vor.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des SGG in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung). Der Beschwerdegegenstand des vorliegenden Rechtsstreits beträgt weniger als EUR 750,00. Der Kläger hat zwar die Kosten für die Durchführung des Vorverfahrens weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren beziffert. Ausgehend von einer Mittelgebühr in Höhe von EUR 240,00 (vgl. § 3 Abs. 1 und 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) in Verbindung mit Nr. 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) des RVG) wird der Beschwerdewert von EUR 750,00 jedoch keinesfalls erreicht.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichtes, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die Berufung ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG gegeben sind. Das Urteil des SG weicht von dem Beschluss des LSG vom 04. November 2008 - L 10 R 4433/08 - (veröffentlicht in juris) ab. Das LSG hat in diesem Beschluss entschieden, dass das Begehren auf Erstattung von Kosten eines Vorverfahrens nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gestützt werden kann.
Da die Berufung bereits wegen Divergenz zuzulassen ist, kann dahinstehen, ob auch die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG gegeben sind, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, weil die Frage, ob die Kosten eines durchgeführten Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind, wenn der Bescheid, gegen den sich der Widerspruch richtete, bereits gemäß § 96 SGG Gegenstand eines anhängigen Verfahrens wurde, und der Widerspruch hiergegen zurückgenommen wurde, bislang in der Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt ist und auch eine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 42/00 R - (= veröffentlicht in juris) nicht entschieden, ob eine gesonderte Erstattung der Kosten nach § 63 SGB X auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Widerspruch zurückgenommen worden ist.
Über die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren ist insgesamt im Hauptsacheverfahren zu entscheiden.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§§ 145 Abs. 4 Satz 5, 177 SGG).
Das Beschwerdeverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch die Beklagte bedarf es nicht (§ 145 Abs. 5 Satz 1 SGG).
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten im Vorverfahren streitig.
Auf Antrag des am 1940 geborenen Klägers stellte die Beklagte Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für die Jahre 1957 bis 1961 sowie 1964 bis 1973 mit einer 5/6 Kürzung fest (Bescheid vom 25. Februar 1997, Widerspruchsbescheid vom 26. September 1997). Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG, S 8 RJ 2638/97), in welchem das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde. Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 01. Juni 2000 Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige (Bescheid vom 28. April 2000). Der Kläger beantragte am 28. Juli 2006 bei der Beklagten die Neufeststellung seiner Altersrente. Dabei ging es ihm sowohl um die Neubewertung von Zeiten als auch die Anerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe. Des Weiteren bat er darum, die notwendige Neufeststellungsentscheidung mit einem Vorbehalt in Bezug auf § 22 Abs. 4 FRG zu versehen. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 14. September 2006 darauf hin, dass wegen der ungekürzten Anrechnung von Zeiten in Rumänien vor dem SG das derzeit ruhende Verfahren anhängig sei. Mit Schreiben vom 27. September 2006 teilte der Kläger der Beklagten gegenüber mit, dass hinsichtlich seines Überprüfungsantrags keine volle Identität mit dem beim SG anhängigen Streitverfahren bestehe. Teilweise sei jedoch auch eine Überprüfung im Klageverfahren möglich. Die Beklagte solle gegenüber dem SG bestätigen, dass der Rentenbescheid vom 28. April 2000 notwendigerweise nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Mit Bescheid vom 22. August 2007 lehnte die Beklagte die Neufeststellung der Altersrente des Klägers u.a. mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen für eine Anwendung der Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) in der Fassung des Art. 16 des RV-Altersanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 nicht vorlägen. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Mit Schreiben vom 21. September 2007 legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, die Voraussetzungen des "Art. 16 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes" lägen vor. Mit Schreiben vom 14. November 2007 verwies die Beklagte auf ihren Schriftsatz vom 12. November 2007 an das SG, in dem mitgeteilt worden sei, dass der Bescheid vom 22. August 2007 entgegen den Ausführungen im Bescheid nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Der Kläger wurde gebeten, mitzuteilen, ob er seinen unzulässigen Widerspruch zurücknehme. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 nahm der Kläger den Widerspruch zurück und bat um Kostengrundentscheidung nach § 63 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme ab (Bescheid vom 23. Januar 2008). Der Widerspruch sei nicht erfolgreich gewesen, so dass eine Kostenübernahme nicht in Betracht komme. Die dem Verwaltungsakt angefügte Rechtsbehelfsbelehrung stelle keine eigenständige Regelung dar. Die Frage, ob ein Bescheid mit einem Widerspruch angefochten werden könne oder gemäß § 96 SGG Gegenstand eines bereits anhängigen Klageverfahrens werde, könne von der Beklagten nicht geregelt werden, da § 96 SGG nicht zur Disposition der Beteiligten stehe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle der Beklagten vom 17. März 2008).
Mit seiner am 17. April 2008 beim SG erhobenen Klage (Az.: S 8 R 1207/08) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Mit Urteil vom 27. August 2008 hob das SG den Bescheid vom 23. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2008 auf und verurteilte die Beklagte, die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 22. August 2007 dem Grunde nach zu erstatten. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 SGB X lägen nicht vor, weil der Widerspruch des Klägers nicht erfolgreich gewesen sei. Eine erweiternde Auslegung des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X sei unzulässig. Der Anspruch des Klägers ergebe sich jedoch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (Bezugnahme auf die Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Urteil vom 01. Juli 2003 - L 11 RJ 514/03 -). Die Berufungssumme von EUR 750,00 sei nicht erreicht. Gründe, die Berufung zuzulassen, lägen nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG, das der Beklagten am 03. September 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, richtet sich die am 29. September 2008 schriftlich beim LSG eingelegte Beschwerde der Beklagten. Der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung und darüber hinaus weiche das SG von dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 42/00 R - (= veröffentlicht in juris) ab und beruhe hierauf. Die Auffassung des LSG in seinem Urteil vom 01. Juli 2003 (- L 11 RJ 514/03 -), wonach die Entscheidung des BSG vom 18. Dezember 2001 (a.a.O.) nicht anwendbar sei, wenn der Widerspruch zurückgenommen worden sei, treffe nicht zu. Das BSG habe in der genannten Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass eine gesonderte Erstattung von Kosten des Vorverfahrens selbst dann nicht in Betracht komme, wenn der Kläger durch die Rechtsbehelfsbelehrung zur Einlegung von Widersprüchen veranlasst gewesen sein sollte. Eine Übertragung des im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 193 SGG geltenden Veranlassungsprinzips auf eine isolierte Kostengrundentscheidung nach § 63 SGB X sei danach ausgeschlossen. Im Übrigen liege eine Pflichtverletzung hinsichtlich des vom SG angenommenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor, da der erlassene Bescheid bereits gemäß § 96 SGG mit angefochten gewesen sei und deshalb bereits keine Bindungswirkung habe eintreten können. Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung berühre nicht den Verwaltungsakt, sondern vielmehr den Lauf der Frist nach § 66 Abs. 1 SGG.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. August 2008 zuzulassen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 27. August 2008 ist begründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung liegen vor.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des SGG in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung). Der Beschwerdegegenstand des vorliegenden Rechtsstreits beträgt weniger als EUR 750,00. Der Kläger hat zwar die Kosten für die Durchführung des Vorverfahrens weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren beziffert. Ausgehend von einer Mittelgebühr in Höhe von EUR 240,00 (vgl. § 3 Abs. 1 und 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) in Verbindung mit Nr. 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) des RVG) wird der Beschwerdewert von EUR 750,00 jedoch keinesfalls erreicht.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichtes, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die Berufung ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG gegeben sind. Das Urteil des SG weicht von dem Beschluss des LSG vom 04. November 2008 - L 10 R 4433/08 - (veröffentlicht in juris) ab. Das LSG hat in diesem Beschluss entschieden, dass das Begehren auf Erstattung von Kosten eines Vorverfahrens nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gestützt werden kann.
Da die Berufung bereits wegen Divergenz zuzulassen ist, kann dahinstehen, ob auch die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG gegeben sind, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, weil die Frage, ob die Kosten eines durchgeführten Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind, wenn der Bescheid, gegen den sich der Widerspruch richtete, bereits gemäß § 96 SGG Gegenstand eines anhängigen Verfahrens wurde, und der Widerspruch hiergegen zurückgenommen wurde, bislang in der Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt ist und auch eine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 42/00 R - (= veröffentlicht in juris) nicht entschieden, ob eine gesonderte Erstattung der Kosten nach § 63 SGB X auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Widerspruch zurückgenommen worden ist.
Über die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren ist insgesamt im Hauptsacheverfahren zu entscheiden.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§§ 145 Abs. 4 Satz 5, 177 SGG).
Das Beschwerdeverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch die Beklagte bedarf es nicht (§ 145 Abs. 5 Satz 1 SGG).
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