L 5 B 124/08 AS

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 3 AS 556/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 B 124/08 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Prozesskostenhilfe - keine Bewilligung für Beschwerdeverfahren - Feststellungsinteresse - Aufhebungs- und Erstattungsbescheid - Ruhen
Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigten Beschwerdeverfahren gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Stendal vom 14. Februar 2008 (S 3 AS 556/07 ER) werden abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für zwei von ihr beabsichtigte Beschwerdeverfahren gegen Beschlüsse des Sozialgerichts Stendal. Dieses hat zum einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein mittlerweile erledigtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs abgelehnt. Zum anderen hat es entschieden, dass die Antragsgegnerin für das erledigte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.

Die Antragstellerin beantragte am 7. August 2006 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 4. Juli 2006 (S 1 AS 208/06 bzw. S 3 AS 208/06). Diese hatte einen Widerspruch gegen die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Monate August bis Dezember 2005 zurückgewiesen. Während des laufenden Verfahrens erließ die Antragsgegnerin einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28. September 2007 über weitere Zahlungen für August 2007.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2007 hat die Antragstellerin unter Nennung des o.g. Aktenzeichens "weiterhin" beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bezüglich der streitgegenständlichen Rückforderung anzuordnen (S 3 AS 556/07 ER). Sie hat sich auf eine Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen, vom 1. Oktober 2007 bezogen, in der Zahlungsverpflichtungen aus Bescheiden vom 8. Dezember 2006 und vom 28. September 2007 angeführt wurden. Die Antragstellerin hat ausgeführt, eine Vollstreckung sei zwar nicht angekündigt worden, aber demnächst zu befürchten. Einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat sie nicht gestellt.

Die Antragsgegnerin hat unter dem 23. Oktober 2007 mitgeteilt, die Forderung des Verfahrens S 1 AS 208/06 sei immer noch ruhend gestellt. Dies ergebe sich schon aus der Rückseite der Forderungsaufstellung. Gegen den Bescheid vom 28. September 2007 sei noch kein Widerspruch eingelegt worden, weshalb für die Aussetzung der Beitreibung kein Anlass bestehe.

Daraufhin hat die Antragstellerin am 30. Oktober 2007 Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. September 2007 eingelegt. Die Antragsgegnerin hat am 28. November 2007 mitgeteilt, dieser Widerspruch habe aufschiebende Wirkung, und das Einziehungsverfahren hinsichtlich dieser Forderung ruhe bis zur abschließenden Entscheidung im Widerspruchsverfahren. Sie beantrage, den Antrag zurückzuweisen und zu entscheiden, dass Kosten nicht zu erstatten seien.

Die Antragstellerin hat am 30. November 2007 an den Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag vom 7. August 2007 (gemeint wohl: 2006) in dem Verfahren S 3 AS 208/06 erinnert. Dieser erstrecke sich auch auf den am 12. Oktober 2007 erhobenen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Mit der Formulierung ".weiterhin beantragt." im Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 habe sie versucht, auch für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe zu beantragen. Sie bitte um Auslegung der Erklärung nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung. Zum Zeitpunkt dieses Antrags auf Prozesskostenhilfe habe hinreichende Aussicht auf Erfolg bestanden. Im gleichen Schriftsatz hat die Antragstellerin das Verfahren für erledigt erklärt.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14. Februar 2008 entschieden, dass notwendige außergerichtliche Kosten der Antragstellerin nicht zu erstatten seien. Zwar habe diese hinsichtlich der Ruhendstellung der Forderung obsiegt. Die Antragsgegnerin habe jedoch nicht durch ihr Verhalten Anlass zur Einlegung des Rechtsmittels gegeben. Hinsichtlich des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2006 liege bislang keine Klage vor, für die eine aufschiebende Wirkung hätte angeordnet werden können. Bisher sei nur ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt worden. Zudem habe die Antragsgegnerin die Forderung schon im Vorfeld ruhend gestellt. Eine missverständliche Forderungsaufstellung der Bundesagentur für Arbeit hätte vor der Beantragung von gerichtlichem Rechtsschutz mit der Antragsgegnerin geklärt werden können. Hinsichtlich der weiteren Forderungen aus dem Bescheid vom 28. September 2007 sei zum Zeitpunkt der Antragstellung noch gar kein Widerspruch anhängig gewesen.

Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Ein vollständiger Antrag sei frühestens am 30. November 2007 (Erinnerung an den Prozesskostenhilfeantrag vom 7. August 2007) anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt habe schon ein Anerkenntnis der Antragsgegnerin vorgelegen. Der Prozesskostenhilfeantrag vom 7. August 2006 in dem Verfahren S 3 AS 208/06 sei nicht ausreichend. Für das Verfahren zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei ein eigenständiger Antrag notwendig. Im Übrigen ließe der Antrag vom 7. August 2006 nicht erkennen, dass er sich auch auf ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erstrecken sollte. Darüber hinaus sei eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bisher nicht eingereicht worden.

Gegen die ihr am 22. Februar 2008 zugestellten Beschlüsse hat die Antragstellerin zunächst beim Sozialgericht Stendal am 5. März 2008 deren Überprüfung sowie eine Aufhebung im Wege einer Selbstbehebung und antragsgemäße Entscheidung begehrt. In der Sache hat sie auf eine Mahnung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2008 verwiesen.

Unter dem 19. März 2008 hat die Antragstellerin - nach das Sozialgericht sie aufgefordert hatte, eindeutige Anträge zu stellen - beantragt, für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren (erneut) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Zur Begründung der hinreichenden Erfolgsaussicht hat sie auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Die beabsichtigte Beschwerde solle sich auch gegen den Beschluss vom 14. Februar 2008 bezüglich der außergerichtlichen Kostenerstattung beziehen.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

ihr Prozesskostenhilfe für die beabsichtigten Beschwerdeverfahren gegen die beiden Beschlüsse des Sozialgerichts Stendal vom 14. Februar 2008 zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin hat keine Ausführungen gemacht.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde unter dem 25. März 2008 nicht abgeholfen und diese dem Landessozialgericht vorgelegt.

II.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe waren abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung in beiden Verfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.

Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 -, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

1. Soweit sich die Antragstellerin gegen den Beschluss vom 14. Februar 2008 wendet, in dem ihr die beantragte Prozesskostenhilfe für das erledigte Verfahren S 3 AS 556/07 ER versagt worden ist, kann der Antrag auf Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung eines Beschwerdeverfahrens schon aus formellen Gründen keinen Erfolg haben.

Für das Prozesskostenhilfeverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Prozessgericht kann nach übereinstimmender obergerichtlicher Rechtsprechung keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden (vgl. Bundesgerichtshof, BGHZ 91, 311 f.; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. August 1990 - 5 ER 690/90, Rpfleger 1991, 63 f.; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19. Februar 2008, IX S 31/07 (PKH); vgl. auch Phillipi in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rdnr. 3 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten wegen der Einheitlichkeit des Prozesskostenhilfeverfahrens gemäß § 73a SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a, Rdnr. 2b).

Der Senat konnte daher offen lassen, ob für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes überhaupt ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt worden ist, und falls ja, ob ein solcher Antrag vollständig im Sinne von § 117 ZPO gewesen ist.

2. Das beabsichtigte Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 14. Februar 2008 bezüglich der abgelehnten Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin bietet ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Rechtsfehlerfrei hat das Sozialgericht eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenerstattung abgelehnt. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren kommt daher ebenfalls nicht in Betracht.

Nach § 193 Abs. 1 SGG entscheidet das Gericht im Urteil darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Das Gericht entscheidet hierüber auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Dabei ergeht die Entscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Maßgeblich für die Entscheidung sind neben den Gründen für die Klageerhebung und die Erledigung insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 193 Rdnr. 13). Diese Grundsätze sind in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechend heranzuziehen.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12. Oktober 2007 ist als Reaktion der Antragstellerin auf die Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen, vom 1. Oktober 2007 zu verstehen. Er hatte von vornherein keine Aussicht auf Erfolg.

a. Soweit darin Forderungen aus dem Bescheid vom 28. September 2007 als zahlungspflichtig deklariert worden sind, hat das Sozialgericht zu Recht festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz noch gar kein Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28. September 2007 eingelegt worden ist. Dies hat die Antragstellerin erst am 30. Oktober 2007 getan, woraufhin die Antragsgegnerin unverzüglich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs erklärt und die Rückforderung ruhend gestellt hat. Insoweit hatte sie keinen Anlass zur Stellung eines Antrages auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegeben.

b. Soweit die Antragstellerin sich auf in der Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen, vom 1. Oktober 2007 angeführte Forderungen aus Bescheiden vom 8. Dezember 2006 bezogen hat, hat die Antragsgegnerin ebenfalls keinen Anlass für einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegeben.

Die Antragstellerin hat in ihrem Feststellungsantrag vom 12. Oktober 2007 kein Feststellungsinteresse glaubhaft gemacht. Sie hat schon nicht dargelegt, dass sie gegen die Bescheide vom 8. Dezember 2006 überhaupt Widerspruch eingelegt hat. Um eine in dem Verfahren S 3 AS 208/06 streitgegenständliche Forderung hat es sich nicht jedenfalls gehandelt, da dort nur der Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006 gegen Widersprüche auf Bescheide vom 13. Dezember 2005, 28. Februar 2006 und 9. Mai 2006 Gegenstand des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gewesen ist.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin die Behauptung der Antragsgegnerin, die Forderungen aus diesen Bescheiden seien schon im Vorfeld ruhend gestellt worden, nicht bestritten.

Da im Rahmen der Kostenentscheidung des Senats eine weitere Beweiserhebung nicht stattzufinden hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a.a.O., § 193 Rnr. 13d), wäre der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines - möglicherweise erhobenen - Widerspruchs mangels Glaubhaftmachung insoweit als unbegründet zurückzuweisen gewesen.

Aus der Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit vom 1. Oktober 2007 ergibt sich im Übrigen auch nicht, dass diese eine unmittelbare Vollstreckung beabsichtigt hat. Vielmehr ist auf der Rückseite der Zahlungsaufforderung ausgeführt: "Sind Sie mit der Forderung grundsätzlich nicht einverstanden und/oder haben Sie Widerspruch/Einspruch bzw. Klage/Anfechtungsklage gegen die Forderung erhoben, wenden Sie sich bitte an Ihre Agentur für Arbeit bzw. Arbeitsgemeinschaft und informieren Sie mich hierüber." Es hätte der Antragstellerin also oblegen, zunächst der Bundesagentur für Arbeit Mitteilung über die gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2006 erhobenen Rechtsmittel zu machen und dies der Bundesagentur für Arbeit auch mitzuteilen. Für die unmittelbare Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bestand am 15. Oktober 2007 kein Raum.

Soweit sich die Antragstellerin in ihrem Antrag vom 5. März 2008 an das Sozialgericht auf Selbstbehebung seiner Beschlüsse auf eine Mahnung vom 3. Februar 2008 bezieht, betrifft dies nicht mehr die vorliegend beabsichtigten Beschwerdeverfahren, da sich das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit der Erklärung der Antragstellerin am 7. Dezember 2007 erledigt hatte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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