L 3 AL 915/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 708/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 915/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob dem Kläger über den 26. September 2005 hinaus Arbeitslosengeld zusteht.

Der am 13.02.1952 geborene Kläger ist Polizeibeamter a.D. und war von 1987 bis 1994 bei verschiedenen Firmen versicherungspflichtig beschäftigt, und zwar als Verkaufsberater, Sicherheitsmitarbeiter, Verkaufsleiter, Personaldisponent und zuletzt als Geschäftsführer einer Sicherheitsfirma. Der Kläger leidet unter wiederkehrenden Zwölffingerdarmgeschwüren, die bereits in den 90iger Jahren zu häufigen Arbeitsunfähigkeitszeiten bei ihm führten. So bezog er u.a. Krankengeld vom 01.10.1992 bis zum 16.09.1993 und vom 03.01.1995 bis zum 01.07.1996.

Arbeitslosengeld von der Beklagten bezog er, immer wieder unterbrochen durch Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 02.07.1996 bis zum 15.09.1997, vom 29.01.1998 bis zum 19.04.1998, vom 31.08.1998 bis zum 09.12.1998, vom 21.03.1999 bis zum 14.09.1999 und schließlich vom 10.05.2001 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 26.06.2001.

Zuletzt war er vom 01.11.2001 bis zum 31.12.2001 bei der Firma F. als Aushilfe versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss hieran bezog er wiederum Krankengeld und zwar vom 01.01.2002 bis zu seiner Aussteuerung am 31.05.2004.

Am 01.06.2004 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Aufgrund seiner medizinischen Vorgeschichte wurde der Kläger von Dr. L., Ärztin der Agentur für Arbeit, fachärztlich begutachtet. Dr. L. kam zum Ergebnis, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wechselschicht und ohne Stressbelastung sei. Der Kläger erklärte sich am 13.07.2004 bereit, sich entsprechend den Feststellungen von Dr. L. dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen.

Mit Bescheid vom 24.06.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab Antragstellung Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 755,90 EUR in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 25,70 EUR für eine Anspruchsdauer von 480 Tagen. Im Mai/Juni 2005 legte der Kläger vier Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Beklagten vor. Die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.05.2005, die als Erstbescheinigung ausgestellt war, bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.05.2005 und war von Dr. S. in Mannheim ausgestellt. Die zweite Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stammte von Dr. Stahl in Mannheim, war ebenfalls als Erstbescheinigung bezeichnet und bescheinigte unter dem Datum 30.05.2005 Arbeitsunfähigkeit vom 20.05.2005 bis zum 13.06.2005. Die weiteren zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die ebenfalls von Dr. Stahl ausgestellt waren, waren als Folgebescheinigungen bezeichnet, datierten vom 13.06.2005 und 28.06.2005 und bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.06.2005 bzw. 01.07.2005. Die Beklagte nahm die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Akte und zahlte weiterhin Arbeitslosengeld an den Kläger.

Mit Bescheid vom 27.09.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zum 26.09.2005 erschöpft sei.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass er seit dem 20.05.2005 wegen seiner Darmgeschwüre durchgehend arbeitsunfähig erkrankt sei und eigentlich Krankengeld erhalten müsse. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Regelung des § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 01.03.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, die er sinngemäß damit begründet hat, dass er eigentlich ab dem 20.05.2005 Krankengeld hätte erhalten müssen, da er arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Mithin könne sein Anspruch auf Arbeitslosengeld am 26.09.2005 auch nicht erschöpft gewesen sein.

Mit Beschluss vom 23.08.2006 hat das SG die Krankenkasse des Klägers beigeladen. Diese hat im Schreiben vom 19.09.2006 mitgeteilt, dass sie an den Kläger bereits Krankengeld bis zur Aussteuerung im Umfang von 78 Wochen gezahlt habe. Der Kläger sei zum 31.05.2004 ausgesteuert worden, die maßgebende vierte Blockfrist laufe vom 03.12.2002 bis zum 02.12.2005. Ein neuer Krankengeldanspruch für die Erkrankung des Klägers "Ulcus duodeni" (Zwölffingerdarmgeschwür) könnte daher ohnehin frühestens ab 03.12.2005 bestehen; ein Anspruch bereits ab 20.05.2005 scheide jedenfalls aus.

Mit Urteil vom 13.12.2006, dem Kläger zugestellt am 10.01.2007, hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausdrücklich um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt worden sei. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld über den 26.09.2005 hinaus bestehe daher nicht. Dies gelte auch dann, wenn ein Arbeitsloser Arbeitslosengeld zu Unrecht bezogen habe und die Entscheidung über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes nicht aufgehoben worden sei.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 09.02.2007 Berufung eingelegt. Er macht im wesentlichen geltend, vom 20.05.2005 bis zum 26.09.2005 arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein und deswegen im maßgeblichen Zeitraum keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt zu haben. Deswegen sei sein Anspruch auf Arbeitslosengeld auch nicht erschöpft.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Februar 2005 zu verurteilen, ihm über den 26. September 2005 hinaus Arbeitslosengeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verfahrensakten beider Instanzen sowie auf das Protokoll über den Erörterungstermin vom 26.10.2007 verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da der Kläger über den 26. September 2005 hinaus keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Mit Schreiben vom 26.11.2007 und vom 12.02.2008 hat der Senat die Beteiligten auch auf diese Möglichkeit hingewiesen und ihnen insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Das SG hat den Sachverhalt umfassend dargestellt, die Rechtsgrundlage für den Ausgangsbescheid vom 27.09.2005 zutreffend benannt und die Klage zutreffend abgewiesen. Der Senat schließt sich insoweit den Gründen des SG an und sieht daher von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab.

Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass der Senat den vom Kläger im Erörterungstermin vom 26.10.2007 gestellten Feststellungsantrag zu seinen Gunsten im Sinne eines Anfechtungs- und Leistungsbegehrens ausgelegt, da der Feststellungsantrag wegen des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage im sozialgerichtlichen Verfahren bereits unzulässig gewesen wäre (HK-SGG-Castendiek, 3.Aufl. 2008, § 55 Rdnr. 13 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt BSG 08.05.2007 - B 2 U 3/06 R - SGb 2007, 419).

Im Hinblick auf die Regelung des § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ist ergänzend auszuführen, dass sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld durch Erfüllung des Arbeitslosengeldes auch dann mindert, wenn der Arbeitslose das Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum zu Unrecht bezogen hat, die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld aber von der Beklagten nicht nach den Vorschriften der §§ 45 ff. SGB X aufgehoben wurde (Niesel-Brand, SGB III, 4. Aufl. 2007, § 128 Rdnr. 4 a. E.). Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger im Zeitraum vom 20. Mai 2005 bis zum 26. September 2005 zu Unrecht Arbeitslosengeld bezogen hat, da die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes nicht aufgehoben hat. Auch die Tatsache, dass der Kläger vom 20. Mai 2005 bis zum 01. Juli 2005 das Arbeitslosengeld nach § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III im Wege der sog. Leistungsfortzahlung bezogen hat, führt nicht zu einer Verlängerung seines Arbeitslosengeldanspruches über den 26. September 2005 hinaus (Lüdtke in LPK - SGB III, 2. Aufl. 2007, § 128 Rdnr. 9 unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 21.09.1995 - B 11 RAr 35/95, veröffentlicht in Juris). Hierfür spricht nach Auffassung des Senats der klare Wortlaut des § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III und seine Entstehungsgeschichte. Die Vorgängerregelung zu § 128 SGB III - § 110 AFG - sah in Absatz 2 bis zum 31.12.1988 vor, dass sich die Dauer des Arbeitslosengeldanspruches nicht um die Tage der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall - früher § 105 b AFG, jetzt § 126 Abs.1 S.1 SGB III - mindere (BSG a. a. O., Rdnr. 19). Diese Regelung wurde vom Gesetzgeber durch Artikel 1 Nr. 21 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20.12.1988 (Bundesgesetzblatt I S. 2343) jedoch mit Geltung ab 1.1.1989 ersatzlos gestrichen.

Demnach war der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld mit Ablauf des 26. September 2005 durch die Leistung der Beklagten erfüllt.

Demnach ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved