Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 1172/71
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein verständiger Grund kann bei einem Unterhaltsverzicht nicht angenommen werden, wenn dadurch die Mitschuldigerklärung der Klägerin verhindert werden soll oder wenn er erfolgt, um ein Wiederaufleben der Witwenrente nach den ersten Ehemann zu ermöglichen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. Oktober 1971 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1923 geborene Klägerin bezog Hinterbliebenenversorgung nach ihrem am 30. März 1945 gefallenen ersten Ehemann K.-A. S. Am 5. April 1950 hat sie sich mit dem Zahnarzt Dr. K. H. wiederverheiratet und erhielt hierauf eine Heiratsabfindung.
Am 15. Juli 1969 beantragte die Klägerin die Wiedergewährung von Witwenrente, da ihre zweite Ehe aus alleinigem Verschulden ihres zweiten Ehemannes 1957 geschieden worden sei. Hierzu legte sie eine Verhandlungsniederschrift des Landgerichts K. vom 18. Juni 1957 vor, wonach die damaligen Parteien für den Fall der Scheidung aus der Alleinschuld des zweiten Ehemannes sich u.a. dahingehend verglichen haben, daß die Unterhaltspflicht des beklagten zweiten Ehemannes mit dem 30. Juni 1959 ende und die Parteien auf jeglichen Unterhalt auch für den Notbedarf und für den Fall veränderter Umstände verzichten. Falls der Rentenanspruch der Klägerin aus der früheren Ehe wieder auflebe, sollten die hieraus bis 30. Juni 1959 geleisteten Zahlungen auf den Unterhalt des beklagten zweiten Ehemannes voll angerechnet werden. Mit Urteil des Landgerichts Kiel vom 18. Juni 1957 wurde die Ehe aus dem Verschulden des zweiten Ehemannes geschieden.
Auf die hierauf von der Versorgungsbehörde angestellten Ermittlungen teilte der Magistrat der Stadt Neumünster am 3. Oktober 1969 bzw. 16. Januar 1970 mit, der zweite Ehemann der Klägerin lehne durch seinen Rechtsanwalt Auskünfte über seine Verhältnisse ab, weil er gesetzlich hierzu nicht verpflichtet sei; er habe jedoch erklärt, er betreibe eine gutgehende Zahnarztpraxis. Außerdem teilte das Einwohnermeldeamt in Neumünster mit, der Kläger sei (noch) geschieden und habe zwei Kinder, von denen sich ein – 1943 geborenes – Kind in seinem Haushalt befinde. Mit Bescheid vom 25. Februar 1970 wurde der Antrag der Klägerin auf Witwenversorgung nach § 44 Abs. 2 BVG abgelehnt. Auf die an sich zu gewährende Versorgung in Höhe von 373,– DM bzw. ab 1. Januar 1970 von 419,– DM monatlich seien nach § 44 Abs. 5 BVG Unterhaltsansprüche aus der zweiten Ehe anzurechnen, oder, falls ohne verständigen Grund auf einen derartigen Anspruch verzichtet worden sei, der dem früheren Ehemann ohne Verzicht zumutbare Unterhaltsbetrag. Da dieser Betrag sich etwa auf 550,– DM monatlich belaufe, sei nach § 44 Abs. 5 BVG keine Witwenrente mehr zu zahlen. Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei durch ein Nervenleiden berufsunfähig und auf Fürsorge angewiesen; daher müsse in diesem Härtefall die Rente nach ihrem ersten Ehemann wieder aufleben. Mit Bescheid vom 23. April 1970 half der Beklagte dem Widerspruch nicht ab. Hierbei wies er darauf hin, der Unterhaltsbetrag von 550,– DM monatlich sei deshalb zutreffend angesetzt, weil der zweite Ehemann jedenfalls eine gutgehende Zahnarztpraxis führe.
Hierauf erhob die Klägerin Klage auf Gewährung von Witwenrente nach § 44 Abs. 2 BVG unter Berücksichtigung eines geringeren fiktiven Unterhalts. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) habe mit Bescheid vom 6. Oktober 1960 nur einen fiktiven Unterhalt von 100,– DM monatlich angerechnet, der zumindest von dem vom Versorgungsamt angerechneten Unterhaltsbetrag von 550,– DM monatlich nach § 44 Abs. 5 Satz 1 BVG abzuziehen sei. Außerdem habe sie auch bei ihrer Scheidung einen verständigen Grund für den Verzicht auf Unterhalt gehabt, da sie dem Martyrium ihrer zweiten Ehe unbedingt habe entgehen wollen. Nach Beiziehung der Scheidungsakten sowie der Akten der BfA wies das Sozialgericht Darmstadt mit Urteil vom 7. Oktober 1971 die Klage als unbegründet ab; auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 2. November 1971 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. Dezember 1971 Berufung eingelegt. Sie habe seinerzeit einen verständigen Grund für den Unterhaltsverzicht deshalb gehabt, weil sie mit dem Wiederaufleben der Versorgungsrente nach ihrem ersten Ehemann gerechnet habe. Von diesem Wiederaufleben seien das in dem Scheidungsprozeß tätig gewordene Landgericht sowie die beiden damaligen Rechtsanwälte und Parteien wohl überzeugt gewesen; auch sie, die Klägerin, habe als Rechtskundige hierauf vertrauen dürfen. Sie sei jedoch damals falsch informiert und erschöpft gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. Oktober 1971 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 25. Februar 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1970 zur Zahlung von Witwenrente unter Berücksichtigung eines geringeren fiktiven Unterhaltsbetrages zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die BfA habe deshalb nur einen Betrag von 100,– DM auf die wieder aufgelebte Rente angerechnet, weil bereits damit eine Rentenzahlung hinfällig geworden sei.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und Versorgungsakten sowie auf den Inhalt der Scheidungsakten des Landgerichts Kiel – Az.: 6 R 221/56 – und der Akten der BfA – Az.: xxxxx welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist im wesentlichen beizupflichten. Der Klägerin kann keine Witwenversorgung nach § 44 Abs. 2 und 5 BVG gewährt werden. Der Anspruch auf Witwenversorgung ist zwar dem Grunde nach gemäß § 44 Abs. 2 BVG i.d.F. des 2. und 3. NOG wieder aufgelebt; hierbei kommt es – auch nach der Rechtsprechung des BSG – allein auf den gerichtlichen Schuldausspruch an (vgl. Wilke, 3. Auflage, Seite 367), wonach vorliegend die Klägerin kein Verschulden an der Scheidung im Sinne der vorgenannten Vorschrift trifft.
Auf die hiernach dem Grunde nach zustehende Witwenrente sind jedoch nach § 44 Abs. 5 BVG Unterhaltsansprüche, die sich aus der neuen Ehe herleiten, anzurechnen. Hat die Witwe ohne verständigen Grund auf einen solchen Anspruch verzichtet, ist der Betrag anzurechnen, den der frühere Ehemann ohne den Verzicht zu leisten hätte (sog. fiktiver Unterhalt). Ein solcher Anspruchsverzicht ohne verständigen Grund liegt hier indessen vor, weil – wie sich aus der dem Scheidungsurteil vor ausgegangenen Rücknahme der Widerklage des zweiten Ehemannes und dem sodann erfolgten Vergleich deutlich ergibt – der Verzicht eine Scheidung ohne Feststellung der Mitschuld der Klägerin erleichtern sollte (vgl. hierzu im einzelnen Urt. des BSG vom 30.1.69, SozR § 44 BVG Nr. 11). Mit dem BSG (vgl. Wilke a.a.O., S. 372) ist in einem solchen alle auch dann kein verständiger Grund anzunehmen, wenn die Witwe – wie vorliegend die Klägerin nach ihren Angaben – deshalb auf Unterhalt verzichtet, weil sie erwartet, daß zum Ausgleich hierfür Witwenrente gewährt wird. Im übrigen blieb aber bei dem Unterhaltsvergleich die Frage, ob die Witwenversorgung wieder auflebt, ausdrücklich offen, was das Sozialgericht und auch die Klägerin nicht berücksichtigt haben.
Die Höhe des hiernach gem. § 44 Abs. 5 S. 2 BVG auf die Witwenrente anzurechnenden fiktiven Unterhaltsanspruches kann nur geschätzt werden (vgl. Wilke, a.a.O., S. 372). Hierbei sind die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen (so auch Rundschr. des Landesversorgungsamtes Hessen 10/69 Nr. 46). Vorliegend ist davon auszugehen, daß der zweite Ehemann der Klägerin nach eigenen Angaben eine gutgehende Zahnarztpraxis führt und keine Unterhaltsverpflichtungen seinen schon erwachsenen Kindern gegenüber hat. Wenn man zugunsten der Klägerin als Anhaltspunkt für das Durchschnittseinkommen eines Zahnarztes nur das Gehalt eines Oberregierungsrates (Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsgesetz) heranzieht, so ergibt sich ab 1. Januar 1971 ein Bruttogehalt von 2.812,– DM, ab 1.1.1972 von 2.977,– DM und ab 1.1.1973 von 3.217,– DM monatlich. Zieht man hiervon einen geschätzten Einkommensteuersatz von jeweils ca. 25 % ab, so ergibt sich ein Nettogehalt von 2.109,– DM, 2.233,– DM und 2.413,– DM monatlich. Schon aus diesen absichtlich sehr niedrig bemessenen Vergleichssätzen geht deutlich hervor, daß der Beklagte vorliegend den fiktiven Unterhalt des zweiten Ehemannes mit 550,– DM bzw. nach Abzug der offensichtlich zu niedrig angesetzten – Kürzung der BfA-Rente um 100,– DM nach § 44 Abs. 5 S. 1 BVG mit 450,– DM monatlich bei weitem zu niedrig angesetzt hat. Bereits hiernach ergab sich bei der Anrechnung auf die wieder aufgelebte Witwenrente kein Zahlbetrag für die Klägerin mehr, wie schon das Sozialgericht zutreffend und insoweit von der Klägerin auch nicht substantiiert widersprochen näher ausgeführt. Dies muß aber erst recht dann gelten, wenn, wie oben bereits dargelegt, von einem weit höheren fiktiven Unterhalt auszugehen ist.
Hiernach war, wie geschehen, zu erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil kein gesetzlicher Grund hierfür ersichtlich war.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1923 geborene Klägerin bezog Hinterbliebenenversorgung nach ihrem am 30. März 1945 gefallenen ersten Ehemann K.-A. S. Am 5. April 1950 hat sie sich mit dem Zahnarzt Dr. K. H. wiederverheiratet und erhielt hierauf eine Heiratsabfindung.
Am 15. Juli 1969 beantragte die Klägerin die Wiedergewährung von Witwenrente, da ihre zweite Ehe aus alleinigem Verschulden ihres zweiten Ehemannes 1957 geschieden worden sei. Hierzu legte sie eine Verhandlungsniederschrift des Landgerichts K. vom 18. Juni 1957 vor, wonach die damaligen Parteien für den Fall der Scheidung aus der Alleinschuld des zweiten Ehemannes sich u.a. dahingehend verglichen haben, daß die Unterhaltspflicht des beklagten zweiten Ehemannes mit dem 30. Juni 1959 ende und die Parteien auf jeglichen Unterhalt auch für den Notbedarf und für den Fall veränderter Umstände verzichten. Falls der Rentenanspruch der Klägerin aus der früheren Ehe wieder auflebe, sollten die hieraus bis 30. Juni 1959 geleisteten Zahlungen auf den Unterhalt des beklagten zweiten Ehemannes voll angerechnet werden. Mit Urteil des Landgerichts Kiel vom 18. Juni 1957 wurde die Ehe aus dem Verschulden des zweiten Ehemannes geschieden.
Auf die hierauf von der Versorgungsbehörde angestellten Ermittlungen teilte der Magistrat der Stadt Neumünster am 3. Oktober 1969 bzw. 16. Januar 1970 mit, der zweite Ehemann der Klägerin lehne durch seinen Rechtsanwalt Auskünfte über seine Verhältnisse ab, weil er gesetzlich hierzu nicht verpflichtet sei; er habe jedoch erklärt, er betreibe eine gutgehende Zahnarztpraxis. Außerdem teilte das Einwohnermeldeamt in Neumünster mit, der Kläger sei (noch) geschieden und habe zwei Kinder, von denen sich ein – 1943 geborenes – Kind in seinem Haushalt befinde. Mit Bescheid vom 25. Februar 1970 wurde der Antrag der Klägerin auf Witwenversorgung nach § 44 Abs. 2 BVG abgelehnt. Auf die an sich zu gewährende Versorgung in Höhe von 373,– DM bzw. ab 1. Januar 1970 von 419,– DM monatlich seien nach § 44 Abs. 5 BVG Unterhaltsansprüche aus der zweiten Ehe anzurechnen, oder, falls ohne verständigen Grund auf einen derartigen Anspruch verzichtet worden sei, der dem früheren Ehemann ohne Verzicht zumutbare Unterhaltsbetrag. Da dieser Betrag sich etwa auf 550,– DM monatlich belaufe, sei nach § 44 Abs. 5 BVG keine Witwenrente mehr zu zahlen. Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei durch ein Nervenleiden berufsunfähig und auf Fürsorge angewiesen; daher müsse in diesem Härtefall die Rente nach ihrem ersten Ehemann wieder aufleben. Mit Bescheid vom 23. April 1970 half der Beklagte dem Widerspruch nicht ab. Hierbei wies er darauf hin, der Unterhaltsbetrag von 550,– DM monatlich sei deshalb zutreffend angesetzt, weil der zweite Ehemann jedenfalls eine gutgehende Zahnarztpraxis führe.
Hierauf erhob die Klägerin Klage auf Gewährung von Witwenrente nach § 44 Abs. 2 BVG unter Berücksichtigung eines geringeren fiktiven Unterhalts. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) habe mit Bescheid vom 6. Oktober 1960 nur einen fiktiven Unterhalt von 100,– DM monatlich angerechnet, der zumindest von dem vom Versorgungsamt angerechneten Unterhaltsbetrag von 550,– DM monatlich nach § 44 Abs. 5 Satz 1 BVG abzuziehen sei. Außerdem habe sie auch bei ihrer Scheidung einen verständigen Grund für den Verzicht auf Unterhalt gehabt, da sie dem Martyrium ihrer zweiten Ehe unbedingt habe entgehen wollen. Nach Beiziehung der Scheidungsakten sowie der Akten der BfA wies das Sozialgericht Darmstadt mit Urteil vom 7. Oktober 1971 die Klage als unbegründet ab; auf die Entscheidungsgründe wird im einzelnen Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 2. November 1971 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. Dezember 1971 Berufung eingelegt. Sie habe seinerzeit einen verständigen Grund für den Unterhaltsverzicht deshalb gehabt, weil sie mit dem Wiederaufleben der Versorgungsrente nach ihrem ersten Ehemann gerechnet habe. Von diesem Wiederaufleben seien das in dem Scheidungsprozeß tätig gewordene Landgericht sowie die beiden damaligen Rechtsanwälte und Parteien wohl überzeugt gewesen; auch sie, die Klägerin, habe als Rechtskundige hierauf vertrauen dürfen. Sie sei jedoch damals falsch informiert und erschöpft gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. Oktober 1971 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 25. Februar 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1970 zur Zahlung von Witwenrente unter Berücksichtigung eines geringeren fiktiven Unterhaltsbetrages zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die BfA habe deshalb nur einen Betrag von 100,– DM auf die wieder aufgelebte Rente angerechnet, weil bereits damit eine Rentenzahlung hinfällig geworden sei.
Auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und Versorgungsakten sowie auf den Inhalt der Scheidungsakten des Landgerichts Kiel – Az.: 6 R 221/56 – und der Akten der BfA – Az.: xxxxx welcher zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird im einzelnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und nach § 143 SGG statthaft.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts ist im wesentlichen beizupflichten. Der Klägerin kann keine Witwenversorgung nach § 44 Abs. 2 und 5 BVG gewährt werden. Der Anspruch auf Witwenversorgung ist zwar dem Grunde nach gemäß § 44 Abs. 2 BVG i.d.F. des 2. und 3. NOG wieder aufgelebt; hierbei kommt es – auch nach der Rechtsprechung des BSG – allein auf den gerichtlichen Schuldausspruch an (vgl. Wilke, 3. Auflage, Seite 367), wonach vorliegend die Klägerin kein Verschulden an der Scheidung im Sinne der vorgenannten Vorschrift trifft.
Auf die hiernach dem Grunde nach zustehende Witwenrente sind jedoch nach § 44 Abs. 5 BVG Unterhaltsansprüche, die sich aus der neuen Ehe herleiten, anzurechnen. Hat die Witwe ohne verständigen Grund auf einen solchen Anspruch verzichtet, ist der Betrag anzurechnen, den der frühere Ehemann ohne den Verzicht zu leisten hätte (sog. fiktiver Unterhalt). Ein solcher Anspruchsverzicht ohne verständigen Grund liegt hier indessen vor, weil – wie sich aus der dem Scheidungsurteil vor ausgegangenen Rücknahme der Widerklage des zweiten Ehemannes und dem sodann erfolgten Vergleich deutlich ergibt – der Verzicht eine Scheidung ohne Feststellung der Mitschuld der Klägerin erleichtern sollte (vgl. hierzu im einzelnen Urt. des BSG vom 30.1.69, SozR § 44 BVG Nr. 11). Mit dem BSG (vgl. Wilke a.a.O., S. 372) ist in einem solchen alle auch dann kein verständiger Grund anzunehmen, wenn die Witwe – wie vorliegend die Klägerin nach ihren Angaben – deshalb auf Unterhalt verzichtet, weil sie erwartet, daß zum Ausgleich hierfür Witwenrente gewährt wird. Im übrigen blieb aber bei dem Unterhaltsvergleich die Frage, ob die Witwenversorgung wieder auflebt, ausdrücklich offen, was das Sozialgericht und auch die Klägerin nicht berücksichtigt haben.
Die Höhe des hiernach gem. § 44 Abs. 5 S. 2 BVG auf die Witwenrente anzurechnenden fiktiven Unterhaltsanspruches kann nur geschätzt werden (vgl. Wilke, a.a.O., S. 372). Hierbei sind die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen (so auch Rundschr. des Landesversorgungsamtes Hessen 10/69 Nr. 46). Vorliegend ist davon auszugehen, daß der zweite Ehemann der Klägerin nach eigenen Angaben eine gutgehende Zahnarztpraxis führt und keine Unterhaltsverpflichtungen seinen schon erwachsenen Kindern gegenüber hat. Wenn man zugunsten der Klägerin als Anhaltspunkt für das Durchschnittseinkommen eines Zahnarztes nur das Gehalt eines Oberregierungsrates (Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsgesetz) heranzieht, so ergibt sich ab 1. Januar 1971 ein Bruttogehalt von 2.812,– DM, ab 1.1.1972 von 2.977,– DM und ab 1.1.1973 von 3.217,– DM monatlich. Zieht man hiervon einen geschätzten Einkommensteuersatz von jeweils ca. 25 % ab, so ergibt sich ein Nettogehalt von 2.109,– DM, 2.233,– DM und 2.413,– DM monatlich. Schon aus diesen absichtlich sehr niedrig bemessenen Vergleichssätzen geht deutlich hervor, daß der Beklagte vorliegend den fiktiven Unterhalt des zweiten Ehemannes mit 550,– DM bzw. nach Abzug der offensichtlich zu niedrig angesetzten – Kürzung der BfA-Rente um 100,– DM nach § 44 Abs. 5 S. 1 BVG mit 450,– DM monatlich bei weitem zu niedrig angesetzt hat. Bereits hiernach ergab sich bei der Anrechnung auf die wieder aufgelebte Witwenrente kein Zahlbetrag für die Klägerin mehr, wie schon das Sozialgericht zutreffend und insoweit von der Klägerin auch nicht substantiiert widersprochen näher ausgeführt. Dies muß aber erst recht dann gelten, wenn, wie oben bereits dargelegt, von einem weit höheren fiktiven Unterhalt auszugehen ist.
Hiernach war, wie geschehen, zu erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil kein gesetzlicher Grund hierfür ersichtlich war.
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