L 9 U 3415/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1437/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3415/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Mai 2007 verkündete Urteil des Sozialgerichts Stuttgart wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung einer Arthrose im rechten oberen Sprunggelenk (OSG) als Folge eines Arbeitsunfalls vom Mai 1983 sowie die Gewährung von Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.H. der Vollrente.

Der 1941 geborene Kläger knickte bei seiner Arbeit als Schlosser bei der Fa. Treutle am 24./25. Mai 1983 beim Herausnehmen bzw. Tragen von Stangenmaterial mit dem rechten Fuß um, stürzte (so sein Arbeitskollege Maier am 19. Mai 2002) bzw. stolperte beim Tragen von Stangenmaterial (so sein Arbeitskollege St. am 22. Mai 2002) und litt danach unter Schmerzen im rechten Fußgelenk.

Gemäß Aufzeichnungen des Orthopäden W. vom 25. Mai 1983 hatte sich der Kläger dort vorgestellt und angegeben, seit zwei bis drei Tagen unter stechenden Schmerzen im rechten Sprunggelenk (SG) zu leiden und hatte die Röntgenuntersuchung eine beginnende Arthrose im rechten OSG ergeben. Dass es sich um ein Unfallgeschehen gehandelt hatte, ist den Aufzeichnungen - so der Orthopäde W. am 30. Juni 2002 - nicht zu entnehmen. Ferner hat dieser am 30. Juni 2002 geäußert, die damals festgestellte beginnende Arthrose könne seines Erachtens nicht durch ein kurz zuvor erlittenes Trauma entstanden sein, sondern müsste durch ein zeitlich deutlich länger zurückliegendes Unfallereignis oder auf anlagebedingte degenerative Ursachen zurückzuführen sein. Gemäß dem VorerkR.ungsverzeichnis der IKK war der Kläger vom 25. bis 27. Mai 1983 wegen Arthrose am rechten OSG von dem Orthopäden W. kR. geschrieben worden.

Der Radiologe Dr. W. diagnostizierte nach einer MR-Untersuchung vom 17. Mai 1999 eine fortgeschrittene aktivierte Arthrose im OSG mit ausgeprägten osteophytären Randkantenanbauten bzw. Knorpeldestruktionen, zusätzlich ein kleines Ödem im Bereich der medialen Talusschulter bei erhaltener Corticalisstruktur und eine geringe Arthrose auch zwischen dem Os naviculare und dem Os cuneiforme mediale. Bei dem Orthopäden Dr. H. stellte sich der Kläger am 24. August 1999 vor und machte u.a. Belastungsschmerzen in beiden SGen, betont rechtsseitig geltend. Es wurde ein Druckschmerz über dem SG rechts mehr als links bei leicht teigiger Verquellung der ventro-medialen Kapselstrukturen rechtsseitig und eine mittelgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung und eine fortgeschrittene Arthrose im SG rechts sowie eine fortgeschrittene Arthrose im rechten Handgelenk festgestellt. Am 13. August 1999 berichtete der Orthopäde Dr. H. dem Versorgungsamt Heilbronn, im Bereich der Füße zeige sich ein Senk-Spreizfuß, die Sprunggelenke seien reizlos. Die Röntgenuntersuchung des rechten SG habe eine ausgeprägte arthrotische Deformität im oberen und unteren SG gezeigt. Infolge dessen hat er u. a. eine Arthrose im rechten SG diagnostiziert. Am 04. Februar 2000 stellte sich der Kläger erneut bei Dr. H. mit Belastungsschmerzen am rechten OSG vor und am 24. Mai 2000 abermals mit jetzt wieder zunehmenden Belastungsschmerzen des rechten OSG "bei bekannter fortgeschrittener Arthrose". Anlässlich einer sozialmedizinischen Begutachtung durch Dr. W. (Gutachten vom 19. Januar 2001) gab der Kläger an, er leide seit mindestens 10 Jahren unter SG-Beschwerden rechts sowie einer röntgenologisch fortgeschrittenen Arthrose mit Einlagenversorgung und wiederholter Injektionsbehandlung.

Im Rahmen von Ermittlungen im Zusammenhang mit geltend gemachten BerufskR.heiten (BKen) und Unfallverletzungen machte der Kläger am 14. Dezember 2001 geltend, er sei im Betrieb umgeknickt und habe sich dabei eine Sprunggelenksverletzung zugezogen. Die ErkR.ung habe sich erstmals vor 10 bis 15 Jahren bemerkbar gemacht. Der Kläger gab im April 2002 an, der Unfall habe sich am 24. oder 25. Mai 1983 in der Sägeabteilung ereignet, als er beim Tragen von Stangenmaterial mit dem rechten Fuß umgeknickt sei. Danach habe er den Orthopäden W. aufgesucht.

Der benannte Orthopäde Dr. M. hat am 27. Mai 2002 der Beklagten mitgeteilt, der Kläger sei wegen des rechten Sprunggelenks nie bei ihm in Behandlung gewesen. In Berichten über weitere Untersuchungen, auch der Wirbelsäule und Knie sowie der oberen Extremitäten, sind SG-Beschwerden nicht erwähnt.

Die Beklagte hat so dann ein unfallchirurgisches Gutachten des Prof. Dr. W. eingeholt, das dieser mit Oberarzt Dr. St.-F. am 06. Dezember 2002 erstellt hat. Prof. Dr. W. ist zum Ergebnis gelangt, die Röntgenuntersuchung des rechten SG vom 05. November 2002 habe fortgeschrittene degenerative Veränderungen sowohl im OSG als auch im unteren Sprunggelenk (USG) ergeben. Zeichen einer stattgehabten Fraktur ließen sich nicht erkennen. Es fänden sich ausgeprägte osteophytäre Randanbauten, eine geringe Arthrose auch zwischen Navikulare und Talus und ein regelrechter Kalksalzgehalt. Auch links zeige sich eine Arthrose des OSG bei regelrechtem Kalksalzgehalt und ohne Nachweis einer knöchernen Destruktion oder stattgehabten knöchernen Verletzung. Der Befund sei im Wesentlichen auf beiden Seiten identisch. Der Kläger habe am 14. (richtig wohl 24.) Mai 1983 ein Distorsionstrauma am rechten SG erlitten, das konservativ behandelt worden sei. Bei der heutigen Untersuchung habe sich eine Bewegungseinschränkung des rechten USG sowie eine Arthrose im rechten OSG gezeigt, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in entschädigungspflichtigem Sinne sei nicht zu erkennen. Ein D-Arztbericht von dem Unfallereignis liege nicht vor, Arbeitsunfähigkeit habe nur drei Tage bestanden und Unfallbilder von damals seien nicht mehr verfügbar. Die Röntgenbefunde zeigten einen seitengleichen Befund, weshalb eine Verschlimmerung eines bereits vorbestehenden Leidens nicht zu erkennen sei. Der Vorzustand sei damals unmittelbar nach dem Distorsionsereignis wieder erreicht gewesen. Auch das Kernspintomogramm des rechten SG von 1999 zeige keinen Hinweis auf abgelaufene knöcherne Destruktionen bei allerdings vorhandender Arthrose im OSG. Der Kläger leide unter multiplen degenerativen Veränderungen im gesamten Sklettsystem mit Gonarthrose beidseits, fortgeschrittener Arthrose des rechten Handgelenks mit mediocarpaler Teilarthrodese, einem chronisch rezidivierenden Lumbalsyndrom bei fortgeschrittener Osteochondrose L5/S1 sowie einer Bandscheiben (BS-) Protrusion L4/5 und L3/4.

Unter dem 27. Januar 2003 erteilte die Edel- und Unedelmetall-BG, Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit dem Betreff "Ihr Unfall vom 24. Mai 1983" einen "Bescheid über Ablehnung von Leistungen" und lehnte es ab, die "am rechten Sprunggelenk festgestellten fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen (Arthrose) im rechten oberen und unteren Sprunggelenk mit Bewegungseinschränkung des rechten unteren Sprunggelenks und eine hieraus resultierende Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit als Folge des Ereignisses vom 24. Mai 1983 anzuerkennen und die Kosten der Heilbehandlung zu übernehmen". Das Ereignis vom 24./25. Mai 1983 sei nicht rechtlich wesentliche Ursache für die vorliegenden Beschwerden im Bereich des rechten Sprunggelenkes gewesen. Es handle sich um die Folgen von unfallunabhängigen, anlagebedingten und bereits vorbestehenden Veränderungen in diesem Bereich.

Dagegen erhob der Kläger am 30. Januar 2003 Widerspruch und trug dazu vor, das Gutachten von Prof. Dr. W. sei sehr oberflächlich und kurz und gebe den radiologischen Befund äußerst mangelhaft wieder. Nicht berücksichtigt sei auch das bei der radiologischen Untersuchung vom 17. Mai 1999 nachgewiesene und ständig vorhandene erhebliche Ödem im Bereich der Talusrolle, das sich auf der anderen Seite nicht finde. Insofern sei auch nicht von einer Vergleichbarkeit der Befunde von rechts nach links auszugehen. Das linke SG sei auch nie behandlungsbedürftig gewesen, weswegen auch insofern eine Vergleichbarkeit der Befunde nicht vorliege.

Die Edel- und Unedelmetall-BG wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 zurück. Die Ablehnung der Anerkennung der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen (Arthrose) im rechten oberen und unteren SG mit Bewegungseinschränkung des rechten unteren Sprunggelenks und einer hieraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit und MdE als Folge des Ereignisses vom 24. Mai 1983 und der Übernahme von Heilbehandlungskosten sei rechtmäßig. Das Ereignis vom 24. Mai 1983 sei nicht rechtlich wesentliche Ursache der vorliegenden Beschwerden im Bereich des rechten SG gewesen, die durch unfallunabhängige anlagebedingte und vorbestehende degenerative Veränderungen verursacht seien, weswegen ein Anspruch auf Leistungen nicht bestehe.

Deswegen hat der Kläger am 03. Juli 2003 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben, mit welcher er begehrte, die Beklagte zu verurteilen, ihm "aufgrund des Arbeitsunfalles vom 24.05.1983 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen". Hierzu hat er das Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt.

Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten des Chirurgen Dr. B. vom 02. November 2003 eingeholt. Er hat u.a. eine mäßige Arthrose im OSG beidseits, eine minimale Arthrose im USG beidseits, eine Innenbandlockerung des rechten SG, eine minimale Innen- und Außenbandlockerung am linken SG und Knick- Senk- Spreizfüße beidseits erhoben, wobei diese Gesundheitsstörungen nicht auf den Arbeitsunfall vom 24. Mai 1983 zurückzuführen seien. Bei diesem habe sich der Kläger fraglos eine SG-Distorsion rechts zugezogen. Der Orthopäde W. habe damals eine beginnende Arthrose im OSG festgestellt und in der KR.meldung sei nur die Diagnose "Arthrose rechtes Sprunggelenk" dokumentiert. Wenn das rechte SG medial oder lateral wie bei einer Verstauchung geschwollen gewesen wäre mit zusätzlicher Blutergußfärbung, so sei davon auszugehen, dass der Orthopäde W. auch die Diagnose einer Distorsion gestellt hätte. Wenn der Kläger laut dem Orthopäden W. seit zwei bis drei Tagen Schmerzen im Sprunggelenk gehabt habe, könne sich der Unfall nicht am 24. Mai 1983 zugetragen haben, sondern ein oder zwei Tage davor. Da der Orthopäde W. bei der Erstuntersuchung nicht eine Distorsion diagnostiziert habe, sondern eine Arthrose im rechten SG, sei davon auszugehen, dass der Kläger beim Arbeitsunfall nur eine leichte Verstauchung erlitten habe, was wahrscheinlich zu einer Arthritis im OSG bei der vorbestehenden Arthrose geführt habe. Somit habe bei der ersten Untersuchung eine unspezifische Schwellung des SG ohne Blutergußverfärbung vorgelegen. Die Arthrose in beiden SGen sei im Wesentlichen seitengleich ausgebildet, was eindeutig gegen einen unfallbedingten Schaden rechts spreche. Dies spreche für eine angeborene Schwäche des Gelenkknorpels. Bei einer unfallbedingten Schädigung des rechten SG müsse nach 20 Jahren ein ausgeprägt seitendifferenter Arthrosebefund gefordert werden. Bei einer unfallbedingten Schädigung des rechten SG, die zu einer posttraumatischen Arthrose führe, müsse erwartet werden, dass diese symptomatisch werde und der Patient sich deswegen in Behandlung begebe. Dies sei erst 1999 der Fall gewesen. Das VorerkR.ungsverzeichnis belege regelmäßige Behandlungen bei verschiedenen Ärzten. Wenn erhebliche Probleme im rechten SG vorgelegen hätten, wären diese dokumentiert. Somit spreche auch der Verlauf eindeutig gegen eine traumatische Genese der Arthrose im rechten OSG. Der Kläger habe sich bei dem Unfall vom 23. Mai 1983 nur eine leichte Verstauchung im rechten SG zugezogen. Es sei bereits 1983 eine Arthrose im rechten OSG vorhanden gewesen. Die jetzt festgestellte seitengleiche Arthrose im OSG und die minimale Arthrose im USG seien nicht Folgen des Unfalls sondern unfallunabhängig entstanden. Die Unfallfolgen seien im Bescheid vom 27. Januar 2003 zutreffend beschrieben. Eine unfallbedingte MdE am rechten SG liege nicht vor. Das Gutachten von Prof. Dr. W. sei hinsichtlich der Beurteilung zutreffend. Die Begründung teile er jedoch nicht.

Die Beklagte hat hierzu geltend gemacht, Dr. B. verneine zutreffend einen Zusammenhang der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen in Form einer Arthrose mit dem Ereignis und bestätige insofern die Richtigkeit ihres Bescheides. Allerdings sei ihm insoweit nicht zu folgen, als er eine SG-Distorsion rechts als Folge des Ereignisses annehme. Eine solche sei als Unfallfolge nicht belegt. Indes sei dies unerheblich, da der Kläger in erster Linie Verletztenrente begehre und ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis und den noch bestehenden Beschwerden am rechten SG sowohl nach den Ausführungen von Prof. Dr. W. als auch Dr. B. definitiv nicht bestehe.

Der Kläger hat noch vorgetragen, Dr. B. habe seine Angaben bei der Untersuchung nicht korrekt wiedergegeben. Das Gutachten weise auch Unstimmigkeiten auf, weswegen er den Eindruck habe, es handle sich um eine "Parteigutachten für die Beklagte". Ferner habe Dr. B., obwohl er über seine Beschwerden unterrichtet gewesen sei, das Fußgelenk derart stark nach rechts und links gedreht, dass er vor Schmerz fast das Bewusstsein verloren habe und sich habe übergeben müssen. Dr. B. bagatellisiere die schmerzhafte ErkR.ung, die doch durch die Kernspintomographie belegt sei. Hierzu hat der Kläger noch einen Bericht von Dr. Sch. über eine Kernspintomographie des rechten OSG vom 20. Januar 2004 vorgelegt.

Im Zusammenhang mit der Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG wegen eines Rechtsstreits wegen Anerkennung einer BK hat das Sozialgericht zugleich von Amts wegen Dr. A. mit der Erstattung eines Gutachtens auch bezüglich der geltend gemachten Unfallfolgen beauftragt. Er ist am 13. März 2006 zum Ergebnis gelangt, zentriert auf das Ereignis vom Mai 1983 ließen sich Funktionseinschränkungen des rechten SG, insbesondere in der vorgelegten differenzierten Diskussion nicht mit der Begründung der Wahrscheinlichkeit belegen. Insbesondere im Hinblick auf die nahezu seitengleiche Ausprägung der Arthrose lasse sich der Hinweis auf eine wesentliche Teilursächlichkeit bezüglich eines Schadensbildes nicht mit der ausreichenden Sicherheit, das heiße Wahrscheinlichkeit, belegen. Eine unfallbedingte MdE sei nicht zu belegen.

Der Kläger hat sich sonach mit Schreiben vom 07. Juni 2006 nochmals geäußert. Am 15. September 2006 ist er dann gemäß dem von ihm vorgelegten Bericht von Dr. R. vom 28. September 2006 (Diagnose u. a.: posttraumatische Arthrose des OSG) operativ mit einer Endoprothese des OSG rechts versorgt worden. Die Diagnose posttraumatische Arthrose und die Operation beweise die schwere ErkR.ung des rechten Fußgelenkes.

Mit am 15. Mai 2007 verkündetem Urteil hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.

Gegen das am 22. Mai 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Juni 2007 Berufung eingelegt. Wie das Sozialgericht zu Recht festgestellt habe, sei das Geschehen vom Mai 1983 unstreitig. Streitig sei allein die Frage, ob der Folgezustand im Bereich des rechten SG darauf zurückzuführen sei. Auf Grund der Verletzung könne er sich sportlich nicht mehr betätigen bzw. müsse bei sportlichen Betätigungen ständig Pausen einlegen, womit nur noch leichtes Rückenschwimmen möglich sei. Er sei fest überzeugt, dass die Verletzung des rechten SG während der Arbeit zu dem Zustand geführt habe, unter dem er heute leide. Er sei am Unfalltag von seinem Chef zum Orthopäden W. gefahren worden, der ihm versichert habe, es liege keine schlimme Verletzung vor, und geäußert habe, er solle das rechte SG mit kalten Kompressen, später mit Wärme behandeln. Am Montag sei er dann, wie er sich erinnere, wieder zur Arbeit gegangen.

Der Kläger beantragt,

das am 15. Mai 2007 verkündete Urteil des Sozialgerichts Stuttgart abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 aufzuheben, sowie festzustellen, dass die Gesundheitsstörung Arthrose im rechten oberen Sprunggelenk Folge des Arbeitsunfalls vom Mai 1983 ist und die Beklagte zu verurteilen, ihm antragsgemäß Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.H. der Vollrente zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Akteninhalt sowie den Vortrag in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen sowie auf Gewährung von Verletztenrente.

Der hier strittige Unfall vom 24. Mai 1983 ist vor dem Außerkrafttreten des Dritten Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO) am 31. Dezember 1996 und vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten. Sofern auch Leistungen geltend gemacht werden, die vor Inkrafttreten des SGB VII erstmals festzusetzen waren, kommen noch die Bestimmungen der RVO zur Anwendung, soweit nur Leistungen geltend gemacht werden, die erstmals nach Inkrafttreten des SGB VII festzusetzen waren, kommen dessen Bestimmungen zur Anwendung (Art 35 Nr. 1, 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz (UVEG) vom 7. August 1996 ( BGBl. I S. 1254, 1317) i. V. m. §§ 212, 214 Abs. 3, 73 SGB VII). Ab wann der Kläger Verletztenrente begehrt und welche Bestimmungen damit zur Anwendung kommen, kann hier dahinstehen, denn die maßgeblichen Bestimmungen stimmen insofern im Wesentlichen überein.

Gemäß §§ 580, 581 Abs. 1 RVO, gewährt der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bei Vorliegen eines Arbeitsunfalls Verletztenrente in Höhe des Teils der Vollrente, der dem Grad der unfallbedingten MdE des Verletzten entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit durch die Folgen des Arbeitsunfalls über die 13. Woche nach seinem Eintritt hinaus um wenigstens ein Fünftel gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge mehrerer Arbeitsunfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze der durch die einzelnen Arbeitsunfälle verursachten Minderung zusammen wenigstens die Zahl 20, so ist für jeden, auch einen früheren Arbeitsunfall Verletztenrente zu gewährenMar wobei die Folgen eines Arbeitsunfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 581 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RVO).

Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich - sowohl nach dem Recht der RVO wie auch dem des SGB VII - nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens. Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1); von den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und von dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Grundsätzlich hat ein Versicherter auch Anspruch auf Anerkennung seiner Unfallfolgen wegen der gegebenenfalls zu gewährenden Heilbehandlung sowie etwaiger Folgeschäden und damit ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Januar 1989, L 7 U 1249/87 in Breithaupt 1989, 554). Dieses Interesse kann er mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgen (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs.1 Nr. 3 SGG).

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles und auch ihrer Berücksichtigung bei der Gewährung von Leistungen, insbesondere auch der Bemessung der MdE bzw. der Verletztenrente ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17= BSGE 96, 196-209).

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Arthrose im rechten OSG als Unfallfolge sowie auf Gewährung von Verletztenrente.

Der Kläger leidet zwar unter arthrotischen Veränderungen im Bereich des rechten SG, die inzwischen auch zu einer Operation und Prothesenimplantation des OSG geführt haben, doch sind diese Arthrose und die daraus resultierenden Beschwerden nicht Folge des angeschuldigten Ereignisses vom 24./25. Mai 1983. Nach übereinstimmender Einschätzung aller gehörter Gutachter ist die die Beschwerden des Klägers verursachende Arthrose nicht mit Wahrscheinlichkeit auf dieses Ereignis zurückzuführen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass zeitnah zum Unfall eine gravierende Verletzung, die auf das angeschuldigte Ereignis zurückzuführen wäre, nicht festgestellt ist. Der den Kläger untersuchende und behandelnde Orthopäde W. hat, wie er seinen Aufzeichnungen noch entnehmen konnte, zwar eine Arbeitsunfähigkeit von drei Tagen festgestellt, zugleich aber auch schon eine Arthrose im rechten SG, die nicht erst durch den Unfall entstanden sein konnte, sondern schon länger bestehen musste. Diese hat er damals - wie seinen Aufzeichnungen zu entnehmen - auch als wesentliche Ursache der Beschwerden gesehen. Eine Verletzung des Bandapparates oder auch eine knöcherne Verletzung ist weder in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall, noch sonst dokumentiert. Andererseits fand sich auch im Bereich des linken SG ein vergleichbarer Befund und hat sich auch dort eine Arthrose entwickelt. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den Gutachten von Prof. Dr. Weise, Dr. B. und Dr. A ... Ferner ist festzustellen, dass der Kläger nahezu am gesamten Sklettsystem unter degenerativen Veränderungen leidet, die auch die Veränderungen im rechten SG als aus innerer Ursache entstanden nachvollziehbar erscheinen lassen. Auch dies spricht mehr für eine unfallunabhängige als für eine unfallbedingte Arthrose.

Außerdem ist festzustellen, dass der Kläger - obgleich er sich vielfach wegen Beschwerden, auch am Skelettsystem, ärztlich untersuchen und beraten ließ, Beschwerden von Seiten des rechten SG dann aber erstmals im Jahr 1999 als Unfallfolge geltend machte. Wesentliche Beeinträchtigungen hat er insofern also über nahezu 16 Jahre nicht geltend gemacht, obwohl er häufig ärztlich untersucht worden ist. Sie können auch für die Zeit vor dem Jahr 1999 nicht festgestellt werden. Wäre durch die Schädigung vom 24./25. Mai 1983 die Entwicklung eines arthrotischen Prozesses in Gang gekommen, müsste sich im Bereich des rechten SG schon vor dem Jahr 1999 eine wesentlich stärker ausgeprägte Arthrose gezeigt haben, als links. Dies ist jedoch nach den vorliegenden ärztlichen Äußerungen nicht der Fall. Angesichts dessen ist die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs nicht festzustellen und sind die entsprechenden Bewertungen von Prof. Dr. W., Dr. B. und auch Dr. A. schlüssig und nachvollziehbar. Der Senat sieht keine Veranlassung hiervon abzuweichen, auch nicht im Hinblick auf die im Jahr 2006 schließlich durchgeführte operative Behandlung des rechten SG.

Auf die Frage, ob der Kläger - wie von Dr. B. angenommen - bei dem Ereignis eine SG-Distorsion erlitten hat, was durch den Orthopäden W. aber gerade nicht festgestellt wurde und deren Ausmaß im nachhinein nicht mehr zu klären wäre, kommt es nicht an, da nach übereinstimmender Auffassung aller Gutachter bleibende Schäden jedenfalls nicht eingetreten sind. Davon ist auch der Senat überzeugt.

Der Umstand, dass am 15. September 2006 das rechte OSG operativ mit einer Endoprothese versorgt wurde und Dr. R. im Bericht vom 28. September 2006 unter Diagnosen u. a. eine posttraumatische Arthrose des OSG aufführt, führt für den Senat zu keinen anderen Schlussfolgerungen. Dass sich Dr. R. bei der Diagnose mit den Ursachen der Arthrose beschäftigt hat und dazu unter Berücksichtigung aller in den Akten vorliegenden Erkenntnisse die erforderliche Kausalitätsabwägung vorgenommen hat, ist nicht erkennbar und wird auch nicht behauptet. Ferner belegt die Tatsache, dass das OSG rechts mit einer Endoprothese versorgt wurde, keinen wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis, zumal schon im Mai 1983 eine beginnende Arthrose vorgelegen hat.

Somit sind nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen aller Gutachter keine auf den Unfall zurückzuführenden funktionellen Einschränkungen feststellbar und hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Unfallfolgen.

Da keine Unfallfolgen vorliegen, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verletztenrente, die er schließlich auch erst im Jahr 2001 geltend gemacht hat. Somit hat die Beklagte zu Recht die Feststellung der begehrten Unfallfolgen wie auch die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt, weswegen der Senat die Berufung zurückweist. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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