L 3 RJ 189/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 19 RJ 461/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RJ 189/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben § 14 SGB IX, Beiladung
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der am 964 geborene Kläger schloss nach zehn Klassen seine Schulausbildung an einer Polytechnischen Oberschule und nach seiner Lehrzeit vom 1. September 1981 bis zum 15. Juli 1983 seine Ausbildung als Landmaschinenschlosser erfolgreich ab. Nach seiner Aufnahme als Genossenschaftsmitglied in die LPG Pflanzenproduktion IX. Parteitag leistete er vom 1. November 1983 bis zum 31. Oktober 1986 seinen Wehrdienst ab. Der Kläger war vom 1. November 1986 bis zum 22. Februar 1990 als Genossenschaftsbauer/Schlosser und im Anschluss an eine nachfolgende bzw. dazwischen liegende Arbeitslosigkeit vom 14. Mai 1990 bis zum 31. Oktober 1991 und von April 1992 bis November 1993 als Taxifahrer und daran anschließend bis März 1994 als Servicemitarbeiter in einem Autohaus beschäftigt. Vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 1994, vom 2. Februar bis zum 1. November 1995, vom 28. Januar bis zum 28. Juli 1996, vom 9. September bis 1. Dezember 1996, vom 9. April bis zum 19. September 1997 und von Anfang Oktober 1997 bis März 1998 war er als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. In den dazwischen liegenden Zeiträumen war er arbeitslos. Im Rahmen seines vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2001 andauernden Beschäftigungsverhältnisses war der Kläger zunächst als Anlagenfahrer und seit dem 1. Dezember 2000 nach dem Arbeitsvertrag vom 30. November 2000 als Lagerarbeiter im Zwischenlager mit der Möglichkeit, auch als Kraftfahrer mit höchstens einer Übernachtung pro Tour eingesetzt zu werden, tätig. Nach Angaben des Klägers handelte es sich hierbei um eine Kraftfahrertätigkeit mit Be- und Entladearbeiten. Teilweise habe er selbst mit anfassen müssen, gelegentlich habe er hierzu einen Kran benutzt. Der Kläger bezog bis Juli 2002 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran Arbeitslosenhilfe. Seit dem 15. August 2003 ist er mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden als Taxifahrer in einem Taxibetrieb beschäftigt. Nach Angaben des Klägers überfordere ihn diese Tätigkeit gesundheitlich; er könne aber keine leidensgerechte Tätigkeit finden, da ihm hierfür die Vorkenntnisse fehlten. Der Kläger bezieht ergänzende Leistungen der Grundsicherung in Form von Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Der Kläger stellte zunächst am 15. Mai 2002 bei dem für ihn zuständigen Arbeitsamt einen Antrag auf Bewilligung einer beruflichen Bildungsmaßnahme. Nach Aufforderung durch das Arbeitsamt stellte er bei der Beklagten am 26. August 2002 einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Beklagte zog zunächst das Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl. Med. S. vom 18. Juni 2002 bei. Es bestünden eine Rückenmuskelinsuffizienz bei Verbiegung der Wirbelsäule sowie ein Zustand nach Brüchen im Bereich beider Ellenbogengelenke mit rezidivierenden entzündlichen Beschwerden. Vorrangig sei eine sportliche Betätigung des Klägers zur Stärkung der Rückenmuskulatur anzustreben. Die Gutachterin stellte ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte und mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Zwangshaltungen (Überkopfarbeiten/Armvorhalte), häufiges Heben oder Tragen (ohne mechanische Hilfsmittel) und Vibrationsexposition fest. Der Kläger sei unterschwellig aggressiv, distanz- und kritikgemindert und zeige sich wenig motiviert. Er sei zu spät gekommen, er könne "schließlich seinen Sohn" (das Kind seiner Lebensgefährtin) "nicht stressen". Tätigkeiten mit Publikumsverkehr seien nach dem hier Erlebten als eher ungünstig einzustufen. Sollten berufliche Bildungsmaßnahmen für den Kläger in Erwägung gezogen werden, empfehle sich im Vorfeld eine psychologische Leistungsbeurteilung.

Mit Schreiben vom 18. September 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es seien noch medizinische Sachaufklärungen notwendig. Sobald die noch fehlenden Unterlagen vorlägen, werde über den Antrag entschieden. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass es ihr - der Beklagten - nicht möglich sei, gemäß § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) innerhalb von drei Wochen über den Antrag zu entscheiden.

Die Beklagte holte ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K.l vom 24. Oktober 2002 zur Frage, ob die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen vorlägen, ein. Nach ihren Feststellungen seien bei dem Kläger die Kerneigenschaften der Intelligenz wie Kritik-, Urteils- und Steuerungsfähigkeit entsprechend seinem intellektuellen Leistungsniveau mit einem IQ von 95 durchschnittlich entwickelt. Eine leichte persönlichkeitsbedingte Distanzminderung habe grenzwertigen Charakter. Die bestehenden Einschränkungen seien orthopädischer Art und aus der Sicht des Nervenfacharztes nicht einzuschätzen. Die Leistungsfähigkeit des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, u.a. für die Tätigkeit als Landmaschinenschlosser oder als Schlosser in einem anderen Metier, sei nicht eingeschränkt. Falls aus orthopädischer Sicht eine Umschulungsmaßnahme empfohlen werde, ergäben sich aus psychiatrischer Sicht keine Einschränkungen. Der Kläger sei in der Lage, eine Umschulung im PC-Bereich oder für eine Bürotätigkeit von seiner intellektuellen Leistungsfähigkeit her zu absolvieren.

In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 10. Januar 2003 stellte die Fachärztin für Orthopädie Dr. D. bei dem Kläger die Diagnosen eines rezidivierenden Cervicobrachialsyndroms links mit rezidivierender Schultersteife sowie eines Zustands nach multiplen Ellenbogengelenksfrakturen beidseits. Im orthopädischen Status habe sie jeweils beidseits eine dezent hypertone Trapeziusmuskulatur sowie eine endgradig eingeschränkte Schultergelenksbeweglichkeit mit Bewegungsschmerz in allen Ebenen des linken Schultergelenks, eine endgradig eingeschränkte Ellenbogengelenksbeweglichkeit, eine Achsabweichung der Ellenbogengelenke bei einem Zustand nach multiplen Ellenbogengelenksfrakturen, reizlosen Narben der Unterarme, und beidseits ein positives Zohlen-Zeichen festgestellt. Es sei kein Leistungsvermögen vorhanden für Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel sowie Überkopfarbeiten und Zwangshaltungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS). Für die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als Lkw-Fahrer mit Be- und Entladearbeiten ohne Hilfsmittel sei der Kläger nicht mehr geeignet (Leistungsvermögen unter drei Stunden). Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bzw. Gehen und zeitweise im Stehen sechs Stunden und mehr täglich ausgeübt werden. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten seien wohl ausgeschöpft. Um eine weitere Chronifizierung des Geschehens zu vermeiden, seien derzeit stationäre konservative Rehabilitationsmaßnahmen bei erheblich gefährdeter Leistungsfähigkeit indiziert. Mit dem dann vorhandenen Leistungsvermögen solle erneut über berufsfördernde Maßnahmen nachgedacht werden.

Mit Schreiben vom 4. Februar 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, über seinen Antrag könne erst nach erfolgter medizinischer Heilbehandlung entschieden werden, und erteilte dem Kläger nochmals den vorsorglichen Hinweis aus dem Schreiben vom 18. September 2002. Mit Schreiben vom 7. Februar 2003 setzte sie den Kläger in Kenntnis, die ärztlichen Ermittlungen im Verfahren zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hätten ergeben, dass für ihn eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation angebracht erscheine. Diese Leistung werde voraussichtlich seinen Gesundheitszustand bessern oder zumindest eine Verschlechterung verhindern. Über seinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werde die Beklagte dann nach Abschluss der Leistung entscheiden.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 20. Februar 2003 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Nach dem Entlassungsbericht der Fachärztin für Orthopädie/Rheumatologie/Physikalische und Rehabilitative Medizin Prof. Dr. K. und des Facharztes für Innere Medizin Dipl.-Med. G. vom 10. April 2003 über die in der T. Fachklinik in der Zeit vom 19. März bis 9. April 2003 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger dort als arbeitsfähig entlassen. Es bestehe bei dem Kläger ein Leistungsvermögen als Kraftfahrer mit Be- und Entladearbeiten im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich. Im Übrigen könnten dem Kläger noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten für sechs Stunden täglich und mehr zugemutet werden. Vermieden werden sollten extreme Belastungen für den linken Arm, Überkopfarbeiten sowie häufiges schweres Heben oder Tragen. Die Beklagte müsse berufsfördernde Maßnahmen einleiten.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 26. August 2002 ab. Nach ihren Feststellungen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht erheblich gemindert, weil eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin ausgeübt werden könne. Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger im Wesentlichen aus, er sei auf Grund des Verschleißes seines Schultergelenks chronisch erkrankt. Eine Besserung sei durch die Leistungen der medizinischen Rehabilitation nicht eingetreten. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2003 zurück. Bei dem Kläger fehle es an den persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i.S. des § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI), da er in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne häufiges schweres Heben und Tragen, häufige Überkopfarbeiten sowie ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes mindestens sechs Stunden täglich und länger zu verrichten. Da der Kläger sich im Jahr 1990 von seinem erlernten Beruf gelöst und seitdem überwiegend angelernte Tätigkeiten ausgeübt habe, sei der allgemeine Arbeitsmarkt als sog. Bezugsberuf heranzuziehen.

Mit seiner am 30. Oktober 2003 bei dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung von Leistungen zur Rehabilitation erstrebt, seinen Antrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung aber auf die Verurteilung zur Erteilung eines neuen Bescheides umgestellt. Auf Grund seines Wirbelsäulenleidens sowie einer Belastungseinschränkung des linken Schultergelenks sowie beider Ellenbogengelenke nach Frakturen und rezidivierenden Entzündungen könne er nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ausüben und müsse Zwangshaltungen sowie ein Heben bzw. Tragen von Lasten vermeiden. Damit könne er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Er könne nicht auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, da er den Beruf des Schlossers erlernt habe. Hierbei handele es sich auf Grund der tariflichen Einstufung um eine Tätigkeit im Bereich des Facharbeiters, zumindest im Bereich des oberen Angelernten. Von diesem Beruf habe er sich durch die zuletzt ausgeübte artverwandte Tätigkeit als Anlagen- und Kraftfahrer nicht gelöst. Zumindest könne er auch die von ihm überwiegend ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr verrichten.

Das Sozialgericht hat Befundberichte von der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. vom 13. Mai 2004 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl. Med. K. vom 11. Juni 2004 eingeholt, wobei letztere keine konkreten Angaben gemacht hat. Dr. B. hat dem Kläger bei Einschränkungen durch ein Zervikobrachialsyndrom, eine chronisch-rezidivierende Periarthritis humero scapularis sowie eine Fehlstellung beider Ellenbogengelenke bei einem Zustand nach Fraktur ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten ohne Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten attestiert.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 13. September 2005 unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2003 verurteilt, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid über die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erteilen. Der materielle Anspruch ergebe sich aus § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) i.V.m. §§ 97 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III - Arbeitsförderung). Eine Minderung bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers in dem nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erforderlichen Maße liege bei ihm (noch) nicht vor. Aus den aktenkundigen medizinischen Bewertungen ergebe sich kein einheitliches Bild. Bei dem Kläger bestehe jedenfalls noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen zur Verrichtung leichter Arbeiten in wechselnder Haltung (dabei überwiegend im Sitzen) ohne Zwangshaltungen für den Bereich der HWS und ohne häufiges schweres Heben oder Tragen. Dieses sozialmedizinische Leistungsbild stimme in den wesentlichen Punkten mit dem berufstypischen Anforderungs- und Belastungsprofil der gegenwärtig vom Kläger verrichteten Tätigkeit als Taxifahrer überein. Im Bereich der Rehabilitation sei dies ausreichend. Durch die unterlassene Weiterleitung des Antrags des Klägers an das eigentlich zuständige Arbeitsamt sei die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX endgültig und umfassend zuständig geworden. Nach Sinn und Zweck dieser Norm und unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 14/5074 S. 75) sei bei einer nicht unverzüglichen Weiterleitung des Antrags dessen Ablehnung auf Grund einer fehlenden Zuständigkeit für eine bestimmte Rehabilitationsleistung unzulässig, auch soweit nach dem Gesetz ein originärer Leistungsanspruch nur nach einem für einen anderen Sozialversicherungsträger geltenden Leistungsgesetz gegeben sei. Die Voraussetzungen einer Gewährung von Leistungen nach §§ 97 ff. SGB III seien hier erfüllt. Dieser Anspruch setze im Gegensatz zu § 10 SGB VI keine günstige Prognose für die Rehabilitation voraus. Ob die allgemeinen Leistungen nach § 100 Abs. 1 SGB III hier ausreichend seien, könne offen gelassen werden. Die weitere Ausübung der Tätigkeit als Taxifahrer durch den Kläger sei angesichts seiner Erkrankungen am Haltungs- und Bewegungsapparat auf Dauer als suboptimal anzusehen. Um seine Erwerbsfähigkeit mittel- und langfristig zu erhalten bzw. zu verbessern, sei das Auswahlermessen der Beklagen in Richtung der Gewährung von Leistungen zur Berufsfindung und Arbeitserprobung mit einer sich anschließenden Umschulung des Klägers nach §§ 97 Abs. 2, 102 Abs. 1 Nr. 2 SGB III "verdichtet", jedoch nicht auf Null reduziert.

Gegen das ihr am 11. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. November 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass sich die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausschließlich nach den für den angegangenen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen - im Hinblick auf den Antrag des Klägers also nach dem SGB VI und dem SGB IX - bestimmten. Deshalb habe sie die Voraussetzungen von Leistungen auf anderen Sachgebieten, z.B. auf Grund des SGB III, hier nicht prüfen müssen. Auch die Voraussetzungen einer Weiterleitung des Antrags des Klägers seien nicht gegeben gewesen, da sie abschließend zuständig geworden sei. Der Kläger habe bei Antragstellung die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i.S. des § 11 SGB VI erfüllt, sodass die BA für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zuständig gewesen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht auf Grund der Regelungen in den §§ 4 bis 6 und 14 SGB IX, weil die Regelung in § 7 Satz 2 SGB IX, nach der sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen richte, abschließend sei. Es sei nicht sinnvoll und "völlig zweckentfremdet", dass sie hier eindeutig in den Zuständigkeitsbereich der BA fallende Leistungen nach dem SGB III habe prüfen und ggfs. erbringen sollen. Einem Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB VI stehe entgegen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Taxifahrer uneingeschränkt weiter ausüben könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft des Taxibetriebes M. R. vom 5. Februar 2006 eingeholt. Danach beträgt die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers in diesem Betrieb 40 Stunden bei einer Schicht von acht Stunden mit variablem Arbeitsbeginn im Rahmen eines Dreischichtensystems. Der Kläger sei seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses keinen Tag arbeitsunfähig gewesen.

Der Senat hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Arbeitsamtes Magdeburg beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten sowie des Arbeitsamtes Magdeburg, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verurteilt.

Der Senat hat die BA oder den Grundsicherungsträger, von dem der Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung bezieht, hier nicht zum Rechtsstreit beiladen müssen.

Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 10. November 2005 offen gelassen, ob sie eine notwendige oder einfache Beiladung beantragt. Zumindest hat sie von diesem Antrag mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 Abstand genommen, sodass es eines Beschlusses des Senats nicht bedurft hat.

Die Voraussetzungen einer Beiladung der BA oder des Grundsicherungsträgers nach § 75 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen hier nicht vor.

Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen (einfache Beiladung). Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, oder ergibt sich im Verfahren, dass bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt, so ist dieser nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen (notwendige Beiladung).

Allein die Beklagte kommt hier als endgültig zuständiger Leistungsträger in Betracht, sodass die Voraussetzungen weder einer einfachen noch einer notwendigen Beiladung vorliegen.

Da es sich hier bei der Frage, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren sind, um eine gebundenen Anspruch handelt und nur Art und Umfang einer ggf. zu gewährenden Leistung im Ermessen stehen, ist die Anfechtungs- und Bescheidungsverpflichtungsklage hier die zutreffende Klageart. Damit ist hier die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltende Sach- und Rechtslage maßgebend. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Leistungsträger zu (a.a.O. Satz 2). Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest, wenn der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht weitergeleitet wird. Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung nach Satz 4 dieser Vorschrift innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird nach Bewilligung "der Leistung" durch einen Rehabilitationsträger nach Absatz 1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für "die Leistung" zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistungen erbracht hat, nach § 14 Abs. 4 SGB IX in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften.

Damit hat der Gesetzgeber offen gelassen, welche Rechtsfolgen gelten, wenn der angegangene Rehabilitationsträger zwar zuständiger Rehabilitationsträger i.S. des § 6 i.V.m. § 5 SGB IX ist, im konkreten Fall aber die materiellen Voraussetzungen der Gewährung von Leistungen nach den für den angegangenen Träger geltenden Vorschriften i.S. des § 7 Satz 2 SGB IX nicht gegeben sind und er diese auch nicht bewilligt hat. Denn nur im Fall der Bewilligung "der", d.h. der beantragten Leistung und damit im vorliegenden Fall nicht der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, sieht § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ausdrücklich eine Erstattungspflicht des eigentlich zuständigen Trägers vor.

Das Sozialgericht hat entsprechend in nicht zu beanstandender Weise zur Auslegung von § 14 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX auf den Sinn und Zweck dieser Regelungen und den Willen des Gesetzgebers abgestellt und § 14 SGB IX als Anspruchsnorm und endgültige Zuständigkeitszuweisung bei einer unterlassenen Antragsweiterleitung verstanden (vgl. zur materiellen Auslegung von § 14 SGB IX als Anspruchsnorm Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 16/04 - BSGE 93, 283 ff. = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1). Damit besteht im vorliegenden Fall für eine Beiladung der BA oder eines anderen Rehabilitationsträgers kein Raum, da eine Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers nicht mehr in Betracht kommt.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr. 2 SGB IX) werden nach § 6 SGB IX von sämtlichen Rehabilitationsträgern mit Ausnahme der Träger der Alterssicherung für Landwirte erbracht. Stellt man für die Prüfung der Zuständigkeit i.S. des § 14 SGB IX ausschließlich auf die Zuständigkeit i.S. der §§ 5 und 6 SGB VI ab, wäre jeder dieser Leistungsträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständiger Leistungsträger. Eine Weiterleitung von Anträgen zur Teilhabe am Arbeitsleben käme dann nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 2 SGB IX in Betracht, nämlich wenn die BA konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Rentenversicherungsträger zur Leistung einer Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage verpflichtet sein könnte. Da Streitigkeiten über die Zuständigkeit einschließlich der vorläufigen Leistungserbringung bei ungeklärter Zuständigkeit oder Eilbedürftigkeit nicht mehr zu Lasten des Antragstellers gehen sollen (vgl. BSG vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 16/04 - a.a.O. unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucks. 14/5074, S. 95)), ist demgegenüber der Auslegung des § 14 SGB IX der Vorzug zu geben, dass der angegangene Träger in seine Prüfung auch die andere Rehabilitationsträger betreffenden Leistungsgesetze einzubeziehen hat (vgl. Götz a.a.O. RdNr. 12; das Urteil des BSG vom 26. Oktober 2004, a.a.O. ist, soweit dort auf § 6 SGB IX abgestellt wurde, nicht weiterführend, da dort gerade die Zuständigkeit des Trägers, an den weitergeleitet wurde, i.S. des § 6 SGB IX fehlte). Eine u.U. insoweit fehlende Sachkompetenz bezüglich des entscheidenden Rehabilitationsträgers i.S. des § 7 Satz 2 SGB IX nicht betreffender Leistungsgesetze kann nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn andernfalls würde die umfassende Prüfung aller Leistungsgesetze grundsätzlich in das Gerichtsverfahren im Rahmen der Prüfung einer Beiladung oder Prüfung des materiellen Anspruchs verlagert.

Soweit das BSG die Voraussetzungen einer Beiladung in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 2004 (- B 7 AL 16/04 - a.a.O.) bejaht hat, betrifft dies einen anderen Fall, nämlich die Entscheidung eines u.U. unzuständigen Trägers nach Weiterleitung des Antrags durch den zuerst angegangenen Träger. Erfolgt eine Weiterleitung - wie im vorliegenden Fall - nicht, ist § 14 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX dahin auszulegen, dass § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX entsprechend gilt. D.h. der angegangene und eine Leistung zu Unrecht nicht bewilligende Rehabilitationsträger muss sich auf eine Erstattung verweisen lassen (vgl. auch Götz, SGB IX Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 14 RdNr. 11). Eine mögliche Erstattungspflicht eines anderen Rehabilitationsträgers begründet aber für sich genommen die Voraussetzungen einer Beiladung nicht.

Dem Kläger steht indes ein Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 26. August 2003 nicht zu, weil er materiell-rechtlich die Voraussetzungen für die erstrebte Leistung nach keinem der in Betracht kommenden Leistungsgesetze erfüllt.

Die Rentenversicherung erbringt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 16 SGB VI Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 SGB IX sowie im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen nach § 40 SGB IX. Die Leistungen erfolgen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr frühzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Voraussetzung ist, dass der Versicherte die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt (a.a.O. Satz 2).

Der Kläger erfüllt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i.S. des § 11 Abs. 1 SGB VI. Nach § 11 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung die Wartezeit von 15 Jahren (180 Monaten) erreicht haben oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen. Der Kläger verfügte zum Zeitpunkt der Antragstellung über eine Wartezeit von 249 Monaten.

Gründe für einen Leistungsausschluss nach § 12 SGB VI liegen nicht vor.

Der Kläger erfüllt indes nicht die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i.S. des § 10 SGB VI. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe liegen nach § 10 Abs. 1 SGB VI vor, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei ihm voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann oder bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Die Voraussetzungen der Alternativen in § 10 Abs. 1 Buchst. c) und Abs. 2 SGB VI erfüllt der Kläger offensichtlich nicht.

Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist nach der Überzeugung des Senats i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) SGB VI gemindert.

Der Begriff der Erwerbsminderung in diesem Sinne ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können; nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind (so BSG vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr. 2 m.w.N.). In diesen Schutz sind auch ungelernte Tätigkeiten einzubeziehen (vgl. BSG vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R - a.a.O., m.w.N.).

Damit sind im vorliegenden Fall die Tätigkeiten des Klägers als Kraftfahrer (mit teilweise ohne Hilfsmittel auszuführenden Be- und Entladearbeiten), die er zuletzt vor Antragstellung verrichtet hat, maßgebend.

Auf Grund seiner orthopädischen Leiden kann der Kläger seine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Das reicht vor diesem Hintergrund aus, um eine Erwerbsminderung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI anzunehmen. Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Heben bzw. Tragen (ohne mechanische Hilfsmittel) und ohne Vibrationsexposition ausführen. Das insoweit eingeschränkte Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich aus dem Arbeitsamtsgutachten von Dipl. Med. S. vom 18. Juni 2002, dem fachorthopädischen Gutachten von Dr. D. vom 10. Januar 2003 sowie dem Rehabilitationsentlassungsbericht der T. Fachklinik vom 10. April 2003 und steht einer dauerhaften Tätigkeit als Kraftfahrer, die in erheblichem Umfang mit Vibrationsexposition und zumindest auch gelegentlich mit schwerem Heben oder Tragen verbunden ist, entgegen.

Die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers kann durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Beklagten aber nicht i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) SGB VI wesentlich gebessert, wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden. Bei den orthopädischen Beschwerden des Klägers handelt es sich um chronische Leiden, sodass eine Wiedererlangung der Fähigkeit, als Kraftfahrer tätig zu werden, ausgeschlossen ist. Eine wesentliche Verschlechterung kann auch nicht in dem Sinne verhindert werden, dass die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgewendet werden kann (vgl. hierzu Niesel in: Kasseler Kommentar, § 10 SGB VI, RdNr. 11). Der Kläger erfüllt bereits auf Grund seiner Geburt im Jahr 1964 die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht. Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger der Eintritt einer Erwerbsminderung in dem für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung erforderlichen Umfang zu befürchten sein könnte, liegen aber im Hinblick auf die von ihm seit August 2003 ausgeübte Tätigkeit als Taxifahrer nicht vor. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Arbeitgeber in seiner vom Senat eingeholten schriftlichen Auskunft vom 5. Februar 2006 angegeben, der Kläger sei seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses dort nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Damit bestehen zur Überzeugung des Senats keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht noch zumindest sechs Stunden täglich verrichten könnte.

Maßgebend ist damit, ob die Beklagte auf Grund der nicht erfolgten Abgabe des Antrages des Klägers nach § 14 SGB IX als unzuständiger Träger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, für die eine gesetzliche Zuständigkeit eines anderen Rehabiliationsträgers i.S. des § 7 Satz 2 SGB IX vorgesehen ist, zu erbringen hat. Wie bereits zur Frage der Beiladung ausgeführt, ist der Senat der Auffassung, dass die Beklagte auch die Voraussetzungen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den für andere Sozialversicherungsträger geltenden Leistungsgesetzen zu prüfen gehabt hätte. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind für den Senat aber keine Leistungen i.S. des § 33 SGB IX auch nach einem anderen Leistungsgesetz als dem SGB VI erkennbar, deren Voraussetzungen der Kläger erfüllen würde.

Soweit das Sozialgericht die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. SGB III als gegeben ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Nach § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB III werden die dort genannten Leistungen nicht an erwerbstätige Hilfebedürftige i.S.d. SGB II erbracht. Diese Voraussetzungen sind nach den Angaben des Klägers zum Bezug ergänzender Leistungen nach dem SGB II hier erfüllt.

In § 16 Abs. 1a) und 1b) SGB II wird prinzipiell auf die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III verwiesen. Es fehlt insoweit sowohl für die besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i.S. der §§ 100, 101 SGB III als auch für die besonderen Leistungen i.S. der §§ 102, 103 SGB III an den jeweils diese Leistungen konkret betreffenden Tatbestandsvoraussetzungen.

Das gilt insbesondere auch für die vom Kläger wohl angestrebte Förderung der beruflichen Weiterbildung i.S. des §§ 100 Nr. 6, 77 ff. SGB III. Es ist derzeit weder erkennbar, dass der Kläger i.S. des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III von Arbeitslosigkeit bedroht ist, noch liegen die Voraussetzungen eines fehlenden Berufsabschlusses im Sinne dieser Regelung vor. Die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlenden Berufsabschlusses liegt nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB III bei einem länger zurückliegenden tatsächlich vorhandenen Berufsabschluss - bei dem Kläger dem Facharbeiterabschluss als Landmaschinenschlosser - nur vor, wenn der Betreffende auf Grund einer mehr als vier Jahre ausgeübten Beschäftigung in an- oder ungelernter Tätigkeit eine dem erlernten Beruf entsprechende Beschäftigung voraussichtlich nicht mehr ausüben kann. Erforderlich ist insoweit eine Kausalität zwischen der verrichteten hinter dem erlernten Beruf zurückbleibenden Tätigkeit und der Berufsentfremdung (vgl. Olk in: Nomos Kommentar, Großkommentar SGB III, § 77 RdNr. 37; vgl. Niewald in: Gagel, SGB III, § 77 RdNr. 37 zur nur im Hinblick auf die erforderliche Dauer der Berufsentfremdung abweichenden vorherigen Fassung der Vorschrift).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht. Soweit der Senat zur Auslegung des § 14 SGB IX Stellung genommen hat, hat dies auf den Erfolg der Berufung im Ergebnis keine Auswirkungen.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe I. Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision nur zu, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundessozialgericht Kassel, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel, einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen: a) Rechtsanwälte b) Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule mit Befähigung zum Richteramt c) zur Vertretung ihrer Mitglieder und bei einem Handeln durch Personen mit Befähigung zum Richteramt oder durch Diplomjuristen - selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung - berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft - Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung - Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten d) juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zu c) genannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt. Dazu ist ein Handeln durch Personen mit Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen und die Haftung der Organisation für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten Voraussetzung.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte oder solche anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Diese Beschäftigten müssen die Befähigung zum Richteramt haben oder Diplomjurist sein.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich zu begründen.

In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten der unter I. c) und I. d) genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten und ggf. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - ggf. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

gez. Klamann gez. Fischer gez. Müller-Rivinius

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Rechtskraft
Aus
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