Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
83
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 543/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 16.250,- EUR festgesetzt.
Gründe:
Der am 2. Oktober 2008 beim Sozialgericht Berlin gestellte Antrag,
der Antragsgegnerin durch einstweilige Anordnung aufzugeben, den Vertragsarztsitz des Antragstellers als Facharzt für , Planungsbereich Berlin, Bundeshauptstadt, Charlottenburg/Wilmersdorf, in der Ausgabe ihres Mitteilungs-blatts November 2008 gem. § 103 Abs. 4 SGB V auszuschreiben,
hat keinen Erfolg. Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung ei-nes vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig er-scheint. Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat weder Anordnungsanspruch (dazu zu 1.) noch Anordnungsgrund (dazu zu 2.) glaubhaft gemacht.
1. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers ist § 103 Abs. 4 S. 1 SGB V. Danach hat die Kassenärztliche Vereinigung, wenn die Zu-lassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen an-geordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Der so geregelte Anspruch auf Ausschreibung kann jedoch nur dann bestehen, wenn kein Ausschreibungsverfahren über den Vertragsarztsitz (mehr) läuft, weil mehrere Nachbesetzungsverfahren über ein und denselben Vertragsarztsitz nicht gleichzeitig durchgeführt werden können. Denn am Ende kann nur ein einziger neuer Vertragsarzt auf den bisherigen Arztsitz zugelassen werden.
Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Denn es läuft derzeit ein Nachbesetzungsverfahren über den Vertragsarztsitz des Antragstellers, das dieser mit seinem Antrag auf Ausschreibung vom 2. Mai 2008 eingeleitet hat und das noch nicht abgeschlossen ist. Es ist weder durch die Zurücknahme des Antrags auf Ausschreibung des Arztsitzes noch durch den Beschluss des Zulas-sungsausschusses vom 20. August 2008 beendet worden.
Grundsätzlich endet ein Verwaltungsverfahren, das wie hier nur auf Antrag eingeleitet werden kann, durch die Rücknahme des Antrags (von Wulffen, SGB X, § 18 Rn. 7 und 9). Dies kann für das vorliegende Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V aber nur mit Ein-schränkungen gelten. Das Nachbesetzungsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich nicht um ein zweiseitiges Rechtsverhältnis zwischen Antragsteller und Behörde, sondern um ein dreiseitiges Rechtsverhältnis zwischen dem den Vertragsarztsitz aufgebenden Vertragsarzt (Vertragsarzt), dem Zulassungs- bzw. Berufungsausschuss (Zulassungsgremien) und den sich auf den Vertragsarztsitz bewerbenden Ärzten (Bewerber) handelt. Die Bewerber erhalten mit der Ausschreibung und dem Verfahrensfortgang eigene Rechte, die die Verfügungsgewalt des Vertragsarztes über das Verfahren beschränken. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Auswahl des Nachfolgers unter den Bewerbern, die den Zulassungsgremien und nicht dem Vertragsarzt obliegt. Der Vertragsarzt ist deshalb gehindert, solche Verfahrenshandlungen vor-zunehmen, die die Auswahl des Nachfolgers beeinflussen können, wenn die Auswahl durch den Zulassungsausschuss bereits getroffen wurde. Denn damit hat der ausgewählte Bewerber eine Rechtsposition erhalten, die der Vertragsarzt nur noch im ordentlichen Rechtsmittelver-fahren (Widerspruch, Klage) angreifen kann. Dabei kann er seine wirtschaftlichen Interessen, die gemäß § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V ohnehin nur beschränkt auf den Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts berücksichtigungsfähig sind, ausreichend geltend machen. Die Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung ist deshalb nur bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsaus-schusses möglich (ebenso: Pawlita, in jurisPK SGB V, 1. Auflage 2008, § 103 Rn. 51 m.w.N.). Dabei ist zum Schutz des ausgewählten Bewerbers auf den Tag der Entscheidungsfindung des Zulassungsausschusses, nicht auf die Zustellung des schriftlichen Bescheids abzustellen. Vorliegend hat der Zulassungsausschuss am 23. Juli 2008 über die Nachbesetzung der Praxis des Antragstellers entschieden und Dr. D zugelassen. Dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. August 2008 die Rücknahme des Ausschreibungsantrags erklärt hat, hat keine Rechtswirkung mehr und führt insbesondere nicht zur Beendigung des Nachbesetzungsverfahrens.
Das Nachbesetzungsverfahren ist auch nicht durch den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 20. August 2008, mit dem die Beendigung des Nachbesetzungsverfahrens festgestellt wurde, beendet worden. Denn dieser Beschluss – dem angesichts der soeben dargestellten Rechtslage konstitutive und nicht nur deklaratorische Wirkung zukommt – ist aufgrund des Widerspruchs des Dr. D vom 16. September 2008 nicht bestandskräftig geworden. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass der Widerspruch erfolgreich sein wird, denn der Beschluss des Zulassungsausschusses ist wohl rechtswidrig (s.o.).
2. Es ist auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Als denkbare wesentliche Nachteile, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen können, kommen nur solche in Betracht, die vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens unwiederbringliche (Rechts-)Verluste mit sich bringen und durch das Hauptsacheverfahren nicht wieder ausgeglichen werden kön-nen. Hierzu gehören die unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Insolvenz oder die drohen-de Betriebsschließung. Weiter können eine konkrete Gefährdung der Existenz oder die Vernichtung der Lebensgrundlage den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 86 b Rn. 28). Solche Gründe sind nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die laufenden Kosten der – vom Antragsteller nicht mehr betriebenen – Praxis monatlich ca. 12.500,- EUR betragen. Auch der monatliche Wertverlust der Praxis von mindestens 20.000,- EUR wird ohne jede Art der Glaubhaftmachung nur pauschal behauptet. Schließlich ist weder vorge-tragen noch sonst ersichtlich, dass es dem Antragsteller unzumutbar wäre, die behaupteten Kosten und Wertverluste zu schultern. Hierzu müssten ausreichende Angaben zur Vermögenssituation vorgetragen und glaubhaft gemacht werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG. Dabei geht die Kammer von den behaupteten monatlichen Kosten für die Praxis von 12.500,- EUR und dem behaupteten Wertverlust der Praxis des Klägers von monatlich 20.000,- EUR aus (= 32.500,- EUR). Wegen der Vorläufigkeit der begehrten Regelung ist dieser Wert jedoch nur zur Hälfte anzusetzen.
Gründe:
Der am 2. Oktober 2008 beim Sozialgericht Berlin gestellte Antrag,
der Antragsgegnerin durch einstweilige Anordnung aufzugeben, den Vertragsarztsitz des Antragstellers als Facharzt für , Planungsbereich Berlin, Bundeshauptstadt, Charlottenburg/Wilmersdorf, in der Ausgabe ihres Mitteilungs-blatts November 2008 gem. § 103 Abs. 4 SGB V auszuschreiben,
hat keinen Erfolg. Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung ei-nes vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig er-scheint. Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der begehrten sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat weder Anordnungsanspruch (dazu zu 1.) noch Anordnungsgrund (dazu zu 2.) glaubhaft gemacht.
1. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers ist § 103 Abs. 4 S. 1 SGB V. Danach hat die Kassenärztliche Vereinigung, wenn die Zu-lassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen an-geordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Der so geregelte Anspruch auf Ausschreibung kann jedoch nur dann bestehen, wenn kein Ausschreibungsverfahren über den Vertragsarztsitz (mehr) läuft, weil mehrere Nachbesetzungsverfahren über ein und denselben Vertragsarztsitz nicht gleichzeitig durchgeführt werden können. Denn am Ende kann nur ein einziger neuer Vertragsarzt auf den bisherigen Arztsitz zugelassen werden.
Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Denn es läuft derzeit ein Nachbesetzungsverfahren über den Vertragsarztsitz des Antragstellers, das dieser mit seinem Antrag auf Ausschreibung vom 2. Mai 2008 eingeleitet hat und das noch nicht abgeschlossen ist. Es ist weder durch die Zurücknahme des Antrags auf Ausschreibung des Arztsitzes noch durch den Beschluss des Zulas-sungsausschusses vom 20. August 2008 beendet worden.
Grundsätzlich endet ein Verwaltungsverfahren, das wie hier nur auf Antrag eingeleitet werden kann, durch die Rücknahme des Antrags (von Wulffen, SGB X, § 18 Rn. 7 und 9). Dies kann für das vorliegende Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V aber nur mit Ein-schränkungen gelten. Das Nachbesetzungsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich nicht um ein zweiseitiges Rechtsverhältnis zwischen Antragsteller und Behörde, sondern um ein dreiseitiges Rechtsverhältnis zwischen dem den Vertragsarztsitz aufgebenden Vertragsarzt (Vertragsarzt), dem Zulassungs- bzw. Berufungsausschuss (Zulassungsgremien) und den sich auf den Vertragsarztsitz bewerbenden Ärzten (Bewerber) handelt. Die Bewerber erhalten mit der Ausschreibung und dem Verfahrensfortgang eigene Rechte, die die Verfügungsgewalt des Vertragsarztes über das Verfahren beschränken. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Auswahl des Nachfolgers unter den Bewerbern, die den Zulassungsgremien und nicht dem Vertragsarzt obliegt. Der Vertragsarzt ist deshalb gehindert, solche Verfahrenshandlungen vor-zunehmen, die die Auswahl des Nachfolgers beeinflussen können, wenn die Auswahl durch den Zulassungsausschuss bereits getroffen wurde. Denn damit hat der ausgewählte Bewerber eine Rechtsposition erhalten, die der Vertragsarzt nur noch im ordentlichen Rechtsmittelver-fahren (Widerspruch, Klage) angreifen kann. Dabei kann er seine wirtschaftlichen Interessen, die gemäß § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V ohnehin nur beschränkt auf den Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts berücksichtigungsfähig sind, ausreichend geltend machen. Die Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung ist deshalb nur bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsaus-schusses möglich (ebenso: Pawlita, in jurisPK SGB V, 1. Auflage 2008, § 103 Rn. 51 m.w.N.). Dabei ist zum Schutz des ausgewählten Bewerbers auf den Tag der Entscheidungsfindung des Zulassungsausschusses, nicht auf die Zustellung des schriftlichen Bescheids abzustellen. Vorliegend hat der Zulassungsausschuss am 23. Juli 2008 über die Nachbesetzung der Praxis des Antragstellers entschieden und Dr. D zugelassen. Dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. August 2008 die Rücknahme des Ausschreibungsantrags erklärt hat, hat keine Rechtswirkung mehr und führt insbesondere nicht zur Beendigung des Nachbesetzungsverfahrens.
Das Nachbesetzungsverfahren ist auch nicht durch den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 20. August 2008, mit dem die Beendigung des Nachbesetzungsverfahrens festgestellt wurde, beendet worden. Denn dieser Beschluss – dem angesichts der soeben dargestellten Rechtslage konstitutive und nicht nur deklaratorische Wirkung zukommt – ist aufgrund des Widerspruchs des Dr. D vom 16. September 2008 nicht bestandskräftig geworden. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass der Widerspruch erfolgreich sein wird, denn der Beschluss des Zulassungsausschusses ist wohl rechtswidrig (s.o.).
2. Es ist auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Als denkbare wesentliche Nachteile, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen können, kommen nur solche in Betracht, die vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens unwiederbringliche (Rechts-)Verluste mit sich bringen und durch das Hauptsacheverfahren nicht wieder ausgeglichen werden kön-nen. Hierzu gehören die unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Insolvenz oder die drohen-de Betriebsschließung. Weiter können eine konkrete Gefährdung der Existenz oder die Vernichtung der Lebensgrundlage den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 86 b Rn. 28). Solche Gründe sind nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die laufenden Kosten der – vom Antragsteller nicht mehr betriebenen – Praxis monatlich ca. 12.500,- EUR betragen. Auch der monatliche Wertverlust der Praxis von mindestens 20.000,- EUR wird ohne jede Art der Glaubhaftmachung nur pauschal behauptet. Schließlich ist weder vorge-tragen noch sonst ersichtlich, dass es dem Antragsteller unzumutbar wäre, die behaupteten Kosten und Wertverluste zu schultern. Hierzu müssten ausreichende Angaben zur Vermögenssituation vorgetragen und glaubhaft gemacht werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG. Dabei geht die Kammer von den behaupteten monatlichen Kosten für die Praxis von 12.500,- EUR und dem behaupteten Wertverlust der Praxis des Klägers von monatlich 20.000,- EUR aus (= 32.500,- EUR). Wegen der Vorläufigkeit der begehrten Regelung ist dieser Wert jedoch nur zur Hälfte anzusetzen.
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