L 2 B 15/07 AS

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 237/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 15/07 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
PKH-Antrag, Entscheidungsreife
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2005 und über die Rechtmäßigkeit eines Wechsels der Krankenkasse der Klägerin aufgrund ihrer Einbeziehung in die Familienversicherung des Ehemannes zum 1. Januar 2005.

Die verheiratete, am 1955 geborene Klägerin, bezog bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe, seit dem 1. Januar 2005 bezieht sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Sie wohnt zusammen mit ihrem von ihr getrennt lebenden Ehemann R. L. in einem Einfamilienhaus. Ihr Ehemann ist bei der BKK S. pflichtversichert.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 bewilligte die Agentur für Arbeit Bitterfeld – SGB II der Klägerin Leistungen für Januar bis Mai 2005 in Höhe von monatlich 508,70 EUR, hierbei entfielen auf die Kosten der Unterkunft 177,70 EUR. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin erfolglos Widerspruch ein (Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2005).

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 24. Mai 2005 Klage beim Sozialgericht Dessau erhoben. Sie hat sich gegen Kürzungen im Bereich der Kosten der Unterkunft und gegen den "Zwangswechsel" zu einer anderen Krankenkasse gewandt. Bei ihrer bisherigen Krankenkasse (der AOK Sachsen-Anhalt) hätte sie einen Ansprechpartner vor Ort gehabt und wäre in ein spezielles Programm für Schmerzpatienten eingebunden gewesen, wodurch sie von weitergehenden Zuzahlungen befreit gewesen sei.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 hat die Beklagte die der Klägerin für Januar bis Mai 2005 bewilligte Leistung auf 556,02 EUR monatlich erhöht. Nunmehr ist sie von Kosten der Unterkunft in Höhe von 225,02 EUR monatlich ausgegangen. Die Klägerin hat im Klageverfahren noch einmal aktualisierte Unterlagen über ihre tatsächlichen Kosten der Unterkunft im Jahr 2005 eingereicht.

Am 17. August 2006 hat das Sozialgericht der Klägerin mitgeteilt, dass unter Berücksichtigung der neuen Unterlagen über die Kosten der Unterkunft ihre Klage keine Aussicht auf Erfolg (mehr) habe und auch bezüglich der Krankenversicherung nicht anders entschieden werden könne. Mit Schriftsatz vom 8. September 2006 hat sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gemeldet und die Klägerin hat beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung zu gewähren. Das Festhalten an der Klage hat er wie folgt begründet: Ein Bescheid über Kosten der Unterkunft von 225,02 EUR sei nicht bekannt, vielmehr habe die Beklagte nur Kosten der Unterkunft in Höhe von 177,70 EUR bewilligt, obwohl die tatsächlichen monatlichen Kosten bei 179,17 EUR lägen.

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2006 hat das Sozialgericht Dessau den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Klage. Die Klägerin habe keinen höheren Anspruch auf Kosten der Unterkunft als 225,02 EUR monatlich. Die gesamten anteiligen tatsächlichen Kosten der Unterkunft beliefen sich monatlich nur auf 215,81 EUR. Die Klägerin sei zudem - den gesetzlichen Vorschriften entsprechend - ab dem 1. Januar 2005 in die Familienversicherung ihres Ehemannes einbezogen worden.

Gegen diesen ihr am 7. Dezember 2006 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 3. Januar 2007 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung der Beschwerde hat sie ausgeführt: Das Sozialgericht habe die Erfolgsaussicht nicht verneinen dürfen. Tatsächlich seien ihr Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 225,02 EUR nicht gewährt worden. Die Klägerin hat die gezahlten Beträge für 2005 aufgelistet darunter fünf Zahlungen in Höhe von 508,70 EUR (Überweisungen am: 30.12.04, 31.01.05, 31.03.05,29.04.05 und 20.06.05) sowie sieben Zahlungen in Höhe von 487,70 EUR. Bei den Zahlungen für 2006 listete sie auch eine Überweisung in Höhe von 848,04 EUR 4. Mai 2006 auf. Im weiteren Text heißt es dann, sie habe sechs x 508,70 EUR und sechs x 487,70 EUR erhalten.

Die Beklagte hat vorgetragen, die bewilligten Beträge seien vollständig gezahlt worden. Hierzu hat sie die Kassenbelege beigefügt. Danach wurden der Klägerin für 2005 6 x 508,70 EUR und 6 x 487,70 EUR gezahlt. Hinzu komme ein Differenzbetrag von 283,92 EUR für Nachzahlungen der KdU für 01/05 bis 06/05 in Höhe von monatlich 47,32 EUR, welcher in der Überweisung von 848,04 EUR am 4. Mai 2006 enthalten sei.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht Dessau-Roßlau hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung – ZPO). Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 – 1 BvR 94/88 – NJW 1991, 413). Prozesskostenhilfe kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dabei kann jedoch auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife für den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgestellt werden, wenn sich die Entscheidung über den Antrag verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Antragstellers eingetreten ist. Vorliegend ging die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 29. September 2006 bei Gericht ein. Zu diesem Zeitpunkt (nach der Auszahlung der Differenzsumme aus dem Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2005 am 4. Mai 2006) hatte die Klage keine Aussicht auf Erfolg mehr.

Vorliegend sind Streitgegenstand die Kosten der Unterkunft (KdU) für die Monate Januar 2005 bis Mai 2005. Diese Kosten der Unterkunft hat die Beklagte nach der Korrektur im Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2005 jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt. Zutreffend hat das Sozialgericht Dessau errechnet, dass die tatsächlichen nicht gekürzten Kosten der Unterkunft, die auf die Klägerin entfallen, 215, 81 EUR monatlich betragen und damit unter den bewilligten 225,02 EUR monatlich liegen. Dies stellt auch die Klägerin nicht in Zweifel. Ihr Sachvortrag, nicht alle bewilligten Leistungen auch erhalten zu haben, begründet keine hinreichende Erfolgsaussicht für das Klagebegehren. Der Sache nach handelt es sich um eine reine Leistungsklage auf Vollzug eines Verwaltungsaktes. Allein die Überprüfung der diesbezüglichen Behauptung kann jedoch noch keinen Prozesskostenhilfeanspruch begründen, wenn die Behauptung selbst unwahrscheinlich ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73a Rn. 7a). Dies ist hier der Fall. Soweit der Vortrag der Klägerin in der Beschwerdebegründung so verstanden werden soll, für einen Monat auch die Zahlung von 508,70 EUR nicht erhalten zu haben, ist er unschlüssig und wenig wahrscheinlich. Während bei der Aufstellung der Klägerin über die erhaltenen Zahlungen eine Überweisung im Februar 2005 für März 2005 fehlt und danach für 2005 nur 5 x 508,70 EUR überwiesen worden wären, lautet es im Text der Beschwerdebegründung, dass die Klägerin 6 x 508,70 EUR für 2005 erhalten habe. Eine fehlende Zahlung von 508,70 EUR für März 2005 hat die Klägerin auch zuvor im Verlauf des Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht behauptet. Sie wäre für diesen Monat gänzlich ohne Leistungen geblieben, was ihr hätte auffallen müssen. Soweit der Sachvortrag sich auf die fehlende Überweisung der Differenzzahlung von KdU in Höhe von 47,32 EUR monatlich nach dem Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2005 bezieht, ist er ebenfalls nicht schlüssig. Die Nachzahlungen in Höhe von 47,32 EUR monatlich hat die Klägerin selbst bereits in das Verfahren eingeführt. So hat die Klägerin die erhöhte Zahlung von 848,04 EUR im Mai 2006 erwähnt. Hierin ist der Nachzahlungsbetrag aus dem Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2005 (in Höhe von 6 x 47,32 EUR) enthalten.

Auch der Antrag, in der bisherigen Krankenkasse weiterversichert zu werden, hat keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Zutreffend hat das Sozialgericht die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zitiert. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen versicherungspflichtig, aber nur soweit sie nicht familienversichert sind. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist der Ehegatte von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert, soweit er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und keine der Ausnahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 -5 SGB V vorliegen. Der Konfliktfall von Familienversicherung und SGB II-Leistungsbezug ist vom Gesetzgeber demnach ausdrücklich geregelt worden. Eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift ist nicht ersichtlich (so der 4. Senat des hiesigen Landessozialgerichts bereits ausführlich im Urteil vom 22. März 2006 – L 4 KR 52/05). Es ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Ansprüche nach dem SGB V für alle Versicherten gelten, unabhängig von der speziellen Krankenkasse. Insofern treten Unterschiede nur bei der Verwaltungshandhabung auf. Auch der Anspruch der Versicherten, Zuzahlungen nur bis zur Belastungsgrenze leisten zu müssen und die Pflicht der Krankenkasse zur Ausstellung einer Bescheinigung über die Befreiung von Zuzahlungen oberhalb der Belastungsgrenze, sind gesetzlich geregelt (vgl. § 62 SGB V).

Dieser Beschluss ist nicht durch eine Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Exner
Rechtskraft
Aus
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