Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 856/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2426/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 2. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter die Gewährung einer höheren Hinterbliebenenrente unter Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 sowie unter Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 für die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980.
Der Vater des Klägers, A. H. (A.H.), und seine Mutter, E. H. (E.H.), übersiedelten am 5. Juli 1995 aus der ehemaligen Sowjetunion in das Bundesgebiet und waren als Spätaussiedler anerkannt. A.H. bezog in Deutschland vom 5. Juli 1995 bis 31. Juli 1996 Altersruhegeld. Bei der Berechnung der Rente wurden die in Russland zurückgelegten Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1940 bis 31. Dezember 1949 in der Landwirtschaft der Leistungsgruppe 2 und die Zeit vom 1. Januar 1950 bis 20. November 1982 der Qualifikationsgruppe 5 für angelernte und ungelernte Tätigkeiten sowie dem Wirtschaftsbereich 14 (Land- und Forstwirtschaft) zugeordnet.
Nach dem Tod des A.H. am 7. Juli 1996 beantragte E.H. die Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des A.H ... Dabei gab sie die Tätigkeit des A.H. mit "landwirtschaftlicher Arbeiter" an. Mit Bescheid vom 22. Juli 1996 gewährte die Beklagte ihr Hinterbliebenenrente unter Zugrundelegung der oben genannten Einstufung.
Am 29. Dezember 2004 beantragte E.H. die Überprüfung der Höhe der Rentenzahlung und eine Nachzahlung ab 1. Januar 2000. Es wurde ausgeführt, die Kolchose, in der A.H. gearbeitet habe, sei zum 1. April 1957 in eine Sowchose umgewandelt worden. Vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 sei er daher dem Wirtschaftsbereich 22 der Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zuzuordnen. Ferner seien die Tätigkeiten ab 1950 in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen, da A.H. als Viehpfleger das ganze Jahr über verantwortlich für eine bestimmte Tierzahl gewesen sei. Er sei für die Beschaffung von Futter, Besamung, Hilfestellung beim Kalben, Kälbermast, Organisation des täglichen Melkens, das frühzeitige Erkennen von Tierkrankheiten etc. zuständig gewesen, was in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der früheren DDR sicherlich eine Facharbeitertätigkeit gewesen sei. Vorgelegt wurde eine Abschrift des Arbeitsbuches des A.H., wo als Beruf "Arbeiter" aufgeführt wurde. A.H. sei nach 17 Jahren und drei Monaten Tätigkeit in der Kolchose ab 1. April 1957 als Viehpfleger in die Sowchose eingestellt und ihm sei ab 21. Juli 1974 die Klasse 2 als Meister für Viehzucht zuerkannt worden. Ferner legte E.H. Ausführungen der LVA W. von 1999 zur rechtlichen Beurteilung der Frage der Kolchosemitgliedschaft vor.
Die zur Gewährung der Versicherungsrente vorgelegten Unterlagen waren zum damaligen Zeitpunkt in der von der Beklagten geführten Akte des A.H. nicht mehr enthalten.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 berechnete die Beklagte die Witwenrente ab 1. Januar 2000 neu. Dabei wurde die Zeit vom 1. Juli 1980 bis 22. November 1982 der Qualifikationsgruppe 4 (sechs Jahren Berufserfahrung, d. h. die doppelte Ausbildungsdauer gegenüber einem Facharbeiter) zugeordnet. Für die davor liegende Zeit vom 1. Januar 1940 bis 31. März 1957 verbleibe es bei der bisherigen Leistungsgruppe 2 bis 31. Dezember 1949 bzw. der Qualifikationsgruppe 5 ab 1. Januar 1950 bis 30. Juni 1980. Eine Mitgliedschaft in der Kolchose sei weder nachgewiesen noch durch das Arbeitsbuch glaubhaft gemacht worden.
E.H. legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, das Wort "Arbeiter" in dem erst 1958 ausgestellten Arbeitsbuch beziehe sich auf die Tätigkeit in der Sowchose. A.H. habe in der Kolchose jahrelang gelebt und gearbeitet und sei daher Kolchosemitglied gewesen. Ferner sei die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen, weil der Meister für Viehzucht bereits 1974 zuerkannt worden sei.
Am 2. Januar 2006 verstarb E.H ... Der Kläger, ihr Sohn, der bis dahin mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatte, führte das Verfahren fort.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 könne nicht erfolgen. Dass die von A.H. ausgeübte Tätigkeit der eines Facharbeiters entsprochen habe, sei nicht nachgewiesen. Die Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 ab 1. Juli 1980 sei nur unter großzügigster Betrachtungsweise erfolgt und für die davorliegende Zeit nicht möglich. Auch die Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 der scheide aus. Weder aus dem vorliegenden Arbeitsbuch noch aus sonstigen Nachweisen gehe hervor, dass A.H. während seiner Tätigkeit in der Kolchose Kolchosemitglied gewesen sei.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 3. März 2006 bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage fortgeführt.
Er hat eine Bescheinigung der Sowchose "M." vom 24. September 2002 vorgelegt, wonach A.H. tatsächlich 1946 bis einschließlich 1951 nach Angaben des Buches der Erfassung der Arbeitseinheiten der Kolchose "S.", das in der Sowchose "M." aufbewahrt werde, in der Kolchose "S." als Mitglied der Kolchose gearbeitet habe. Das Buch der Erfassung der Arbeitseinheiten des Kolchosebauers der Kolchose "S." von 1938 bis 1943 und von 1952 bis 1957 sei leider nicht mehr auffindbar und im Landkreisarchiv nicht abgegeben worden.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, die begehrte Einstufung könne nicht vorgenommen werden. Eine Mitgliedschaft in der Kolchose und damit der Wirtschaftsbereich 22 seien nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Das gelte auch für E.H. selbst. Der Status als Kolchosemitglied sei bei ihrer eigenen Versichertenrente zu Unrecht berücksichtigt worden. Auch die Qualifikationsgruppe 4 könne vor dem 1. Juli 1980 aus den bereits im Widerspruchsbescheid genannten Gesichtspunkten nicht anerkannt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Tätigkeit des A.H. in der Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 zu Recht nicht der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet, da eine entsprechende Qualifikation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Zu Recht habe die Beklagte auch für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 die Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 abgelehnt, da der Kläger nicht glaubhaft gemacht habe, dass A.H. in der streitigen Zeit Kolchosemitglied gewesen sei.
Der Kläger hat am 21. Mai 2008 Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG eingelegt und hierbei seine Ausführungen wiederholt und vertieft. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Antragsunterlagen aus der Versichertenakte des A.H. mittlerweile vernichtet worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 2. Mai 2008 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22. Juli 1996 insoweit abzuändern, als die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 dem Wirtschaftsbereich 22 der Anlage 14 zum SGB VI und die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen sind, sowie die Beklagte zu verurteilen, ab 1. Januar 2000 höhere Hinterbliebenenrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Versichertenakte des A.H. habe man vernichten können, nachdem mehr als sieben Jahre seit der letzten Rentenzahlung verstrichen gewesen seien. Es sei auch reine Spekulation, ob in den ausgeschiedenen Rententeilen Hinweise auf eine Kolchosemitgliedschaft des A.H. zu finden gewesen wären.
Beigezogen worden sind die Akten S 4 R 2404/04 und S 3 R 663/08, die Parallelverfahren der E.H. bzw. des Klägers als deren Sonderrechtsnachfolgers zum Gegenstand haben, sowie die Verwaltungsakte der E.H. Außerdem hat die Beklagte Probeberechnungen für die geltende gemachte höhere Rente vorgelegt (AS 50 - 84, 90 - 91, 118 - 196 der Senatsakte).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der geltend gemachte Anspruch, den der Kläger hier als Sonderrechtsnachfolger (§ 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) der E.H. geltend macht, stützt sich verfahrensrechtlich auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ein Anspruch auf höhere Hinterbliebenenrente als im Bescheid vom 11. Oktober 2005 ausgeführt, besteht nicht.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich nach § 64 SGB VI in dem man die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, den Rentenartfaktor und den aktuellen Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt. Die Beteiligten streiten hier über die persönlichen Entgeltpunkte. Nach § 22 des Fremdrentengesetzes (FRG) i.V.m. § 256b Abs. 1 SGB VI erfolgt zur Ermittlung von Entgeltpunkten eine Einstufung der Beschäftigung in eine der in der Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und die Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in der Anlage 14 genannten Bereiche.
Zu Recht hat die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 die Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 abgelehnt. In den Wirtschaftsbereich 22 sind nur Mitglieder der landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft einzustufen. Die übrigen in den Genossenschaften beschäftigten Arbeiter und Angestellte sind dem Wirtschaftsbereich 14 (Land- und Forstwirtschaft) zuzuordnen.
Es ist nicht glaubhaft geworden, dass A.H. in der streitigen Zeit Kolchosemitglied war.
Die Unterlagen der Kolchose "S." für den Zeitraum 1952 bis 1957 sind nicht mehr vorhanden. Daher vermag die Bescheinigung vom 24. September 2002, die das Fehlen dieser Unterlagen auch offen legt, von vornherein nichts zur Glaubhaftmachung der Mitgliedschaft in der Kolchose im streitigen Zeitraum erbringen. Zwar sind nach der Bescheinigung für die Zeit von 1944 bis 1951 noch Unterlagen vorhanden und von 1946 bis 1951 ist die Mitgliedschaft des Versicherten in der Kolchose verzeichnet. Es ist daher durchaus möglich, dass A.H. in der Zeit danach (1957 ging die Kolchose "S." in die Sowchose "M." über) Mitglied der Kolchose war. Diese bloße Möglichkeit reicht jedoch für die notwendige Glaubhaftmachung nicht aus.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Bescheinigung erst 2002 ausgestellt und danach ohne erkennbaren Grund noch einige Jahre vergangen sind, bis diese mit der Klageschrift vom März 2006 vorgelegt worden ist. Die Bescheinigung steht im Widerspruch zu den früheren Angaben des A.H. und der E.H. gegenüber der Beklagten. Dort ist an keiner Stelle von einer Mitgliedschaft in der Kolchose die Rede gewesen. Im Antrag auf Hinterbliebenenrente ist angegeben worden, der Versicherte sei "landwirtschaftlicher Arbeiter" gewesen. Hieraus kann zwar nicht sicher geschlossen werden, der Versicherte sei nicht Mitglied der Kolchose gewesen. Die Wortwahl ist mehrdeutig. Für E.H., die ebenfalls in der Kolchose "S." tätig war, findet sich in ihrer Versichertenakte die Aussage der Zeugin P. S. vom 21. Oktober 1982, die sich selbst als "ehemaliges Kolchosemitglied der Kolchese ‚S.’" bezeichnet und angibt, dass sie zusammen mit E.H. als "Hilfsarbeiter" gearbeitet habe. Es ist andererseits keineswegs so, das jeder, der auf einer "Kolchose" wohnte und arbeitete, auch Mitglied derselben war. Den Hinweisen in dem vom Kläger vorgelegten Merkblatt der LVA W. stehen die Angaben in mehreren Verfahren entgegen, wonach auf den Kolchosen in der Sowjetunion auch Lohnarbeiter tätig waren, die nicht Mitglieder der Kolchose waren (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. April 2005, L 7 R 945/04).
Im Arbeitsbuch des A.H. wird lediglich von einem allgemeinen Arbeitsverhältnis in der Kolchose vor dem Übergang der Kolchose in die Sowchose von 17 Jahren und drei Monaten gesprochen. Eine Kolchosemitgliedschaft wird hierbei nicht erwähnt.
Auch die Unterlagen in den Parallelverfahren, die E.H. bzw. der Kläger als ihr Sonderrechtsnachfolger geführt haben bzw. führen, können die erforderliche Glaubhaftmachung nicht erbringen. Aus der Bescheinigung der E.H. über ihre Tätigkeiten in der Sowchose "M." im Zeitraum 1957 bis 1969 (AS 95, 96 der Senatsakten) folgt nichts zu einer möglichen Kolchosemitgliedschaft. Gleiches gilt für die Bescheinigung der E.H. über die tatsächlichen Arbeiten von 1945 bis 1951 in der Kolchose "S." (AS 97, 98 der Senatsakten). Die vorgelegten Zeugenaussagen (AS 101 - 107, 117 der Senatsakten) beziehen sich allein auf Tätigkeiten der E.H. als "Hilfsarbeiterin", sagen nichts aus über ihre Stellung als Kolchosemitglied oder sonstige Arbeiterin und erst recht nichts zu der Stellung des A.H.
Bei einer Gesamtbetrachtung ist daher die Mitgliedschaft des A.H. in der Kolchose im streitigen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht.
Zu Recht hat die Beklagte auch die Tätigkeit des A.H. in der Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 nicht der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet.
Nach Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Die Qualifikationsgruppe 4 betrifft Facharbeiter, also Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Demgegenüber betrifft die Qualifikationsgruppe 5 angelernte und ungelernte Tätigkeiten, insbesondere Personen, die in der Berufausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind.
Ein Facharbeiterbrief oder eine vergleichbare formale Zuerkennung eines Qualifikationsgrades ist weder vorgelegt worden, noch ist geltend gemacht worden, es existiere ein solcher. Daher kommt allein die Zuerkennung der Facharbeiterqualifikation aufgrund langjähriger Berufserfahrung in Frage. Auch diese ist nicht glaubhaft gemacht worden. A.H. ist in der Sowchose zum 1. April 1957 ausweislich der Abschrift des Arbeitsbuches als "Viehpfleger" eingestellt worden. Die Bezeichnung "Meister für Viehzucht" der Klasse 2 hat er am 21. Juli 1974 erhalten. Irgendwelche Hinweise, was dem vorangegangen ist, finden sich an keiner Stelle. Daher bleibt unklar, ob die Bezeichnung "Meister" der entsprechenden Qualifikation im Beitrittsgebiet entspricht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. Juli 2003, B 4 RA 61/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr. 2; Urteil vom 23. September 2003, B 4 RA 48/02 R; Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03 R, SozR 4-5050 § 22 Nr. 3) kommt es aber nicht auf eine bestimmte Bezeichnung an. Vielmehr muss das im Herkunftsgebiet erworbene Qualifikationsniveau inhaltlich einem Qualifikationsniveau der DDR entsprechen, wie es in den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 beschrieben ist. Auch in der Sowjetunion war für den einem Facharbeiter vergleichbare "qualifizierte Arbeiter" grundsätzlich eine Ausbildung in einer Berufsschule Voraussetzung und es bestand ein enger Zusammenhang mit der Lohngruppierung (Lohnstufen-/kategorien 3 und 4 statt 1 und 2 bei einfachen Tätigkeiten; vgl. Müller, DAngVers 1995, 354, 361, 364, 365) Für A.H., bei dem weder eine Aus- oder Fortbildung noch die Ablegung einer Fachprüfung noch eine entsprechende Lohnstufe erkennbar ist, kann nicht festgestellt werden, dass das erforderliche Qualifikationsniveau erreicht worden ist. Allein die Angaben der E.H. im Antrag nach § 44 SGB X, A.H. sei für die Beschaffung von Futter, die Besamung, die Hilfestellung beim Kalben, die Kälbermast, die Organisation des täglichen Melkens und das frühzeitige Erkennen von Tierkrankheiten etc. zuständig gewesen, reichen hierfür nicht aus. Darauf, ob diese Tätigkeiten in der ehemaligen DDR üblicherweise von Facharbeitern ausgeübt worden sind, kommt es nicht an. Von daher ist jedenfalls ein früherer Zeitpunkt als der von der Beklagten gewählte (doppelte Ausbildungsdauer nach "Zuerkennung" des "Meisters der Viehzucht") nicht zu rechtfertigen.
Schließlich kann eine Beweiserleichterung auch nicht daraus gefolgert werden, dass die Versicherungsakten des A.H. zwischenzeitlich von der Beklagten vernichtet worden sind. Dass die Aktenbestandteile vernichtet worden sind, entspricht der Arbeitsanweisung der Beklagten (AS 17 bis 24 der Senatsakte), wonach bei Bewilligung von Hinterbliebenenrenten die Versichertenakte grundsätzlich nach sieben Jahren zu vernichten ist. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass damit dem Grundsatz einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Akten (§ 110a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) zuwider gehandelt worden ist. Nach § 110b Abs. 1 Satz 1 SGB IV können Unterlagen vernichtet werden, wenn sie für eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit nicht mehr benötigt werden. Dass die Arbeitsanweisung dies nach einer Zeit von sieben Jahren ohne Notwendigkeit eines Zugriffs auf die Unterlagen annimmt, erscheint dem Senat sachgerecht. Jedenfalls ist aus heutiger Sicht völlig unklar, welche weiteren, für das Begehren des Klägers förderlichen Unterlagen diese Akten noch hätten enthalten könnten. Auch der Kläger hat hierzu nichts Konkretes vortragen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter die Gewährung einer höheren Hinterbliebenenrente unter Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 sowie unter Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 für die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980.
Der Vater des Klägers, A. H. (A.H.), und seine Mutter, E. H. (E.H.), übersiedelten am 5. Juli 1995 aus der ehemaligen Sowjetunion in das Bundesgebiet und waren als Spätaussiedler anerkannt. A.H. bezog in Deutschland vom 5. Juli 1995 bis 31. Juli 1996 Altersruhegeld. Bei der Berechnung der Rente wurden die in Russland zurückgelegten Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1940 bis 31. Dezember 1949 in der Landwirtschaft der Leistungsgruppe 2 und die Zeit vom 1. Januar 1950 bis 20. November 1982 der Qualifikationsgruppe 5 für angelernte und ungelernte Tätigkeiten sowie dem Wirtschaftsbereich 14 (Land- und Forstwirtschaft) zugeordnet.
Nach dem Tod des A.H. am 7. Juli 1996 beantragte E.H. die Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des A.H ... Dabei gab sie die Tätigkeit des A.H. mit "landwirtschaftlicher Arbeiter" an. Mit Bescheid vom 22. Juli 1996 gewährte die Beklagte ihr Hinterbliebenenrente unter Zugrundelegung der oben genannten Einstufung.
Am 29. Dezember 2004 beantragte E.H. die Überprüfung der Höhe der Rentenzahlung und eine Nachzahlung ab 1. Januar 2000. Es wurde ausgeführt, die Kolchose, in der A.H. gearbeitet habe, sei zum 1. April 1957 in eine Sowchose umgewandelt worden. Vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 sei er daher dem Wirtschaftsbereich 22 der Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zuzuordnen. Ferner seien die Tätigkeiten ab 1950 in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen, da A.H. als Viehpfleger das ganze Jahr über verantwortlich für eine bestimmte Tierzahl gewesen sei. Er sei für die Beschaffung von Futter, Besamung, Hilfestellung beim Kalben, Kälbermast, Organisation des täglichen Melkens, das frühzeitige Erkennen von Tierkrankheiten etc. zuständig gewesen, was in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der früheren DDR sicherlich eine Facharbeitertätigkeit gewesen sei. Vorgelegt wurde eine Abschrift des Arbeitsbuches des A.H., wo als Beruf "Arbeiter" aufgeführt wurde. A.H. sei nach 17 Jahren und drei Monaten Tätigkeit in der Kolchose ab 1. April 1957 als Viehpfleger in die Sowchose eingestellt und ihm sei ab 21. Juli 1974 die Klasse 2 als Meister für Viehzucht zuerkannt worden. Ferner legte E.H. Ausführungen der LVA W. von 1999 zur rechtlichen Beurteilung der Frage der Kolchosemitgliedschaft vor.
Die zur Gewährung der Versicherungsrente vorgelegten Unterlagen waren zum damaligen Zeitpunkt in der von der Beklagten geführten Akte des A.H. nicht mehr enthalten.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 berechnete die Beklagte die Witwenrente ab 1. Januar 2000 neu. Dabei wurde die Zeit vom 1. Juli 1980 bis 22. November 1982 der Qualifikationsgruppe 4 (sechs Jahren Berufserfahrung, d. h. die doppelte Ausbildungsdauer gegenüber einem Facharbeiter) zugeordnet. Für die davor liegende Zeit vom 1. Januar 1940 bis 31. März 1957 verbleibe es bei der bisherigen Leistungsgruppe 2 bis 31. Dezember 1949 bzw. der Qualifikationsgruppe 5 ab 1. Januar 1950 bis 30. Juni 1980. Eine Mitgliedschaft in der Kolchose sei weder nachgewiesen noch durch das Arbeitsbuch glaubhaft gemacht worden.
E.H. legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, das Wort "Arbeiter" in dem erst 1958 ausgestellten Arbeitsbuch beziehe sich auf die Tätigkeit in der Sowchose. A.H. habe in der Kolchose jahrelang gelebt und gearbeitet und sei daher Kolchosemitglied gewesen. Ferner sei die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen, weil der Meister für Viehzucht bereits 1974 zuerkannt worden sei.
Am 2. Januar 2006 verstarb E.H ... Der Kläger, ihr Sohn, der bis dahin mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatte, führte das Verfahren fort.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 könne nicht erfolgen. Dass die von A.H. ausgeübte Tätigkeit der eines Facharbeiters entsprochen habe, sei nicht nachgewiesen. Die Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 ab 1. Juli 1980 sei nur unter großzügigster Betrachtungsweise erfolgt und für die davorliegende Zeit nicht möglich. Auch die Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 der scheide aus. Weder aus dem vorliegenden Arbeitsbuch noch aus sonstigen Nachweisen gehe hervor, dass A.H. während seiner Tätigkeit in der Kolchose Kolchosemitglied gewesen sei.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 3. März 2006 bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage fortgeführt.
Er hat eine Bescheinigung der Sowchose "M." vom 24. September 2002 vorgelegt, wonach A.H. tatsächlich 1946 bis einschließlich 1951 nach Angaben des Buches der Erfassung der Arbeitseinheiten der Kolchose "S.", das in der Sowchose "M." aufbewahrt werde, in der Kolchose "S." als Mitglied der Kolchose gearbeitet habe. Das Buch der Erfassung der Arbeitseinheiten des Kolchosebauers der Kolchose "S." von 1938 bis 1943 und von 1952 bis 1957 sei leider nicht mehr auffindbar und im Landkreisarchiv nicht abgegeben worden.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, die begehrte Einstufung könne nicht vorgenommen werden. Eine Mitgliedschaft in der Kolchose und damit der Wirtschaftsbereich 22 seien nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Das gelte auch für E.H. selbst. Der Status als Kolchosemitglied sei bei ihrer eigenen Versichertenrente zu Unrecht berücksichtigt worden. Auch die Qualifikationsgruppe 4 könne vor dem 1. Juli 1980 aus den bereits im Widerspruchsbescheid genannten Gesichtspunkten nicht anerkannt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Tätigkeit des A.H. in der Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 zu Recht nicht der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet, da eine entsprechende Qualifikation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Zu Recht habe die Beklagte auch für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 die Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 abgelehnt, da der Kläger nicht glaubhaft gemacht habe, dass A.H. in der streitigen Zeit Kolchosemitglied gewesen sei.
Der Kläger hat am 21. Mai 2008 Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG eingelegt und hierbei seine Ausführungen wiederholt und vertieft. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Antragsunterlagen aus der Versichertenakte des A.H. mittlerweile vernichtet worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 2. Mai 2008 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22. Juli 1996 insoweit abzuändern, als die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 dem Wirtschaftsbereich 22 der Anlage 14 zum SGB VI und die Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen sind, sowie die Beklagte zu verurteilen, ab 1. Januar 2000 höhere Hinterbliebenenrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Versichertenakte des A.H. habe man vernichten können, nachdem mehr als sieben Jahre seit der letzten Rentenzahlung verstrichen gewesen seien. Es sei auch reine Spekulation, ob in den ausgeschiedenen Rententeilen Hinweise auf eine Kolchosemitgliedschaft des A.H. zu finden gewesen wären.
Beigezogen worden sind die Akten S 4 R 2404/04 und S 3 R 663/08, die Parallelverfahren der E.H. bzw. des Klägers als deren Sonderrechtsnachfolgers zum Gegenstand haben, sowie die Verwaltungsakte der E.H. Außerdem hat die Beklagte Probeberechnungen für die geltende gemachte höhere Rente vorgelegt (AS 50 - 84, 90 - 91, 118 - 196 der Senatsakte).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der geltend gemachte Anspruch, den der Kläger hier als Sonderrechtsnachfolger (§ 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) der E.H. geltend macht, stützt sich verfahrensrechtlich auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ein Anspruch auf höhere Hinterbliebenenrente als im Bescheid vom 11. Oktober 2005 ausgeführt, besteht nicht.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich nach § 64 SGB VI in dem man die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, den Rentenartfaktor und den aktuellen Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt. Die Beteiligten streiten hier über die persönlichen Entgeltpunkte. Nach § 22 des Fremdrentengesetzes (FRG) i.V.m. § 256b Abs. 1 SGB VI erfolgt zur Ermittlung von Entgeltpunkten eine Einstufung der Beschäftigung in eine der in der Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und die Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in der Anlage 14 genannten Bereiche.
Zu Recht hat die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. März 1957 die Zuordnung des Wirtschaftsbereiches 22 abgelehnt. In den Wirtschaftsbereich 22 sind nur Mitglieder der landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft einzustufen. Die übrigen in den Genossenschaften beschäftigten Arbeiter und Angestellte sind dem Wirtschaftsbereich 14 (Land- und Forstwirtschaft) zuzuordnen.
Es ist nicht glaubhaft geworden, dass A.H. in der streitigen Zeit Kolchosemitglied war.
Die Unterlagen der Kolchose "S." für den Zeitraum 1952 bis 1957 sind nicht mehr vorhanden. Daher vermag die Bescheinigung vom 24. September 2002, die das Fehlen dieser Unterlagen auch offen legt, von vornherein nichts zur Glaubhaftmachung der Mitgliedschaft in der Kolchose im streitigen Zeitraum erbringen. Zwar sind nach der Bescheinigung für die Zeit von 1944 bis 1951 noch Unterlagen vorhanden und von 1946 bis 1951 ist die Mitgliedschaft des Versicherten in der Kolchose verzeichnet. Es ist daher durchaus möglich, dass A.H. in der Zeit danach (1957 ging die Kolchose "S." in die Sowchose "M." über) Mitglied der Kolchose war. Diese bloße Möglichkeit reicht jedoch für die notwendige Glaubhaftmachung nicht aus.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Bescheinigung erst 2002 ausgestellt und danach ohne erkennbaren Grund noch einige Jahre vergangen sind, bis diese mit der Klageschrift vom März 2006 vorgelegt worden ist. Die Bescheinigung steht im Widerspruch zu den früheren Angaben des A.H. und der E.H. gegenüber der Beklagten. Dort ist an keiner Stelle von einer Mitgliedschaft in der Kolchose die Rede gewesen. Im Antrag auf Hinterbliebenenrente ist angegeben worden, der Versicherte sei "landwirtschaftlicher Arbeiter" gewesen. Hieraus kann zwar nicht sicher geschlossen werden, der Versicherte sei nicht Mitglied der Kolchose gewesen. Die Wortwahl ist mehrdeutig. Für E.H., die ebenfalls in der Kolchose "S." tätig war, findet sich in ihrer Versichertenakte die Aussage der Zeugin P. S. vom 21. Oktober 1982, die sich selbst als "ehemaliges Kolchosemitglied der Kolchese ‚S.’" bezeichnet und angibt, dass sie zusammen mit E.H. als "Hilfsarbeiter" gearbeitet habe. Es ist andererseits keineswegs so, das jeder, der auf einer "Kolchose" wohnte und arbeitete, auch Mitglied derselben war. Den Hinweisen in dem vom Kläger vorgelegten Merkblatt der LVA W. stehen die Angaben in mehreren Verfahren entgegen, wonach auf den Kolchosen in der Sowjetunion auch Lohnarbeiter tätig waren, die nicht Mitglieder der Kolchose waren (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. April 2005, L 7 R 945/04).
Im Arbeitsbuch des A.H. wird lediglich von einem allgemeinen Arbeitsverhältnis in der Kolchose vor dem Übergang der Kolchose in die Sowchose von 17 Jahren und drei Monaten gesprochen. Eine Kolchosemitgliedschaft wird hierbei nicht erwähnt.
Auch die Unterlagen in den Parallelverfahren, die E.H. bzw. der Kläger als ihr Sonderrechtsnachfolger geführt haben bzw. führen, können die erforderliche Glaubhaftmachung nicht erbringen. Aus der Bescheinigung der E.H. über ihre Tätigkeiten in der Sowchose "M." im Zeitraum 1957 bis 1969 (AS 95, 96 der Senatsakten) folgt nichts zu einer möglichen Kolchosemitgliedschaft. Gleiches gilt für die Bescheinigung der E.H. über die tatsächlichen Arbeiten von 1945 bis 1951 in der Kolchose "S." (AS 97, 98 der Senatsakten). Die vorgelegten Zeugenaussagen (AS 101 - 107, 117 der Senatsakten) beziehen sich allein auf Tätigkeiten der E.H. als "Hilfsarbeiterin", sagen nichts aus über ihre Stellung als Kolchosemitglied oder sonstige Arbeiterin und erst recht nichts zu der Stellung des A.H.
Bei einer Gesamtbetrachtung ist daher die Mitgliedschaft des A.H. in der Kolchose im streitigen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht.
Zu Recht hat die Beklagte auch die Tätigkeit des A.H. in der Zeit von Juli 1974 bis Juni 1980 nicht der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet.
Nach Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Die Qualifikationsgruppe 4 betrifft Facharbeiter, also Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Demgegenüber betrifft die Qualifikationsgruppe 5 angelernte und ungelernte Tätigkeiten, insbesondere Personen, die in der Berufausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind.
Ein Facharbeiterbrief oder eine vergleichbare formale Zuerkennung eines Qualifikationsgrades ist weder vorgelegt worden, noch ist geltend gemacht worden, es existiere ein solcher. Daher kommt allein die Zuerkennung der Facharbeiterqualifikation aufgrund langjähriger Berufserfahrung in Frage. Auch diese ist nicht glaubhaft gemacht worden. A.H. ist in der Sowchose zum 1. April 1957 ausweislich der Abschrift des Arbeitsbuches als "Viehpfleger" eingestellt worden. Die Bezeichnung "Meister für Viehzucht" der Klasse 2 hat er am 21. Juli 1974 erhalten. Irgendwelche Hinweise, was dem vorangegangen ist, finden sich an keiner Stelle. Daher bleibt unklar, ob die Bezeichnung "Meister" der entsprechenden Qualifikation im Beitrittsgebiet entspricht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. Juli 2003, B 4 RA 61/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr. 2; Urteil vom 23. September 2003, B 4 RA 48/02 R; Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03 R, SozR 4-5050 § 22 Nr. 3) kommt es aber nicht auf eine bestimmte Bezeichnung an. Vielmehr muss das im Herkunftsgebiet erworbene Qualifikationsniveau inhaltlich einem Qualifikationsniveau der DDR entsprechen, wie es in den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 beschrieben ist. Auch in der Sowjetunion war für den einem Facharbeiter vergleichbare "qualifizierte Arbeiter" grundsätzlich eine Ausbildung in einer Berufsschule Voraussetzung und es bestand ein enger Zusammenhang mit der Lohngruppierung (Lohnstufen-/kategorien 3 und 4 statt 1 und 2 bei einfachen Tätigkeiten; vgl. Müller, DAngVers 1995, 354, 361, 364, 365) Für A.H., bei dem weder eine Aus- oder Fortbildung noch die Ablegung einer Fachprüfung noch eine entsprechende Lohnstufe erkennbar ist, kann nicht festgestellt werden, dass das erforderliche Qualifikationsniveau erreicht worden ist. Allein die Angaben der E.H. im Antrag nach § 44 SGB X, A.H. sei für die Beschaffung von Futter, die Besamung, die Hilfestellung beim Kalben, die Kälbermast, die Organisation des täglichen Melkens und das frühzeitige Erkennen von Tierkrankheiten etc. zuständig gewesen, reichen hierfür nicht aus. Darauf, ob diese Tätigkeiten in der ehemaligen DDR üblicherweise von Facharbeitern ausgeübt worden sind, kommt es nicht an. Von daher ist jedenfalls ein früherer Zeitpunkt als der von der Beklagten gewählte (doppelte Ausbildungsdauer nach "Zuerkennung" des "Meisters der Viehzucht") nicht zu rechtfertigen.
Schließlich kann eine Beweiserleichterung auch nicht daraus gefolgert werden, dass die Versicherungsakten des A.H. zwischenzeitlich von der Beklagten vernichtet worden sind. Dass die Aktenbestandteile vernichtet worden sind, entspricht der Arbeitsanweisung der Beklagten (AS 17 bis 24 der Senatsakte), wonach bei Bewilligung von Hinterbliebenenrenten die Versichertenakte grundsätzlich nach sieben Jahren zu vernichten ist. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass damit dem Grundsatz einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Akten (§ 110a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) zuwider gehandelt worden ist. Nach § 110b Abs. 1 Satz 1 SGB IV können Unterlagen vernichtet werden, wenn sie für eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit nicht mehr benötigt werden. Dass die Arbeitsanweisung dies nach einer Zeit von sieben Jahren ohne Notwendigkeit eines Zugriffs auf die Unterlagen annimmt, erscheint dem Senat sachgerecht. Jedenfalls ist aus heutiger Sicht völlig unklar, welche weiteren, für das Begehren des Klägers förderlichen Unterlagen diese Akten noch hätten enthalten könnten. Auch der Kläger hat hierzu nichts Konkretes vortragen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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