Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 171/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 27/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Pflegeleistungen nach der Pflegestufe I.
Beim 1958 geborenen Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 mit dem Merkzeichen "G" anerkannt. Der Kläger beantragte mit am 8. Januar 2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben die Gewährung häuslicher Pflegehilfe nach der Pflegestufe I. Die Beklagte holte beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durch den Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin K ein auf einer Untersuchung in der Wohnung des Klägers am 12. März 2005 beruhendes Gutachten vom 12. März 2005 ein, in welchem der Gutachter beim Kläger alkoholtoxische Polyneuropathie, Bandscheibendegeneration der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) und allgemeine Gefäßsklerose sowie massive Voralterung und einen Grundpflegebedarf von 17 Minuten (15 Minuten Körperpflege, zwei Minuten Mobilität) sowie einen Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 60 Minuten täglich feststellte. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 22. März 2005 unter Hinweis auf einen zu geringen Grundpflegebedarf ab. Der Kläger erhob am 6. April 2005 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2005 zurückwies.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 14. Juni 2005 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiter verfolgt. Er hat auf die krankheitsbedingten Schwierigkeiten bei der Führung seines Haushalts einschließlich des Essenzubereitens und Einkaufens sowie auf seine allgemeine, unter anderem auf Gehschwierigkeiten beruhende Hilflosigkeit hingewiesen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts der den Kläger behandelnden Internistin Dr. R vom 9. August 2005 und eines Sachverständigengutachtens des Internisten Dr. F vom 30. Dezember 2005, welches aufgrund einer Untersuchung des Klägers in seiner Wohnung am 24. November 2005 erstellt worden ist. Der Sachverständige hat beim Kläger ab November 2005 einen Grundpflegebedarf von 47,56 Minuten täglich (33,99 Körperpflege, 5 Minuten Ernährung, 8,57 Minuten Mobilität) festgestellt, wobei jeweils die Koordinierung und Motivation im Vordergrund stehe und die alkoholpegelabhängigen Tagesformschwankungen, Störung der Feinmotorik und Merk-/ Konzentrationsfähigkeit des Klägers die Pflege erschweren würden; der Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung bestehe in Höhe von 80 Minuten täglich. Die Beklagte ist dem Ergebnis der Begutachtung mit einer Stellungnahme des MDK vom 13. Februar 2006 entgegen getreten. In der Stellungnahme heißt es unter anderem, dass die Tagesformschwankungen keine pflegeerschwerenden Faktoren seien und im Übrigen eine allgemeine Überwachung, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens ordnungsgemäß ausgeführt würden, und die gelegentliche Aufforderung zu bestimmten Handlungen nicht ausreichen würden, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht einhergehe; für eine pflegerisch erhebliche konkrete Anleitung, Überwachung und Erledigungskontrolle, welche die Pflegeperson in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in gleicher Weise binden würde wie bei unmittelbarer körperlicher Hilfe, gebe das Gerichtsgutachten nichts her. Der Sachverständige Dr. F hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31. März 2006 an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten und vertiefend ausgeführt, dass ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus des alkoholkranken Klägers es erforderlich mache, ihn in einen zeitgemäßen Tagesablauf zu integrieren.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 24. August 2006 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zur Gewährung von Pflegeleistungen der Pflegestufe I ab 1. November 2005 verurteilt und für die Zeit davor die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, dass den Feststellungen des Sachverständigen Dr. F zu folgen sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. September 2006 zugestellte Urteil am 4. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Sie ist der Meinung, dass kein Grundpflegebedarf bestehe, weil der Kläger imstande sei, die wesentlichen Verrichtungen der Körperpflege und Ernährung selbständig durchzuführen. Die bloße Hilfebedürftigkeit bei der Tagesstrukturierung sei nicht pflegerelevant.
Der Senat hat nach Einholung einer weiteren Stellungnahme Dr. Fs vom 23. Februar 2007 Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Chirurgie Dr. H vom 22. Juli 2008, in welchem die Gutachterin aufgrund einer Untersuchung in der Wohnung des Klägers am 19. Juli 2008 zum Ergebnis gelangt ist, dass lediglich beim Duschen (dreimal wöchentlich à 15 Minuten) und beim Transfer zur Dusche (jeweils eine Minute) ein Grundpflegebedarf bestehe, weshalb der Kläger insgesamt nicht pflegebedürftig sei.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die eingeholten Befundberichte und Sachverständigengutachten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vortrags der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz Fernbleibens des Klägers vom Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Januar 2009 entscheiden, weil der Kläger gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die nach § 143 SGG statthafte, gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung der vom Kläger begehrten Pflegeleistungen verurteilt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe I.
Ein Anspruch auf Pflegeleistungen nach §§ 36 ff. des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) setzt unter anderem voraus, dass der Betroffene pflegebedürftig ist und mindestens der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Abs. 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Verlauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Abs. 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Abs. 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen. Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1. Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Hieran gemessen steht zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG fest, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegeleistungen nach einer Pflegestufe im hier allein noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab November 2005 erfüllt. Er gehört jedenfalls ab diesem Zeitpunkt nicht zur Gruppe der erheblich Pflegebedürftigen der Pflegestufe I. Vielmehr sind nach den überzeugenden und widerspruchsfreien Feststellungen der im Berufungsverfahren beauftragten Gutachterin Dr. H vernünftige Zweifel daran, dass ab November 2005 kein 45 Minuten übersteigender Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege besteht, ausgeschlossen. Die Gutachterin, an deren fachlicher Kompetenz nicht zu zweifeln ist, hat dies im Einzelnen auf der Grundlage der von ihr durchgeführten körperlichen Untersuchung des Klägers in dessen häuslicher Umgebung nebst Befunderhebung nachvollziehbar dargelegt. Sie geht bei ihrer Beurteilung im Wesentlichem vom gleichen Krankheitsbild aus, welches bereits der Gutachter des MDK K, die Internistin Dr. R und der Sachverständige Dr. F in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vorbringen beschrieben haben, und gelangt zu einer im Wesentlichen gleichen Einschätzung wie der Gutacher K, indem sie allenfalls im Bereich der Körperpflege und der Mobilität einen geringen, insgesamt deutlich unter 45 Minuten liegenden Grundpflegebedarf erkennt. Demgegenüber vermag die Einschätzung des Gutachters Dr. F nicht zu überzeugen, wonach beim Kläger unter anderem ein umfassender pflegerisch bedeutsamer, auf eine Strukturierung des Tagesablaufs durch Koordination und Motivation zielender Bedarf bestehe. Diese Feststellung vermag den Senat angesichts der vorgenannten gesetzlichen Vorgaben nicht von einem rechtlich erheblichen Pflegebedarf des Klägers zu überzeugen. Denn sie lässt nicht erkennen, bei welchen konkreten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen – gegebenenfalls auch im Rahmen einer unregelmäßigen Gestaltung des Tagesablaufs – der Kläger in welchem zeitlichen Umfang im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität der Hilfe bedarf. Demgegenüber zeigt das Gutachten der Sachverständigen Dr. H unter Bezugnahme auf die jüngste Untersuchung des Klägers im Einzelnen nachvollziehbar auf, dass der mäßig vorgealterte, in einem ausreichenden Allgemein- und Ernährungszustand angetroffene Kläger bis auf geringe motorisch bedingte Einschränkungen fast sämtliche pflegebedeutsamen Verrichtungen selbständig ausführen kann, ohne dass angesichts seines gleichbleibenden Gesundheitszustands Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Umfang seines Pflegebedarfs im Laufe der Zeit wesentlich verändert haben könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2, Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Pflegeleistungen nach der Pflegestufe I.
Beim 1958 geborenen Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 mit dem Merkzeichen "G" anerkannt. Der Kläger beantragte mit am 8. Januar 2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben die Gewährung häuslicher Pflegehilfe nach der Pflegestufe I. Die Beklagte holte beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durch den Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin K ein auf einer Untersuchung in der Wohnung des Klägers am 12. März 2005 beruhendes Gutachten vom 12. März 2005 ein, in welchem der Gutachter beim Kläger alkoholtoxische Polyneuropathie, Bandscheibendegeneration der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) und allgemeine Gefäßsklerose sowie massive Voralterung und einen Grundpflegebedarf von 17 Minuten (15 Minuten Körperpflege, zwei Minuten Mobilität) sowie einen Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 60 Minuten täglich feststellte. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 22. März 2005 unter Hinweis auf einen zu geringen Grundpflegebedarf ab. Der Kläger erhob am 6. April 2005 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2005 zurückwies.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 14. Juni 2005 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiter verfolgt. Er hat auf die krankheitsbedingten Schwierigkeiten bei der Führung seines Haushalts einschließlich des Essenzubereitens und Einkaufens sowie auf seine allgemeine, unter anderem auf Gehschwierigkeiten beruhende Hilflosigkeit hingewiesen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts der den Kläger behandelnden Internistin Dr. R vom 9. August 2005 und eines Sachverständigengutachtens des Internisten Dr. F vom 30. Dezember 2005, welches aufgrund einer Untersuchung des Klägers in seiner Wohnung am 24. November 2005 erstellt worden ist. Der Sachverständige hat beim Kläger ab November 2005 einen Grundpflegebedarf von 47,56 Minuten täglich (33,99 Körperpflege, 5 Minuten Ernährung, 8,57 Minuten Mobilität) festgestellt, wobei jeweils die Koordinierung und Motivation im Vordergrund stehe und die alkoholpegelabhängigen Tagesformschwankungen, Störung der Feinmotorik und Merk-/ Konzentrationsfähigkeit des Klägers die Pflege erschweren würden; der Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung bestehe in Höhe von 80 Minuten täglich. Die Beklagte ist dem Ergebnis der Begutachtung mit einer Stellungnahme des MDK vom 13. Februar 2006 entgegen getreten. In der Stellungnahme heißt es unter anderem, dass die Tagesformschwankungen keine pflegeerschwerenden Faktoren seien und im Übrigen eine allgemeine Überwachung, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens ordnungsgemäß ausgeführt würden, und die gelegentliche Aufforderung zu bestimmten Handlungen nicht ausreichen würden, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht einhergehe; für eine pflegerisch erhebliche konkrete Anleitung, Überwachung und Erledigungskontrolle, welche die Pflegeperson in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in gleicher Weise binden würde wie bei unmittelbarer körperlicher Hilfe, gebe das Gerichtsgutachten nichts her. Der Sachverständige Dr. F hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31. März 2006 an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten und vertiefend ausgeführt, dass ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus des alkoholkranken Klägers es erforderlich mache, ihn in einen zeitgemäßen Tagesablauf zu integrieren.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 24. August 2006 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zur Gewährung von Pflegeleistungen der Pflegestufe I ab 1. November 2005 verurteilt und für die Zeit davor die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, dass den Feststellungen des Sachverständigen Dr. F zu folgen sei.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. September 2006 zugestellte Urteil am 4. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Sie ist der Meinung, dass kein Grundpflegebedarf bestehe, weil der Kläger imstande sei, die wesentlichen Verrichtungen der Körperpflege und Ernährung selbständig durchzuführen. Die bloße Hilfebedürftigkeit bei der Tagesstrukturierung sei nicht pflegerelevant.
Der Senat hat nach Einholung einer weiteren Stellungnahme Dr. Fs vom 23. Februar 2007 Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Chirurgie Dr. H vom 22. Juli 2008, in welchem die Gutachterin aufgrund einer Untersuchung in der Wohnung des Klägers am 19. Juli 2008 zum Ergebnis gelangt ist, dass lediglich beim Duschen (dreimal wöchentlich à 15 Minuten) und beim Transfer zur Dusche (jeweils eine Minute) ein Grundpflegebedarf bestehe, weshalb der Kläger insgesamt nicht pflegebedürftig sei.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die eingeholten Befundberichte und Sachverständigengutachten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vortrags der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz Fernbleibens des Klägers vom Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Januar 2009 entscheiden, weil der Kläger gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die nach § 143 SGG statthafte, gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung der vom Kläger begehrten Pflegeleistungen verurteilt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe I.
Ein Anspruch auf Pflegeleistungen nach §§ 36 ff. des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) setzt unter anderem voraus, dass der Betroffene pflegebedürftig ist und mindestens der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Abs. 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Verlauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Abs. 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Abs. 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen. Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1. Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Hieran gemessen steht zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG fest, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegeleistungen nach einer Pflegestufe im hier allein noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab November 2005 erfüllt. Er gehört jedenfalls ab diesem Zeitpunkt nicht zur Gruppe der erheblich Pflegebedürftigen der Pflegestufe I. Vielmehr sind nach den überzeugenden und widerspruchsfreien Feststellungen der im Berufungsverfahren beauftragten Gutachterin Dr. H vernünftige Zweifel daran, dass ab November 2005 kein 45 Minuten übersteigender Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege besteht, ausgeschlossen. Die Gutachterin, an deren fachlicher Kompetenz nicht zu zweifeln ist, hat dies im Einzelnen auf der Grundlage der von ihr durchgeführten körperlichen Untersuchung des Klägers in dessen häuslicher Umgebung nebst Befunderhebung nachvollziehbar dargelegt. Sie geht bei ihrer Beurteilung im Wesentlichem vom gleichen Krankheitsbild aus, welches bereits der Gutachter des MDK K, die Internistin Dr. R und der Sachverständige Dr. F in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vorbringen beschrieben haben, und gelangt zu einer im Wesentlichen gleichen Einschätzung wie der Gutacher K, indem sie allenfalls im Bereich der Körperpflege und der Mobilität einen geringen, insgesamt deutlich unter 45 Minuten liegenden Grundpflegebedarf erkennt. Demgegenüber vermag die Einschätzung des Gutachters Dr. F nicht zu überzeugen, wonach beim Kläger unter anderem ein umfassender pflegerisch bedeutsamer, auf eine Strukturierung des Tagesablaufs durch Koordination und Motivation zielender Bedarf bestehe. Diese Feststellung vermag den Senat angesichts der vorgenannten gesetzlichen Vorgaben nicht von einem rechtlich erheblichen Pflegebedarf des Klägers zu überzeugen. Denn sie lässt nicht erkennen, bei welchen konkreten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen – gegebenenfalls auch im Rahmen einer unregelmäßigen Gestaltung des Tagesablaufs – der Kläger in welchem zeitlichen Umfang im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität der Hilfe bedarf. Demgegenüber zeigt das Gutachten der Sachverständigen Dr. H unter Bezugnahme auf die jüngste Untersuchung des Klägers im Einzelnen nachvollziehbar auf, dass der mäßig vorgealterte, in einem ausreichenden Allgemein- und Ernährungszustand angetroffene Kläger bis auf geringe motorisch bedingte Einschränkungen fast sämtliche pflegebedeutsamen Verrichtungen selbständig ausführen kann, ohne dass angesichts seines gleichbleibenden Gesundheitszustands Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Umfang seines Pflegebedarfs im Laufe der Zeit wesentlich verändert haben könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2, Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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