Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 SB 224/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 133/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nur der Gesamtgrad der Behinderung, nicht der Einzelgrad der Behinderung ist im Schwerbehindertenrecht (SGB X) bestandsgeschützt.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verfolgt im Berufungsverfahren einen Anspruch auf einen höheren Grad der Behinderung nach dem SGB IX und auf das Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung - Merkzeichen "G" - weiter. Bei dem 1944 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid des Beklagten vom 03.09.1997 ein Gesamt-GdB von 40 festgestellt worden.
Mit Formularantrag vom 14.09.2007 hat der Kläger beantragt, den Gesamt-Grad der Behinderung zu erhöhen und ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 25.10.2007 bei einem Gesamt-Grad der Behinderung von 70 folgende Behinderungen festgestellt:
Hauterkrankung (in Heilungsbewährung) der Großzehe links, Verlust der Großzehe links (Einzel-GdB: 50),
Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Cervikobrachialgien rechts (Einzel-
GdB: 20),
Psycho-vegetative Störungen (Einzel-GdB: 20),
Schwerhörigkeit bds., Gleichgewichtsstörungen (Einzel-GdB: 20),
Fersensporn links (Einzel-GdB: 10),
Hämorrhoiden (Einzel-GdB: 10),
Funktionsbehinderung des Kniegelenkes links (Einzel-GdB: 10),
Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks rechts (Einzel-GdB: 10),
Allergische Diathese (Einzel-GdB: 10),
Rezidiv einer Dupuytren schen Kontraktur links nach beidseitiger Operation (Einzel-GdB: 10).
Der Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) wurde abgelehnt.
Der Bescheid vom 25.10.2007 wurde am 30.10.2007 zur Post gegeben. Mit Schreiben vom 13.11.2007 haben die vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers (V.) um Übersendung von Kopien der im Antragsverfahren erstellten ärztlichen Berichte gebeten. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.12.2007 - eingegangen beim Beklagten am 17.12.2007 - hat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch eingelegt und zudem Überprüfungsantrag gemäß § 44 ff. SGB X gestellt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 25.10.2007 sei die Rechts- und Sachlage falsch angewandt worden. Der Schriftsatz vom 16.12.2007 setzt sich dann in der Folge mit den im Bescheid vom 25.10.2007 festgestellten Behinderungen und den hierfür anzusetzenden Graden der Behinderung auseinander. Insgesamt könne gesagt werden, dass der festgestellte Gesamt-Grad der Behinderung von lediglich 70 auf wenigstens 80 zu erhöhen sei. Auf jeden Fall stehe dem Kläger das Merkzeichen "G" zu. Es werde um alsbaldige Verbescheidung des Widerspruchs durch abhelfende Entscheidung oder Erlass eines Widerspruchsbescheides gebeten. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.02.2008 vertrat die Ärztin Dr.Z. die Auffassung, dass der Gesamt-Grad der Behinderung beim Kläger zutreffend mit 70 festgestellt worden sei und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht vorliegen würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2008 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 16.12.2007 gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.10.2007 zurückgewiesen. Der Widerspruch sei verspätet und deshalb unzulässig. Der Bescheid sei am 30.10.2007 zur Post gegeben worden und gelte daher am 02.11.2007 als zugegangen. Die Widerspruchsfrist habe demnach am 03.12.2007 geendet. Der Widerspruch des Klägers sei demgegenüber erst am 17.12.2007 nach Ablauf dieser Frist eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG würden offensichtlich nicht vorliegen. Hinsichtlich des Antrags auf Rücknahme der Entscheidung gemäß § 44 SGB X werde ein gesonderter Bescheid ergehen.
Mit Bescheid vom 28.02.2008 hat der Beklagte den Antrag des Klägers vom 16.12.2007 gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme des Bescheides vom 25.10.2007 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 28.02.2008, eingegangen beim Sozialgericht München am 29.02.2008 (Az.: S 14 SB 224/08), hat der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2008 Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger mit Wirkung ab 17.09.2007 einen höheren Gesamt-Grad der Behinderung als lediglich 70 und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen. Insgesamt könne gesagt werden, dass der festgestellte Gesamt-Grad der Behinderung von lediglich 70 auf wenigstens 80 zu erhöhen sei und auf jedem Fall dem Kläger das Merkzeichen "G" zustehe. Entgegen der Rechtsmeinung des Beklagten erweise sich der Widerspruch auch nicht als verfristet. Der Beklagte weiche bei der Feststellung der einzelnen behinderungsbedingten Leiden von den früheren Feststellungen aus dem Änderungsbescheid vom 02.10.1998 zu Lasten des Klägers ab. Es hätte aus diesem Grunde gemäß § 24 SGB X eine Anhörung des Klägers stattfinden müssen. Der Änderungsbescheid vom 25.10.2007 erweise sich aufgrund der Verletzung des Anhörungsrechts unter formalen Gesichtspunkten als rechtswidrig. Zwar werde der Mangel der Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt (§§ 41 ff. SGB X). Gemäß § 41 Abs.3 Satz 1 SGB X gelte bei einem Anhörungsmangel die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist aber als nicht verschuldet. Das fehlende Verschulden werde unwiderleglich vermutet. Es bestehe auch eine Kausalität zwischen (angeblich) versäumter Rechtsbehelfsfrist und unterlassener Anhörung. Eine Kausalität sei bereits dann zu bejahen, wenn sich bei rechtzeitiger Anhörung die Bedenken des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit des hier streitigen Verwaltungsaktes vom 25.10.2007 erhöht hätten. Auf die Frage, ob und wann die Frist des Widerspruchs angelaufen sei, komme es überhaupt nicht an, da sich die Widerspruchsfrist gemäß § 41 Abs.3 SGB X und §§ 66 ff. SGG ausnahmsweise auf zwölf Monate verlängert habe. Rein fürsorglich habe der Kläger den Überprüfungsantrag gemäß §§ 44 ff. SGB X gestellt. Der Beklagte hätte die Rechtspflicht gehabt, diesen Überprüfungsantrag zwingend im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit zu behandeln.
Mit Schreiben vom 09.04.2008 hat das Soziagericht München angefragt, wie der im Schriftsatz vom 16.12.2007 gestellte "Überprüfungsantrag gemäß § 44 ff. SGB X verstanden werden solle, als Antrag gemäß § 44 SGB X oder gemäß § 48 SGB X". Es wurde um Äußerung bis 08.02.2008 gebeten. Mit Schreiben vom 17.08.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass der Überprüfungsantrag für den Fall gestellt worden sei, dass sich wider Erwarten der eingelegte Widerspruch als verfristet erweisen sollte.
Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2008 die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe im Widerspruchsbescheid vom 25.02.2008 den Widerspruch als verspätet eingelegt bewertet und verworfen. Dies sei nicht zu beanstanden. Nach § 84 Abs.1 SGG sei der Widerspruch binnen eines Monats einzureichen, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden sei. Der Bescheid vom 25.10.2007 sei am 30.10.2007 zur Post gegeben worden und gelte nach § 37 Abs.2 SGB X am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben - mithin am 02.11.2007. Ein späterer tatsächlicher Zugang des Bescheides sei vom Kläger nicht geltend gemacht worden. Damit habe die Widerspruchsfrist am 03.12.2007 geendet. Der am 17.12.2007 beim Beklagten eingegangene Widerspruch sei damit verspätet und unzulässig. Eine unschädliche Fristversäumnis lasse sich auch nicht aus § 41 Abs.3 SGB X herleiten. Danach gelte die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet, wenn u.a. die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben sei. Dabei sei die Anhörung von Beteiligten nach § 24 Abs.1 SGB X dann erforderlich, wenn der beabsichtigte Verwaltungsakt in die Rechte eines Beteiligten eingreife. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil der vorbestehende Gesamt-GdB von 40 nicht herabgesetzt, sondern im Gegenteil auf 70 erhöht worden sei. Der angegriffene Widerspruchsbescheid sei auch nicht deshalb zu beanstanden, weil er den Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 ff. SGB X vom 16.12.2007 nicht mit in die Entscheidung eingebunden habe. Zwar habe sich der Kläger trotz einer Rückfrage des Gerichts nicht dazu geäußert, ob der "Überprüfungsantrag gemäß §§ 44 ff. SGB X" als Antrag nach § 44 SGB X oder als Antrag nach § 48 SGB X zu verstehen sei. Der Gesamt-Zusammenhang lege jedoch eine Auslegung dahin nahe, dass ein Antrag nach § 44 SGB X beabsichtigt gewesen sei. Zu Recht habe der Beklagte über diesen Antrag im Widerspruchsbescheid nicht entschieden. Gegenstand eines Verfahrens nach § 44 SGB X sei die Frage, ob beim Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise. In der Begründung des Überprüfungsantrags vom 16.12.2007 stelle der Kläger jedoch darauf ab, dass die Verschlechterung im Gesundheitszustand vom Beklagten nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Dies sei jedoch der typische Fall einer Entscheidung nach § 48 SGB X. Soweit der Kläger Umstände geltend mache, die nach § 44 SGB X zu bewerten seien, habe der Beklagte hierzu den rechtlich unabhängigen Bescheid vom 28.02.2008 erlassen, Gegenstand des Widerspruchsverfahren sei dieser Bescheid nicht geworden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 13.10.2008. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wiederholt zunächst die schon in erster Instanz getätigten Ausführungen. Ergänzend wird vorgetragen, dass seitens des Sozialgerichts zu prüfen gewesen wäre, ob der Bescheid vom 28.02.2008 automatisch gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des laufenden Klageverfahrens geworden sei. Nachdem der Bescheid vom 28.02.2008 einen früheren Bescheid abändere, wäre § 96 SGG einschlägig gewesen. Das Sozialgericht scheine dies jedoch anders zu sehen und die §§ 86 und 96 SGG nicht als zwingendes Prozessrecht, sondern als disponibles Recht anzusehen. Somit liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.09.2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 25.10.2007 und des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 25.02.2008, ferner unter Aufhebung des gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheides des Beklagten vom 28.02.2008, zu verurteilen, bei dem Kläger mit Wirkung ab 17.09.2007 einen höheren Gesamt-Grad der Behinderung von lediglich 70 und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.09.2008 zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts München mit den Az.: S 14 SB 224/08 und S 14 SB 1020/08 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 15 SB 133/08 zur Entscheidung vor, die zum Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 22.09.2008 die Berufung des Klägers mit zutreffender Begründung abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist durch den Kläger nicht gemäß § 41 Abs.3 SGB X als unverschuldet anzusehen ist, weil für den Erlass des Verwaltungsaktes vom 25.10.2007 keine Anhörung gemäß § 24 SGB X erfolgen musste. Der Verwaltungsakt vom 25.10.2007 ist kein belastender Verwaltungsakt im Sinne von § 24 Abs.1 SGB X. In dem Änderungsbescheid vom 25.10.2007 wurde der Gesamtgrad der Behinderung gegenüber dem letzten maßgeblichen Änderungsbescheid vom 02.10.1998 von 40 auf 70 erhöht. Nur der Gesamtgrad der Behinderung ist aber im Rahmen des Schwerbehindertenrechts bestandsgeschützt, nicht die einzelne Behinderung mit dem dazugehörigen Einzelgrad der Behinderung (vgl. hierzu z.B. BSG vom 10.09.1997, Az.: 9 RVs 15/96).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verfolgt im Berufungsverfahren einen Anspruch auf einen höheren Grad der Behinderung nach dem SGB IX und auf das Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung - Merkzeichen "G" - weiter. Bei dem 1944 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid des Beklagten vom 03.09.1997 ein Gesamt-GdB von 40 festgestellt worden.
Mit Formularantrag vom 14.09.2007 hat der Kläger beantragt, den Gesamt-Grad der Behinderung zu erhöhen und ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte hat mit Änderungsbescheid vom 25.10.2007 bei einem Gesamt-Grad der Behinderung von 70 folgende Behinderungen festgestellt:
Hauterkrankung (in Heilungsbewährung) der Großzehe links, Verlust der Großzehe links (Einzel-GdB: 50),
Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Cervikobrachialgien rechts (Einzel-
GdB: 20),
Psycho-vegetative Störungen (Einzel-GdB: 20),
Schwerhörigkeit bds., Gleichgewichtsstörungen (Einzel-GdB: 20),
Fersensporn links (Einzel-GdB: 10),
Hämorrhoiden (Einzel-GdB: 10),
Funktionsbehinderung des Kniegelenkes links (Einzel-GdB: 10),
Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks rechts (Einzel-GdB: 10),
Allergische Diathese (Einzel-GdB: 10),
Rezidiv einer Dupuytren schen Kontraktur links nach beidseitiger Operation (Einzel-GdB: 10).
Der Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) wurde abgelehnt.
Der Bescheid vom 25.10.2007 wurde am 30.10.2007 zur Post gegeben. Mit Schreiben vom 13.11.2007 haben die vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers (V.) um Übersendung von Kopien der im Antragsverfahren erstellten ärztlichen Berichte gebeten. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.12.2007 - eingegangen beim Beklagten am 17.12.2007 - hat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch eingelegt und zudem Überprüfungsantrag gemäß § 44 ff. SGB X gestellt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 25.10.2007 sei die Rechts- und Sachlage falsch angewandt worden. Der Schriftsatz vom 16.12.2007 setzt sich dann in der Folge mit den im Bescheid vom 25.10.2007 festgestellten Behinderungen und den hierfür anzusetzenden Graden der Behinderung auseinander. Insgesamt könne gesagt werden, dass der festgestellte Gesamt-Grad der Behinderung von lediglich 70 auf wenigstens 80 zu erhöhen sei. Auf jeden Fall stehe dem Kläger das Merkzeichen "G" zu. Es werde um alsbaldige Verbescheidung des Widerspruchs durch abhelfende Entscheidung oder Erlass eines Widerspruchsbescheides gebeten. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.02.2008 vertrat die Ärztin Dr.Z. die Auffassung, dass der Gesamt-Grad der Behinderung beim Kläger zutreffend mit 70 festgestellt worden sei und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht vorliegen würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2008 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 16.12.2007 gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.10.2007 zurückgewiesen. Der Widerspruch sei verspätet und deshalb unzulässig. Der Bescheid sei am 30.10.2007 zur Post gegeben worden und gelte daher am 02.11.2007 als zugegangen. Die Widerspruchsfrist habe demnach am 03.12.2007 geendet. Der Widerspruch des Klägers sei demgegenüber erst am 17.12.2007 nach Ablauf dieser Frist eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG würden offensichtlich nicht vorliegen. Hinsichtlich des Antrags auf Rücknahme der Entscheidung gemäß § 44 SGB X werde ein gesonderter Bescheid ergehen.
Mit Bescheid vom 28.02.2008 hat der Beklagte den Antrag des Klägers vom 16.12.2007 gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme des Bescheides vom 25.10.2007 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 28.02.2008, eingegangen beim Sozialgericht München am 29.02.2008 (Az.: S 14 SB 224/08), hat der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2008 Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger mit Wirkung ab 17.09.2007 einen höheren Gesamt-Grad der Behinderung als lediglich 70 und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen. Insgesamt könne gesagt werden, dass der festgestellte Gesamt-Grad der Behinderung von lediglich 70 auf wenigstens 80 zu erhöhen sei und auf jedem Fall dem Kläger das Merkzeichen "G" zustehe. Entgegen der Rechtsmeinung des Beklagten erweise sich der Widerspruch auch nicht als verfristet. Der Beklagte weiche bei der Feststellung der einzelnen behinderungsbedingten Leiden von den früheren Feststellungen aus dem Änderungsbescheid vom 02.10.1998 zu Lasten des Klägers ab. Es hätte aus diesem Grunde gemäß § 24 SGB X eine Anhörung des Klägers stattfinden müssen. Der Änderungsbescheid vom 25.10.2007 erweise sich aufgrund der Verletzung des Anhörungsrechts unter formalen Gesichtspunkten als rechtswidrig. Zwar werde der Mangel der Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt (§§ 41 ff. SGB X). Gemäß § 41 Abs.3 Satz 1 SGB X gelte bei einem Anhörungsmangel die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist aber als nicht verschuldet. Das fehlende Verschulden werde unwiderleglich vermutet. Es bestehe auch eine Kausalität zwischen (angeblich) versäumter Rechtsbehelfsfrist und unterlassener Anhörung. Eine Kausalität sei bereits dann zu bejahen, wenn sich bei rechtzeitiger Anhörung die Bedenken des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit des hier streitigen Verwaltungsaktes vom 25.10.2007 erhöht hätten. Auf die Frage, ob und wann die Frist des Widerspruchs angelaufen sei, komme es überhaupt nicht an, da sich die Widerspruchsfrist gemäß § 41 Abs.3 SGB X und §§ 66 ff. SGG ausnahmsweise auf zwölf Monate verlängert habe. Rein fürsorglich habe der Kläger den Überprüfungsantrag gemäß §§ 44 ff. SGB X gestellt. Der Beklagte hätte die Rechtspflicht gehabt, diesen Überprüfungsantrag zwingend im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit zu behandeln.
Mit Schreiben vom 09.04.2008 hat das Soziagericht München angefragt, wie der im Schriftsatz vom 16.12.2007 gestellte "Überprüfungsantrag gemäß § 44 ff. SGB X verstanden werden solle, als Antrag gemäß § 44 SGB X oder gemäß § 48 SGB X". Es wurde um Äußerung bis 08.02.2008 gebeten. Mit Schreiben vom 17.08.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass der Überprüfungsantrag für den Fall gestellt worden sei, dass sich wider Erwarten der eingelegte Widerspruch als verfristet erweisen sollte.
Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2008 die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe im Widerspruchsbescheid vom 25.02.2008 den Widerspruch als verspätet eingelegt bewertet und verworfen. Dies sei nicht zu beanstanden. Nach § 84 Abs.1 SGG sei der Widerspruch binnen eines Monats einzureichen, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden sei. Der Bescheid vom 25.10.2007 sei am 30.10.2007 zur Post gegeben worden und gelte nach § 37 Abs.2 SGB X am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben - mithin am 02.11.2007. Ein späterer tatsächlicher Zugang des Bescheides sei vom Kläger nicht geltend gemacht worden. Damit habe die Widerspruchsfrist am 03.12.2007 geendet. Der am 17.12.2007 beim Beklagten eingegangene Widerspruch sei damit verspätet und unzulässig. Eine unschädliche Fristversäumnis lasse sich auch nicht aus § 41 Abs.3 SGB X herleiten. Danach gelte die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet, wenn u.a. die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben sei. Dabei sei die Anhörung von Beteiligten nach § 24 Abs.1 SGB X dann erforderlich, wenn der beabsichtigte Verwaltungsakt in die Rechte eines Beteiligten eingreife. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil der vorbestehende Gesamt-GdB von 40 nicht herabgesetzt, sondern im Gegenteil auf 70 erhöht worden sei. Der angegriffene Widerspruchsbescheid sei auch nicht deshalb zu beanstanden, weil er den Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 ff. SGB X vom 16.12.2007 nicht mit in die Entscheidung eingebunden habe. Zwar habe sich der Kläger trotz einer Rückfrage des Gerichts nicht dazu geäußert, ob der "Überprüfungsantrag gemäß §§ 44 ff. SGB X" als Antrag nach § 44 SGB X oder als Antrag nach § 48 SGB X zu verstehen sei. Der Gesamt-Zusammenhang lege jedoch eine Auslegung dahin nahe, dass ein Antrag nach § 44 SGB X beabsichtigt gewesen sei. Zu Recht habe der Beklagte über diesen Antrag im Widerspruchsbescheid nicht entschieden. Gegenstand eines Verfahrens nach § 44 SGB X sei die Frage, ob beim Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise. In der Begründung des Überprüfungsantrags vom 16.12.2007 stelle der Kläger jedoch darauf ab, dass die Verschlechterung im Gesundheitszustand vom Beklagten nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Dies sei jedoch der typische Fall einer Entscheidung nach § 48 SGB X. Soweit der Kläger Umstände geltend mache, die nach § 44 SGB X zu bewerten seien, habe der Beklagte hierzu den rechtlich unabhängigen Bescheid vom 28.02.2008 erlassen, Gegenstand des Widerspruchsverfahren sei dieser Bescheid nicht geworden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 13.10.2008. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wiederholt zunächst die schon in erster Instanz getätigten Ausführungen. Ergänzend wird vorgetragen, dass seitens des Sozialgerichts zu prüfen gewesen wäre, ob der Bescheid vom 28.02.2008 automatisch gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des laufenden Klageverfahrens geworden sei. Nachdem der Bescheid vom 28.02.2008 einen früheren Bescheid abändere, wäre § 96 SGG einschlägig gewesen. Das Sozialgericht scheine dies jedoch anders zu sehen und die §§ 86 und 96 SGG nicht als zwingendes Prozessrecht, sondern als disponibles Recht anzusehen. Somit liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.09.2008 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 25.10.2007 und des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 25.02.2008, ferner unter Aufhebung des gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheides des Beklagten vom 28.02.2008, zu verurteilen, bei dem Kläger mit Wirkung ab 17.09.2007 einen höheren Gesamt-Grad der Behinderung von lediglich 70 und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.09.2008 zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts München mit den Az.: S 14 SB 224/08 und S 14 SB 1020/08 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 15 SB 133/08 zur Entscheidung vor, die zum Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 22.09.2008 die Berufung des Klägers mit zutreffender Begründung abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist durch den Kläger nicht gemäß § 41 Abs.3 SGB X als unverschuldet anzusehen ist, weil für den Erlass des Verwaltungsaktes vom 25.10.2007 keine Anhörung gemäß § 24 SGB X erfolgen musste. Der Verwaltungsakt vom 25.10.2007 ist kein belastender Verwaltungsakt im Sinne von § 24 Abs.1 SGB X. In dem Änderungsbescheid vom 25.10.2007 wurde der Gesamtgrad der Behinderung gegenüber dem letzten maßgeblichen Änderungsbescheid vom 02.10.1998 von 40 auf 70 erhöht. Nur der Gesamtgrad der Behinderung ist aber im Rahmen des Schwerbehindertenrechts bestandsgeschützt, nicht die einzelne Behinderung mit dem dazugehörigen Einzelgrad der Behinderung (vgl. hierzu z.B. BSG vom 10.09.1997, Az.: 9 RVs 15/96).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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