Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 11/14 AL 579/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 13/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. November.2005 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe.
Die am 1960 geborene Klägerin bezog seit 3. Februar 2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi) von der Beklagten und daneben ergänzende Sozialhilfe von der Stadt M ... Sie beantragte am 1. März 2004 bei der Beklagten die Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe für die Aufnahme einer befristeten Tätigkeit vom 27. Februar bis 31. Oktober 2004 bei der Firma P. P. Service GmbH in M. als Helferin bei einer regelmäßigen durchschnittlichen Monatsarbeitszeit von 151,67 Stunden und einer Vergütung von 5,93 EUR brutto/Stunde. Die Klägerin wurde von ihrem Arbeitgeber bei der Firma H. in R. eingesetzt.
Mit Bescheid vom 23. April 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Fahrtkostenbeilhilfe ab, da der Arbeitgeber seinen Sitz in M. habe, dem Wohnort der Klägerin, und insoweit keine auswärtige Arbeitsaufnahme vorliege. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 6. Mai 2004 Widerspruch: Sie sei allein erziehende Mutter einer Tochter und könne die monatlichen Fahrtkosten von 138,60 EUR für März 2004 und von 107,70 EUR für April 2004 nicht tragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Ein Arbeitsvertrag bestehe zur Fa. P. P. Service GmbH in M. , nicht zur Fa. H. in R. , mithin liege eine auswärtige Arbeitsaufnahme nicht vor.
Gegen diesen Widerspruch hat die Klägerin am 21. Juli 2004 vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben und begehrt, ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2004 Fahrtkostenbeihilfe zu gewähren. Ihr Arbeitsplatz sei nicht in M. , sondern in R. bei der Firma H ... Ihr müsse durch die Fahrtkostenbeihilfe die Möglichkeit gegeben werden, eine auswärtige Arbeitstelle aufzunehmen. Sie sei nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet, die Arbeitsleistung an verschiedenen Orten zu erbringen. Reisekosten würden durch den Arbeitgeber nicht erstattet.
Das SG hat mit Urteil vom 30. November 2005 der Klage stattgegeben und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2004 die Beklagte verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe vom 1. März 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt: Die Aufnahme einer auswärtigen Tätigkeit liege im vorliegenden Fall vor. Es komme nicht darauf an, an welchem Ort der Arbeitgeber seinen Sitz habe. Vielmehr sei der Arbeitsort entscheidend, hier R ... Da es grundsätzlich die Privatangelegenheit des Arbeitnehmers sei, zum Arbeitsort zu gelangen, sei die Klägerin nach Sinn und Zweck der Mobilitätshilfe durch die Gewährung von Fahrtkostenbeihilfe zu fördern.
Gegen das ihr am 27. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Zum einen sei die Klägerin am 1. März 2004, als sie den Antrag auf Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe gestellt habe, nicht mehr arbeitslos gewesen, denn sie habe bereits am 27. Februar 2004 die Beschäftigung bei der Firma P. P. Service aufgenommen. Des Weiteren sei die Mobilitätshilfe zur Arbeitsaufnahme nicht notwendig gewesen. Die Klägerin habe die Arbeit aufgenommen, ohne zuvor die Förderung beantragt zu haben. Weiterhin seien gerade bei Personalleasingfirmen wie der P. P. Service GmbH wechselnde Einsatzorte und das Auseinanderfallen von Arbeitsort und Sitz des Arbeitgebers typisch. Wenn die Verleiher die Fahrtkosten von Arbeitnehmern zu den Einsatzorten nicht übernähmen, könnte es nicht Aufgabe der Beklagten sein, dieses durch die Gewährung von Mobilitätshilfen auszugleichen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der erste Arbeitstag der Klägerin sei der 1. März 2004 gewesen. Am 27. Februar 2004 habe sie zwar den Arbeitsvertrag unterschrieben. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr aber noch nicht mitgeteilt worden, dass sie außerhalb von M. werde arbeiten müssen. Sie habe am übernächsten Tag wiederkommen sollen. Am 29. Februar 2004 habe sie gegen 14.00 Uhr oder 15.00 Uhr die Arbeitskleidung erhalten sollen und erfahren, dass sie am Montag früh in R. die Arbeit antreten sollte. Zum Arbeitsamt habe sie an diesem Tag nicht mehr gehen können. Am Montag sei sie pünktlich um 6.00 Uhr zur Arbeit erschienen. Erst nach der Arbeit sei es ihr möglich gewesen, die Beklagte aufzusuchen.
Die Firma P. P. Service sei eine Firma, die selbst keine Arbeitsplätze habe, sondern ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung betreibe. Als einziger Einsatzort sei für sie R. vorgesehen gewesen. Ein Umzug nach R. sei nicht in Betracht gekommen, denn es habe keine Aussicht auf eine Dauerhaftigkeit der Tätigkeit bestanden. Zudem übersteige es das Maß des Zumutbaren, wenn die Klägerin bei einem Verdienst i.H.v. 5,93 EUR brutto/Stunde noch Fahrtkosten tragen müsste.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG). Sie ist begründet, denn das SG hat zu Unrecht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Fahrtkostenbeihilfe.
Nach § 53 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung (SGB III) in der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Über¬nahme der Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrtkostenbeihilfe). Diese kann nach § 54 Abs. 4 SGB III für die ersten sechs Monate der Beschäftigung gewährt werden.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III liegen jedoch hier nicht vor.
Die Klägerin gehört zwar zum förderungsfähigen Personenkreis, denn sie war arbeitslos. Das SG hat auch zu Recht angenommen, dass die Klägerin eine auswärtige Beschäftigung bei der Fa. P. P. Service GmbH aufgenommen hat. Das Tatbestandsmerkmal der Auswärtigkeit umschreibt, dass der Beschäftigte zur Ausübung der Tätigkeit einen Arbeitsort erreichen muss, der mit seinem Wohnort nicht identisch ist. Dabei kann es nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht darauf ankommen, an welchem Ort sich der Betriebssitz des Arbeitgebers befindet. § 53 SGB III soll die berufliche Mobilität des Arbeitslosen erleichtern. Zur Erreichung dieses Zweckes kann es allein darauf ankommen, zu welchem konkreten Arbeitsort der Arbeitslose fahren muss, um die Beschäftigung auszuführen, denn die Klägerin ist zur auswärtigen Arbeitsleistung vertraglich verpflichtet (a.A. Sächsisches LSG, Urteil vom 7. Juni 2007, L 3 AL 303/05, zitiert nach juris).
Die Bewilligung einer Fahrtkostenbeihilfe durch die Beklagte war im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Arbeitsaufnahme notwendig.
Der Notwendigkeitsbegriff bringt zum Ausdruck, dass Beitragsmittel der Bundesagentur für Arbeit für Förderungsmaßnahmen nur erbracht werden sollen, wenn das angestrebte Ziel, nämlich die Arbeitsaufnahme, sonst nicht zu verwirklichen ist. Die Beantwortung der Frage, ob das angestrebte Ziel – die auswärtige Arbeitsaufnahme – ohne die Förderleistung sonst nicht zu verwirklichen ist, setzt eine Prognoseentscheidung voraus, die zum Resultat führen muss, dass ohne die Gewährung von Mobilitätshilfen das Beschäftigungsverhältnis voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Die Förderung muss folglich unverzichtbar und unerlässlich, d.h. unbedingt notwendig sein, bloße Zweckmäßigkeit genügt nicht. Sinn und Zweck der Förderung ist es, finanzielle Hindernisse zu beseitigen, die förderungsberechtigten Personen den Wiedereintritt in das Berufsleben erschweren. Dabei spielt die konkrete wirtschaftliche Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin keine Rolle. Gerade der Verzicht auf die Prüfung der Eigenleistungsfähigkeit (Höhe des gegenwärtigen monatlichen Einkommens, die Dauer der Arbeitslosigkeit, die Höhe der Belastungen - z.B. Miete, Versicherungsprämien, Ratenzahlungen - und die Zahl der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen) soll nach dem Willen des Gesetzgebers zu einer zeitnahen unbürokratischen Förderung der Mobilität führen (vgl. BT-Drucks 15/25 S. 28, 29).
Der Umstand, dass der Klägerin Fahrtkosten entstehen, um zur Arbeit zu gelangen, führt hier nicht zur Notwendigkeit einer Förderung, da die Klägerin gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten nach § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat. Macht danach der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
Diese auftragsrechtliche Bestimmung des § 670 BGB enthält einen allgemeinen rechtlichen Grundsatz, der auch für das Arbeitsverhältnis gilt: Wer im Interesse eines anderen und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, kann Ersatz dieser Aufwendungen von demjenigen verlangen, für den er tätig geworden ist (vgl. BAG, Urteil vom 21. März 1973, 4 AZR 187/72, BB 1973, 983, Urteil vom 14. Oktober 2003, AZR 657/02, AP § 670 BGB Nr. 32). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Zu den vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin, die bei der Fa. P. P. Service GmbH als Leiharbeitnehmerin eingestellt wurde, gehört es, an den Orten zu arbeiten, an denen ihr der Verleiher Arbeiten zuweist. Ein Leiharbeitnehmer hat mangels anderweitiger vertraglicher Regelung einen Anspruch auf Erstattung der ihm tatsächlich entstandenen Fahrtkosten, soweit die Reisekosten zu dem Arbeitsort, den der Verleiher ihm zuweist, die Kosten für die Reise von der Wohnung zur Geschäftsstelle des Verleihers übersteigen (vgl. LAG Köln, Urteil vom 15. November 2002, 4 Sa 692/02, MDR 2003, 755 f.). Die jeweilige Anreise des Leiharbeitnehmers zum Entleiher stellt zwar einen Teil seiner eingegangenen Arbeitspflicht dar, die hiermit verbundenen Aufwendungen sind aber nicht durch den normalen Vergütungsanspruch abgegolten. Vielmehr ist bei den Fahrten zur täglichen Aufnahme der Arbeit bei Entleihern zu berücksichtigten, dass die hiermit verbundenen Fahrkosten ausschließlich auf Veranlassung und im Interesse des Verleihers entstehen und vom Leiharbeitnehmer nicht (z.B. durch Verlegung des Wohnsitzes in die Nähe der Arbeitsstelle) beeinflusst werden können. Die Pflicht zum Aufwendungsersatz umfasst jedoch grundsätzlich nur die Fahrtkosten von der Betriebsstätte zum Einsatzort. Denn die Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehören zum persönlichen Lebensbedarf, der nach allgemeiner Auffassung von der Vergütung zu bestreiten ist.
Vorliegend haben die Parteien im Arbeitsvertrag keine Regelung über die Erstattung von Fahrtkosten des Arbeitnehmers von der Wohnung zur Arbeitsstelle (Einsatzort) getroffen. Sie haben in § 4 Ziffer 6 des Vertrages lediglich vereinbart, dass grundsätzlich die Reisezeit für Fahrten zwischen Wohnung und jeweiligem Einsatzbetrieb nicht vergütet werden. Die Geltendmachung einer Fahrtkostenvergütung durch den Arbeitnehmer schließt diese Regelung nicht aus. Es bleibt somit bei der Anwendbarkeit des § 670 BGB. Hat aber die Klägerin einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erstattung der Fahrtkosten, so ist eine Förderung durch die Beklagte nicht notwendig.
Da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 SGB III nicht vorliegen, war die seitens der Beklagten vorzunehmende Ermessensausübung nicht mehr zu überprüfen. Auch konnte dahinstehen, ob der seitens der Klägerin am 1. März 2004 gestellte Antrag auf Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe durch die Beklagte nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nachträglich zuzulassen gewesen wäre.
Nach alledem war das Urteil des SG vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision i.S. von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs.2 Nr.2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe.
Die am 1960 geborene Klägerin bezog seit 3. Februar 2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi) von der Beklagten und daneben ergänzende Sozialhilfe von der Stadt M ... Sie beantragte am 1. März 2004 bei der Beklagten die Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe für die Aufnahme einer befristeten Tätigkeit vom 27. Februar bis 31. Oktober 2004 bei der Firma P. P. Service GmbH in M. als Helferin bei einer regelmäßigen durchschnittlichen Monatsarbeitszeit von 151,67 Stunden und einer Vergütung von 5,93 EUR brutto/Stunde. Die Klägerin wurde von ihrem Arbeitgeber bei der Firma H. in R. eingesetzt.
Mit Bescheid vom 23. April 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Fahrtkostenbeilhilfe ab, da der Arbeitgeber seinen Sitz in M. habe, dem Wohnort der Klägerin, und insoweit keine auswärtige Arbeitsaufnahme vorliege. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 6. Mai 2004 Widerspruch: Sie sei allein erziehende Mutter einer Tochter und könne die monatlichen Fahrtkosten von 138,60 EUR für März 2004 und von 107,70 EUR für April 2004 nicht tragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Ein Arbeitsvertrag bestehe zur Fa. P. P. Service GmbH in M. , nicht zur Fa. H. in R. , mithin liege eine auswärtige Arbeitsaufnahme nicht vor.
Gegen diesen Widerspruch hat die Klägerin am 21. Juli 2004 vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben und begehrt, ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2004 Fahrtkostenbeihilfe zu gewähren. Ihr Arbeitsplatz sei nicht in M. , sondern in R. bei der Firma H ... Ihr müsse durch die Fahrtkostenbeihilfe die Möglichkeit gegeben werden, eine auswärtige Arbeitstelle aufzunehmen. Sie sei nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet, die Arbeitsleistung an verschiedenen Orten zu erbringen. Reisekosten würden durch den Arbeitgeber nicht erstattet.
Das SG hat mit Urteil vom 30. November 2005 der Klage stattgegeben und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2004 die Beklagte verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe vom 1. März 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt: Die Aufnahme einer auswärtigen Tätigkeit liege im vorliegenden Fall vor. Es komme nicht darauf an, an welchem Ort der Arbeitgeber seinen Sitz habe. Vielmehr sei der Arbeitsort entscheidend, hier R ... Da es grundsätzlich die Privatangelegenheit des Arbeitnehmers sei, zum Arbeitsort zu gelangen, sei die Klägerin nach Sinn und Zweck der Mobilitätshilfe durch die Gewährung von Fahrtkostenbeihilfe zu fördern.
Gegen das ihr am 27. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Zum einen sei die Klägerin am 1. März 2004, als sie den Antrag auf Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe gestellt habe, nicht mehr arbeitslos gewesen, denn sie habe bereits am 27. Februar 2004 die Beschäftigung bei der Firma P. P. Service aufgenommen. Des Weiteren sei die Mobilitätshilfe zur Arbeitsaufnahme nicht notwendig gewesen. Die Klägerin habe die Arbeit aufgenommen, ohne zuvor die Förderung beantragt zu haben. Weiterhin seien gerade bei Personalleasingfirmen wie der P. P. Service GmbH wechselnde Einsatzorte und das Auseinanderfallen von Arbeitsort und Sitz des Arbeitgebers typisch. Wenn die Verleiher die Fahrtkosten von Arbeitnehmern zu den Einsatzorten nicht übernähmen, könnte es nicht Aufgabe der Beklagten sein, dieses durch die Gewährung von Mobilitätshilfen auszugleichen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der erste Arbeitstag der Klägerin sei der 1. März 2004 gewesen. Am 27. Februar 2004 habe sie zwar den Arbeitsvertrag unterschrieben. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr aber noch nicht mitgeteilt worden, dass sie außerhalb von M. werde arbeiten müssen. Sie habe am übernächsten Tag wiederkommen sollen. Am 29. Februar 2004 habe sie gegen 14.00 Uhr oder 15.00 Uhr die Arbeitskleidung erhalten sollen und erfahren, dass sie am Montag früh in R. die Arbeit antreten sollte. Zum Arbeitsamt habe sie an diesem Tag nicht mehr gehen können. Am Montag sei sie pünktlich um 6.00 Uhr zur Arbeit erschienen. Erst nach der Arbeit sei es ihr möglich gewesen, die Beklagte aufzusuchen.
Die Firma P. P. Service sei eine Firma, die selbst keine Arbeitsplätze habe, sondern ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung betreibe. Als einziger Einsatzort sei für sie R. vorgesehen gewesen. Ein Umzug nach R. sei nicht in Betracht gekommen, denn es habe keine Aussicht auf eine Dauerhaftigkeit der Tätigkeit bestanden. Zudem übersteige es das Maß des Zumutbaren, wenn die Klägerin bei einem Verdienst i.H.v. 5,93 EUR brutto/Stunde noch Fahrtkosten tragen müsste.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG). Sie ist begründet, denn das SG hat zu Unrecht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Fahrtkostenbeihilfe.
Nach § 53 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung (SGB III) in der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Über¬nahme der Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrtkostenbeihilfe). Diese kann nach § 54 Abs. 4 SGB III für die ersten sechs Monate der Beschäftigung gewährt werden.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III liegen jedoch hier nicht vor.
Die Klägerin gehört zwar zum förderungsfähigen Personenkreis, denn sie war arbeitslos. Das SG hat auch zu Recht angenommen, dass die Klägerin eine auswärtige Beschäftigung bei der Fa. P. P. Service GmbH aufgenommen hat. Das Tatbestandsmerkmal der Auswärtigkeit umschreibt, dass der Beschäftigte zur Ausübung der Tätigkeit einen Arbeitsort erreichen muss, der mit seinem Wohnort nicht identisch ist. Dabei kann es nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht darauf ankommen, an welchem Ort sich der Betriebssitz des Arbeitgebers befindet. § 53 SGB III soll die berufliche Mobilität des Arbeitslosen erleichtern. Zur Erreichung dieses Zweckes kann es allein darauf ankommen, zu welchem konkreten Arbeitsort der Arbeitslose fahren muss, um die Beschäftigung auszuführen, denn die Klägerin ist zur auswärtigen Arbeitsleistung vertraglich verpflichtet (a.A. Sächsisches LSG, Urteil vom 7. Juni 2007, L 3 AL 303/05, zitiert nach juris).
Die Bewilligung einer Fahrtkostenbeihilfe durch die Beklagte war im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Arbeitsaufnahme notwendig.
Der Notwendigkeitsbegriff bringt zum Ausdruck, dass Beitragsmittel der Bundesagentur für Arbeit für Förderungsmaßnahmen nur erbracht werden sollen, wenn das angestrebte Ziel, nämlich die Arbeitsaufnahme, sonst nicht zu verwirklichen ist. Die Beantwortung der Frage, ob das angestrebte Ziel – die auswärtige Arbeitsaufnahme – ohne die Förderleistung sonst nicht zu verwirklichen ist, setzt eine Prognoseentscheidung voraus, die zum Resultat führen muss, dass ohne die Gewährung von Mobilitätshilfen das Beschäftigungsverhältnis voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Die Förderung muss folglich unverzichtbar und unerlässlich, d.h. unbedingt notwendig sein, bloße Zweckmäßigkeit genügt nicht. Sinn und Zweck der Förderung ist es, finanzielle Hindernisse zu beseitigen, die förderungsberechtigten Personen den Wiedereintritt in das Berufsleben erschweren. Dabei spielt die konkrete wirtschaftliche Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin keine Rolle. Gerade der Verzicht auf die Prüfung der Eigenleistungsfähigkeit (Höhe des gegenwärtigen monatlichen Einkommens, die Dauer der Arbeitslosigkeit, die Höhe der Belastungen - z.B. Miete, Versicherungsprämien, Ratenzahlungen - und die Zahl der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen) soll nach dem Willen des Gesetzgebers zu einer zeitnahen unbürokratischen Förderung der Mobilität führen (vgl. BT-Drucks 15/25 S. 28, 29).
Der Umstand, dass der Klägerin Fahrtkosten entstehen, um zur Arbeit zu gelangen, führt hier nicht zur Notwendigkeit einer Förderung, da die Klägerin gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten nach § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat. Macht danach der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
Diese auftragsrechtliche Bestimmung des § 670 BGB enthält einen allgemeinen rechtlichen Grundsatz, der auch für das Arbeitsverhältnis gilt: Wer im Interesse eines anderen und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, kann Ersatz dieser Aufwendungen von demjenigen verlangen, für den er tätig geworden ist (vgl. BAG, Urteil vom 21. März 1973, 4 AZR 187/72, BB 1973, 983, Urteil vom 14. Oktober 2003, AZR 657/02, AP § 670 BGB Nr. 32). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Zu den vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin, die bei der Fa. P. P. Service GmbH als Leiharbeitnehmerin eingestellt wurde, gehört es, an den Orten zu arbeiten, an denen ihr der Verleiher Arbeiten zuweist. Ein Leiharbeitnehmer hat mangels anderweitiger vertraglicher Regelung einen Anspruch auf Erstattung der ihm tatsächlich entstandenen Fahrtkosten, soweit die Reisekosten zu dem Arbeitsort, den der Verleiher ihm zuweist, die Kosten für die Reise von der Wohnung zur Geschäftsstelle des Verleihers übersteigen (vgl. LAG Köln, Urteil vom 15. November 2002, 4 Sa 692/02, MDR 2003, 755 f.). Die jeweilige Anreise des Leiharbeitnehmers zum Entleiher stellt zwar einen Teil seiner eingegangenen Arbeitspflicht dar, die hiermit verbundenen Aufwendungen sind aber nicht durch den normalen Vergütungsanspruch abgegolten. Vielmehr ist bei den Fahrten zur täglichen Aufnahme der Arbeit bei Entleihern zu berücksichtigten, dass die hiermit verbundenen Fahrkosten ausschließlich auf Veranlassung und im Interesse des Verleihers entstehen und vom Leiharbeitnehmer nicht (z.B. durch Verlegung des Wohnsitzes in die Nähe der Arbeitsstelle) beeinflusst werden können. Die Pflicht zum Aufwendungsersatz umfasst jedoch grundsätzlich nur die Fahrtkosten von der Betriebsstätte zum Einsatzort. Denn die Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehören zum persönlichen Lebensbedarf, der nach allgemeiner Auffassung von der Vergütung zu bestreiten ist.
Vorliegend haben die Parteien im Arbeitsvertrag keine Regelung über die Erstattung von Fahrtkosten des Arbeitnehmers von der Wohnung zur Arbeitsstelle (Einsatzort) getroffen. Sie haben in § 4 Ziffer 6 des Vertrages lediglich vereinbart, dass grundsätzlich die Reisezeit für Fahrten zwischen Wohnung und jeweiligem Einsatzbetrieb nicht vergütet werden. Die Geltendmachung einer Fahrtkostenvergütung durch den Arbeitnehmer schließt diese Regelung nicht aus. Es bleibt somit bei der Anwendbarkeit des § 670 BGB. Hat aber die Klägerin einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erstattung der Fahrtkosten, so ist eine Förderung durch die Beklagte nicht notwendig.
Da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 SGB III nicht vorliegen, war die seitens der Beklagten vorzunehmende Ermessensausübung nicht mehr zu überprüfen. Auch konnte dahinstehen, ob der seitens der Klägerin am 1. März 2004 gestellte Antrag auf Gewährung einer Fahrtkostenbeihilfe durch die Beklagte nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nachträglich zuzulassen gewesen wäre.
Nach alledem war das Urteil des SG vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision i.S. von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs.2 Nr.2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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