Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 400/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 603/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner dem Antragsteller höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Vergangenheit zu leisten hat.
Der 1982 geborene Antragsteller wohnt bei seinen Eltern und bezieht von der Agentur für Arbeit W. Regelleistungen nach dem SGB II zuzüglich eines Zuschlages nach § 24 SGB II von zuletzt monatlich 431 EUR. Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 16.01.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 127,89 EUR für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 31.01.2009. Der Gesamtbetrag für diesen Zeitraum in Höhe von 2.813,58 EUR wurde dem Antragsteller im Januar 2009 ausbezahlt. Mit Schreiben vom 28.01.2009, beim Antragsgegner eingegangen am 29.01.2009, erhob der Antragsteller Widerspruch gegen diesen Bescheid mit der Begründung, dass er an seine Eltern monatlich einen Betrag von 296 EUR zu zahlen habe. Mithin sei die Antragsgegnerin seit 22 Monaten im Zahlungsrückstand, sie habe daher 5.918 EUR nachzuzahlen. Mit dem genannten Schreiben hat der Antragsteller gleichzeitig Klage zum Sozialgericht erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Der Antragsgegner hat dieses Schreiben des Antragstellers an das Sozialgericht Karlsruhe weitergeleitet, wo es am 05.02.2009 eingegangen ist. Zur Begründung der Eilbedürftigkeit hat der Antragsteller einen Vollstreckungsauftrag des Bürgermeisteramts H. vom 19.12.2008 vorgelegt, in welchem der zuständige Gerichtsvollzieher mit der Beitreibung von Forderungen betreffend die Grundsteuer in Höhe von 332,27 EUR und Verbrauchsgebühren in Höhe von 691,43 EUR beauftragt wurde. Als Schuldner waren die Eltern des Antragstellers angegeben.
Mit Beschluss vom 06.02.2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Hinweis auf die fehlende Eilbedürftigkeit bei der Beanspruchung von Leistungen für die Vergangenheit abgewiesen sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegen beide Beschlüsse hat der Antragsteller am 08.02.2009 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig für das Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
Die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des SG Karlsruhe vom 06. Februar 2009 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 31.01.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung von 269 EUR abzüglich gezahlter 127,89 EUR monatlich zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie auf die Akten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 06.02.2009 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluss vom 06.02.2009 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG fehlt es im hier vorliegenden Fall an der Eilbedürftigkeit, mithin einem Anordnungsgrund.
Der Antragsteller begehrt die Differenz der Kosten für Unterkunft und Heizung zwischen 269 EUR und 127,89 EUR, d.h. insgesamt 3.104,42 EUR, im Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 31.01.2009.
Damit war der streitige Zeitraum bei Rechtshängigkeit des Antrags beim SG bereits abgelaufen. Das Schreiben, mit dem der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragte, ging erst am 05.02.2009 bei Gericht ein. Zwar sieht z.B. § 91 SGG vor, dass die einmonatige Klagefrist auch dann gewahrt ist, wenn eine solche bei einer deutschen Behörde erhoben wird, diese Regelung betrifft jedoch nur die Einhaltung der Klagefrist, während die Wirkung der Rechtshängigkeit erst mit dem Zeitpunkt des Eingangs des Schreibens bei Gericht eintritt (Binder in HK- SGG, 3. Auflage 2008, § 91 RdNr. 2; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 91 RdNr. 2).
Mithin begehrt der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Leistungen für die Vergangenheit zu verpflichten. Insoweit fehlt es aber an einem Anordnungsgrund, denn die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung kann bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B - veröffentlicht in Juris). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor der Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, zu schaffen, ist abgesehen von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage nicht Aufgabe eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, sondern Aufgabe des Hauptsacheverfahrens (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - und Beschluss vom 01.02.2007 - L 13 AS 6118/06 ER-B - beide veröffentlicht in Juris). Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für zum Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht bereits abgelaufene Zeiträume kommt grundsätzlich nicht in Betracht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007 - L 8 AS 6425/06 ER-B - veröffentlicht in Juris).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann zuzulassen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Nachzahlung erforderlich ist, um eine in die Gegenwart oder in die nahe Zukunft fortwirkende Notlage abzuwenden, etwa wenn der sofortige Verlust der Unterkunft wegen aufgelaufener Mietschulden droht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2007 - L 13 AS 6118/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Eine solche konkrete Notlage liegt hier aber offensichtlich nicht vor, denn das vom Antragsteller vorgelegte Schreiben der Stadt H. betrifft einerseits nicht ihn selbst, sondern seine Eltern, und beinhaltet andererseits eine Forderung in Höhe von insgesamt 1023,70 EUR, welche der Antragsteller mit der Nachzahlung des Antragsgegners in Höhe von 2813,58 EUR ohne weiteres hätte begleichen können. Auch vermag der Senat dem Schreiben nicht zu entnehmen, dass deswegen ein sofortiger Verlust der Unterkunft des Antragstellers drohte.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner dem Antragsteller höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Vergangenheit zu leisten hat.
Der 1982 geborene Antragsteller wohnt bei seinen Eltern und bezieht von der Agentur für Arbeit W. Regelleistungen nach dem SGB II zuzüglich eines Zuschlages nach § 24 SGB II von zuletzt monatlich 431 EUR. Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 16.01.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 127,89 EUR für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 31.01.2009. Der Gesamtbetrag für diesen Zeitraum in Höhe von 2.813,58 EUR wurde dem Antragsteller im Januar 2009 ausbezahlt. Mit Schreiben vom 28.01.2009, beim Antragsgegner eingegangen am 29.01.2009, erhob der Antragsteller Widerspruch gegen diesen Bescheid mit der Begründung, dass er an seine Eltern monatlich einen Betrag von 296 EUR zu zahlen habe. Mithin sei die Antragsgegnerin seit 22 Monaten im Zahlungsrückstand, sie habe daher 5.918 EUR nachzuzahlen. Mit dem genannten Schreiben hat der Antragsteller gleichzeitig Klage zum Sozialgericht erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Der Antragsgegner hat dieses Schreiben des Antragstellers an das Sozialgericht Karlsruhe weitergeleitet, wo es am 05.02.2009 eingegangen ist. Zur Begründung der Eilbedürftigkeit hat der Antragsteller einen Vollstreckungsauftrag des Bürgermeisteramts H. vom 19.12.2008 vorgelegt, in welchem der zuständige Gerichtsvollzieher mit der Beitreibung von Forderungen betreffend die Grundsteuer in Höhe von 332,27 EUR und Verbrauchsgebühren in Höhe von 691,43 EUR beauftragt wurde. Als Schuldner waren die Eltern des Antragstellers angegeben.
Mit Beschluss vom 06.02.2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Hinweis auf die fehlende Eilbedürftigkeit bei der Beanspruchung von Leistungen für die Vergangenheit abgewiesen sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegen beide Beschlüsse hat der Antragsteller am 08.02.2009 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig für das Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
Die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des SG Karlsruhe vom 06. Februar 2009 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 31.01.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung von 269 EUR abzüglich gezahlter 127,89 EUR monatlich zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie auf die Akten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 06.02.2009 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluss vom 06.02.2009 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG fehlt es im hier vorliegenden Fall an der Eilbedürftigkeit, mithin einem Anordnungsgrund.
Der Antragsteller begehrt die Differenz der Kosten für Unterkunft und Heizung zwischen 269 EUR und 127,89 EUR, d.h. insgesamt 3.104,42 EUR, im Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 31.01.2009.
Damit war der streitige Zeitraum bei Rechtshängigkeit des Antrags beim SG bereits abgelaufen. Das Schreiben, mit dem der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragte, ging erst am 05.02.2009 bei Gericht ein. Zwar sieht z.B. § 91 SGG vor, dass die einmonatige Klagefrist auch dann gewahrt ist, wenn eine solche bei einer deutschen Behörde erhoben wird, diese Regelung betrifft jedoch nur die Einhaltung der Klagefrist, während die Wirkung der Rechtshängigkeit erst mit dem Zeitpunkt des Eingangs des Schreibens bei Gericht eintritt (Binder in HK- SGG, 3. Auflage 2008, § 91 RdNr. 2; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 91 RdNr. 2).
Mithin begehrt der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Leistungen für die Vergangenheit zu verpflichten. Insoweit fehlt es aber an einem Anordnungsgrund, denn die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden Eilentscheidung kann bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B - veröffentlicht in Juris). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor der Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, zu schaffen, ist abgesehen von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage nicht Aufgabe eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, sondern Aufgabe des Hauptsacheverfahrens (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - und Beschluss vom 01.02.2007 - L 13 AS 6118/06 ER-B - beide veröffentlicht in Juris). Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für zum Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht bereits abgelaufene Zeiträume kommt grundsätzlich nicht in Betracht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007 - L 8 AS 6425/06 ER-B - veröffentlicht in Juris).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann zuzulassen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Nachzahlung erforderlich ist, um eine in die Gegenwart oder in die nahe Zukunft fortwirkende Notlage abzuwenden, etwa wenn der sofortige Verlust der Unterkunft wegen aufgelaufener Mietschulden droht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2007 - L 13 AS 6118/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Eine solche konkrete Notlage liegt hier aber offensichtlich nicht vor, denn das vom Antragsteller vorgelegte Schreiben der Stadt H. betrifft einerseits nicht ihn selbst, sondern seine Eltern, und beinhaltet andererseits eine Forderung in Höhe von insgesamt 1023,70 EUR, welche der Antragsteller mit der Nachzahlung des Antragsgegners in Höhe von 2813,58 EUR ohne weiteres hätte begleichen können. Auch vermag der Senat dem Schreiben nicht zu entnehmen, dass deswegen ein sofortiger Verlust der Unterkunft des Antragstellers drohte.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
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