L 16 B 594/08 R PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 853/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 B 594/08 R PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 08.05.2008 wird aufgehoben.

II. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht München Prozess-
kostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt P. K., B-Stadt, beigeordnet.

III. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.



Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz
- SGG -) ist zulässig und begründet.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung - ZPO-). In Verfahren, in denen eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, erfordert die Beiordnung eines Rechtsanwaltes eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwaltes zusätzlich, dass die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Dies bedeutet, dass neben der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage gerade in Verfahren, in denen Gerichtskosten nicht erhoben werden, die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich sein muss. Erforderlich ist die Beiordnung stets, wenn die Sach- oder Rechtslage sachlich oder rechtlich schwierig ist. Zu berücksichtigen ist hierbei die persönlichen Fähigkeiten des Klägers den Prozess selbst zu führen (vgl. BVerfG vom 22.06.2007, Az: 1 BvR 681/07).
Diese Voraussetzungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen vor. Die Klägerin ist als Bezieherin von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, 12. Buch nicht in der Lage die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Klage hat zum Zeitpunkt der Klageerhebung und Stellung des Prozesskostenhilfeantrags, insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts ( vgl. Urteil vom 16.05.2006, Az.: B 4 RA 22/05 R), hinreichende Erfolgsaussicht.
Ebenso ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich. Die Klägerin kann ihren Prozess nicht selbstständig führen, da sie unter Betreuung steht. Dem Anspruch auf Prozesskostenhilfe der Klägerin steht aus Sicht des Senats nicht entgegen, dass der Betreuer der Klägerin Rechtsanwalt ist. Zum einen ist der Betreuer der Klägerin nicht mit dem Aufgabenkreis "gerichtliche Angelegenheiten" betraut worden, zum anderen ist nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.12.2006, Az.: XII ZP 118/03 ein Anwaltsbetreuer unter dem Gesichtspunkt einer kostensparenden Amtsführung geradezu verpflichtet, für die gerichtliche Vertretung des Betroffenen Prozesskostenhilfe zu beantragen, so dass er im Fall der Bewilligung die Gebühren eines beigeordneten Rechtsanwaltes nach
§ 49 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) erhält. Nach den Ausführungen des BGH kann selbst ein als Berufsbetreuer bestellter Rechtsanwalt eine Betreuertätigkeit gemäß §§ 1835 Abs. 3, 1908 i Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach anwaltlichen Gebührenrecht abrechnen, wenn sich die zu bewältigende Aufgabe als ein für den Beruf des Rechtsanwaltes spezifische Tätigkeit darstellt. Dies folge aus dem Grundsatz, dass der Betreute - und bei mittelosen Betroffenen die Staatskasse - keinen Vorteil daraus ziehen solle, dass sein Betreuer zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation etwas verrichten könne, wozu ein anderer Betreuer berechtigter Weise die entgeltlichen Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen würde.
Daraus folgt, dass ein als Berufsbetreuter bestellter Rechtsanwalt auch einen anderen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Vertretung des Betreuten beauftragen kann und dieser wiederum Prozesskostenhilfe für seine Tätigkeit in Anspruch nehmen kann, da die Prozessvertretung vor Gericht eine berufsspezifische Tätigkeit ist, für die er die Gebühren eines beigeordneten Rechtsanwalts erhält.
Daher war der Beschluss des Sozialgerichts München vom 08.05.2008 aufzuheben und der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. zu gewähren.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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