L 11 KR 6030/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 5644/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 6030/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 3. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... EUR festgesetzt.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. April 2008 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 17. Juli 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2008 anzuordnen.

Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt aber nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei einer Entscheidung über die Versicherungs- oder Beitragspflicht sowie bei der Anforderung von Beiträgen. Eine solche Entscheidung stellen die angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin dar, gegen den der Antragsteller Klage erhoben hat.

Das Gericht kann in einem solchen Fall nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gibt dabei selbst keinen Maßstab vor, wann die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Diese Lücke ist durch eine analoge Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu schließen. Das Gericht nimmt also eine eigenständige Abwägung der Beteiligteninteressen vor. Es wägt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug und das private Aufschubinteresse ab. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Denn im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sollen keine Positionen eingeräumt werden, die im Hauptsacheverfahren erkennbar nicht standhalten. Bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der Bescheide ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs die Anordnung hingegen abzulehnen. Bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG, in denen der Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat, ist diese Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, zu beachten. In analoger Anwendung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG sind Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zugunsten des Antragstellers nur zu berücksichtigen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, der Erfolg in der Hauptsache also überwiegend wahrscheinlich ist (st. Rspr. des Senats, zuletzt Beschluss vom 17. Dezember 2008, L 11 R 4770/08 ER-B).

Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen nicht.

Dem Mitarbeiter E. B. (nachfolgend B) stand ab Dezember 2005 ein Firmenfahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die private Nutzung des Fahrzeugs wurde vom Antragsteller bei der Ermittlung des Bruttoarbeitslohnes des B als Sachbezug mit einem geldwerten Vorteil in Höhe von 193,40 EUR monatlich (1% des Bruttolistenpreises von 19.340,00 EUR) berücksichtigt. Das Fahrzeug wurde von B außerdem für Fahrten zwischen der Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernung: 48 km) genutzt. Den darin liegenden geldwerten Vorteil ermittelte der Antragsteller mit 0,03% des Bruttolistenpreises (19.340,00 EUR) für jeden Entfernungskilometer auch nach Ansicht der Antragsgegnerin mit 278,40 EUR (19.340,00 EUR - 0,003% - 48) zutreffend (Bescheid vom 23. April 2008, AS I 1 der Verwaltungsakte). Allerdings ging der Antragsteller davon aus, dass der gesamte Betrag nur pauschal zu versteuern ist und deshalb sozialversicherungsrechtlich nicht der Beitragspflicht unterliegt. Außerdem berücksichtigte der Antragsteller in der Zeit von Februar 2006 bis Dezember 2006 den geldwerten Vorteil nicht nur bei der Ermittlung des Bruttoarbeitsentgelts, sondern zahlte die Beträge von 193,40 EUR und 278,40 EUR, insgesamt also 471,80 EUR dem B auch aus.

Demgegenüber ist die Antragsgegnerin der Auffassung, dass von dem geldwerten Vorteil in Höhe von 278,40 EUR nur 259,20 EUR pauschal versteuert werden dürften und deshalb der Sachbezug auch nur in dieser Höhe in der Sozialversicherung beitragsfrei sei. Sie begründet dies damit, dass die pauschale Besteuerung (und damit die Beitragsfreiheit) nur in Höhe des Betrages zulässig sei, den der Arbeitnehmer bei Nutzung seines eigenen Fahrzeugs als Werbungskosten geltend machen könnte. Da B. auch bei regelmäßig anfallender Samstagsarbeit nur an 18 Tagen im Monat zur Arbeit fahren müsse, hätte er Werbungskosten nur in Höhe 259,20 EUR geltend machen können (18-0,30 EUR - 48). Die Antragsgegnerin forderte deshalb die für den Differenzbetrag in Höhe von 19,20 EUR (278,40 EUR - 259,20 EUR) Beiträge für die Monate Dezember 2005 bis Dezember 2006 nach. Außerdem erhob sie für den in den Monaten Februar 2006 bis Dezember 2006 zusätzlich ausbezahlten Betrag von 471,80 EUR (193,40 EUR + 278,40 EUR) ebenfalls Sozialversicherungsbeiträge.

Ob die hiergegen vom Antragsteller vorgebrachten Einwände durchgreifen, braucht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht abschließend entschieden zu werden. Soweit der Antragsteller allerdings darauf abstellt, dass B ab Dezember 2005 einen wirksamen Gehaltsverzicht erklärt habe, ist dies nicht belegt. Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 12. November 2008 (AS 20 der SG-Akte S 14 KR 5643/08) zutreffend darauf hingewiesen, dass das in den Verwaltungsakten der Antragsgegnerin (I 41) enthaltende Schreiben vom 6. August 2001 ("Ergänzung des Arbeitsvertrags") die Höhe des Gehaltsverzichts nicht ausweist und auch nicht unterschrieben ist. Trotz dieses Hinweises hat der Antragsteller bislang keine weiteren Unterlagen vorgelegt, die seine Angaben belegen könnten. Er hat in seinem Schriftsatz vom 27. Januar 2009 an das SG (von dort an den Senat weitergeleitet) lediglich vorgetragen, er müsse die Angaben der Antragsgegnerin prüfen und bitte deswegen um Übersendung der entsprechenden Seiten der Verwaltungsakte in Kopie.

Auch im Übrigen kann der Antragsteller kein gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegendes Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geltend machen. Es ist weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller nicht in der Lage wäre, ohne wirtschaftliche Gefährdung die ausstehenden 2.361,56 EUR (einstweilen) zu bezahlen. Mögliche Nachforderungen für in der Zukunft liegende Beitragszeiträume können schon deswegen keine Rolle spielen, weil nicht absehbar ist, ob die Klärung in der Hauptsache bis zu zukünftigen Prüfungen der Antragsgegnerin nicht bereits erfolgt ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iV.m. § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt mit der Hälfte der im angefochtenen Bescheid geltend gemachten Summe, dass über eine Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu entscheiden war.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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