L 7 SO 5449/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 1922/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5449/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Oktober 2007 wird als unzulässig verworfen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 4. Mai 2005 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im vorliegenden Berufungsverfahren vorrangig zu klären sind prozessuale Fragen.

Der am 1981 geborene Kläger ist geistig behindert und seit Dezember 1986 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen "B", "G" und "H") anerkannt; nach dem Besuch einer Sonderschule ist er seit 9. Februar 2002 in den Integrationswerkstätten O. gGmbH, einer Werkstatt für behinderte Menschen in Ravensburg, und zwar zunächst im Berufsbildungsbereich, seit Oktober 2004 im Arbeitsbereich, beschäftigt. Der Kläger erhielt zunächst vom Landkreis Biberach, seit September 1999 vom Beklagten besitzstandwahrend im Rahmen der Hilfe zur Pflege ein Pflegegeld, welches sich bis 30. September 2004 auf 193,27 Euro belief (vgl. Bescheid vom 8. November 2004). Mit bindend gewordenem Bescheid vom 30. November 2004 bewilligte der Beklagte das Pflegegeld für den Monat Oktober 2004 unter Kürzung der Leistung wegen teilstationärer Betreuung sowie unter teilweiser Anrechnung von Einkommen des Klägers (Kindergeld, Unterhaltszahlungen des Vaters, Erwerbseinkünfte) auf 89,89 Euro mit dem Hinweis, dass die Bewilligungen ab dem darauffolgenden Monat durch die Auszahlung im jeweiligen Monat erfolgten.

Mit zwei Bescheiden vom 4. Mai 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger das Pflegegeld für den Monat Dezember 2004 sowie für die Monate Januar und Februar 2005 lediglich noch in Höhe von 83,35 Euro. Mit einem weiteren Bescheid vom 4. Mai 2005 "stellte" der Beklagte ferner das Pflegegeld zum 1. März 2005 "ein", weil der Kläger wegen des höheren Arbeitseinkommens keinen Anspruch mehr auf Pflegegeld nach § 64 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) habe. Alle drei Bescheide sind in dem in den Verwaltungsakten verbliebenen Abdruck mit dem Datum 6. Mai 2005 überstempelt. Gegen alle drei Bescheide vom 4. Mai 2005 legte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten am 24. Mai 2005 Widerspruch ein, der auch nach Akteneinsicht trotz Erinnerung (Schreiben vom 30. Dezember 2005) nicht begründet worden ist.

Am 26. Mai 2006 hat der Kläger zum Verwaltungsgericht Sigmaringen (VG) eine Untätigkeitsklage erhoben. Er hat hierzu den Einstellungsbescheid vom 4. Mai 2005 vorgelegt und des Weiteren geltend gemacht, der Beklagte habe über seinen Widerspruch bislang keinen Widerspruchsbescheid erteilt; die Berechnung sei falsch, da sein Vater ihm keinen Unterhalt leiste und sein Arbeitsverdienst niedriger sei als vom Beklagten angesetzt. Während des noch beim VG anhängigen Verfahrens nahm der Beklagte mit Bescheid vom 19. Juni 2006 die Bescheide vom 4. Mai 2005 zurück und bewilligte im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis 30. November 2005 ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 154,62 Euro; berücksichtigt war insoweit lediglich noch eine Kürzung wegen teilstationärer Betreuung (38,65 Euro = 20 v.H. aus 193,27 Euro). Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 wurde das Pflegegeld ebenfalls in Höhe von monatlich 154,62 Euro für den Zeitraum vom 1. Oktober (richtig wohl 1. Dezember) 2005 bis 30. November 2006 weiterbewilligt; diesen Bescheid focht der Kläger - ebenso wie im Übrigen die das Pflegegeld für die nachfolgenden Jahreszeiträume gleichfalls in Höhe von 154,62 Euro monatlich verfügenden Bescheide vom 10. November 2006, 21. November 2007 und 27. November 2008 - nicht mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs an.

Bereits zuvor hatte das VG mit Beschluss vom 21. Juni 2006 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Konstanz (SG) verwiesen. Auf die gerichtliche Verfügung vom 21. Juli 2006 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 16. November 2006 mitgeteilt, dass der Rechtsstreit mit dem Abhilfebescheid vom 19. Juni 2006 nur teilweise erledigt sei. Demgegenüber hat der Beklagte den Rechtsstreit für erledigt erklärt (Schriftsatz vom 7. Dezember 2006). Auf weitere Verfügungen des SG vom 29. November 2006 und 7. Februar 2007 haben die klägerischen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 12. März 2007 ausgeführt, der Beklagte habe nur teilweise abgeholfen; die Leistungen seien "zum 4. Mai 2005" eingestellt und erst "am 1. Oktober 2005" durch Bescheid vom 13. Juli 2006 nachträglich bewilligt worden, wobei sich offensichtlich auch die Bewilligungshöhe verringert habe. Auch dagegen wende sich die Klage. Auf die richterliche Verfügung vom 6. August 2007, mit welcher den Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgegeben wurde, einen sachdienlichen Klageantrag unter Bezifferung der Höhe des klägerseits noch begehrten Pflegegeldes zu stellen, und ferner die Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt worden ist, ist eine Reaktion ausgeblieben. Mit Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2007 hat das SG ausgesprochen: "Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten." In den Gründen hat das SG, das als sachdienlich einen Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Gewährung eines Pflegegeldes über den 28. Februar 2005 hinaus in Höhe von mehr als 154,62 Euro unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Ravensburg vom "4. bzw. 6. Mai 2005" aufgefasst hat, im Wesentlichen ausgeführt, für die so verstandene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, mit der es dem Kläger offenbar um eine höhere als die mit dem Abhilfebescheid vom 19. Juni 2006 bewilligte Leistung gehe, habe es einer Weiterführung des Widerspruchsverfahrens nicht bedurft. Die Höhe des Pflegegeldes sei indes nicht zu beanstanden; die Kürzung der Leistung um 20 v.H. unter Anwendung der Bestimmung des § 69c Abs. 3 des Bundessozialhilfegesetzes rechtfertige sich nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH), welcher das Gericht folge, grundsätzlich dann, wenn der Pflegebedürftige - wie vorliegend der Kläger - an Arbeitstagen außer Haus untergebracht sei und keine besonderen Umstände des Einzelfalls, die hier weder vorgetragen noch ersichtlich seien, eine abweichende Beurteilung nahelegten. Zur Kostenentscheidung hat das SG ausgeführt, das Gericht berücksichtige zu Lasten des Beklagten, dass dieser nach seiner letzten Anfrage an die Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht endlos mit einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren habe zuwarten dürfen, sondern im Hinblick auf § 88 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gehalten gewesen sei, notfalls auch ohne Vorliegen einer schriftlichen Begründung über den Widerspruch zu entscheiden.

Gegen diesen seinen Prozessbevollmächtigten am 16. Oktober 2007 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese für den Kläger mit einem am 16. November 2007 beim Landessozialgericht (LSG) per Telefax eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage "form- und fristwahrend" Berufung eingelegt und eine Begründung in einem gesonderten Schriftsatz angekündigt. Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2008 haben die Prozessbevollmächtigten beantragt:

"1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz wird teilweise abgeändert. 2. Der Rechtsstreit ist erledigt. 3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers."

Zur Begründung haben sie im vorbezeichneten Schriftsatz vom 31. Januar 2008 vorgebracht, der Beklagte habe erst ein Jahr nach Widerspruchseinlegung und nach der im Mai 2006 gemäß § 88 Abs. 2 SGG zulässigerweise erhobenen Untätigkeitsklage den Abhilfebescheid vom 19. Juni 2006 erlassen. Der Rechtsstreit sei im Hinblick hierauf bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Bei der unzutreffenden und mit der Berufung angefochtenen Kostenentscheidung übersehe das SG allerdings, dass der Beklagte dem Kläger die geschuldeten, für dessen elementarste Lebensbedürfnisse notwendigen Leistungen ohne weitere Erklärungen 16 Monate vorenthalten habe. Dem müsse durch eine zutreffende und sachdienliche Kostenentscheidung Rechnung getragen werden, welche in einer analogen Anwendung der Verzugsregeln und insbesondere den Grundsätzen über die Selbstmahnung bei Leistungsverweigerung die Kosten dem Säumigen auferlege. Dies gelte auch vorliegend ungekürzt. Eine Kürzung komme nicht in Betracht. Darauf, dass das SG in Anwendung einer älteren Rechtsprechung des VGH eine Kürzung um 20% wegen einer sachverhaltlich nicht näher festgestellten Unterbringung außer Haus zur Anwendung bringen wolle, sei trotz der Verfahrensdauer nie ein richterlicher Hinweis erteilt worden. Insoweit sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auch nur teilweise aufzuerlegen. Auf den Hinweis der Berichterstatterin im Ferngespräch mit Rechtsanwalt C. vom 31. Januar 2008, dass die Berufung wegen § 144 Abs. 4 SGG unzulässig sein dürfte (vgl. auch Verfügung vom 31. Januar 2008), haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 1. Februar 2008 vorgebracht, dass sich in der Berufungsbegründung ein Schreibfehler eingeschlichen habe; in "Ziff. 1" müsse es heißen: "Der Rechtsstreit ist nicht erledigt". Diese ergebe sich daraus, dass auch der mit der Berufung angefochtene Tenor des Gerichtsbescheids des SG unzutreffend sei. Denn der Rechtsstreit könne nicht gleichzeitig erledigt sein und die Klage abgewiesen werden. Mit Blick auf die richterliche Verfügung vom 4. Februar 2008 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008 ausgeführt, der Kläger habe gegen das in seinen Aussprüchen widersprüchliche Urteil des SG in vollem Umfang Berufung eingelegt und sei insoweit meistbegünstigt. Erkläre das Gericht die Hauptsache für erledigt, sei diese erledigt und nicht abzuweisen. Soweit das SG die Klage abgewiesen habe, sei der Rechtsstreit anhängig und gerade nicht erledigt. Hiervon abgesehen sei die Kostenentscheidung des SG unzutreffend. Diese sei gleichzeitig als Nebenentscheidung angefochten. Die Neufassung und Berichtigung einer Prozesserklärung sei möglich und auch geboten, da der Kläger weiterhin Anspruch auf die ihm gesetzlich zustehende ungekürzte Leistung geltend mache. Nach Ergehen des Senatsbeschlusses vom 24. Juni 2008, mit welchem der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren abgelehnt worden ist, haben die Prozessbevollmächtigen des Klägers schließlich mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 noch dargetan, Prozesserklärungen seien sachdienlich auszulegen. Streitgegenständlich und mit der Berufungsbegründung vorgetragen worden sei, dass sich die ursprüngliche vor dem SG erhobene Klage gegen die rückwirkende Einstellung bisher vom Kläger bezogenen Pflegegeldes in Höhe von 193,27 Euro zum 1. März 2005 bezogen habe. Erst am 19. Juni 2006 habe der Beklagte einen Teilabhilfebescheid über 154,62 Euro monatlich erlassen. Soweit eine Abhilfe erfolgt sei, habe der Kläger ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, welches mit der Berufung weiterverfolgt werde. Zu Ziff. 3 werde insoweit nunmehr beantragt, den Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 4. bzw. 6. Mai 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger über den 28. Februar 2005 hinaus Pflegegeld in Höhe von mehr als 154,62 Euro monatlich zu gewähren und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Auslagen des Klägers aufzuerlegen. Im Schriftsatz vom 11. Februar 2009, mit welchem die Prozessbevollmächtigten des Klägers erneut PKH beantragt haben (vgl. hierzu den ablehnenden Senatsbeschluss vom 12. Februar 2009), haben sie nunmehr vorgetragen, "die Bescheide" seien hinsichtlich der Ermittlung des bereinigten Einkommens in Höhe von 448,23 Euro unschlüssig. Bereits die Saldierung der Einzelbeträge ergebe die Summe von 341,76 Euro. Des Weiteren sei die Kürzung um 20% bei teilstationärer Betreuung gemäß § 66 SGB XII nicht hinzunehmen, zumal keinerlei besondere Belastungen dem zu 100% schwerbehinderten Kläger zugute gehalten werden könnten.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers in dessen Namen beantragt,

"1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz wird teilweise abgeändert. 2. Der Rechtsstreit ist nicht erledigt. 3. den Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 4. bzw. 6. Mai 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger über den 28. Februar 2005 hinaus Pflegegeld in Höhe von mehr als 154,62 Euro monatlich zu gewähren und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Auslagen des Klägers aufzuerlegen."

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 19. Februar 2009 hat die Bevollmächtigte des Beklagten darauf hingewiesen, dass es sich bei dem auf den Bescheiden vom 4. Mai 2005 aufgestempelten Datum vom 6. Mai 2005 um das Absendedatum gehandelt habe.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten (6 Bände einschl. Kopien), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der - den Prozessbevollmächtigten rechtzeitig und formgerecht zugestellten - Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Das Rechtsmittel des Klägers ist, da es sich um eine isolierte Kostenberufung handelt, unzulässig. Ebenso ist das erstmals mit den Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16. Oktober 2008 und 11. Februar 2009 zum Ausdruck gebrachte und - wenngleich im letztgenannten Schriftsatz nur knapp - begründete Begehren auf eine Sachentscheidung als Klageänderung unzulässig, wobei der Senat mit Blick auf den im Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 im Antrag unter Ziff. 3 genannten Bescheid vom 4. Mai 2005 - andere Bescheide sind im vorliegenden Berufungsverfahren nirgends genauer bezeichnet - davon ausgeht, dass sich die Angriffe des Klägers auf diesen von ihm bereits dem VG vorgelegten Bescheid, mit dem das Pflegegeld ab 1. März 2005 "eingestellt" worden war, beziehen sollen.

Der Senat hat vorliegend durch Urteil über die Kostenberufung zu befinden. Das SG hat in dem vom Kläger angegriffenen Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2007 in der Hauptsache entschieden und nicht allein eine Kostenentscheidung getroffen, die nach der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) am 1. April 2008 geltenden Rechtslage (vgl. jetzt § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG) für die nach § 183 SGG privilegierten Kläger - wie hier - mit der isolierten Kostenbeschwerde anfechtbar gewesen wäre. Nur in einem derartigen Fall hätte der Senat über das Rechtsmittel des Klägers - freilich dann in korrekter Form durch Beschluss (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) BSGE 72, 90, 91 = SozR 3-1720 § 17a Nr. 1; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., 9. Auflage, vor § 143 Rdnr. 14a (jeweils m.w.N.)) - über die Kosten sachlich entscheiden können. Das SG hat im Gerichtsbescheid aber - neben dem an sich überflüssigen, jedoch unschädlichen, da ohnehin nur deklaratorischen Ausspruch zur Einstellung des Verfahrens im Umfang der übereinstimmenden Erledigungserklärung (vgl. zur Klagerücknahme Leitherer, a.a.O., 8. Auflage, § 102 Rdnrn. 9, 9b; ders., a.a.O., 9. Auflage, § 102 Rdnrn. 9, 9b) - die Klage im Übrigen abgewiesen. Zu einer Entscheidung in der Sache war das SG auch verpflichtet, denn mit Blick auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16. November 2006 und 12. März 2007 durfte es nach dem dort erkennbar zum Ausdruck Gebrachten nicht davon ausgehen, dass das Klagebegehren vollumfänglich fallen gelassen werden sollte (vgl. zur Auslegung einer stillschweigenden Klagerücknahme BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 8 (Rdnr. 13)). Der Zulässigkeit der Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2007 steht indes § 144 Abs. 4 SGG entgegen.

Gemäß § 144 Abs. 4 SGG ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es um sich die Kosten des Verfahrens handelt. Gemeint mit der Bestimmung sind die Kosten des laufenden Rechtsstreits (vgl. BSG SozR 1500 § 144 Nr. 27); insoweit ist eine Berufung stets unzulässig, wenn mit dem Rechtsmittel allein die Kostensentscheidung im Urteil oder Gerichtsbescheid erster Instanz angegriffen ist. Diese - § 158 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nachgebildete - Regelung dient der Prozessökonomie; mit ihr soll ferner verhindert werden, dass das Berufungsgericht zumindest inzident die nicht angefochtene Hauptsacheentscheidung mit überprüfen muss (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - B 2 U 84/04 B - (juris); Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 310 § 158 VwGO Nr. 9). Der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 4 SGG greift auch dann ein, wenn gegen die Hauptsache materiell-rechtlich überhaupt keine Einwendungen erhoben werden, vielmehr nur formale Gründe vorgebracht werden, um die ungünstige Kostenfolge beseitigen zu können (vgl. BSG, Beschluss vom 1. Juli 2004 - B 9 SB 33/03 B - (juris); BVerwG Buchholz a.a.O.; Leitherer, a.a.O., 9. Auflage, § 144 Rdnr. 48a; vgl. auch die Senatsbeschlüsse vom 24. Juni 2008 und 12. Februar 2009 in der PKH-Sache des Klägers).

Eine derartige isolierte Kostenberufung liegt hier vor. Diese Beschränkung des Rechtsmittels ergibt sich eindeutig und ohne jeden Zweifel aus der Berufungsbegründungsschrift vom 31. Januar 2008 und wird noch untermauert durch die nachfolgenden Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Prozesshandlungen - so auch die Einlegung eines Rechtsmittels - sind entsprechend dem in § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken unter Berücksichtigung des wirklichen Willens des Erklärenden, wie er nach den äußerlich in Erscheinung getretenen Umständen verstanden werden musste, auszulegen (vgl. BSG SozR 4-1500 § 158 Nr. 2; BSG SozR 4-1500 § 151 Nr. 3; ferner BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32/07 - NJW 2009, 162). Bei Wertung einer Prozesserklärung ist deshalb grundsätzlich nicht allein am Wortlaut zu haften, sondern anhand des maßgebenden objektiven Erklärungswerts zu würdigen, was der Beteiligte mit der Prozesshandlung erkennbar gemeint hat.

Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze kann der Berufungsschrift vom 16. November 2007 nicht entnommen werden, dass der Kläger den Gerichtsbescheid des SG vom 9. Oktober 2007 ursprünglich vollumfänglich, also auch mit Bezug auf die Hauptsache, anfechten wollte. Denn dieser Schriftsatz enthält weder Anträge noch eine Begründung; eine solche wird dort vielmehr erst angekündigt. Erst mit der Berufungsbegründungsschrift vom 31. Januar 2008 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers deutlich gemacht, mit welchem Ziel dieser das Rechtsmittel verfolgt, nämlich dass es ihm letztlich nur um die Kostenentscheidung im Gerichtsbescheid geht. Aber selbst wenn die Berufung ursprünglich unbeschränkt erhoben gemeint gewesen sein sollte - was aber objektiv nicht erkennbar war - hätte sich der Kläger alsdann eine willkürliche Einschränkung des Rechtsmittels entgegenhalten lassen müssen. Eine solche Willkür liegt vor, wenn für die (spätere) Einschränkung des Berufungsantrags ein vernünftiger Grund nicht erkennbar ist oder aber von vornherein, d.h. im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels Anlass bestanden hat, das Rechtsmittel nur beschränkt einzulegen, sodass die nachträgliche Einschränkung "willkürlich" erscheint und unter Umständen sogar den Verdacht nahelegt, der Rechtsmittelkläger habe die Zulässigkeit des Rechtsmittels erschleichen wollen (vgl. BSG SozR 1500 § 144 Nr. 24; Leitherer, a.a.O., 9. Auflage, § 144 Rdnr. 19 (jeweils m.w.N.)). Solche Umstände wären hier zu bejahen, nachdem der Kläger etwa den Bescheid vom 13. Juli 2006 (Bewilligung des Pflegegeldes in Höhe von monatlich 154,62 Euro bis 30. November 2006) sowie den ebenfalls zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung bereits ergangenen Bescheid vom 10. November 2006 (Bewilligung des Pflegegeldes in Höhe von monatlich 154,62 Euro vom 1. Dezember 2006 bis 30. November 2007) nicht mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten hatte; derartiges ist im Übrigen auch bezüglich der Bescheide vom 21. November 2007 (Bewilligung in gleicher Höhe vom 1. Dezember 2007 bis 30. November 2008) und vom 27. November 2008 (Bewilligung in gleicher Höhe vom 1. Dezember 2008 bis 30. November 2009) nicht geschehen. Sachgerechte, vernünftige Gründe für eine erst nachträgliche Einschränkung des Berufungsantrags aufgrund äußerer, vom Willen des Klägers unabhängiger Gründe (vgl. hierzu nochmals BSG SozR 1500 § 144 Nr. 24) erschlössen sich sonach nicht.

Wie indessen oben bereits ausgeführt, hat sich erst der Berufungsbegründungsschrift vom 31. Januar 2008, dort aber eindeutig, entnehmen lassen, was die Prozessbevollmächtigten des Klägers in dessen Namen mit dem Rechtsmittel erreichen wollten. Bereits die dort gestellten Anträge, insbesondere aber die dortige Begründung konnte objektiv nur so verstanden werden, dass die Berufung auf den Kostenausspruch des Gerichtsbescheids vom 9. Oktober 2007 beschränkt werden sollte. So enthalten die Anträge, mit welchen die bloße Abänderung - also nicht Aufhebung - des Gerichtsbescheids verlangt, der Rechtsstreit für erledigt erklärt und eine volle Kostenauferlegung auf den Beklagten beantragt worden ist, keinerlei Hauptsachebegehren. Auch die Berufungsbegründung im vorbezeichneten Schriftsatz verhält sich hierzu nicht, sondern nur dazu, weshalb der Kläger meint, dass der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits vollen Umfangs und nicht - wie vom SG im Gerichtsbescheid entschieden - nur zu einem Fünftel zu übernehmen habe. Zwar wird in der Begründung beanstandet, dass das SG bezüglich der Kürzung des Pflegegeldes mit Blick auf die Rechtsprechung des VGH nie einen richterlichen Hinweis erteilt habe. Aber auch diese Rüge diente, wie der ihr folgende Satz der Begründung zeigt, nur der Erläuterung, weshalb es nach Auffassung des Klägers nicht gerechtfertigt sei, ihm - so wörtlich - "die Kosten des Rechtsstreits auch nur teilweise aufzuerlegen". Dass der Kläger den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt angesehen hatte, ergibt sich im Übrigen nicht nur aus dem Antrag zu Ziff. 2 des Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten vom 31. Januar 2008, sondern auch aus der Begründung, in welcher ausdrücklich aufgeführt ist, dass "der Rechtsstreit ... (Anm.: im Hinblick auf die Bewilligung des Pflegegeldes mit Bescheid vom 19. Juni 2006 von monatlich 154,62 Euro monatlich) ... bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt worden" sei. Zwar haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 1. Februar 2008 gemeint, die Ziff. 2 der Berufungsanträge (im genannten Schriftsatz als "Ziff. 1" bezeichnet) dahingehend korrigieren zu müssen, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei; aber ganz abgesehen davon, dass eine eindeutig und zweifelsfrei erklärte Prozesshandlung - wie hier - weder zurücknehmbar noch widerruflich ist (vgl. BSGE 14, 138, 141 f.; BSG SozR Nr. 6 zu § 102 SGG), kann auch diesem Schriftsatz ein - gegen welchen Bescheid auch immer gerichtetes - Hauptsachebegehren nicht entnommen werden; dasselbe gilt für den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20. Februar 2008. Nach allem steht fest, dass es dem Kläger mit seiner Berufung von Anfang an nur um eine Überprüfung der Kostenentscheidung im Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2007 gegangen ist; eine solche Kostenberufung ist indessen ausgeschlossen.

Allerdings haben die Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 nunmehr - im Übrigen unter vollständiger Wiederholung des vom SG als sachdienlich aufgefassten Klageantrags, jedoch ohne auf den Regelungsgehalt des Bescheids vom 19. Juni 2006 und die nachfolgende Entwicklung mit den diversen, vom Kläger nicht angefochtenen Bescheiden für spätere Bewilligungszeiträume einzugehen - unter Ziff. 3 der Berufungsanträge für den Kläger die Verurteilung des Beklagten zur monatlichen Gewährung des Pflegegeldes über den 28. Februar 2005 hinaus unter Aufhebung des (Einstellungs-)Bescheids vom 4. Mai 2005 ("bzw. 6. Mai 2005"; einen Bescheid solchen Datums gibt es aber ausweislich der dem VG mit Schriftsatz vom 31. Mai 2006 vorgelegten Bescheidskopie nicht, vielmehr handelt es sich hierbei um das Absendedatum) verlangt sowie unter derselben Ziff. erneut die Abänderung der Kostenentscheidung begehrt. Auch mit diesem Antrag vermag der Kläger eine Überprüfung der Kostenentscheidung des SG im Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2007 indessen nicht zu erreichen. Denn bei der Einführung des Einstellungsbescheids vom 4. Mai 2005 in das Berufungsverfahren handelt es sich um eine den Klageanspruch in zweiter Instanz erweiternde Klageänderung (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG), die jedoch schon deswegen unzulässig ist, weil sie eine - hier nicht gegebene - zulässige Berufung voraussetzt (vgl. BSGE 11, 26, 27; BSG, Urteil vom 8. November 2001 - B 11 AL 19/01 R - (juris); Leitherer, a.a.O., 9. Auflage, § 99 Rdnr. 12). Ganz abgesehen davon ist der Bescheid vom 4. Mai 2005 durch den Bescheid vom 19. Juni 2006 zurückgenommen worden und somit erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch). Dies dürften die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 auch selbst so gesehen haben; denn die Neufassung des Berufungsantrags zu Ziff. 3 im vorgenannten Schriftsatz haben sie mit einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse, welches mit der Berufung weiterverfolgt werde, begründet. Hierbei haben sie allerdings verkannt, dass für eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG), ungeachtet der weiteren Voraussetzungen für eine solche Klage, das berechtigte Interesse fehlt, wenn diese allein auf das Kosteninteresse gestützt wird (vgl. BSGE 8, 178, 181 f.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., 9. Auflage, § 131 Rdnr. 10a; Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 48a). Soweit die Prozessbevollmächtigten des Klägers nunmehr im Schriftsatz vom 11. Februar 2009 - offensichtlich unter Heranziehung der Berechnungen im Bescheid vom 27. November 2008 - die Ermittlung des bereinigten Einkommens, das aber ohnehin nicht zu einer Anrechnung geführt hat, sowie die Kürzung des Pflegegeldes nach § 66 Abs. 3 SGB XII beanstanden, geht der Senat nicht davon aus, dass hiermit eine nochmalige Klageänderung, die nach dem oben Gesagten wegen der Unzulässigkeit der Berufung ebenfalls von vornherein unzulässig wäre, gewollt war. Denn es ist schon völlig unklar, ob überhaupt noch weitere und ggf. welche Bescheide im vorgenannten Schriftsatz außer dem oben genannten Bescheid vom 4. Mai 2005 gemeint gewesen sein sollen. Der Einbeziehung des Bescheids vom 19. Juni 2006 in das Berufungsverfahren stünde jedenfalls die Rechtskraft des Gerichtsbescheids vom 9. Oktober 2007 entgegen (§ 141 SGG); über diesen Bescheid hat das SG im Gerichtsbescheid (vgl. dort S. 5 f. der Entscheidungsgründe) sachlich entschieden. Der Bescheid vom 27. November 2008 wiederum, der einen anderen Bewilligungszeitraum als der vorgenannte Bescheid betrifft, sodass eine entsprechende Anwendung des § 96 SGG selbst bei zulässiger Berufung ohnehin ausgeschlossen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R - (juris; Rdnr. 13) (m.w.N.)), ist, wie auch die Bescheide vom 13. Juli 2006, 10. November 2006 und 21. November 2007, - da nach Aktenlage nicht mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten - bestandskräftig geworden (§ 77 SGG); deshalb ist nicht näher darauf einzugehen, dass das SGG eine "Sprungklage" zum LSG als Gericht zweiter Instanz in Fällen der vorliegenden Art nicht kennt (vgl. § 29 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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