L 4 V 194/74

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 V 194/74
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 24. Januar 1974 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Bei dem 1911 geborenen ledigen Kläger wurde mit Umanerkennungsbescheid vom 22. März 1951 eine "Schilddrüsenerkrankung”, verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. festgestellt. Ein Antrag des Klägers vom September 1949, eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen und weiterhin eine "vegetative Dystonie mit depressiven Erscheinungen” als Schädigungsfolge festzustellen, hatte nach einem Urteil des Oberversicherungsamtes Darmstadt vom 20. September 1951 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Dezember 1954 (IV/161/54) keinen Erfolg.

Da sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 1975 über die rechtserheblichen Tatsachen nicht allgemein verständlich ausdrücken konnte, wurde ihm mit seinem Einverständnis durch wegen Grundsätzlichkeit ausführlich begründeten Beschluss des Senates vom 23. April 1975 ein besonderer Vertreter nach § 72 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellt.

Im März 1956 begehrte der Kläger eine Rentenerhöhung wegen Thyreotoxikose mit Herzbeteiligung, einer vegetativen Dystonie, einer hormonalen Dysfunktion mit Haarwuchsstörung, einer chronischen Mittelohreiterung links und einer mittelstarken Varizenbildung am linken Bein. Eine Neubestellung der Versorgungsbezüge lehnten der Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 1958 und das Sozialgericht Gießen mit Urteil vom 5. Dezember 1960 – S-7/V-1/58 – ab. Auf die Berufung des Klägers holte das Hessische Landessozialgericht ein innerfachärztliches Gutachten bei dem damaligen Oberarzt (jetzigen Chefarzt und Professor) Dr. W., Stadtkrankenhaus K., ein, der weitere Schädigungsfolgen ablehnte. Auch der Haarausfall könne nicht als Schädigungsfolge angesehen werden, da er nicht besonders auffällig, sondern altersentsprechend sei. Es handele sich bei dem Kläger um eine stark psychopathische Persönlichkeit. Dr. v. B., Chefarzt der HNO-Abteilung des Stadtkrankenhauses K., lehnte als gerichtlicher Sachverständiger am 27. März 1963 einen ursächlichen Zusammenhang der Ohrenbefunde mit der Verwundung nach Granatexplosion ab.

In der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 1963 schlossen die Beteiligten vor dem Hessischen Landessozialgericht einen dahingehenden Vergleich, daß sie den Rechtsstreit als erledigt ansahen. Gleichzeitig stellte der Kläger "erneut einen Verschlimmerungsantrag”. Der Beklagte holte ein internistisches Gutachten bei Dr. D., ein HNO-fachärztliches bei Dr. B. und ein nervenfachärztliches bei Dr. H., die beiden ersten vom 17. Februar und letzteres vom 19. Februar 1964 ein. Dr. D. stellte neben der Schilddrüsenerkrankung eine beginnende Arteriosklerose, mäßigen Bluthochdruck, superaciden und supersekretorischen Kaskaden- und Reizmagen und Funktionsstörungen der Gallenblase mit Verwachsungen zum Zwölffingerdarm fest, Dr. B. eine hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit bei einer chronischen Mittelohreiterung links. Schädigungsfolgen außer der Schilddrüsenerkrankung ermittelten jedoch diese beiden Ärzte wie auch Dr. H. auf ihren Fachgebieten nicht. Prof. Dr. Dr. G., der Leiter der Abteilung der Strahlenbiologie und Isotopenforschung am Strahleninstitut der Universität M. kam in seinem Gutachten vom 21. Dezember 1964 zu dem Ergebnis, eine Störung der Schilddrüsenfunktion liege bei dem Kläger jetzt nicht vor.

Mit Bescheid vom 4. Mai 1965 stellte der Beklagte fest, daß eine Änderung des Versorgungsleidens beim Kläger nicht eingetreten sei und lehnte die weiter festgestellten Erkrankungen als Schädigungsfolgen ab. Mit seinem Widerspruch behauptete der Kläger, er sei im Herbst 1941 als Soldat in Frankreich an Gelbsucht erkrankt und bereits nach dreiwöchigem Lazarettaufenthalt an die russische Front versetzt worden. Hier habe sich sein Zustand so verschlechtert, daß er nach 7 Monaten Lazarettaufenthalt Ende 1943 von der Truppe entlassen worden sei. Seine Erkrankungen, wie auch besonders der Haarausfall, seien zum Teil auf die nicht ausgeheilte Gelbsucht, zum Teil auf eine psychische Überbelastung zurückzuführen. Der Kläger legte eine Bescheinigung seines Kriegskameraden K. R., G., vor, wonach der Kläger am 23. September 1942 bei einer Granatdetonation u.a. am linken Ohr Schaden genommen habe und keineswegs ängstlich, furchtsam oder zaghaft gewesen sei. Bis Oktober 1942 sei er mit dem Kläger zusammen gewesen.

Dr. G. von der Universitäts-Hautklinik G. stellte in seinem Gutachten vom 16. August 1962 bei dem Kläger eine Alopecia pityroides (Haarausfall mit Schuppenbildung und Endzündung) mit einer verminderten Behaarung im Gesicht, den Achselhöhlen und in der Schamgegend fest; da zur Zeit keine Alopecia areata (Haarausfall ohne Schuppenbildung, ohne Juckreiz und ohne Entzündung) vorliege, die jedoch 1946 in einem Gutachten festgestellt worden sei, könne diese Erkrankung nicht als Schädigungsfolge angesehen werde. Eine MdE durch die Hautveränderungen bestehe zur Zeit nicht. Die Ätiologie der Alopecia areata sei nicht geklärt, psychische Abwegigkeiten seien aber hierbei oft festgestellt worden. Wegen der Zunahme seelischer Belastungen während des Wehrdienstes könne ein Zusammenhang dieser Krankheit mit dem Wehrdienst nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Durch eine Summation der Kriegseinwirkungen sei möglicherweise nach Eintreten des Haarausfalles die seelische Tragfähigkeit des Klägers gebrochen worden, was offenbar 1943 zu seiner Entlassung geführt habe. Damals wäre die Alopecia areata "anerkennungswürdig” gewesen, nicht jedoch die jetzt festgestellte Alopecia pityroides.

Der Kläger hatte zuvor eine Bescheinigung des Facharztes für Hautkrankheiten Dr. M. vom 28. April 1958 vorgelegt, wonach im letzten Jahr eine wesentliche Verschlechterung des Haarausfalles festgestellt worden sei, indem die Alopecia areata mehr in eine totalis übergehe. Diese Erkrankung sei als Folge der Schilddrüsenerkrankung anzunehmen. Nach einer Bescheinigung seines Hausarztes Dr. F. vom 6. November 1961 war bei dem Kläger einige Tage vorher ein tetanischer Anfall mit schwerem Kreislaufkollaps aufgetreten.

Dem Widerspruch half der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 1966 nicht ab. Hinsichtlich der Übererregbarkeit des vegetativen Nervensystems, der depressiven Zustände, der Arteriosklerose, der Gastroduodenitis, der Verwachsungen im Gallenblasenbereich sowie der Schwerhörigkeit links bei einer chronischen Mittelohreiterung links verwies er darauf, daß nach seinen bindenden Bescheiden vom 15. Oktober 1949 und vom 26. Februar 1958 ein Zusammenhang mit dem geleisteten Kriegsdienst abgelehnt worden sei. Zu der Stellungnahme des K. R. bezog sich der Beklagte auf eine erneute Stellungnahme des Dr. B. vom 19. Januar 1966, wonach auf die bereits vorangegangene dreimalige HNO-ärztliche Begutachtung verwiesen wurde.

Auf die Klage holte das Sozialgericht Gießen ein Gutachten bei Priv.-Dozent Dr. R., Oberarzt des Zentrums für innere Medizin der Universität F., vom 15. November 1969 ein. Dieser gerichtliche Sachverständige stellte eine "psychopathische Persönlichkeit mit Neigung zu vegetativen Störungen und hypochondrischer Überbewertung dieser Störungen”, eine Arteriosklerose, Magenerkrankung, subklinischen Diabetes mellitus, Lungenemphysem, Schwerhörigkeit links, Prostata-Hyperthrophie, Altersveränderung am Skelettsystem, Zustand nach Gelbsuchterkrankung und Schilddrüsenerkrankung, leichte Thrombozytopenie, latenten Eisenmangel und Verdacht auf Hyperurikämie fest. Eine Verschlimmerung der Schilddrüsenerkrankung ist nach Meinung von Dr. R. nicht eingetreten, eine Funktionsstörung der Gallenblase mit Verwachsungen zum Zwölffingerdarm sei nicht mehr nachweisbar. Schädigungsfolge könne für die weiter festgestellten Gesundheitsstörungen nicht angenommen werden.

Als weiterer gerichtlicher Sachverständiger kam der Oberarzt Dr. H. zusammen mit der Diplom-Psychologin W. in dem Gutachten der Psychosomatischen Klinik G. vom 29. Oktober 1971 zu dem Ergebnis, es handele sich bei dem Kläger um eine "schwere chronische Charakterstörung mit schizoiden paranoisch querulatorischen Strukturmerkmalen”. Die psychischen und psychosomatischen Störungen des Klägers könnten weder als direkte noch indirekte Folgen einer Gelbsucht angesehen werden und nicht auf die besonderen Verhältnisse des Wehrdienstes zurückgeführt werden. Eine Charakterstörung bestehe bereits seit der Kindheit. Sie motiviere den Kläger dazu, einen rechtsneurotischen Kampf um die Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungen zu führen.

Auf Antrag des Klägers wollte das Sozialgericht Gießen dessen früheren Oberstabsarzt Dr. B., den damaligen Chef der inneren Station des Lazaretts M., als Sachverständigen hören, der jetzt in H./H. als Internist tätig ist. Dieser Arzt teilte am 26. November 1973 mit, das Zentrum für innere Medizin der Universität F. habe die an ihn gestellten Fragen bereits ausführlich beantwortet, von seiner Seite konnten keine weiteren Schlußfolgerungen gezogen werden. Die Tatsache, daß der Kläger vor etwa 30 Jahren in seiner Lazarettabteilung in M. gelegen habe, berechtige nicht zu der Annahme, daß neue Gesichtspunkte auftreten könnten, zumal er keine Unterlagen über die damalige Behandlung mehr besitze, noch er sich an den Kläger als besonderen Fall irgendwie erinnern könne. Nach dem Aktenstudium glaube er sagen zu können, daß Kriegsdienstschädigungsfolgen für die jetzt bestehenden Leiden nicht mehr nachzuweisen seien und eine MdE um 30 v.H. für einen Zustand nach Schilddrüsenerkrankung als sehr wohlwollend anzusehen sei.

Die auf Gewährung einer Rente nach einer MdE um 100 v.H. unter Feststellung einer Verschlimmerung der Schilddrüsenerkrankung, den dadurch bedingten Haarausfall sowie auf Feststellung einer Gastroduodenitis, einer Arteriosklerose, einer Übererregbarkeit des vegetativen Nervensystems, depressiver Zustände, Verwachsungen im Gallenblasenbereich und der Schwerhörigkeit links mit Mittelohrvereiterung als Schädigungsfolgen gerichtete Klage, wies das Sozialgericht Gießen mit Urteil vom 24. Januar 1974 ab. Es verwies zur Begründung hierfür auf die bindenden früheren Bescheide und die eingeholten ärztlichen Gutachten.

Die Berufung gegen dieses ihm am 6. Februar 1974 zugestellte Urteil erklärte der Kläger am 27. Februar 1974 zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Sozialgericht Gießen. Er ist der Auffassung, die ärztlichen Gutachten seien alle "über einen und den selben Leisten gezogen” und nicht sachbezogen und realitätsbedingt. Auch sei seine MdE verschieden hoch beurteilt worden. In der 23 Seiten umfassenden Berufungsbegründung fordert der Kläger eine Beweiserhebung darüber, warum sich erst nach der Gelbsuchterkrankung im Herbst 1941 der allgemeine gesundheitliche Verfall von 1942/43 in Erschöpfungszuständen, körperlichen Schwächeanfällen und Nervenleiden gezeigt habe und dies von einem Haarausfall am gesamten Körper zusammen mit einer plötzlichen Alterung begleitet gewesen sei. Auch müsse nachgewiesen werden, welche andere Ursache zu diesem allgemeinen gesundheitlichen Verfall geführt habe, wenn die Gelbsuchterkrankung und ihre Folgen nicht hierfür infrage kämen. Den Hinweis des Senates auf seine Rechte nach § 109 SGG hat der Kläger damit beantwortet, daß er ein Gutachten auf eigene Kosten bei seiner "Einkommens- und sozialen Nachholbedarfslage” nicht einholen könne und ihm auch entsprechende Ärzte nicht bekannt seien. Neue Gutachter dürften sich nicht an den bereits vorliegenden Gutachten orientieren, sie müßten vielmehr "sachbezogen und realitätsbedingt” die von ihm herausgestellten Fragen beantworten. Seiner Klagebegründung hat der Kläger einen Arztbrief des Augenarztes Dr. K. vom 30. Juni 1971 an Dr. P. in L. beigefügt, wonach er an einer mäßigen Blepharo-Conjunctivitis und einem kleinen Hagelkorn leidet und der Augeninnendruck nicht erhöht ist.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 4. Mai 1965 und 18. März 1966 sowie des Urteils des Sozialgerichts Gießen vom 24. Januar 1974 zu verurteilen, wegen eingetretener Leidensverschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge (Schilddrüsenerkrankung), den dadurch bedingten Haarausfall, sowie unter zusätzlicher Anerkennung einer Gastroduodenitis, einer Arteriosklerose, einer Überregbarkeit des vegetativen Nervensystems, depressiver Zustände, Verwachsung im Gallenblasenbereich und der Schwerhörigkeit links mit Mittelohrvereiterung als Schädigungsfolge im Sinne des BVG eine Rente nach einer MdE um 100 v.H. ab 1. Juli 1963 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und den Sachverhalt ärztlicherseits für geklärt, so daß sich ein weiteres Gutachten nach § 103 SGG erübrige.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte in beiden Rechtszügen und den der beigezogenen Akte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch statthaft aber nicht begründet.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichtes Gießen vom 25. Januar 1974 gibt die Rechtslage richtig wieder und ist nicht zu beanstanden. Das Urteil stützt sich auf die von sehr namhaften Vertretern ihres Faches, wie z.B. Prof. Dr. W., Prof. Dr. Dr. G. und Prof. Dr. H., eingeholten Gutachten. Es ist auch nicht ersichtlich, daß eines dieser Gutachten mit der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung nicht in Einklang stehen würde. Das aus der Sicht des Klägers vielleicht wichtigste Gutachten, nämlich des Dr. G., Facharzt für Dermatologie an der Universitäts-Hautklinik G., vom 16. August 1965 hebt die verschiedenen wissenschaftlichen Lehrmeinungen zu den Hauterkrankungen des Klägers sehr eingehend hervor und verweist auf einer 3/4 Seite auf die ihm zugrundeliegende medizinische Literatur, welche sich nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränkt.

Nach den Behauptungen des Klägers über seinen Haarausfall während des Wehrdienstes konnte unter Zugrundelegung der Ausführungen von Dr. G. auf eine Alopecia areata geschlossen werden. Durch eine Summation der Kriegseinwirkungen wurde nach Meinung von Dr. G. möglicherweise nach Eintreten des Haarausfalles die seelische Tragfähigkeit des Klägers gebrochen, was offenbar 1943 zu seiner Entlassung aus der Wehrmacht geführt habe. Den Haarausfall mit eventuellen seelischen Begleiterscheinungen als Schädigungsfolge im Sinne des § 1 BVG festzustellen, scheitert aber schon daran, daß nach dem Gutachten des Dr. G. vom 16. August 1965 bei dem Kläger keine Alopecia areata vorliegt, wenn auch 1946 eine solche Diagnose in der Universitäts-Hautklinik G. gestellt wurde.

Selbst wenn man aber eine Alopecia areata bei dem Kläger annehmen wollte, so wäre ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Kriegsdienst des Klägers nach dem Gutachten des Dr. G. nur "möglicherweise” vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges, wie sie aber § 1 BVG für die Feststellung einer Schädigung fordert, ließe sich damit nicht begründen. Hinzu kommt noch, daß Dr. G. diesen möglichen Zusammenhang auf eine "Summation der Kriegseinwirkungen” stützen will. Nach der Kenntnis des Senates aus seiner rechtsprechenden Tätigkeit ist aber der von Prof. H. seiner Zeit herausgestellte "Summationsschaden” zur Begründung eines ursächlichen Zusammenhanges mit Kriegsereignissen von der herrschenden Meinung der medizinischen Wissenschaft abgelehnt worden und wird noch weiterhin abgelehnt; er entspricht auch nicht dem prozessualen Erfordernis für den Kausalitätsnachweis jedes einzelnen schädigenden Ereignisses. Daß ein Zusammenhang einer Alopecia areata mit Kriegseinwirkungen nicht nachgewiesen werden kann, ergibt sich weiterhin aus den Feststellungen des Dr. G., wonach die Ätiologie dieser Erkrankung nicht geklärt ist. Beim Vorliegen solcher Erkrankungen käme nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG daher lediglich allenfalls eine Kannleistung infrage. Ein Rechtsanspruch auf Versorgung kann aber auf eine solche Erkrankung nicht gestützt werden.

Da sich ein Zusammenhang einer Alopecia areata, die eventuell 1946 bei dem Kläger vorgelegen haben könnte, mit Kriegseinwirkungen somit nicht begründen läßt, bedarf auch die Frage keiner näheren Prüfung, ob die nach Auffassung von Dr. G. bei dem Kläger bei der Begutachtung am 16. August 1965 vorliegende Alopecia pityroides etwa durch eine Alopecia areata entstanden ist, da sie dann ebenfalls nicht als Kriegsfolge angesehen werden könnte.

Mit seiner Forderung, es müsse ihm nachgewiesen werden, wodurch sein Krankheitszustand entstanden sei, wenn er nicht wehrdienstbedingt sein solle, verkennt der Kläger, daß einem Anspruch in der gesamten deutschen Rechtsordnung nur dann stattgegeben werden kann, wenn bewiesen ist, daß die Voraussetzungen für diesen Anspruch vorliegen. Der Nachweis, daß sie nicht vorliegen, ist daher überflüssig.

Die von dem Kläger vorgeschlagenen weiteren Beweiserhebungen in der Form, daß neue ärztliche Gutachten erstattet werden sollen, ohne den medizinischen gerichtlichen Sachverständigen den bisherigen Akteninhalt bekanntzugeben, ist rechtlich nicht zulässig und es geht nicht darum, lediglich den Gesundheitszustand des Klägers, der jetzt vorliegt, zu beurteilen, sondern für jede Erkrankung festzustellen, ob ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit Kriegsereignissen besteht (§ 1 BVG). Hierzu ist aber Voraussetzung, daß dem jeweils begutachtenden Arzt z.B. Erkrankungen des Klägers während des Wehrdienstes oder unmittelbar danach und die gesundheitliche Entwicklung des Klägers seit der Entlassung aus dem Wehrdienst mindestens in groben Zügen bekannt ist.

Bei der Vielzahl der erstellten Gutachten kann auch von einer weiteren Begutachtung des Klägers ein anderes Ergebnis, als das in dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichtes Gießen gewonnene, nicht erwartet werden. Hierauf hat auch der vom Kläger selbst benannte frühere Oberstabsarzt Dr. B. am 26. November 1973 ausdrücklich hingewiesen. Für das im Berufungsverfahren erwähnte Augenleiden fehlt jeder ärztliche Hinweis auf eine wahrscheinliche Schädigungsfolge oder ein sonstiger konkreter Hinweis, daß es Schädigungsfolge sein könnte. Folgen einer eventuellen Gelbsucht des Klägers sind von Prof. Dr. W., einem besonderen Fachmann auf diesem Gebiet, nicht festgestellt worden und liegen daher nach Auffassung des Senates nicht vor.

Nach alldem mußte der Berufung des Klägers der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung wurde aus § 193 SGG gewonnen.

Der Senat sah keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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