Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 210/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 51/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 42/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.01.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe sowie die Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 7.259,38 EUR zurückgefordert hat.
Der 1944 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und stand bis 31.10.1998 in einem Beschäftigungsverhältnis als Fernmeldemonteur. Er war danach selbständig tätig und ist seit dem 05.08.2002 ohne Arbeit.
Mit Antrag vom 06.04.2004 beantragte er Arbeitslosengeld und meldete sich gleichzeitig arbeitslos. Als Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland gab er G. in F. an. Früher, zuletzt im Jahr 2003, habe er Leistungen der Agentur für Arbeit in G. erhalten. Ab dem 01.11.2004 habe er Altersrente beantragt. Er bestätigte unterschriftlich, er habe das Merkblatt für Arbeitslose mit Hinweis auf die einzelnen Mitteilungspflichten erhalten.
Mit mehreren Petitionen (Petition vom 23.10.2003 und vom 04.03.2004) hatte sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für seine Ehefrau gewandt. Diese hatte keine Leistungen der Beklagten erhalten, nachdem sie sich im Jahr 2003 zwar arbeitslos gemeldet hatte, aber nach Meinung der Beklagten weiter in A-Stadt in Österreich wohnte und deswegen keinen Wohnsitz in M. hatte, sondern nur eine leer stehende Wohnung als Wohnsitz angegeben hatte.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger dann antragsgemäß für die Zeit vom 03.05.2004 -15.08.2004 (15 Wochen) eine Ortsabwesenheit (Beratungsvermerk vom 27.04.2004) und mit Bescheid vom 24.06.2008 Arbeitslosenhilfe ab dem 06.04.2004.
Auf Anschreiben, die in der Folgezeit an den Kläger gerichtet und an die angegebene Anschrift G. , F., adressiert waren, übersandte die Deutsche Post AG der Agentur für Arbeit wiederholt eine Anschriftenbenachrichtigung, wonach der Kläger nach M. (Postfach) verzogen sei. Seine Bevollmächtigten hatten sich für den Kläger bereits am 29.06.04 schriftlich an die Agentur für Arbeit in W. gewandt und dabei als dessen Anschrift U. , A-Stadt in Österreich angegeben.
Der Kläger wurde dann zum 09.09.2004 durch die Agentur für Arbeit P. Geschäftsstelle W. zu einer persönlichen Vorsprache eingeladen. Zum anvisierten Termin erschien er nicht. Die Agentur für Arbeit P. Geschäftsstelle W. teilte ihm (Schreiben vom 09.09.2004) mit, er habe keinen Grund für die Nichtwahrnehmung des Termins angegeben und daher seien die Leistungen vorläufig eingestellt worden. Er habe Gelegenheit sich zu äußern. Er solle am 17.09.2004 um 07.45 Uhr in die Agentur für Arbeit P. Geschäftsstelle W. kommen. Man wolle mit ihm über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation sprechen. Mit Rückantwort vom 13.09.2004 informierte der Kläger dahingehend, er sei ab dem 13.09.2004 arbeitsunfähig erkrankt und teilte weiter mit (Schreiben vom 13.09.2004), die Einladung zum 09.09.2004 habe ihn nicht erreicht. Gegen die Einstellung der Leistung erhebe er Widerspruch. Da Arbeitslosenhilfe bis 31.12.2004 bewilligt sei, beantrage er ab dem 01.01.2005 das ihm zustehende Arbeitslosengeld für noch offene 394 Tage, danach Arbeitslosenhilfe bis zum Eintritt in die Rente in Höhe der jetzigen Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheid vom 16.09.2004 hob die Beklagte die Zahlungseinstellung wegen Arbeitsunfähigkeit des Klägers auf. Die weiteren Ermittlungen bezüglich des Wohnsitzes des Klägers ergaben, der angegebene Wohnsitz befinde sich im Ferienpark G. und bei der Wohnung handele es sich um eine Wohnung in einem Ferienpark in Form eines Einraumappartements. Man habe sich bei der Rezeption des Hauses erkundigt, ob eine Familie A. bekannt sei. Diese Frage sei verneint worden. Wer die eingehende Post der Familie A. in Empfang nehme, habe nicht geklärt werden können. Zudem sei der Geschäftsführer befragt worden, ob die Familie A. bekannt sei. Dies sei ebenfalls verneint worden. Das Zimmer 88 sei in Augenschein genommen worden. Man habe weder den Kläger noch seine Ehefrau angetroffen. Im Zimmer hätten sich keinerlei persönliche Gegenstände befunden, in der Küche keinerlei Lebensmittel und kein Geschirr. Die ausklappbaren Betten seien mit der Bettwäsche der Ferienanlage bezogen gewesen. Der Geschäftsführer habe erwähnt, eine Vermietung des Zimmers sei nicht zulässig. Die Benutzung solle nur touristischen Zwecken dienen. Dies sei auch im Grundbuchamt festgeschrieben.
Die Beklagte hörte den Kläger dann an (Anhörungsschreiben vom 04.11.2005). Sie beabsichtige die Leistungsbewilligung zurückzunehmen und zwar ab dem 06.04.2004. Er habe sich zwar bei der Stadt F. gemeldet, habe seinen Wohnsitz jedoch nie in F. begründet. In seiner Stellungnahme vom 16.11.2004 trug der Kläger vor, die angegebene Anschrift sei sein einziger Wohnsitz in der Europäischen Union.
Mit Bescheid vom 21.12.2004 nahm die Beklagte die Entscheidung über die Leistungsbewilligung ab dem 06.04.2004 zurück. Der Kläger habe keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in F. begründet, die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung hätten nicht vorgelegen.
Mit weiterem Anhörungsschreiben vom 21.12.2004 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger fest, er habe in der Zeit vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 6.285,18 EUR zu Unrecht bezogen. Er habe keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in F ... Nach den vorliegenden Unterlagen habe er die Überzahlung verursacht, da er falsche Angaben gemacht habe bezüglich seines Wohnsitzes. Zudem habe die Bundesagentur für Arbeit in der Zeit vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 an die Krankenkasse und Pflegekasse Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 867,35 und zur Pflegeversicherung in Höhe von 106,85 EUR entrichtet.
Gegen den Bescheid vom 21.12.2004 (Rücknahme der Leistungsbewilligung ab dem 06.04.2004) legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch ein. Unter Bezugnahme auf den im Dezember ergangenen Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit sei er davon ausgegangen, dass durchgängig Leistungsbezug bestehe. Dementsprechend sei der Bescheid nicht nachvollziehbar und stehe im Widerspruch zu dem Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit.
Die Beklagte forderte dann mit Erstattungsbescheid vom 17.03.2005 die zu Unrecht bezahlten Leistungen zurück. Der Kläger habe in F. nie einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag vom 06.04.04 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Er habe erkennen können, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei. Sofern er den Fehler nicht erkannt habe, weil er das ihm ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" bzw. das ergänzende Merkblatt für Arbeitslosenhilfe nicht gelesen habe, so sei dies als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten. In der Zeit vom 06.04.04 bis 30.09.04 sei dem Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von 6285,18-EUR zu Unrecht gezahlt worden. Dieser Betrag sei von ihm zu erstatten. Darüber hinaus seien die in dem o.a. Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten. Laut Bestätigung vom 22.03.2005 hinsichtlich der bisherigen Anschrift G. , F. meldete sich der Kläger zum 22.03.2005 ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe nur, wenn und soweit ein Arbeitsloser arbeitsfähig sei und dabei Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Davon könne nicht ausgegangen werden, und zwar ab dem 06.04.2004, weil der Kläger von Anfang an nicht tatsächlich unter der angegebenen Anschrift (G. in F.) gewohnt habe und dort auch nicht erreichbar gewesen sei.
Mit der am 14.04.2005 beim Sozialgericht München erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei ursprünglich Grenzgänger gewesen. Er sei in Deutschland berufstätig gewesen und habe seinen Wohnsitz in A-Stadt gehabt. Er habe Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit erhalten und diese seien ihm wegen Auslandsaufenthaltes versagt worden. Er habe unstreitig einen Wohnsitz in A-Stadt. Es sei aber zugleich nicht zutreffend, dass er in F. keinen Wohnsitz gehabt habe. Er habe auch dort gewohnt. Die Ausführungen des Verwalters seien unzutreffend. Nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer der Anlage sei ihm die Auskunft gegeben worden, dass eine derartige Auskunft nie erteilt worden sei.
Nach Aussicht der Beklagten sprächen neben dem Ergebnis der Vor-Ort-Ermittlung sowohl die ständigen Anschriftenberichtungen der Deutschen Post AG als auch der Postrücklauf vom 10.11.2004 dafür, dass er seinen Aufenthalt nicht unter der der Agentur für Arbeit benannten Anschrift G. in F. gehabt habe. Dass er sich nunmehr auch polizeilich aus F. abmelde, unterstreiche zusätzlich den fehlenden tatsächlichen Aufenthalt in F. auch während der Zeit des Leistungsbegehrens. Mit Beschluss vom 04.07.2005 hat das Sozialgericht München sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut (SG) verwiesen.
Der Prozessbevollmächtigte hat geltend gemacht, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Ehefrau des Klägers einerseits Ansprüche gegen die Bundesagentur für Arbeit zustünden (Urteil der 7. Kammer des Sozialgerichts Landshut vom 21.09.2006 (Az.: S 7 AL 46/05)), im streitgegenständliche Verfahren aber hinsichtlich der Rückforderung Bösgläubigkeit des Klägers angenommen werde. Allein aus dem Ergebnis, dass sich keine persönlichen Gegenstände in der Wohnung befunden hätten, könne nicht der Schluss gezogen werden, es habe dort kein Wohnsitz vorgelegen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger angegeben, er habe sich am 06.04.2004 gleichzeitig arbeitslos bei der Beklagten und polizeilich beim Einwohnermeldeamt gemeldet. Vom 03.05. bis 15.08.2004 habe er sich im genehmigten Urlaub befunden. Am 13.09.2004 sei er krank geworden und habe sich danach abwechselnd bei seinem Sohn aber auch in F. aufgehalten. Im Ferienpark sollte eine Wohnung möglicherweise von seinem Sohn hinzugekauft werden.
Mit Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.01.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab dem 06.04.2004, weil er weder zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 06.04.2004, noch zum Zeitpunkt der Rückgabe des Antrags auf Arbeitslosenhilfe seinen Wohnsitz in Deutschland begründet hatte. Der Kläger habe den Erlass der rechtswidrigen Bewilligung durch falsche Angaben verursacht, so dass ein Vertrauensschutz ausscheide. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich über Arbeitslosenversicherung vom 19.07.1978 gelte nur für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, nicht aber für Arbeitslosenhilfe. Der Kläger könne sich allenfalls auf die EWG-VO 1408/71 berufen, wonach eine Mitnahme des Anspruchs unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei. Auch diese Vorschriften würden Grenzgänger alllerdings nicht zum Bezug von Leistungen ermächtigen, wenn Wohn- bzw. Beschäftigungsstaat nicht auseinanderfallen. Der Kläger habe somit im Antrag vom 06.04.2004 auf Arbeitslosengeld bzw. im Fortzahlungsantrag auf Arbeitslosenhilfe falsche Angaben gemacht, die für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auch kausal gewesen seien. Er habe diese Angaben auch vorsätzlich bzw. zumindest grob fahrlässig in unrichtiger Weise gemacht.
Mit Schreiben vom 26.01.2007, eingegangen beim Bayerischen Landessozialgericht am 29.01.2007 hat sich der Kläger an den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut gewandt. Es seien in der Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25.01.2007 Verfahrensfehler begangen worden, sein rechtliches Gehör sei verletzt, rechtsrelevante Ausführungen seines Rechtsbeistandes seien nicht ins Protokoll genommen worden, sein Fachwissen sei bemängelt worden. Durch Straftaten der Arbeitsverwaltung sei ein Vertrauensverlust bei seiner Bank eingetreten und man habe ihm sein Darlehn gekündigt. Auch der Bundespräsident bemühe sich um rechtsstaatliches Vorgehen. Ein Schaden sei ihm nicht bezahlt worden, auch nicht sein rückständiges Arbeitslosengeld seit dem Jahr 2003. Er verweise auf die Niederlassungsfreiheit und er müsse keinem Richter erklären, wo er sich als Rentner aufhalte. Er werde, sobald ihm das Urteil vorliege, mit seinem Anwalt Berufung einlegen. Das Schreiben vom 26.01.2007 sei nur eine Gegendarstellung.
Der Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung der Berufung mit im Wesentlichen gleichlautenden Schriftsätzen vom 29.04.2008 und 08.05.2008 ausgeführt, am 27.04.2004 sei der Kläger erneut beim Arbeitsamt gewesen und habe mitgeteilt, dass er vom 03.05.2004 bis 15.08.2004 Urlaub beantrage. Bei dieser Vorsprache habe er dem Mitarbeiter gesagt, er habe einen Nachsendeantrag aufgrund des auswärtigen Aufenthaltes für die Zeit des Urlaubs gestellt. Zeitnah hierzu sei ihm dann der Bewilligungsbescheid vom 24.06.2004 zugegangen und er habe, wie er es ordnungsgemäß dem Arbeitsamt F. mitgeteilt habe, seinen Urlaub in der Zeit vom 03.05.2004 bis 15.08.2004 genommen und sich dementsprechend nicht immer im Nahbereich von F. aufgehalten. Bei der Begehung am 05.10.2004 - zu einem Zeitpunkt, an dem er seit 13.09.2004 arbeitsunfähig erkrankt war - habe er nicht angetroffen werden können, weil er sich nicht in F. befand. Nach seiner Kenntnis - so der Prozessbevollmächtigten - sei auch für den Zeitraum, in dem der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei und dem Arbeitsamt dementsprechend nicht zur Verfügung stehe, nicht notwendig, dass der Arbeitslose sich innerhalb der Grenzen der Erreichbarkeitsanordnung aufhalten muss, da er nicht im Leistungsbezug stehe und auf keinen Fall vermittelbar sei. Allein die Indizien, dass die Wohnung klein war und zu dem Zeitpunkt, als Frau A. Urlaub hatte und der Kläger erkrankt war, keine persönlichen Gegenstände in der Wohnung waren, würden nichts darüber aussagen, ob es sich hierbei um den üblichen Aufenthaltsort oder Wohnsitz gehandelt habe. Der Kläger habe im April 2004 gerade deshalb, da es im Zusammenhang mit seiner Wohnung in A-Stadt Schwierigkeiten gab, die so weit führten, dass die Räumung drohte, sich entschlossen nach F. zu ziehen. Dort befand sich die Wohnung des Sohnes. Er habe dann mehrfach beim Arbeitsamt vor Ort vorsprechen wollen und in der Ferienanlage wohnen wollen. Er habe dementsprechend auch keinen Umzug vor gehabt, da es sich um ein Einzimmerappartement handele, das jedoch von der Fläche her begrenzt war. Zu diesem Zeitpunkt habe es auch Spannungen in der Ehe gegeben, so dass sich der Kläger entschlossen habe, erst einmal in die Wohnung des Sohnes zu ziehen. Zu dieser Zeit habe er nicht die Absicht gehabt, wieder auf Dauer zurück nach A-Stadt zu gehen. Unstreitig sei er im April mehrmals beim Arbeitsamt gewesen, und zwar mit seiner Frau am 01.06.2004 sowie wieder am 19.09.2004 in F ... Diese habe dort einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt und habe hierbei zwangsläufig auch vor Ort sein müssen. Seine Ehefrau habe dann, um auch flexibel zu sein, vorsorglich Urlaub beantragt. Am 13.09.2004 schließlich sei der Kläger dann erkrankt. Die Eheleute seien zu dem ihnen schon seit Jahren bekannten Arzt in M. gefahren, der den Kläger unstreitig für längere Zeit (bis 15.12.2004) krankgeschrieben habe. Insoweit sei es sinnvoll gewesen, dass der Kläger für den Zeitraum der Erkrankung, die sich über längere Zeit abzeichnete, zusammen mit seiner Frau in A-Stadt gewesen sei, da diese ohnehin Urlaub dort hatte und so die ärztliche Versorgung mit dem bisher bekannten Hausarzt, ohne dass ein neuer Arzt in F. gesucht werden musste, zweckmäßig erschien. Nachdem sich Mitte September herausgestellt habe, dass der Kläger tatsächlich längerfristig erkrankt war, seien daraufhin die restlichen Gegenstände aus der Wohnung mitgenommen worden, damit die Wohnung, die ja eigentlich dem Sohn gehört, an Urlauber vermietet werden konnte, da es nicht sinnvoll sei Lebensmittel oder sonstige Gegenstände in der Wohnung zu belassen, die insbesondere vermietet werden könne.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Wohnsitz nicht in Deutschland gehabt. Dies werde durch den Sachvortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestätigt. Die Tatsache, dass sich der Kläger während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht in F. aufhielt sondern in A-Stadt, belege, dass F. nicht der Lebensmittelpunkt des Klägers gewesen sei. Dies werde unterstrichen durch die Tatsache, dass die angebliche Wohnung des Klägers, in der sich keine persönlichen Gegenstände befunden hätten, gleichzeitig auch an Feriengäste habe vermietet habe werden sollen. Der Kläger habe gewusst, dass sein Wohnort nicht F. war. Diesen Wohnort habe er bei seiner Arbeitslosmeldung wahrheitswidrig angegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 25. 01. 2007 sowie den Bescheid vom 21. 12.2004 sowie den Bescheid vom 17.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch unbegründet; das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand sind vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 über die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 und der Bescheid vom 17.03.2005 über die Rückforderung der bezahlten Arbeitslosenhilfe sowie der Krankenversicherungsbeiträge und der Beiträge zur Pflegeversicherung beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005.
Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe sowie die Krankenversicherungsbeiträge zurückgefordert.
Anspruchsgrundlage für diese streitige Erstattung ist § 50 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X). Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Beklagte hat die Bewilligung des Arbeitslosengeldes zu Recht gemäß § 45 Abs. 1, 2 S. 1 bis 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 und 2 SGB X zurückgenommen. Danach darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter Beachtung der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Der Begünstigte kann sich auf Vertrauen u.a. nicht mehr berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Im Fall des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 SGB X). Die Beklagte hat die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten. Denn die Agentur für Arbeit W. hat am 05.10.2004 von dem fehlenden Wohnsitz des Klägers in F. Kenntnis erlangt und hat nach Anhörung des Klägers am 21.12.2004 fristgerecht den Aufhebungsbescheid erlassen.
Die Rücknahme der Leistungsbewilligungen ist zu Recht erfolgt, weil der Kläger in den streitigen Zeiträumen seinen Wohnsitz nicht in F. hatte und ihm Vertrauensschutz nicht zusteht. Denn er hat zumindest grob fahrlässig in dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 06.04.2004 trotz Belehrungen in dem Merkblatt der Beklagten unrichtige und unvollständige Angaben gemacht, die jeweils zur Leistungsbewilligung geführt haben.
Wie das Sozialgericht richtig ausgeführt hat, ist Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nur dann rechtmäßig, wenn diese von Arbeitslosen mit Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland bezogen wird. Es hat zu Recht festgestellt, dass durch eine sog. polizeiliche Meldung am Ort der Gemeinde nach ganz h.M. im Arbeitsförderrecht ein Wohnsitz i.S.v. § 30 Abs.3 Satz 1 SGB I nicht begründet werden kann.
Der gewöhnliche Aufenthalt wird nach § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I dort begründet, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.Ob ein Leistungsberechtigter einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, ist in erster Linie nach seinen objektiven Lebensumständen und einem zeitlichen Element ("nicht nur vorübergehend") zu bestimmen. Erst in zweiter Linie können auch subjektive Vorstellungen der Hilfe bedürftiger Person berücksichtigt werden. Eine Person begründet dann den gewöhnlichen Aufenthalt, wenn sie den Willen hat, diesen Ort oder dieses Gebiet bis auf weiteres (zukunftsoffen), also nicht nur vorübergehend oder besuchsweise, zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen (subjektives Merkmal), und diesen Willen auch verwirklicht (objektives Merkmal). Zu den objektiven Merkmalen zählt die tatsächliche Verwirklichung dieses Willens, nicht nur vorübergehend an diesem Ort oder in diesem Gebiet zu verweilen. Die Beurteilung hat dabei in einer Vorausschau zu erfolgen, wobei allerdings ein bisheriger längerer Aufenthalt ein Indiz für einen gewöhnlichen Aufenthalt sein kann.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es bei dem subjektiven Merkmal auf die Absichten und Vorstellungen des Leistungsberechtigten an. Ausschlaggebend für das subjektive Merkmal ist allerdings der Wille, einen neuen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen in einem anderen Ort oder Gebiet nicht nur vorübergehend zu begründen. Wohnt ein Leistungsberechtigter bei Angehörigen, ohne dort einen eigenen Raum für sich zu haben, hat er also keine eigene Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland, aber im Ausland, so kann dies ein Hinweis darauf sein, dass er hier keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn ein Berechtigter regelmäßig mehrere Monate im Jahr in der Bundesrepublik Deutschland lebt und den Rest des Jahres im Ausland, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob für die Zeiträume des Aufenthalts in Deutschland dadurch schon ein gewöhnlicher Aufenthalt und ob in dem Bezirk des Aufenthaltes damit die Zuständigkeit begründet wird.
Der Kläger hat zwar als seinen Wohnsitz G. in F. angegeben. Er hatte aber im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Wohnsitz nicht in Deutschland. Denn er hat unmittelbar nach Stellung des Antrags auf Arbeitslosengeld am 06.04.2004 am 27.04.2004 einen Antrag auf Ortsabwesenheit für die Zeit ab dem 03.05.2004 bis 15.08.2004 für eine nicht ihm gehörende Ferienwohnung gestellt. Jede weitere Post hat ihn über einen sogleich gestellten Nachsendeauftrag in M. erreicht. Dies ist auch naheliegend, weil er von seinem Wohnsitz in A-Stadt/Österreich diesen Ort in Deutschland in wenigen Minuten erreichen kann. Er hat also seinen vor und nach der Antragstellung beibehaltenen Wohnsitz in Österreich nicht verlassen.
Nur für die polizeiliche Meldung in F. am 06.04.2004 sowie zwei persönlichen Vorsprachen am 27.04.2004 und 02.06.2004 sind Aufenthalte in F. belegbar.
Zudem räumt der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Begründung der Berufung ein, der Kläger sei am 01.06.2004 und am 19.09.2004 "wieder in F. gewesen". Es wurde ein Antrag für die Ehefrau des Klägers gestellt und sie meldete sich zum Urlaub an, "um flexibel zu sein". Schon zuvor, am 13.09.2004, erkrankte der Kläger und war arbeitsunfähig bis zum 15.12.2004. Für den Zeitraum der Erkrankung war er dann - wie er selbst einräumt - in A-Stadt - und auch Mitte September 2004 wurde die Wohnung geräumt, um sie an Gäste vermieten zu können. Richtig eingerichtet wurde die Wohnung wegen der geringen Größe nie. Der Kläger war also in der Zeit vom 03.05. bis 15.08.2004 sowie ab dem 13.09.2004 bis 15.12.2004 nicht in F. mit Ausnahme des Termins am 19.09.2004.
Er wusste auch, dass es entscheidend auf den Wohnsitz und die damit verbundene Verfügbarkeit ankam. Denn in den vom Kläger am 23.09.2003 und am 01.11.2003 erhobenen Petitionen ging es auch um die Problematik, dass der Ehefrau des Klägers Arbeitslosengeld wegen fehlender Verfügbarkeit nicht bewilligt wurde, weil sie nicht, wie geltend gemacht, in einer Ferienwohnung im W. wohnte, sondern in A-Stadt.
Der Kläger musste also wissen, dass Wohnsitze i.S.d. § 30 SGB I nicht willkürlich gewählt werden können. Dies muss ihm aufgrund der Verfahren seiner Ehefrau gegen die Beklagte deutlich geworden sein.
Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe durch die Beklagte beruhte auch auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit war davon auszugehen, dass es entscheidend auf die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteils- und Kritikfähigkeit, sein Einsichtsvermögen und im Übrigen auch sein Verhalten ankommt (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; Bundessozialgericht (BSG) vom 13.12.1972, BSGE 35, 108, 112; BSG vom 20.09.1977, BSGE 44 264, 273; vom 09.02.2006, B 7a AL 58/05 R Beck RS 2006 41449). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSG vom 11.06.1987, BSGE 62, 32, 65 unter Bezugnahme auf BSGE 42, 184, 187). Ein Kennenmüssen ist erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte die Rechtswidrigkeit ohne Mühe erkennen konnte. Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist im Wesentlichen eine Frage der Würdigung des Einzelfalles, die dem Tatsachengericht obliegt (BSG SozR 2200 § 1301 Nr. 7).
Der Kläger hatte bereits vor der Stellung seines Antrags auf Arbeitslosenhilfe am 06.04.2004 Kenntnis davon, dass es hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe entscheidend auf den jeweiligen Wohnort ankam. Schon mit Schreiben vom 14.10.2003, mit dem die Beklagte auf seine Beschwerde ihm die Rechtslage erläuterte, wurde er informiert, den Anspruch auf Arbeitslosengeld könne grundsätzlich nur erfüllen, wer seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland habe. Gerade was seine Ehefrau betreffe, so wurde dem Kläger mitgeteilt, kämen Leistungen nur bei einem Wohnsitz in Deutschland in Betracht. Auch geht aus dem Beschluss des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags vom 16.12.2005 hervor, dass der Kläger für sich selbst und seine Ehefrau die Petition deswegen betrieben hat, weil Entscheidungen der Beklagten strittig waren, bei denen die Ablehnung von Leistungen entscheidend darauf beruhte, dass die Beklagte von einem Wohnsitz des Klägers und auch seiner Ehefrau in A-Stadt ausging und die angebliche Wohnsitznahme in G. nicht akzeptierte.
Der Kläger hat die Wohnsitzproblematik zur Kenntnis genommen und - wie zur vollen Überzeugung des Senats feststeht - auch verstanden. Entsprechendes gilt für das Merkblatt mit seinen umfassenden und leicht verständlichen Hinweisen zu Wohnsitz und Erreichbarkeit. Der Kläger hätte daher seine Verpflichtung zur Mitteilung des richtigen Wohnsitzes und damit der richtigen Anschrift mit seinen intellektuellen Fähigkeiten auch unter Berücksichtigung seiner besonderen sozialen Situation erkennen können. Er hat bei dieser Ausgangssituation die einfachste und nahe liegende Überlegung nicht angestellt, seinen wirklichen Wohnsitz in A-Stadt anzugeben und nicht beachtet, was jedem einleuchten muss, dass ein nicht wirklich genommener Wohnsitz nicht die Grundlage für Leistungen der Beklagten sein kann.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich über Arbeitslosenversicherung vom 19.07.1978 (EGB1 II Nr.31 vom 21.07.1979 S.790) scheidet aus, da dieses Abkommen nur für den Anspruch auf Arbeitslosengeld Anwendung findet, nicht aber für den hier streitigen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe kann auch nicht die EWG-VO 1408/71 gestützt werden. Als supranationales Kollisionsrecht regelt die VO 1408/71 den Bereich der Arbeitslosenversicherung. Diese VO bestimmt insbesondere, welcher Rechtsordnung das anzuwendende Recht zu entnehmen ist, wenn ein Sachverhalt Berührungspunkte zu mehreren Staaten der Europäischen Gemeinschaft (EU) aufweist, wenn Arbeitnehmer die innerhalb der Gemeinschaft ab- und zuwandern. Der Kläger hat zwar seinen Wohnsitz in Österreich, war aber in Deutschland beschäftigt. Er ist damit Grenzgänger.
Grenzgänger sind Arbeitnehmer, die die Beschäftigung im Gebiet eines Mitgliedstaates ausüben, aber im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, so dass Wohnsitz und Beschäftigungsstaat auseinander fallen. Unterschieden wird dabei zwischen dem echten und dem unechten Grenzgänger. Der echte Grenzgänger ist der Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaates beschäftigt ist und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehrt (Art. 1 Buchst. b VO 1408/71). Arbeitnehmer, die unechte Grenzgänger sind, kehren also in der Regel nicht täglich oder mindestens nicht einmal pro Woche in ihren Wohnsitzstaat zurück. Beispiele sind die Saison- oder Gastarbeiter. Soweit die Beitrags- und Versicherungspflicht betroffen ist, ist für alle Grenzgänger der Beschäftigungsstaat zuständig.
Für Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit sieht die VO 1408/71 für echte und unechte Grenzgänger verschiedene Regelungen vor. Nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii VO 1408/71 erhalten echte Grenzgänger bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen zwingend nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates für sie gegolten hätten. Der Anspruch muss sich sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Dauer der Zahlung nach den Vorschriften des Wohnsitzstaates richten. Der Träger des Wohnsitzstaates gewährt die Leistungen zu eigenen Lasten. Er hat also keinen Erstattungsanspruch gegen den Träger des letzten Beschäftigungsstaates (vgl. zur Problematik: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 37, Rdnr. 165).
Demgegenüber räumt die VO 1408/71 dem unechten Grenzgänger ein Wahlrecht zwischen Leistungsansprüchen gegen den Wohnsitzstaat oder den letzten Beschäftigungsstaat ein (Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii VO 1408/71). Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind und die sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaates zur Verfügung stellen, in dessen Gebiet sie wohnen, oder in das Gebiet dieses Staates zurückkehren, erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob sie dort zuletzt beschäftigt gewesen wären.
Der Kläger ist, da er in Österreich wohnt, aber zuletzt in Deutschland beschäftigt war und wohl täglich pendelte, eine echter Grenzgänger im Sinne des Art. 1 Buchst. a VO 1408/71. Damit bleibt es grundsätzlich dabei, dass er Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit zwingend nach den Rechtsvorschriften des Landes erhalten kann, in dem er wohnt. Einen Leistungsanspruch wegen Arbeitslosigkeit kann er nur in Österreich geltend machen.
Ausnahmen hat der EuGH aber für echte Grenzgänger im Hinblick auf das Wahlrecht gemacht. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitslose zum früheren Beschäftigungsstaat persönliche und berufliche Bindungen solcher Art aufrechterhält, dass er dort die besten Aussichten auf Wiedereingliederung hat (EuGH, Urteil vom 12.06.1986, Az: 1/85, SozR 6050, Art. 71 Nr. 8). Sinn dieser Entscheidung ist, dass Leistungen Wanderarbeitern bei Arbeitslosigkeit zu den Bedingungen garantiert werden, die für die Suche nach einem Arbeitsplatz am günstigsten sind (vgl. auch Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 04.04.2006 Az.: L 6 AL 21/04 zitiert nach juris). Der Kläger mag zwar immer noch private und soziale Kontakte in Deutschland haben und diese auch pflegen. Er hat aber seinen Wohnsitz in Österreich im grenznahen A-Stadt. Zudem hatte er schon am 12.01.2004 Antrag auf Altersrente bei der Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd gestellt; damit bestanden keine beruflichen Bindungen mehr zum Beschäftigungsstand.
Nach § 330 Abs. 2 SGB III war eine Ermessensentscheidung durch die Beklagte nicht zu treffen. Rechtsfolge ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die Erstattung der von der Beklagten gezahlten Arbeitslosenhilfe. Außerdem hat der Kläger auch die von der Beklagten gezahlten Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Nach § 355 Abs. 1 SGB III hat der Versicherte der Bundesanstalt die Beiträge zu erstatten, soweit die Entscheidung, die zu einem Bezug von Arbeitslosenhilfe geführt hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Die Höhe der gesamten Forderung steht nicht im Streit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn.1, 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe sowie die Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 7.259,38 EUR zurückgefordert hat.
Der 1944 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und stand bis 31.10.1998 in einem Beschäftigungsverhältnis als Fernmeldemonteur. Er war danach selbständig tätig und ist seit dem 05.08.2002 ohne Arbeit.
Mit Antrag vom 06.04.2004 beantragte er Arbeitslosengeld und meldete sich gleichzeitig arbeitslos. Als Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland gab er G. in F. an. Früher, zuletzt im Jahr 2003, habe er Leistungen der Agentur für Arbeit in G. erhalten. Ab dem 01.11.2004 habe er Altersrente beantragt. Er bestätigte unterschriftlich, er habe das Merkblatt für Arbeitslose mit Hinweis auf die einzelnen Mitteilungspflichten erhalten.
Mit mehreren Petitionen (Petition vom 23.10.2003 und vom 04.03.2004) hatte sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für seine Ehefrau gewandt. Diese hatte keine Leistungen der Beklagten erhalten, nachdem sie sich im Jahr 2003 zwar arbeitslos gemeldet hatte, aber nach Meinung der Beklagten weiter in A-Stadt in Österreich wohnte und deswegen keinen Wohnsitz in M. hatte, sondern nur eine leer stehende Wohnung als Wohnsitz angegeben hatte.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger dann antragsgemäß für die Zeit vom 03.05.2004 -15.08.2004 (15 Wochen) eine Ortsabwesenheit (Beratungsvermerk vom 27.04.2004) und mit Bescheid vom 24.06.2008 Arbeitslosenhilfe ab dem 06.04.2004.
Auf Anschreiben, die in der Folgezeit an den Kläger gerichtet und an die angegebene Anschrift G. , F., adressiert waren, übersandte die Deutsche Post AG der Agentur für Arbeit wiederholt eine Anschriftenbenachrichtigung, wonach der Kläger nach M. (Postfach) verzogen sei. Seine Bevollmächtigten hatten sich für den Kläger bereits am 29.06.04 schriftlich an die Agentur für Arbeit in W. gewandt und dabei als dessen Anschrift U. , A-Stadt in Österreich angegeben.
Der Kläger wurde dann zum 09.09.2004 durch die Agentur für Arbeit P. Geschäftsstelle W. zu einer persönlichen Vorsprache eingeladen. Zum anvisierten Termin erschien er nicht. Die Agentur für Arbeit P. Geschäftsstelle W. teilte ihm (Schreiben vom 09.09.2004) mit, er habe keinen Grund für die Nichtwahrnehmung des Termins angegeben und daher seien die Leistungen vorläufig eingestellt worden. Er habe Gelegenheit sich zu äußern. Er solle am 17.09.2004 um 07.45 Uhr in die Agentur für Arbeit P. Geschäftsstelle W. kommen. Man wolle mit ihm über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation sprechen. Mit Rückantwort vom 13.09.2004 informierte der Kläger dahingehend, er sei ab dem 13.09.2004 arbeitsunfähig erkrankt und teilte weiter mit (Schreiben vom 13.09.2004), die Einladung zum 09.09.2004 habe ihn nicht erreicht. Gegen die Einstellung der Leistung erhebe er Widerspruch. Da Arbeitslosenhilfe bis 31.12.2004 bewilligt sei, beantrage er ab dem 01.01.2005 das ihm zustehende Arbeitslosengeld für noch offene 394 Tage, danach Arbeitslosenhilfe bis zum Eintritt in die Rente in Höhe der jetzigen Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheid vom 16.09.2004 hob die Beklagte die Zahlungseinstellung wegen Arbeitsunfähigkeit des Klägers auf. Die weiteren Ermittlungen bezüglich des Wohnsitzes des Klägers ergaben, der angegebene Wohnsitz befinde sich im Ferienpark G. und bei der Wohnung handele es sich um eine Wohnung in einem Ferienpark in Form eines Einraumappartements. Man habe sich bei der Rezeption des Hauses erkundigt, ob eine Familie A. bekannt sei. Diese Frage sei verneint worden. Wer die eingehende Post der Familie A. in Empfang nehme, habe nicht geklärt werden können. Zudem sei der Geschäftsführer befragt worden, ob die Familie A. bekannt sei. Dies sei ebenfalls verneint worden. Das Zimmer 88 sei in Augenschein genommen worden. Man habe weder den Kläger noch seine Ehefrau angetroffen. Im Zimmer hätten sich keinerlei persönliche Gegenstände befunden, in der Küche keinerlei Lebensmittel und kein Geschirr. Die ausklappbaren Betten seien mit der Bettwäsche der Ferienanlage bezogen gewesen. Der Geschäftsführer habe erwähnt, eine Vermietung des Zimmers sei nicht zulässig. Die Benutzung solle nur touristischen Zwecken dienen. Dies sei auch im Grundbuchamt festgeschrieben.
Die Beklagte hörte den Kläger dann an (Anhörungsschreiben vom 04.11.2005). Sie beabsichtige die Leistungsbewilligung zurückzunehmen und zwar ab dem 06.04.2004. Er habe sich zwar bei der Stadt F. gemeldet, habe seinen Wohnsitz jedoch nie in F. begründet. In seiner Stellungnahme vom 16.11.2004 trug der Kläger vor, die angegebene Anschrift sei sein einziger Wohnsitz in der Europäischen Union.
Mit Bescheid vom 21.12.2004 nahm die Beklagte die Entscheidung über die Leistungsbewilligung ab dem 06.04.2004 zurück. Der Kläger habe keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in F. begründet, die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung hätten nicht vorgelegen.
Mit weiterem Anhörungsschreiben vom 21.12.2004 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger fest, er habe in der Zeit vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 6.285,18 EUR zu Unrecht bezogen. Er habe keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in F ... Nach den vorliegenden Unterlagen habe er die Überzahlung verursacht, da er falsche Angaben gemacht habe bezüglich seines Wohnsitzes. Zudem habe die Bundesagentur für Arbeit in der Zeit vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 an die Krankenkasse und Pflegekasse Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 867,35 und zur Pflegeversicherung in Höhe von 106,85 EUR entrichtet.
Gegen den Bescheid vom 21.12.2004 (Rücknahme der Leistungsbewilligung ab dem 06.04.2004) legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch ein. Unter Bezugnahme auf den im Dezember ergangenen Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit sei er davon ausgegangen, dass durchgängig Leistungsbezug bestehe. Dementsprechend sei der Bescheid nicht nachvollziehbar und stehe im Widerspruch zu dem Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit.
Die Beklagte forderte dann mit Erstattungsbescheid vom 17.03.2005 die zu Unrecht bezahlten Leistungen zurück. Der Kläger habe in F. nie einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag vom 06.04.04 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Er habe erkennen können, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei. Sofern er den Fehler nicht erkannt habe, weil er das ihm ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" bzw. das ergänzende Merkblatt für Arbeitslosenhilfe nicht gelesen habe, so sei dies als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten. In der Zeit vom 06.04.04 bis 30.09.04 sei dem Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von 6285,18-EUR zu Unrecht gezahlt worden. Dieser Betrag sei von ihm zu erstatten. Darüber hinaus seien die in dem o.a. Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten. Laut Bestätigung vom 22.03.2005 hinsichtlich der bisherigen Anschrift G. , F. meldete sich der Kläger zum 22.03.2005 ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe nur, wenn und soweit ein Arbeitsloser arbeitsfähig sei und dabei Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Davon könne nicht ausgegangen werden, und zwar ab dem 06.04.2004, weil der Kläger von Anfang an nicht tatsächlich unter der angegebenen Anschrift (G. in F.) gewohnt habe und dort auch nicht erreichbar gewesen sei.
Mit der am 14.04.2005 beim Sozialgericht München erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei ursprünglich Grenzgänger gewesen. Er sei in Deutschland berufstätig gewesen und habe seinen Wohnsitz in A-Stadt gehabt. Er habe Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit erhalten und diese seien ihm wegen Auslandsaufenthaltes versagt worden. Er habe unstreitig einen Wohnsitz in A-Stadt. Es sei aber zugleich nicht zutreffend, dass er in F. keinen Wohnsitz gehabt habe. Er habe auch dort gewohnt. Die Ausführungen des Verwalters seien unzutreffend. Nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer der Anlage sei ihm die Auskunft gegeben worden, dass eine derartige Auskunft nie erteilt worden sei.
Nach Aussicht der Beklagten sprächen neben dem Ergebnis der Vor-Ort-Ermittlung sowohl die ständigen Anschriftenberichtungen der Deutschen Post AG als auch der Postrücklauf vom 10.11.2004 dafür, dass er seinen Aufenthalt nicht unter der der Agentur für Arbeit benannten Anschrift G. in F. gehabt habe. Dass er sich nunmehr auch polizeilich aus F. abmelde, unterstreiche zusätzlich den fehlenden tatsächlichen Aufenthalt in F. auch während der Zeit des Leistungsbegehrens. Mit Beschluss vom 04.07.2005 hat das Sozialgericht München sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut (SG) verwiesen.
Der Prozessbevollmächtigte hat geltend gemacht, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Ehefrau des Klägers einerseits Ansprüche gegen die Bundesagentur für Arbeit zustünden (Urteil der 7. Kammer des Sozialgerichts Landshut vom 21.09.2006 (Az.: S 7 AL 46/05)), im streitgegenständliche Verfahren aber hinsichtlich der Rückforderung Bösgläubigkeit des Klägers angenommen werde. Allein aus dem Ergebnis, dass sich keine persönlichen Gegenstände in der Wohnung befunden hätten, könne nicht der Schluss gezogen werden, es habe dort kein Wohnsitz vorgelegen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger angegeben, er habe sich am 06.04.2004 gleichzeitig arbeitslos bei der Beklagten und polizeilich beim Einwohnermeldeamt gemeldet. Vom 03.05. bis 15.08.2004 habe er sich im genehmigten Urlaub befunden. Am 13.09.2004 sei er krank geworden und habe sich danach abwechselnd bei seinem Sohn aber auch in F. aufgehalten. Im Ferienpark sollte eine Wohnung möglicherweise von seinem Sohn hinzugekauft werden.
Mit Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.01.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab dem 06.04.2004, weil er weder zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 06.04.2004, noch zum Zeitpunkt der Rückgabe des Antrags auf Arbeitslosenhilfe seinen Wohnsitz in Deutschland begründet hatte. Der Kläger habe den Erlass der rechtswidrigen Bewilligung durch falsche Angaben verursacht, so dass ein Vertrauensschutz ausscheide. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich über Arbeitslosenversicherung vom 19.07.1978 gelte nur für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, nicht aber für Arbeitslosenhilfe. Der Kläger könne sich allenfalls auf die EWG-VO 1408/71 berufen, wonach eine Mitnahme des Anspruchs unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei. Auch diese Vorschriften würden Grenzgänger alllerdings nicht zum Bezug von Leistungen ermächtigen, wenn Wohn- bzw. Beschäftigungsstaat nicht auseinanderfallen. Der Kläger habe somit im Antrag vom 06.04.2004 auf Arbeitslosengeld bzw. im Fortzahlungsantrag auf Arbeitslosenhilfe falsche Angaben gemacht, die für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auch kausal gewesen seien. Er habe diese Angaben auch vorsätzlich bzw. zumindest grob fahrlässig in unrichtiger Weise gemacht.
Mit Schreiben vom 26.01.2007, eingegangen beim Bayerischen Landessozialgericht am 29.01.2007 hat sich der Kläger an den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut gewandt. Es seien in der Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25.01.2007 Verfahrensfehler begangen worden, sein rechtliches Gehör sei verletzt, rechtsrelevante Ausführungen seines Rechtsbeistandes seien nicht ins Protokoll genommen worden, sein Fachwissen sei bemängelt worden. Durch Straftaten der Arbeitsverwaltung sei ein Vertrauensverlust bei seiner Bank eingetreten und man habe ihm sein Darlehn gekündigt. Auch der Bundespräsident bemühe sich um rechtsstaatliches Vorgehen. Ein Schaden sei ihm nicht bezahlt worden, auch nicht sein rückständiges Arbeitslosengeld seit dem Jahr 2003. Er verweise auf die Niederlassungsfreiheit und er müsse keinem Richter erklären, wo er sich als Rentner aufhalte. Er werde, sobald ihm das Urteil vorliege, mit seinem Anwalt Berufung einlegen. Das Schreiben vom 26.01.2007 sei nur eine Gegendarstellung.
Der Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung der Berufung mit im Wesentlichen gleichlautenden Schriftsätzen vom 29.04.2008 und 08.05.2008 ausgeführt, am 27.04.2004 sei der Kläger erneut beim Arbeitsamt gewesen und habe mitgeteilt, dass er vom 03.05.2004 bis 15.08.2004 Urlaub beantrage. Bei dieser Vorsprache habe er dem Mitarbeiter gesagt, er habe einen Nachsendeantrag aufgrund des auswärtigen Aufenthaltes für die Zeit des Urlaubs gestellt. Zeitnah hierzu sei ihm dann der Bewilligungsbescheid vom 24.06.2004 zugegangen und er habe, wie er es ordnungsgemäß dem Arbeitsamt F. mitgeteilt habe, seinen Urlaub in der Zeit vom 03.05.2004 bis 15.08.2004 genommen und sich dementsprechend nicht immer im Nahbereich von F. aufgehalten. Bei der Begehung am 05.10.2004 - zu einem Zeitpunkt, an dem er seit 13.09.2004 arbeitsunfähig erkrankt war - habe er nicht angetroffen werden können, weil er sich nicht in F. befand. Nach seiner Kenntnis - so der Prozessbevollmächtigten - sei auch für den Zeitraum, in dem der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei und dem Arbeitsamt dementsprechend nicht zur Verfügung stehe, nicht notwendig, dass der Arbeitslose sich innerhalb der Grenzen der Erreichbarkeitsanordnung aufhalten muss, da er nicht im Leistungsbezug stehe und auf keinen Fall vermittelbar sei. Allein die Indizien, dass die Wohnung klein war und zu dem Zeitpunkt, als Frau A. Urlaub hatte und der Kläger erkrankt war, keine persönlichen Gegenstände in der Wohnung waren, würden nichts darüber aussagen, ob es sich hierbei um den üblichen Aufenthaltsort oder Wohnsitz gehandelt habe. Der Kläger habe im April 2004 gerade deshalb, da es im Zusammenhang mit seiner Wohnung in A-Stadt Schwierigkeiten gab, die so weit führten, dass die Räumung drohte, sich entschlossen nach F. zu ziehen. Dort befand sich die Wohnung des Sohnes. Er habe dann mehrfach beim Arbeitsamt vor Ort vorsprechen wollen und in der Ferienanlage wohnen wollen. Er habe dementsprechend auch keinen Umzug vor gehabt, da es sich um ein Einzimmerappartement handele, das jedoch von der Fläche her begrenzt war. Zu diesem Zeitpunkt habe es auch Spannungen in der Ehe gegeben, so dass sich der Kläger entschlossen habe, erst einmal in die Wohnung des Sohnes zu ziehen. Zu dieser Zeit habe er nicht die Absicht gehabt, wieder auf Dauer zurück nach A-Stadt zu gehen. Unstreitig sei er im April mehrmals beim Arbeitsamt gewesen, und zwar mit seiner Frau am 01.06.2004 sowie wieder am 19.09.2004 in F ... Diese habe dort einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt und habe hierbei zwangsläufig auch vor Ort sein müssen. Seine Ehefrau habe dann, um auch flexibel zu sein, vorsorglich Urlaub beantragt. Am 13.09.2004 schließlich sei der Kläger dann erkrankt. Die Eheleute seien zu dem ihnen schon seit Jahren bekannten Arzt in M. gefahren, der den Kläger unstreitig für längere Zeit (bis 15.12.2004) krankgeschrieben habe. Insoweit sei es sinnvoll gewesen, dass der Kläger für den Zeitraum der Erkrankung, die sich über längere Zeit abzeichnete, zusammen mit seiner Frau in A-Stadt gewesen sei, da diese ohnehin Urlaub dort hatte und so die ärztliche Versorgung mit dem bisher bekannten Hausarzt, ohne dass ein neuer Arzt in F. gesucht werden musste, zweckmäßig erschien. Nachdem sich Mitte September herausgestellt habe, dass der Kläger tatsächlich längerfristig erkrankt war, seien daraufhin die restlichen Gegenstände aus der Wohnung mitgenommen worden, damit die Wohnung, die ja eigentlich dem Sohn gehört, an Urlauber vermietet werden konnte, da es nicht sinnvoll sei Lebensmittel oder sonstige Gegenstände in der Wohnung zu belassen, die insbesondere vermietet werden könne.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Wohnsitz nicht in Deutschland gehabt. Dies werde durch den Sachvortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestätigt. Die Tatsache, dass sich der Kläger während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht in F. aufhielt sondern in A-Stadt, belege, dass F. nicht der Lebensmittelpunkt des Klägers gewesen sei. Dies werde unterstrichen durch die Tatsache, dass die angebliche Wohnung des Klägers, in der sich keine persönlichen Gegenstände befunden hätten, gleichzeitig auch an Feriengäste habe vermietet habe werden sollen. Der Kläger habe gewusst, dass sein Wohnort nicht F. war. Diesen Wohnort habe er bei seiner Arbeitslosmeldung wahrheitswidrig angegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 25. 01. 2007 sowie den Bescheid vom 21. 12.2004 sowie den Bescheid vom 17.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch unbegründet; das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand sind vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 über die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 06.04.2004 bis zum 30.09.2004 und der Bescheid vom 17.03.2005 über die Rückforderung der bezahlten Arbeitslosenhilfe sowie der Krankenversicherungsbeiträge und der Beiträge zur Pflegeversicherung beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005.
Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe sowie die Krankenversicherungsbeiträge zurückgefordert.
Anspruchsgrundlage für diese streitige Erstattung ist § 50 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X). Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Beklagte hat die Bewilligung des Arbeitslosengeldes zu Recht gemäß § 45 Abs. 1, 2 S. 1 bis 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 und 2 SGB X zurückgenommen. Danach darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter Beachtung der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Der Begünstigte kann sich auf Vertrauen u.a. nicht mehr berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Im Fall des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 SGB X). Die Beklagte hat die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten. Denn die Agentur für Arbeit W. hat am 05.10.2004 von dem fehlenden Wohnsitz des Klägers in F. Kenntnis erlangt und hat nach Anhörung des Klägers am 21.12.2004 fristgerecht den Aufhebungsbescheid erlassen.
Die Rücknahme der Leistungsbewilligungen ist zu Recht erfolgt, weil der Kläger in den streitigen Zeiträumen seinen Wohnsitz nicht in F. hatte und ihm Vertrauensschutz nicht zusteht. Denn er hat zumindest grob fahrlässig in dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 06.04.2004 trotz Belehrungen in dem Merkblatt der Beklagten unrichtige und unvollständige Angaben gemacht, die jeweils zur Leistungsbewilligung geführt haben.
Wie das Sozialgericht richtig ausgeführt hat, ist Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nur dann rechtmäßig, wenn diese von Arbeitslosen mit Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland bezogen wird. Es hat zu Recht festgestellt, dass durch eine sog. polizeiliche Meldung am Ort der Gemeinde nach ganz h.M. im Arbeitsförderrecht ein Wohnsitz i.S.v. § 30 Abs.3 Satz 1 SGB I nicht begründet werden kann.
Der gewöhnliche Aufenthalt wird nach § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I dort begründet, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.Ob ein Leistungsberechtigter einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, ist in erster Linie nach seinen objektiven Lebensumständen und einem zeitlichen Element ("nicht nur vorübergehend") zu bestimmen. Erst in zweiter Linie können auch subjektive Vorstellungen der Hilfe bedürftiger Person berücksichtigt werden. Eine Person begründet dann den gewöhnlichen Aufenthalt, wenn sie den Willen hat, diesen Ort oder dieses Gebiet bis auf weiteres (zukunftsoffen), also nicht nur vorübergehend oder besuchsweise, zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen (subjektives Merkmal), und diesen Willen auch verwirklicht (objektives Merkmal). Zu den objektiven Merkmalen zählt die tatsächliche Verwirklichung dieses Willens, nicht nur vorübergehend an diesem Ort oder in diesem Gebiet zu verweilen. Die Beurteilung hat dabei in einer Vorausschau zu erfolgen, wobei allerdings ein bisheriger längerer Aufenthalt ein Indiz für einen gewöhnlichen Aufenthalt sein kann.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es bei dem subjektiven Merkmal auf die Absichten und Vorstellungen des Leistungsberechtigten an. Ausschlaggebend für das subjektive Merkmal ist allerdings der Wille, einen neuen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen in einem anderen Ort oder Gebiet nicht nur vorübergehend zu begründen. Wohnt ein Leistungsberechtigter bei Angehörigen, ohne dort einen eigenen Raum für sich zu haben, hat er also keine eigene Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland, aber im Ausland, so kann dies ein Hinweis darauf sein, dass er hier keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn ein Berechtigter regelmäßig mehrere Monate im Jahr in der Bundesrepublik Deutschland lebt und den Rest des Jahres im Ausland, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob für die Zeiträume des Aufenthalts in Deutschland dadurch schon ein gewöhnlicher Aufenthalt und ob in dem Bezirk des Aufenthaltes damit die Zuständigkeit begründet wird.
Der Kläger hat zwar als seinen Wohnsitz G. in F. angegeben. Er hatte aber im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Wohnsitz nicht in Deutschland. Denn er hat unmittelbar nach Stellung des Antrags auf Arbeitslosengeld am 06.04.2004 am 27.04.2004 einen Antrag auf Ortsabwesenheit für die Zeit ab dem 03.05.2004 bis 15.08.2004 für eine nicht ihm gehörende Ferienwohnung gestellt. Jede weitere Post hat ihn über einen sogleich gestellten Nachsendeauftrag in M. erreicht. Dies ist auch naheliegend, weil er von seinem Wohnsitz in A-Stadt/Österreich diesen Ort in Deutschland in wenigen Minuten erreichen kann. Er hat also seinen vor und nach der Antragstellung beibehaltenen Wohnsitz in Österreich nicht verlassen.
Nur für die polizeiliche Meldung in F. am 06.04.2004 sowie zwei persönlichen Vorsprachen am 27.04.2004 und 02.06.2004 sind Aufenthalte in F. belegbar.
Zudem räumt der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Begründung der Berufung ein, der Kläger sei am 01.06.2004 und am 19.09.2004 "wieder in F. gewesen". Es wurde ein Antrag für die Ehefrau des Klägers gestellt und sie meldete sich zum Urlaub an, "um flexibel zu sein". Schon zuvor, am 13.09.2004, erkrankte der Kläger und war arbeitsunfähig bis zum 15.12.2004. Für den Zeitraum der Erkrankung war er dann - wie er selbst einräumt - in A-Stadt - und auch Mitte September 2004 wurde die Wohnung geräumt, um sie an Gäste vermieten zu können. Richtig eingerichtet wurde die Wohnung wegen der geringen Größe nie. Der Kläger war also in der Zeit vom 03.05. bis 15.08.2004 sowie ab dem 13.09.2004 bis 15.12.2004 nicht in F. mit Ausnahme des Termins am 19.09.2004.
Er wusste auch, dass es entscheidend auf den Wohnsitz und die damit verbundene Verfügbarkeit ankam. Denn in den vom Kläger am 23.09.2003 und am 01.11.2003 erhobenen Petitionen ging es auch um die Problematik, dass der Ehefrau des Klägers Arbeitslosengeld wegen fehlender Verfügbarkeit nicht bewilligt wurde, weil sie nicht, wie geltend gemacht, in einer Ferienwohnung im W. wohnte, sondern in A-Stadt.
Der Kläger musste also wissen, dass Wohnsitze i.S.d. § 30 SGB I nicht willkürlich gewählt werden können. Dies muss ihm aufgrund der Verfahren seiner Ehefrau gegen die Beklagte deutlich geworden sein.
Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe durch die Beklagte beruhte auch auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit war davon auszugehen, dass es entscheidend auf die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteils- und Kritikfähigkeit, sein Einsichtsvermögen und im Übrigen auch sein Verhalten ankommt (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; Bundessozialgericht (BSG) vom 13.12.1972, BSGE 35, 108, 112; BSG vom 20.09.1977, BSGE 44 264, 273; vom 09.02.2006, B 7a AL 58/05 R Beck RS 2006 41449). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSG vom 11.06.1987, BSGE 62, 32, 65 unter Bezugnahme auf BSGE 42, 184, 187). Ein Kennenmüssen ist erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte die Rechtswidrigkeit ohne Mühe erkennen konnte. Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist im Wesentlichen eine Frage der Würdigung des Einzelfalles, die dem Tatsachengericht obliegt (BSG SozR 2200 § 1301 Nr. 7).
Der Kläger hatte bereits vor der Stellung seines Antrags auf Arbeitslosenhilfe am 06.04.2004 Kenntnis davon, dass es hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe entscheidend auf den jeweiligen Wohnort ankam. Schon mit Schreiben vom 14.10.2003, mit dem die Beklagte auf seine Beschwerde ihm die Rechtslage erläuterte, wurde er informiert, den Anspruch auf Arbeitslosengeld könne grundsätzlich nur erfüllen, wer seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland habe. Gerade was seine Ehefrau betreffe, so wurde dem Kläger mitgeteilt, kämen Leistungen nur bei einem Wohnsitz in Deutschland in Betracht. Auch geht aus dem Beschluss des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags vom 16.12.2005 hervor, dass der Kläger für sich selbst und seine Ehefrau die Petition deswegen betrieben hat, weil Entscheidungen der Beklagten strittig waren, bei denen die Ablehnung von Leistungen entscheidend darauf beruhte, dass die Beklagte von einem Wohnsitz des Klägers und auch seiner Ehefrau in A-Stadt ausging und die angebliche Wohnsitznahme in G. nicht akzeptierte.
Der Kläger hat die Wohnsitzproblematik zur Kenntnis genommen und - wie zur vollen Überzeugung des Senats feststeht - auch verstanden. Entsprechendes gilt für das Merkblatt mit seinen umfassenden und leicht verständlichen Hinweisen zu Wohnsitz und Erreichbarkeit. Der Kläger hätte daher seine Verpflichtung zur Mitteilung des richtigen Wohnsitzes und damit der richtigen Anschrift mit seinen intellektuellen Fähigkeiten auch unter Berücksichtigung seiner besonderen sozialen Situation erkennen können. Er hat bei dieser Ausgangssituation die einfachste und nahe liegende Überlegung nicht angestellt, seinen wirklichen Wohnsitz in A-Stadt anzugeben und nicht beachtet, was jedem einleuchten muss, dass ein nicht wirklich genommener Wohnsitz nicht die Grundlage für Leistungen der Beklagten sein kann.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich über Arbeitslosenversicherung vom 19.07.1978 (EGB1 II Nr.31 vom 21.07.1979 S.790) scheidet aus, da dieses Abkommen nur für den Anspruch auf Arbeitslosengeld Anwendung findet, nicht aber für den hier streitigen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe kann auch nicht die EWG-VO 1408/71 gestützt werden. Als supranationales Kollisionsrecht regelt die VO 1408/71 den Bereich der Arbeitslosenversicherung. Diese VO bestimmt insbesondere, welcher Rechtsordnung das anzuwendende Recht zu entnehmen ist, wenn ein Sachverhalt Berührungspunkte zu mehreren Staaten der Europäischen Gemeinschaft (EU) aufweist, wenn Arbeitnehmer die innerhalb der Gemeinschaft ab- und zuwandern. Der Kläger hat zwar seinen Wohnsitz in Österreich, war aber in Deutschland beschäftigt. Er ist damit Grenzgänger.
Grenzgänger sind Arbeitnehmer, die die Beschäftigung im Gebiet eines Mitgliedstaates ausüben, aber im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, so dass Wohnsitz und Beschäftigungsstaat auseinander fallen. Unterschieden wird dabei zwischen dem echten und dem unechten Grenzgänger. Der echte Grenzgänger ist der Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaates beschäftigt ist und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehrt (Art. 1 Buchst. b VO 1408/71). Arbeitnehmer, die unechte Grenzgänger sind, kehren also in der Regel nicht täglich oder mindestens nicht einmal pro Woche in ihren Wohnsitzstaat zurück. Beispiele sind die Saison- oder Gastarbeiter. Soweit die Beitrags- und Versicherungspflicht betroffen ist, ist für alle Grenzgänger der Beschäftigungsstaat zuständig.
Für Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit sieht die VO 1408/71 für echte und unechte Grenzgänger verschiedene Regelungen vor. Nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii VO 1408/71 erhalten echte Grenzgänger bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen zwingend nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates für sie gegolten hätten. Der Anspruch muss sich sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Dauer der Zahlung nach den Vorschriften des Wohnsitzstaates richten. Der Träger des Wohnsitzstaates gewährt die Leistungen zu eigenen Lasten. Er hat also keinen Erstattungsanspruch gegen den Träger des letzten Beschäftigungsstaates (vgl. zur Problematik: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 37, Rdnr. 165).
Demgegenüber räumt die VO 1408/71 dem unechten Grenzgänger ein Wahlrecht zwischen Leistungsansprüchen gegen den Wohnsitzstaat oder den letzten Beschäftigungsstaat ein (Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii VO 1408/71). Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind und die sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaates zur Verfügung stellen, in dessen Gebiet sie wohnen, oder in das Gebiet dieses Staates zurückkehren, erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob sie dort zuletzt beschäftigt gewesen wären.
Der Kläger ist, da er in Österreich wohnt, aber zuletzt in Deutschland beschäftigt war und wohl täglich pendelte, eine echter Grenzgänger im Sinne des Art. 1 Buchst. a VO 1408/71. Damit bleibt es grundsätzlich dabei, dass er Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit zwingend nach den Rechtsvorschriften des Landes erhalten kann, in dem er wohnt. Einen Leistungsanspruch wegen Arbeitslosigkeit kann er nur in Österreich geltend machen.
Ausnahmen hat der EuGH aber für echte Grenzgänger im Hinblick auf das Wahlrecht gemacht. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitslose zum früheren Beschäftigungsstaat persönliche und berufliche Bindungen solcher Art aufrechterhält, dass er dort die besten Aussichten auf Wiedereingliederung hat (EuGH, Urteil vom 12.06.1986, Az: 1/85, SozR 6050, Art. 71 Nr. 8). Sinn dieser Entscheidung ist, dass Leistungen Wanderarbeitern bei Arbeitslosigkeit zu den Bedingungen garantiert werden, die für die Suche nach einem Arbeitsplatz am günstigsten sind (vgl. auch Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 04.04.2006 Az.: L 6 AL 21/04 zitiert nach juris). Der Kläger mag zwar immer noch private und soziale Kontakte in Deutschland haben und diese auch pflegen. Er hat aber seinen Wohnsitz in Österreich im grenznahen A-Stadt. Zudem hatte er schon am 12.01.2004 Antrag auf Altersrente bei der Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd gestellt; damit bestanden keine beruflichen Bindungen mehr zum Beschäftigungsstand.
Nach § 330 Abs. 2 SGB III war eine Ermessensentscheidung durch die Beklagte nicht zu treffen. Rechtsfolge ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die Erstattung der von der Beklagten gezahlten Arbeitslosenhilfe. Außerdem hat der Kläger auch die von der Beklagten gezahlten Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Nach § 355 Abs. 1 SGB III hat der Versicherte der Bundesanstalt die Beiträge zu erstatten, soweit die Entscheidung, die zu einem Bezug von Arbeitslosenhilfe geführt hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Die Höhe der gesamten Forderung steht nicht im Streit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn.1, 2 SGG).
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