L 9 AL 229/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 1428/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 229/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Sperrzeit bei einem Busfahrer:
Die Vereitelung des Zu-Stande-Kommens eines Arbeitsverhältnisses kann auch darin liegen, dass der Leistungsempfänger vor dem Vorstellungsgespräch bereits unpünktliches Verhalten im FAll der Einstellung als Busfahrer ankündigt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Mai 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld vom 26. Mai bis 17. August 2001 in Höhe von 4.228,56 DM in Euro.

Der 1970 in H. geborene Kläger übte verschiedene Tätigkeiten als Lagerarbeiter, Verpacker, Metallbauer und Schlosser aus. Zuletzt war er vom 24. Januar 1994 bis 30. Juni 1999 Bediener von Montageanlagen. Er erhielt vom 1. Juli 1999 bis 1. Mai 2000 Arbeitslosengeld, unterbrochen durch eine Zeit des Bezugs von Unterhaltsgeld vom 25. Oktober 1999 bis 21. November 1999. Ab 2. Mai 2000 bezog er wieder Unterhaltsgeld. Von diesem Tag bis 15. Mai 2001 durchlief er eine Umschulung zum Berufskraftfahrer (Fachrichtung Personenverkehr), die vom Arbeitsamt R. gefördert wurde. Dabei erwarb er am 29. September 2000 den Busführerschein mit der Erlaubnis, Linienbusse und Reisebusse mit Mitreisenden zu führen. Am 14. Mai 2001 meldete er sich wieder arbeitslos und es wurde ab diesem Tag Anschluss-Unterhaltsgeld bis 23. Mai 2001 bewilligt.

Auf seine Arbeitslosmeldung und seinen Antrag auf Arbeitslosengeld beim Arbeitsamt R. (Geschäftsstelle B-Stadt) vom 14. Mai 2001 - der Kläger gab hier als Adresse "E.weg, A." an - erhielt er vom Arbeitsamt einen schriftlichen Vermittlungsvorschlag für eine Vollzeittätigkeit als Omnibusführer für Linienbusse oder Reisebusse bei der Firma E. GmbH in G ... Die Bezahlung sollte nach dem Bayern-Tarif erfolgen, der Arbeitgeber sei bei der Wohnungssuche behilflich, Arbeitsort sei der Raum A-Stadt. Dem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung mit dem Hinweis auf eine Sperrzeit von regelmäßig 12 Wochen und dem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Fall der Verhinderung eines Zu-Stande-Kommens des Beschäftigungsverhältnisses beigefügt.

Im Antwortschreiben an das Arbeitsamt gab der Kläger an, er habe sich am 31. Mai 2001 vorgestellt, sei aber nicht eingestellt worden wegen Fehlens eines Kraftfahrzeugs; er habe einen neuen Vorstellungstermin nicht erhalten.

In der Stellungnahme der Firma E. (Busbetrieb und Busreisen) GmbH teilte die Firma mit, der Kläger habe sich am 25. Mai 2001 telefonisch gemeldet, sei jedoch nicht eingestellt worden, weil er ungeeignet gewesen sei. Der Kläger habe mitgeteilt, er besitze "kein Auto zum Vorstellungstermin" und habe gesagt, "wenn er eingestellt wird, werde er öfters zu spät kommen, weil er zu weit weg wohnt".

Mit Schreiben vom 21. Juni 2001 bat ihn die Beklagte um eine Vorsprache in die Geschäftsstelle B-Stadt am 26. Juni 2001; der Kläger erschien zu dem Termin nicht, er habe die Einladung zu spät bekommen. Er halte sich trotz der Meldung in A. in seiner Nebenwohnung in A-Stadt (G.) auf. Die Beklagte lud ihn zu einer weiteren Vorsprache am 2. Juli 2001 ein; der Kläger schien auch zum zweiten Termin nicht.

Die Beklagte bewilligte ihm ab 16. Mai 2001 Arbeitslosengeld und setzte mit Bescheid vom 5. Juli 2001 eine Sperrzeit vom 26. Mai bis 17. August 2001 (12 Wochen) fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen das Zu-Stande-Kommen eines Beschäftigungsverhältnisses mit einem zumutbaren Arbeitsangebot vereitelt. Ein wichtiger Grund für sein Verhalten sei nicht gegeben, ihm sei die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar gewesen. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 84 Tage.

Der Kläger legte hiergegen am 11. Juli 2001 Widerspruch ein. Er hätte zu dem Vorstellungstermin bei der Firma E. GmbH bereits um 4:00 Uhr aufstehen müssen, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach G. zu gelangen. Wegen eines Schadens am Kraftfahrzeug seines Bruders (dieser wollte den Kläger eine Stunde vor Vorstellungstermin abholen) habe er nicht zum Vorstellungsgespräch erscheinen können. Der Kläger meldete sich am 30. Juli 2001 wieder arbeitslos.

Auf Nachfrage der Beklagten gab die Firma E. GmbH am 2. August 2001 die schriftliche Auskunft, sie sei an einer weiteren Vorstellung des Klägers nicht mehr interessiert gewesen, da dieser bereits im Telefongespräch am 25. Mai 2001 unpünktliches Erscheinen zum Dienstantritt angekündigt hat. Am 29. Juni 2001 zog der Kläger nach A-Stadt um.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei der Tatbestand für eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung erfüllt. Der Kläger habe am 25. Mai 2001 der Firma E. GmbH telefonisch mitgeteilt, dass er, sofern er eingestellt werden sollte, des Öfteren zu spät kommen werde, da er zu weit weg wohne. Ein wichtiger Grund für dieses Verhalten sei nicht vorgetragen worden und auch nicht erkennbar. Ihm sei zuzumuten gewesen, das Arbeitsangebot anzunehmen. Für die Herabsetzung der Sperrzeit auf sechs Wochen fehle es an einer besonderen Härte.

Der Kläger hat am 22. Oktober 2001 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Er sei wegen des schadhaften Pkw seines Bruders an der Fahrt zum Vorstellungstermin verhindert gewesen. Er habe nicht gesagt, er werde öfters zu spät kommen, sofern er eingestellt werden sollte. Die Firma E. GmbH habe eine neue Terminvereinbarung abgelehnt. Er sei sehr an der Stelle als Busfahrer interessiert gewesen und habe auch einen Umzug in die Nähe des Betriebsortes erwogen.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2003 den Zeugen E. (Geschäftsführer der E. GmbH) gehört, der die Richtigkeit des Schreibens vom 25. Mai 2001 an die Beklagte und der schriftlichen Auskunft an das Arbeitsamt R. vom 2. August 2001 bestätigt hat; der Kläger habe Unpünktlichkeiten nicht ausgeschlossen. Die als Zeugin gehörte damalige Lebensgefährtin des Klägers hat ausgesagt, sie habe nicht gehört, dass der Kläger einer Mitarbeiterin der Firma E. GmbH gesagt hat, er werde zu spät zum Vorstellungsgespräch erscheinen. Hierzu hat der Kläger angegeben, er habe erst beim zweiten Anruf mit Herrn E. selbst gesprochen.

Das SG hat mit Urteil vom gleichen Tag die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Sperrzeit zu Recht festgestellt. Der Kläger habe das Zu-Stande-Kommen eines Beschäftigungsverhältnisses als Busfahrer vereitelt, bei dem es besonders auf Pünktlichkeit ankommt. Nach den glaubwürdigen Angaben des vorgeschlagenen Arbeitgebers habe er am 25. Mai 2001 telefonisch erklärt, er wohne von der Arbeitsstelle weit entfernt, habe kein Auto und es könne sein, dass er deshalb öfters zu spät kommen werde. Gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage der Lebensgefährtin des Klägers spreche, dass sie sich nur an ein Telefongespräch des Klägers mit dem Arbeitgeber erinnern kann. Der Kläger habe jedoch ein zweites Telefongespräch mit der Firma E. GmbH an diesem Tag geführt. Maßgebend komme es bei den Bewerbungsgesprächen auf den Empfängerhorizont des Arbeitgebers an.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 23. Juni 2003. Es sei zu berücksichtigen, dass er Unsicherheiten in der deutschen Sprache habe. Er habe erfolglos zweimal um einen neuen Termin gebeten. Nach der Zeugenaussage seiner Lebensgefährtin habe er bei dem vorgeschlagenen Arbeitgeber Unpünktlichkeit nicht angekündigt. Die Aussage des Zeugen E. stütze sich auf Aktenvermerke. Die Sperrzeit sei unangemessen.

Demgegenüber hat die Beklagte entgegnet, die Angaben des Klägers im Zusammenhang mit der Bewerbung bei der Firma E. GmbH seien widersprüchlich. Der Kläger hätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln von A-Stadt aus binnen eineinviertel Stunden zum Arbeitgeber gelangen können.

Der Zeuge E. hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 18. November 2005 wiederholt, dass der Kläger anlässlich des Telefongesprächs am 25. Mai 2001 mitgeteilt hat, dass er kein Auto besitze und folglich öfters zu spät kommen werde, weil er zu weit weg wohnt. Nach Absprache könne der Dienstplan so gestaltet werden, dass die Fahrer mit öffentlichen Verkehrsmitteln pünktlich erscheinen können.

Der Senat hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 11. März 2008 den Kläger, den damaligen Arbeitsvermittler R. und die frühere Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau des Klägers als Zeugen gehört.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 7. Mai 2003 und des Bescheides vom 5. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2001 zu verurteilen, Arbeitslosengeld vom 26. Mai bis 7. August 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 Euro. Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Arbeitslosengeld in der Sperrzeit vom 26. Mai bis 17. August 2001, weil in diesem Zeitraum der Anspruch für 12 Wochen geruht hat (§ 144 Abs. 2 S. 2 Sozialgesetzbuch III - SGB III -).

Die Beklagte hat die Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 24. März 1997 BGBl. I S. 594 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 und in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juni 2001 BGBl. I S. 1046 mit Wirkung vom 1. Juli 2001) zu Recht festgestellt. Danach tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zu-Stande-Kommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung). Auch wenn der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal der Verhinderung eines Vorstellungsgesprächs erst mit Wirkung vom
1. Januar 2002 durch Gesetz vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) eingefügt hat, war bereits davor anerkannt, dass eine Vereitelung des Zu-Stande-Kommens eines Arbeitsverhältnisses auch darin liegen kann, dass der Arbeitslose nicht zum Vorstellungsgespräch erscheint bzw. unangemessene Forderungen stellt, von denen feststeht, dass der Arbeitgeber zu einer Einstellung unter diesen Bedingungen nicht bereit sein wird (Gagel, SGB III, § 144, Rn. 146 m.w.N.).

Der Kläger hat die Voraussetzungen für den Eintritt der Sperrzeit im Sinne des § 144
Abs. 1 Nr. 2 SGB III erfüllt. Er hatte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 24. Mai 2001 und er hat ein Arbeitsangebot der Beklagten für ein Beschäftigungsverhältnis als Busfahrer durch sein Verhalten verhindert. Es hat sich hierbei um ein hinreichend benanntes, zumutbares Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Es hat den Arbeitgeber und die Art der Tätigkeit, Arbeitszeit, die tarifliche Entlohnung sowie den örtlichen Einsatzbereich als Busfahrer genau angegeben (Bundessozialgericht (BSG) vom 21. Juli 1981 BSGE 52, 63, 66, 69). Dieses Beschäftigungsangebot, also der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Arbeitsvertrages, war für den Kläger zumutbar; denn es stand im Einklang mit den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung im Sinne von § 36 SGB III. Insbesondere hat es die berufliche Qualifikation des Klägers berücksichtigt. Das Arbeitsangebot war auch angemessen, da es der Arbeitsfähigkeit des Klägers entsprochen hat, Arbeitsentgelt nach dem einschlägigen Tarifvertrag angeboten wurde und auch die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte in zumutbarer Weise gegeben war. Nach den nicht bestrittenen Ermittlungen der Beklagten hätte der Kläger den Arbeitgeber mit öffentlichen Verkehrsmitteln in etwa eineinviertel Stunden erreichen können. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei einer Wohnungssuche behilflich gewesen wäre, den Dienstplan mit dem Kläger nach dessen Verkehrsverbindungen abgestimmt hätte und auch der Kläger einen Umzug in die Nähe des Arbeitgebers erwogen hatte (Schriftsatz vom 18. Januar 2002).

Die Beklagte hat den Kläger in Verbindung mit dem konkreten Arbeitsangebot über die Rechtsfolgen hinreichend belehrt. Die Belehrung muss im Zusammenhang und in Verbindung mit dem jeweils konkreten Angebot jeweils die drohende Rechtsfolge nach Dauer und Wirkung bezeichnen, die eintreten kann (BSG vom 10. Dezember 1980 BSGE 51, 70, 78). Sie muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Zudem muss sie erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf den Leistungsanspruch eintreten, wenn der Arbeitslose das unterbreitete Beschäftigungsangebot ohne wichtigen Grund ablehnt. Die beigefügte Rechtsfolgenbelehrung enthielt den konkreten Hinweis an den Kläger, dass eine Sperrzeit eintritt, wenn er ohne wichtigen Grund das Zu-Stande-Kommen des Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindert, zum Beispiel indem er sich nicht vorstellt. Angegeben waren ferner die regelmäßige Dauer der Sperrzeit von 12 Wochen und von sechs Wochen im Fall einer unbilligen Härte der regulären Sperrzeitdauer sowie das Ruhen des Leistungsanspruchs. Damit hat die Rechtsfolgenbelehrung ihren Zweck erfüllt, nämlich dem arbeitslosen Kläger die Folgen vor Augen zu führen, die sich aus der Ablehnung der Arbeit ergeben. Der Arbeitslose soll mit der Rechtsfolgenbelehrung in die Lage versetzt werden, unter Berücksichtigung aller Umstände selbstverantwortlich eine Entscheidung zu treffen. Die Belehrung muss daher alle Informationen enthalten, die für diese Entscheidung notwendig sind (BSG vom 10. Dezember 1980 BSGE 51, 70, 78). Dabei war es nicht notwendig, auf die besondere Berufspflicht der Pünktlichkeit eines Busfahrers hinzuweisen, da es sich hier nicht um eine Rechtsfolge der Vereitelung eines Arbeitsverhältnisses handelt.

Der Kläger hat aufgrund des o.g. Telefongesprächs mit dem vorgeschlagenen Arbeitgeber durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass er die Arbeit als Busfahrer bei diesem Arbeitgeber nicht annehmen will. Denn mit dem Hinweis, dass er wegen weiter Entfernung vom Einsatzort öfters zu spät zum Dienst erscheinen wird, hat der Kläger aus der hier maßgebenden Sicht des Busunternehmers zum Ausdruck gebracht, dass er die Arbeit nicht annehmen will. Gerade im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, der an Fahrpläne gebunden ist, ist Pünktlichkeit des Arbeitnehmers eine wichtige persönliche Eigenschaft. Ferner ist noch zu berücksichtigen, dass der Kläger zu dem Vorstellungstermin nicht erschienen ist, obwohl er von A-Stadt aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Arbeitgeber zu dem vorgesehenen Vorstellungstermin um 10:00 Uhr hätte erreichen können. Der Kläger hat somit das Zu-Stande-Kommen eines Vorstellungsgespräches verhindert.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Zeugenaussage des Geschäftsführers E. der Firma E. GmbH und dessen Mitteilungen an die Beklagte. Der Zeuge E. hat vor dem SG nach Einblick in seinen handschriftlichen Vermerk vom 25. Mai 2001 und in sein Schreiben an die Beklagte vom 2. August 2001 ausgesagt, dass der Kläger im Telefongespräch vom 25. Mai 2001, in dem er sich für sein Fernbleiben vom Vorstellungsgespräch entschuldigt hat, noch mitgeteilt hat, dass auch künftig Unpünktlichkeiten nicht auszuschließen sind. Zudem hat der Kläger in dem Telefongespräch angegeben, dass ihm der Weg zur Arbeitsstelle zu weit sei. Daraufhin hatte der Zeuge an einem weiteren Vorstellungsgespräch kein Interesse mehr gehabt. Er hat ferner erläutert, dass seine Firma zum damaligen Zeitpunkt fünf bis zehn Busfahrer suchte und die Busfahrer des Unternehmens tariflich entlohnt werden. Schließlich hat der Zeuge diese Aussage noch im Schreiben an den Senat vom 18. November 2005 bekräftigt. Auch der im Berufungsverfahren als Zeuge gehörte Arbeitsvermittler R. hat von einem Telefongespräch mit dem Zeugen E. berichtet, in dem dieser gesagt hat, dass der Kläger am 25. Mai 2001 den Zeugen E. auf künftige Unpünktlichkeiten hingewiesen hat.

Dieser Sachverhalt wird durch die Zeugenaussage der damaligen Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau des Klägers nicht widerlegt, da diese lediglich ein Telefongespräch des Klägers mit der Firma E. GmbH mitgehört hat, während der Kläger angegeben hat, dass er mehr als einmal mit dem vorgeschlagenen Arbeitgeber telefonierte.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Sperrzeittatbestand und der Verlängerung der Arbeitslosigkeit besteht, zumal die Firma E. GmbH zum damaligen Zeitpunkt zur Einstellung einer größeren Zahl von Busfahrern bereit war.

Gemäß § 144 Abs. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit nicht ein, wenn der Arbeitslose für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Dieser Regelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass eine Sperrzeit nur eintreten soll, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft bzw. der Allgemeinheit ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Letztlich ist für die Anerkennung eines wichtigen Grundes die Schutzbedürftigkeit des Arbeitslosen in seiner konkreten Situation entscheidend.

Bei dem hier vorliegenden Sperrzeittatbestand der Arbeitsablehnung liegt ein wichtiger Grund in der Regel vor, wenn der Arbeitnehmer überfordert wird, d.h. die Arbeit ihm nicht im Hinblick auf das Leistungsvermögen billigerweise angesonnen werden kann. Hierzu gehören die Fälle einer gesundheitlichen Überforderung oder einer Entlohnung, die nicht dem Tariflohn bzw. dem ortsüblichen Lohn entspricht (Niesel, a.a.O., Rn. 134 m.w.N.). Ein wichtiger Grund liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer erfolglos einen zumutbaren Versuch unternommen hat, diesen Grund zu beseitigen, oder wenn von vornherein feststeht, dass ein solcher Versuch erfolglos geblieben wäre (Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 144, Rnrn. 120, 123 m.w.N.). Derartige Gründe haben hier nicht vorgelegen, da das Arbeitsangebot im Hinblick auf die vorangegangene Ausbildung des Klägers zum Busfahrer, sein berufliches Interesse und die zugesagte Entlohnung nach dem einschlägigen Tarifvertrag für den Kläger billigerweise zumutbar war.

Es besteht auch kein Anlass, die Sperrzeit von 12 Wochen herabzusetzen (§ 144 Abs. 3 SGB III). Eine Herabsetzung von sechs Wochen setzt voraus, dass die Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Sie liegt nur vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die Regeldauer im Hinblick auf die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist. Die maßgebenden Tatsachen sind nur solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende sowie nach Eintritt des die Sperrzeit begründenden Ereignisses eintretende Umstände werden in der Regel nicht berücksichtigt (Niesel, SGB III, 2. Aufl., § 144, Rnrn. 105 ff.). Zu den maßgebenden Tatsachen können Umstände des Beschäftigungsverhältnisses zählen, aber auch persönliche und sonstige Umstände, die zwar von ihrem Gewicht her nicht den Eintritt einer Sperrzeit verhindern, jedoch aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles den Eintritt der Regelsperrzeit als besonders hart erscheinen lassen. Wirtschaftliche Umstände des Arbeitslosen, die durch den Eintritt der Regelsperrzeit eintreten oder die generelle finanzielle Situation, eine eventuelle Behinderung oder bestehende Unterhaltspflichten sind grundsätzlich unbeachtlich. Dass das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs eine negative Folge der Sperrzeit ist, gehört nicht zu den Umständen, die den Eintritt der Sperrzeit begründet haben. Deshalb kann hieraus keine besondere Härte abgeleitet werden. Die unmittelbaren Rechtsfolgen der Sperrzeit, vor allem diejenigen, die nach dem SGB III bei allen Betroffenen gleichmäßig eintreten (Ruhen und Kürzung des Leistungsanspruchs), sollen nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Beurteilung der besonderen Härte gerade keine Rolle spielen (Mutschler u.a., SGB III, 3. Aufl., § 144, Rn. 192 m.w.N.). Unter Beachtung dieser Umstände, sind Gründe für eine besondere Härte nicht ersichtlich. Denn der Kläger hatte nach dem Arbeitsangebot der Beklagten vom 14. Mai 2001 ausreichend Zeit, die Fahrt zu dem Besprechungstermin, unter Umständen auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu organisieren. Angesichts der möglichen Einstellung als Linienbusfahrer stellt die Ankündigung künftiger Unpünktlichkeit zum Arbeitsbeginn, also der Verletzung wesentlicher Berufspflichten, keinen zwingenden Grund dar, von der Dauer einer Sperrzeit von 12 Wochen abzusehen.

Gemäß § 144 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB III umfasst die Sperrzeit drei Wochen im Falle einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung oder wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, wenn der Arbeitslose eine bis zu sechs Wochen befristete Arbeit oder Maßnahme, nicht angenommen oder nicht angetreten hat. Diese Voraussetzungen liegen hier gleichfalls nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved