Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 U 5012/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 188/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 71/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ursächlicher Zusammenhang zwischen Abstützen mit der Hand beim Sprung von einem Anhänger und später diagnostiziertem Mondbeintod
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
München vom 15.04.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Mondbeintod (Lunatummalazie) am linken Handgelenk Folge des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 ist und der Klägerin deswegen Rente zusteht.
Bei der 1958 geborenen Klägerin wurde am 05.07.2001 von den Allgemeinärzten Dres. W./A. eine Lunatumnekrose links festgestellt. In der ärztlichen Unfallmeldung wird angegeben, die Klägerin habe sich am 21.04.1998 beim Sprung von einem Anhänger mit der linken Hand abgestützt und dabei verletzt. Der Landwirtschaftlichen Krankenkasse hatte die Klägerin den Unfall erstmal am 22.08.2001 gemeldet. Im Arztbrief des Chirurgen Dr. S. vom 29.06.2001 heißt es zur Anamnese, die Klägerin habe seit ca. sechs Monaten zunehmende Schmerzen am linken Handgelenk; ein Trauma sei nicht erinnerlich. Die Diagnosen anhand eines Magnetresonanztomogramms (MRT) vom 28.05.2001 lauteten: Dupuytren-Erkrankung linke Hand und Lunatumnekrose linkes Handgelenk. Im Röntgenbild zeigte sich eine Deformierung am Mondbein sowie eine Zyste.
Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte und Röntgenaufnahmen sowie das MRT vom 28.05.2001 bei. Die Landwirtschaftliche Krankenkasse bestätigte eine ambulante Behandlung der Klägerin am 21.04.1998 und danach in der Zeit vom 06.08. bis 14.08.2001. In der Handchirurgischen Abteilung des Klinikums I. der Technischen Universität M. (T.) wurde eine operative Behandlung der Lunatummalazie empfohlen und am 07.08.2001 durchgeführt. Bei einem Kontroll-MRT am 29.08.2002 zeigten sich Restödeme am Mondbein, der gleiche Befund im MRT vom 12.02.2003.
Im Gutachten vom 25.06.2003 führte der Chirurg Dr. G. aus, eine typische Lunatummalazie habe röntgenologisch nicht bestanden, sondern eine Zyste am Os lunatum mit Ödementwicklung. Zystische Veränderungen ließen sich auch an anderen Knochen im Handgelenksbereich bestätigen. Ein histologischer Befund anlässlich der Operation im August 2001 sei nicht erhoben worden. Es finde sich keine Fissur oder Fraktur oder ein Hinweis auf eine Luxation. Es müsse von einer harmlosen Distorsion ausgegangen werden. Eine Zystenbildung könne sehr unterschiedliche Ursachen haben. Zur Zeit der ersten ärztlichen Konsultation am 05.07.2001 habe ein unfallunabhängiger Zustand vorgelegen. Arbeitsunfähigkeit, Behandlungsbedürftigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) habe nicht bestanden.
Mit Bescheid vom 24.07.2003 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab; die Zystenbildung am Mondbein der linken Handwurzel sei nicht Unfallfolge, sondern lediglich eine geringfügige Zerrung des linken Handgelenks. Den Widerspruch mit der Begründung, die Klägerin habe sehr wohl noch am Unfalltag den Hausarzt aufgesucht, wie dem Computerausdruck aus der Patientenkartei zu entnehmen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid am 27.01.2004 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin beim Sozialgericht München (SG) Klage. Dieses zog die vorhandenen Röntgenbildern und MRTs bei. Dres. W./A. bestätigten, die Klägerin habe sich am 09.08.2000, 14.08.2000 und 17.11.2000 wegen einer Lunatum-Blockierung des linken Handgelenkes in ihrer Behandlung befunden.
Im Gutachten vom 28.09.2004 kam der Chirurg Dr. K. zu dem Ergebnis, Anzeichen für ein Trauma fänden sich in den vorhandenen ärztlichen Unterlagen nicht. Statistisch seien unfallunabhängige Entwicklungen von Veränderungen der Handwurzelknochen absolut in der Überzahl. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin am 21.04.1998 den Hausarzt wegen Schmerzen im linken Handgelenk nach Sprung vom Kipper aufgesucht habe, aber es fehlten Angaben, ob und welche Behandlung danach erfolgt sei. Der nächste Arztbesuch datiere vom 09.08.2000. Es sei daher unfallbedingt nur von einer Handgelenksprellung ohne Arbeitsunfähigkeit, Behandlungsbedürftigkeit und MdE auszugehen.
Die Klägerin legte einen Arztbrief des Dr. M. vom 03.01.2005 an ihren Bevollmächtigten vor; darin wurde ein handchirurgisches Gutachten wurde für notwendig gehalten.
Mit Urteil vom 15.04.2005 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich auf das Gutachten des Dr. K. und die Unfallliteratur.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und weiter ein handchirurgisches Gutachten gefordert.
Auf Antrag der Klägerin (§ 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) hat der Handchirurg Prof. Dr. W., Klinikum I. der T., am 15.05.2006 ein Gutachten erstattet. Die jetzigen Beschwerden der Klägerin seien zumindest durch den Unfall mitverursacht, weil sie davor nicht bestanden hätten. Er hat eingeräumt, Mondbeinbrüche seien selten und es seien deshalb strenge Anforderungen an die Kausalitätsbeurteilung zu stellen. Ausschlusskriterien wie eine verkürzte Elle lägen bei der Klägerin zwar vor, aber beidseits, ohne dass auf der benachbarten Seite eine Mondbeinnekrose entstanden wäre. Anlagebedingt träten Mondbeinnekorsen meist beidseits auf. Das Unfallereignis an sich sei ein geeigneter Mechanismus für das Entstehen einer Mondbeinnekrose. Die jetzt röntgenologisch noch erkennbare Verkippung des Kahnbeins sei ein Hinweis, dass es bei dem Unfall zu einer Verrenkung des Handgelenks gekommen sei. Die MdE hat er mit 20 v.H. ab der 27. Woche nach dem Unfall bewertet.
Die Beklagte hat eingewandt, dass der Klägerin nach ihren Angaben der genaue Unfallhergang nicht mehr erinnerlich sei und eindeutige Brückensymptome fehlten.
Der Senat hat die vorhandenen Röntgenaufnahmen und MRTs beigezogen und die Handchirurgin Dr. C. beauftragt ein weiteres Gutachten zu erstatten. Diese hat unter Auswertung eines auf ihre Empfehlung von Dr. S., Radiologische Abteilung der Klinik N. vom 06.03.2007 eingeholten fachradiologischen Zusatzgutachten in ihrem Gutachten vom 24.06.2008 ausgeführt, bei der Untersuchung der Klägerin am 09.05.2008 habe sich bei der Röntgenkontrolle der Verdacht auf eine beginnende Lunatumnekrose auch am rechten Handgelenk ergeben. Dies bestätige inzwischen ein MRT vom 09.06.2008, das auf ihre Veranlassung im Klinikum I. erstellt worden sei. Die gutachterliche Situation habe sich dadurch völlig geändert. Ein beidseitiges Auftreten einer Lunatumnekrose spreche gegen den ursächlichen Zusammenhang mit einem Unfallgeschehen und für eine spontane schicksalsmäßige Erkrankung.
Diskutiert könne deshalb lediglich noch werden, ob der Unfall die Lunatumnekrose verschlimmert habe. Entscheidend sei hierfür die Kontinuität der Beschwerden in der Zeit nach dem Unfall. Insoweit sei von Bedeutung, dass die Klägerin nach der ersten Unfallbehandlung sich erst wieder am 09.08.2000 bei ihren Hausärzten wegen Beschwerden am linken Handgelenk vorgestellt habe. Der Nachweis für durchgehende Schmerzen sei damit nicht geführt. Darüber hinaus habe die Klägerin am 29.06.2001 selbst angegeben, sie verspüre seit ca. sechs Monaten Schmerzen im linken Handgelenk. Es könne daher lediglich von einer zeitlich begrenzten Verschlimmerung mit einer Behandlungsdauer von ca. zwei bis drei Wochen, ohne den Verbleib einer dauerhaften MdE ausgegangen werden.
Die Klägerin hat unter Bezug auf eine Stellungnahme des Dr. M. vom 22.08.2008 gefordert, ein Obergutachten einzuholen. Der Senat hat am 01.10.2008 darauf hingewiesen, er werde kein weiteres Gutachten von Amts wegen einholen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 15.04.2005 und Abänderung des Bescheides vom 24.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2004 zu verurteilen, einen Mondbeintod am linken Handgelenk als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 festzustellen,
hilfsweise einen Gutachter nach Auswahl des Gerichts zur Frage zu beauftragen, dass sich an der rechten Hand der Verdacht auf Mondbeintod nicht bestätigt habe.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.04.2005 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Klägerin steht kein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen, auch nicht auf Anerkennung einer Mondbeinnekrose am linken Handgelenk im Sinne der Verschlimmerung als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 zu. Insoweit ist richtige Klageart, die Feststellungsklage (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 24/05 R, m.w.N.), weil die Beklagte den bei der Klägerin unzweifelhaft abgelaufenen Mondbeintod am linken Handgelenk als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 festzustellen, abgelehnt hat.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung dieser Gesundheitsstörung scheitert daran, dass der ursächliche Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfall vom 21.04.1998 nicht im Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit bewiesen werden kann. Dabei geht der Senat davon aus, dass unzweifelhaft eine Lunatumnekrose am linken Handgelenk entstanden und am 07.08.2001 im Klinikum I. der T. operiert worden ist. Der Senat hält auch für erwiesen, dass die Klägerin sich erstmals am 21.04.1998 wegen Beschwerden am linken Handgelenk in hausärztliche Behandlung zu Dres. W./ A. begeben hatte. Ebenso für nachgewiesen erachtet der Senat, weil insoweit stets übereinstimmende Angaben der Klägerin vorliegen, dass die Klägerin an diesem Tag von einem Anhänger gesprungen und sich dabei mit der linken Hand am Boden abgefangen hatte.
Der Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem angeschuldigten Vorfall von 1998 und der im August 2001 operierten Lunatumnekrose links steht entgegen, dass sich inzwischen auch am rechten, nicht vom Unfall betroffenen Handgelenk eine solche Erkrankung gebildet hat. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Handchirurgin Dr. C. vom 24.06.2008, die sich auf einen ihr übermittelten Befund des Instituts für Röntgendiagnostik der Klinik I. der T. vom 09.06.2008 bezieht. Ein MRT vom gleichen Tag bestätigt den Verdacht auf eine beginnende Osteonekrose des rechten Mondbeins Stadium I.
Völlig übereinstimmend wird die Mondbeinnekrose in der medizinischen Wissenschaft vornehmlich als anlagebedingte Erkrankung gesehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 632). In der Literatur wird angenommen, dass die Entstehung spontan und schicksalsmäßig auf einem bislang unbekannten Gefäßprozess beruht. Nur selten sind Mondbeinbrüche auf traumatische Geschehen zurückzuführen. Ein ursächlicher Zusammenhang ist nur dann zu bejahen, wenn ein geeignetes Unfallereignis abgelaufen ist, sofort klinische Erscheinungen festzustellen waren, ein Fissur- oder Frakturnachweis innerhalb der ersten drei bis vier Wochen danach zu führen war, Brückensymptome zwischen Unfall und Zeitpunkt der röntgenologischen Erkennbarkeit des Leidens vorhanden waren und eine anlagebedingte Variante, nämlich eine verkürzte Elle, die dem Mondbeintod Vorschub leistet, fehlt. Doppelseitiges Auftreten der Erkrankung ist ein absolutes Ausschlusskriterium.
Mit dem MRT vom 09.06.2008 ist der Beweis erbracht, dass auch am nicht vom Unfall betroffenen rechten Handgelenk eine Osteonekrose des rechten Mondbeines begonnen hat. Das bedeutsamste Ausschlusskriterium, nämlich das beidseitige Auftreten der Lunatumnekrose, liegt damit vor. Der Senat stimmt der Sachverständigen Dr. C. zu, dass damit die vorangegangenen Gutachten und ärztlichen Meinungen obsolet sind. Diesen Medizinern hatte der MRT-Befund vom 09.06.2008 nicht vorgelegen. Auf die anderen Gründe, wie Fehlen eines Fissur- oder Frakturnachweises und einer verkürzten Elle sowie zeitnah lückenlose Brückensymptome braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. Allein das beidseitige Auftreten des Mondbeintodes spricht für ein anlagebedingtes Geschehen. Der an sich für ein unfallbedingtes Entstehen sprechende Unfallmechanismus tritt dabei in den Hintergrund.
Das Feststellen einer Mondbeinnekrose als Unfallfolge im Sinne der Verschlimmerung scheitert daran, dass nach dem Unfall vom 21.04.1998 weder eine längere ärztliche Behandlung notwendig war, noch eine Arbeitsunfähigkeit bestanden hatte. Hinzu kommt, dass eine Brückensymptomatik, nämlich eine Kontinuität der Beschwerden nach dem angeschuldigten Ereignis nicht dokumentiert ist. Der erste Arztbesuch nach dem 21.04.1998 fand am 09.08.2000 beim Hausarzt statt. Der zeitliche Abstand von mehr als zwei Jahren und danach von einem weiteren Jahr bis zur Operation im August 2001 lässt lediglich den Schluss zu, dass allenfalls eine zeitlich begrenzte vorübergehende Verschlimmerung und danach der Zustand eingetreten ist, welcher der schicksalsmäßigen Weiterentwicklung des Leidens entspricht. Insgesamt kommt der Senat dabei zum Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung einer Mondbeinnekrose am linken Handgelenk hat weder im Sinne der Entstehung, noch im Sinne der Verschlimmerung und ihr deshalb Rentenleistungen nicht zustehen. Er stützt sich insoweit auf das schlüssige und überzeugende Gutachten von Dr. C. vom 24.06.2008, das auf den neuesten medizinischen Erkenntnissen beruht.
Der Senat sah keine Veranlassung, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Er hält den Sachverhalt für aufgeklärt. Das MRT des rechten Handgelenks wurde auf Veranlassung der Sachverständigen Dr. C. im Institut für Röntgendiagnostik des Klinikum I. gefertigt. In der Beurteilung der Bilder wird zusammengefasst als Diagnose der Verdacht auf beginnende Osteonekrose des rechten Os lunatum genannt. Der MRT-Bericht trägt den handschriftlichen Zusatz von Dr. W ... Darin bittet er um Entschuldigung; er habe sich getäuscht. Diese Äußerung kann nur dahin verstanden werden, dass der von der Klägerin benannte Sachverständige seine frühere - im Gutachten vom 15.05.2006 niedergelegte - Meinung revidiere. Für den Senat folgt daraus, dass die Diagnose der beginnenden Lunatumnekrose am rechten Handgelenk gesichert ist. Für eine weitere Beweiserhebung bestand keine Veranlassung.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.04.2005 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
München vom 15.04.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Mondbeintod (Lunatummalazie) am linken Handgelenk Folge des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 ist und der Klägerin deswegen Rente zusteht.
Bei der 1958 geborenen Klägerin wurde am 05.07.2001 von den Allgemeinärzten Dres. W./A. eine Lunatumnekrose links festgestellt. In der ärztlichen Unfallmeldung wird angegeben, die Klägerin habe sich am 21.04.1998 beim Sprung von einem Anhänger mit der linken Hand abgestützt und dabei verletzt. Der Landwirtschaftlichen Krankenkasse hatte die Klägerin den Unfall erstmal am 22.08.2001 gemeldet. Im Arztbrief des Chirurgen Dr. S. vom 29.06.2001 heißt es zur Anamnese, die Klägerin habe seit ca. sechs Monaten zunehmende Schmerzen am linken Handgelenk; ein Trauma sei nicht erinnerlich. Die Diagnosen anhand eines Magnetresonanztomogramms (MRT) vom 28.05.2001 lauteten: Dupuytren-Erkrankung linke Hand und Lunatumnekrose linkes Handgelenk. Im Röntgenbild zeigte sich eine Deformierung am Mondbein sowie eine Zyste.
Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte und Röntgenaufnahmen sowie das MRT vom 28.05.2001 bei. Die Landwirtschaftliche Krankenkasse bestätigte eine ambulante Behandlung der Klägerin am 21.04.1998 und danach in der Zeit vom 06.08. bis 14.08.2001. In der Handchirurgischen Abteilung des Klinikums I. der Technischen Universität M. (T.) wurde eine operative Behandlung der Lunatummalazie empfohlen und am 07.08.2001 durchgeführt. Bei einem Kontroll-MRT am 29.08.2002 zeigten sich Restödeme am Mondbein, der gleiche Befund im MRT vom 12.02.2003.
Im Gutachten vom 25.06.2003 führte der Chirurg Dr. G. aus, eine typische Lunatummalazie habe röntgenologisch nicht bestanden, sondern eine Zyste am Os lunatum mit Ödementwicklung. Zystische Veränderungen ließen sich auch an anderen Knochen im Handgelenksbereich bestätigen. Ein histologischer Befund anlässlich der Operation im August 2001 sei nicht erhoben worden. Es finde sich keine Fissur oder Fraktur oder ein Hinweis auf eine Luxation. Es müsse von einer harmlosen Distorsion ausgegangen werden. Eine Zystenbildung könne sehr unterschiedliche Ursachen haben. Zur Zeit der ersten ärztlichen Konsultation am 05.07.2001 habe ein unfallunabhängiger Zustand vorgelegen. Arbeitsunfähigkeit, Behandlungsbedürftigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) habe nicht bestanden.
Mit Bescheid vom 24.07.2003 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab; die Zystenbildung am Mondbein der linken Handwurzel sei nicht Unfallfolge, sondern lediglich eine geringfügige Zerrung des linken Handgelenks. Den Widerspruch mit der Begründung, die Klägerin habe sehr wohl noch am Unfalltag den Hausarzt aufgesucht, wie dem Computerausdruck aus der Patientenkartei zu entnehmen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid am 27.01.2004 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin beim Sozialgericht München (SG) Klage. Dieses zog die vorhandenen Röntgenbildern und MRTs bei. Dres. W./A. bestätigten, die Klägerin habe sich am 09.08.2000, 14.08.2000 und 17.11.2000 wegen einer Lunatum-Blockierung des linken Handgelenkes in ihrer Behandlung befunden.
Im Gutachten vom 28.09.2004 kam der Chirurg Dr. K. zu dem Ergebnis, Anzeichen für ein Trauma fänden sich in den vorhandenen ärztlichen Unterlagen nicht. Statistisch seien unfallunabhängige Entwicklungen von Veränderungen der Handwurzelknochen absolut in der Überzahl. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin am 21.04.1998 den Hausarzt wegen Schmerzen im linken Handgelenk nach Sprung vom Kipper aufgesucht habe, aber es fehlten Angaben, ob und welche Behandlung danach erfolgt sei. Der nächste Arztbesuch datiere vom 09.08.2000. Es sei daher unfallbedingt nur von einer Handgelenksprellung ohne Arbeitsunfähigkeit, Behandlungsbedürftigkeit und MdE auszugehen.
Die Klägerin legte einen Arztbrief des Dr. M. vom 03.01.2005 an ihren Bevollmächtigten vor; darin wurde ein handchirurgisches Gutachten wurde für notwendig gehalten.
Mit Urteil vom 15.04.2005 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich auf das Gutachten des Dr. K. und die Unfallliteratur.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und weiter ein handchirurgisches Gutachten gefordert.
Auf Antrag der Klägerin (§ 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) hat der Handchirurg Prof. Dr. W., Klinikum I. der T., am 15.05.2006 ein Gutachten erstattet. Die jetzigen Beschwerden der Klägerin seien zumindest durch den Unfall mitverursacht, weil sie davor nicht bestanden hätten. Er hat eingeräumt, Mondbeinbrüche seien selten und es seien deshalb strenge Anforderungen an die Kausalitätsbeurteilung zu stellen. Ausschlusskriterien wie eine verkürzte Elle lägen bei der Klägerin zwar vor, aber beidseits, ohne dass auf der benachbarten Seite eine Mondbeinnekrose entstanden wäre. Anlagebedingt träten Mondbeinnekorsen meist beidseits auf. Das Unfallereignis an sich sei ein geeigneter Mechanismus für das Entstehen einer Mondbeinnekrose. Die jetzt röntgenologisch noch erkennbare Verkippung des Kahnbeins sei ein Hinweis, dass es bei dem Unfall zu einer Verrenkung des Handgelenks gekommen sei. Die MdE hat er mit 20 v.H. ab der 27. Woche nach dem Unfall bewertet.
Die Beklagte hat eingewandt, dass der Klägerin nach ihren Angaben der genaue Unfallhergang nicht mehr erinnerlich sei und eindeutige Brückensymptome fehlten.
Der Senat hat die vorhandenen Röntgenaufnahmen und MRTs beigezogen und die Handchirurgin Dr. C. beauftragt ein weiteres Gutachten zu erstatten. Diese hat unter Auswertung eines auf ihre Empfehlung von Dr. S., Radiologische Abteilung der Klinik N. vom 06.03.2007 eingeholten fachradiologischen Zusatzgutachten in ihrem Gutachten vom 24.06.2008 ausgeführt, bei der Untersuchung der Klägerin am 09.05.2008 habe sich bei der Röntgenkontrolle der Verdacht auf eine beginnende Lunatumnekrose auch am rechten Handgelenk ergeben. Dies bestätige inzwischen ein MRT vom 09.06.2008, das auf ihre Veranlassung im Klinikum I. erstellt worden sei. Die gutachterliche Situation habe sich dadurch völlig geändert. Ein beidseitiges Auftreten einer Lunatumnekrose spreche gegen den ursächlichen Zusammenhang mit einem Unfallgeschehen und für eine spontane schicksalsmäßige Erkrankung.
Diskutiert könne deshalb lediglich noch werden, ob der Unfall die Lunatumnekrose verschlimmert habe. Entscheidend sei hierfür die Kontinuität der Beschwerden in der Zeit nach dem Unfall. Insoweit sei von Bedeutung, dass die Klägerin nach der ersten Unfallbehandlung sich erst wieder am 09.08.2000 bei ihren Hausärzten wegen Beschwerden am linken Handgelenk vorgestellt habe. Der Nachweis für durchgehende Schmerzen sei damit nicht geführt. Darüber hinaus habe die Klägerin am 29.06.2001 selbst angegeben, sie verspüre seit ca. sechs Monaten Schmerzen im linken Handgelenk. Es könne daher lediglich von einer zeitlich begrenzten Verschlimmerung mit einer Behandlungsdauer von ca. zwei bis drei Wochen, ohne den Verbleib einer dauerhaften MdE ausgegangen werden.
Die Klägerin hat unter Bezug auf eine Stellungnahme des Dr. M. vom 22.08.2008 gefordert, ein Obergutachten einzuholen. Der Senat hat am 01.10.2008 darauf hingewiesen, er werde kein weiteres Gutachten von Amts wegen einholen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 15.04.2005 und Abänderung des Bescheides vom 24.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2004 zu verurteilen, einen Mondbeintod am linken Handgelenk als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 festzustellen,
hilfsweise einen Gutachter nach Auswahl des Gerichts zur Frage zu beauftragen, dass sich an der rechten Hand der Verdacht auf Mondbeintod nicht bestätigt habe.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.04.2005 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Klägerin steht kein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen, auch nicht auf Anerkennung einer Mondbeinnekrose am linken Handgelenk im Sinne der Verschlimmerung als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 zu. Insoweit ist richtige Klageart, die Feststellungsklage (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 24/05 R, m.w.N.), weil die Beklagte den bei der Klägerin unzweifelhaft abgelaufenen Mondbeintod am linken Handgelenk als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.04.1998 festzustellen, abgelehnt hat.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung dieser Gesundheitsstörung scheitert daran, dass der ursächliche Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfall vom 21.04.1998 nicht im Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit bewiesen werden kann. Dabei geht der Senat davon aus, dass unzweifelhaft eine Lunatumnekrose am linken Handgelenk entstanden und am 07.08.2001 im Klinikum I. der T. operiert worden ist. Der Senat hält auch für erwiesen, dass die Klägerin sich erstmals am 21.04.1998 wegen Beschwerden am linken Handgelenk in hausärztliche Behandlung zu Dres. W./ A. begeben hatte. Ebenso für nachgewiesen erachtet der Senat, weil insoweit stets übereinstimmende Angaben der Klägerin vorliegen, dass die Klägerin an diesem Tag von einem Anhänger gesprungen und sich dabei mit der linken Hand am Boden abgefangen hatte.
Der Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem angeschuldigten Vorfall von 1998 und der im August 2001 operierten Lunatumnekrose links steht entgegen, dass sich inzwischen auch am rechten, nicht vom Unfall betroffenen Handgelenk eine solche Erkrankung gebildet hat. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Handchirurgin Dr. C. vom 24.06.2008, die sich auf einen ihr übermittelten Befund des Instituts für Röntgendiagnostik der Klinik I. der T. vom 09.06.2008 bezieht. Ein MRT vom gleichen Tag bestätigt den Verdacht auf eine beginnende Osteonekrose des rechten Mondbeins Stadium I.
Völlig übereinstimmend wird die Mondbeinnekrose in der medizinischen Wissenschaft vornehmlich als anlagebedingte Erkrankung gesehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 632). In der Literatur wird angenommen, dass die Entstehung spontan und schicksalsmäßig auf einem bislang unbekannten Gefäßprozess beruht. Nur selten sind Mondbeinbrüche auf traumatische Geschehen zurückzuführen. Ein ursächlicher Zusammenhang ist nur dann zu bejahen, wenn ein geeignetes Unfallereignis abgelaufen ist, sofort klinische Erscheinungen festzustellen waren, ein Fissur- oder Frakturnachweis innerhalb der ersten drei bis vier Wochen danach zu führen war, Brückensymptome zwischen Unfall und Zeitpunkt der röntgenologischen Erkennbarkeit des Leidens vorhanden waren und eine anlagebedingte Variante, nämlich eine verkürzte Elle, die dem Mondbeintod Vorschub leistet, fehlt. Doppelseitiges Auftreten der Erkrankung ist ein absolutes Ausschlusskriterium.
Mit dem MRT vom 09.06.2008 ist der Beweis erbracht, dass auch am nicht vom Unfall betroffenen rechten Handgelenk eine Osteonekrose des rechten Mondbeines begonnen hat. Das bedeutsamste Ausschlusskriterium, nämlich das beidseitige Auftreten der Lunatumnekrose, liegt damit vor. Der Senat stimmt der Sachverständigen Dr. C. zu, dass damit die vorangegangenen Gutachten und ärztlichen Meinungen obsolet sind. Diesen Medizinern hatte der MRT-Befund vom 09.06.2008 nicht vorgelegen. Auf die anderen Gründe, wie Fehlen eines Fissur- oder Frakturnachweises und einer verkürzten Elle sowie zeitnah lückenlose Brückensymptome braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. Allein das beidseitige Auftreten des Mondbeintodes spricht für ein anlagebedingtes Geschehen. Der an sich für ein unfallbedingtes Entstehen sprechende Unfallmechanismus tritt dabei in den Hintergrund.
Das Feststellen einer Mondbeinnekrose als Unfallfolge im Sinne der Verschlimmerung scheitert daran, dass nach dem Unfall vom 21.04.1998 weder eine längere ärztliche Behandlung notwendig war, noch eine Arbeitsunfähigkeit bestanden hatte. Hinzu kommt, dass eine Brückensymptomatik, nämlich eine Kontinuität der Beschwerden nach dem angeschuldigten Ereignis nicht dokumentiert ist. Der erste Arztbesuch nach dem 21.04.1998 fand am 09.08.2000 beim Hausarzt statt. Der zeitliche Abstand von mehr als zwei Jahren und danach von einem weiteren Jahr bis zur Operation im August 2001 lässt lediglich den Schluss zu, dass allenfalls eine zeitlich begrenzte vorübergehende Verschlimmerung und danach der Zustand eingetreten ist, welcher der schicksalsmäßigen Weiterentwicklung des Leidens entspricht. Insgesamt kommt der Senat dabei zum Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung einer Mondbeinnekrose am linken Handgelenk hat weder im Sinne der Entstehung, noch im Sinne der Verschlimmerung und ihr deshalb Rentenleistungen nicht zustehen. Er stützt sich insoweit auf das schlüssige und überzeugende Gutachten von Dr. C. vom 24.06.2008, das auf den neuesten medizinischen Erkenntnissen beruht.
Der Senat sah keine Veranlassung, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Er hält den Sachverhalt für aufgeklärt. Das MRT des rechten Handgelenks wurde auf Veranlassung der Sachverständigen Dr. C. im Institut für Röntgendiagnostik des Klinikum I. gefertigt. In der Beurteilung der Bilder wird zusammengefasst als Diagnose der Verdacht auf beginnende Osteonekrose des rechten Os lunatum genannt. Der MRT-Bericht trägt den handschriftlichen Zusatz von Dr. W ... Darin bittet er um Entschuldigung; er habe sich getäuscht. Diese Äußerung kann nur dahin verstanden werden, dass der von der Klägerin benannte Sachverständige seine frühere - im Gutachten vom 15.05.2006 niedergelegte - Meinung revidiere. Für den Senat folgt daraus, dass die Diagnose der beginnenden Lunatumnekrose am rechten Handgelenk gesichert ist. Für eine weitere Beweiserhebung bestand keine Veranlassung.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.04.2005 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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