Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 49 AY 214/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 26/08 AY ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2008 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008, in der Fassung vom 16. September 2008, aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außer-gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten für das PKH-Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1990 geborene, aus der russischen Föderation stammende Antragsteller erhielt laufende Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz AsylbLG , zuletzt gemäß § 2 AsylbLG entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII. Er war zunächst im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens. Am 2. September 2008 wurde ihm mit Gültigkeit bis zum 02. März 2009 eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz AufenthG erteilt. Die Duldung erhält den Vermerk "Die Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Inhabers" sowie die Nebenbestimmung "Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes".
Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller auf dessen Antrag vom selben Tag Leistungen nach dem AsylbLG "für dem 10.07.08" in Höhe von 275,69 EUR. Weiter heißt es in dem Bescheid: "Den Betrag für den laufenden Monat habe ich bereits ihrer Mutter ausgezahlt. Die Beträge für die Folgemonate werde ich jeweils monatlich im voraus an die in der Anlage aufgeführten Zahlungsempfänger überweisen, solange sich Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben." In der Folge wurde dem Antragsteller für die Monate Juli und August 2008 - wie auch bereits für Juni 2008 - laufende Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII geleistet.
Nach Vorlage der Duldung durch den Antragsteller erließ der Antragsgegner am 02. September 2008 einen "Bescheid über Änderung von laufenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)" und gewährte dem Antragsteller für den Monat September 2008 - nur noch - Leistungen gemäß § 3 AsylbLG. Auch in den Folgemonaten erhielt der Antragsteller jeweils Leistungen nach § 3 AsylbLG, ohne dass weitere schriftliche Bescheide aktenkundig wären. Gegen den Bescheid vom 02. September 2008 legte der Antragsteller am 04. September 2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 16. September 2008 begründete der Antragsgegner den Bescheid vom 02. September 2008 damit, dass ein weiterer Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nur bestehen könne, wenn der Antragsteller die Dauer seines Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusse und Bemühungen zur Passbeschaffung schriftlich nachweise. Am 24. September 2008 reichte die Bevollmächtigte des Antragstellers bei dem Antragsgegner zum Beleg für Passbemühungen ihres Mandanten Kopien Ihrer Schreiben an die Ausländerbehörde vom 17. Juni und 26. August 2008 ein.
Am 17. Oktober 2008 hat der Antragsteller unter Hinweis auf seinen am 04. September 2008 gegen den Bescheid vom 02. September 2008 eingelegten Widerspruch vor dem Sozialgericht Berlin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren, sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei, da der Antragsteller Leistungen nach § 3 AsylbLG beziehe und somit nicht völlig leistungslos sei.
Gegen den ihm am 03. November 2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 11. November 2008 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Er beantragt schriftsätzlich, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller bis zu einer Entscheidung über dessen Widerspruch vom 04.09.2008 Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren.
Dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für den gesamten Rechtsstreit zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Mit der Erteilung einer Duldung hätten sich die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, dessen Asylverfahren somit offensichtlich beendet gewesen sei, geändert und hätte die Leistungsgewährung neu beurteilt werden dürfen. Da der Aufenthaltstitel die elementare Grundlage für die Art der Leistungen nach dem AsylbLG sei, handele es sich bei dem Bescheid vom 16. Juni 2008 nicht um einen Dauerverwaltungsakt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners sowie die den Antragsteller betreffende Ausländerakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers war dahin auszulegen, dass beantragt ist, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008, in der Fassung des Bescheides vom 16. September 2008, festzustellen.
Gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, der im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar ist (Leitherer in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Vor § 172, Rn. 4), ist das Gericht nicht an die Anträge des Beschwerdeführers gebunden. Vielmehr muss ein Antrag sachdienlich ausgelegt werden. Dabei ist von dem auszugehen, was mit dem Rechtsbehelf gewollt ist. Anzunehmen ist dabei, dass ein Antragsteller alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund eines Sachverhaltes zustehen kann (vgl. Keller in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 123 Rn. 3). Danach war hier das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dahin auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008 festzustellen; wobei der den Bescheid vom 02. September 2008 ergänzende Bescheid vom 16. September 2008 gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist. Mit diesem Antrag kann der Kläger sein Begehren, weiterhin Leistungen nach § 2 AsylbLG zu erhalten, verfolgen.
Denn der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 16. Juni 2008 Leistungen nach § 2 AsylbLG entsprechend dem SGB XII in Höhe von 275,69 EUR monatlich gewährt. Mit Bescheid vom 02. September 2008 sind dem Antragsteller diese Leistungen ab 01. September 2008 teilweise entzogen worden. Zutreffende Klageart gegen diese Regelung ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage, die entsprechend § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung hat. In entsprechender Anwendung des § 86 b Abs. 1 SGG kann das Gericht auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass ein Widerspruch oder eine Klage aufschiebende Wirkung hat, wenn zweifelhaft ist, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist (Keller, a.a.O., § 86 b Rn. 15, m.w.N.).
Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Mit dem mit Widerspruch vom 04. September 2008 angefochtenen Bescheid vom 02. September 2008 hat der Antragsgegner die zuvor mit Bescheid vom 16. Juni 2008 gewährten Leistungen für die Zeit ab 01. September 2008 aufgehoben und damit in den laufenden, mit Verwaltungsakt vom 16. Juni 2008 zuerkannten Leistungsbezug eingegriffen. Der Widerspruch gegen diesen Eingriffsakt hat aufschiebende Wirkung.
Zwar sind Leistungen nach dem AsylbLG keine rentengleichen Dauerleistungen, sondern Hilfen in einer bestimmten Notsituation (vgl. zu den Leistungen nach dem BSHG: Bundesverwaltungsgericht BVerwG , Urteil vom 30. November 1966, Vc 29.66, BVerwGE 25, 307; Urteil vom 15. November 1967, Vc 71.67, BVerwGE 28, 216). Leistungen werden grundsätzlich in Abhängigkeit von der Bedarfssituation nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Dies gilt auch für Leistungen nach dem AsylbLG. Grundsätzlich entscheidet daher der Träger der Leistungen nach dem AsylbLG in zulässiger Weise über den nächstliegenden Zahlungszeitraum. Die Einstellung oder Verringerung der Hilfen stellt daher in der Regel auch keinen Widerruf, keine Rücknahme oder Aufhebung eines fortwirkenden (Dauer )Bewilligungsbescheides dar, sondern die Versagung einer weiteren Bewilligung für die Zukunft.
Ebenso wie der Grundsatz der Nothilfeleistung negativen Vorabentscheidungen für den zukünftigen Leistungsbezug mit Dauerwirkung über den nächstliegenden Zahlungszeitraum hinaus nicht entgegen steht (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 5 C 2/97, zitiert nach juris), galt auch schon für die Leistungsgewährung nach dem BSHG, dass der Sozialhilfeträger nicht gehindert ist, einen Sozialhilfefall auch für einen längeren Zeitraum zu regeln (BVerwG, Urteil vom 19.01.1972, Az.: V C 10.71, BVerwGE 39, 261, 265, BVerwG, Urteil vom 26. 09. 1991, Az.: 5 C 14/87, zitiert nach juris). Trifft er in einem Sozialhilfefall eine Regelung zur Höhe der Leistung nicht für den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen längeren Zeitraum, muss sich der Sozialhilfeträger daran festhalten lassen. Änderungen greifen dann in eine zuerkannte (Dauer-)Leistung ein. Die Vornahme von Änderungen im Leistungsbezug hat dann nach den weiteren Regeln des Sozialverwaltungsverfahrens über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (§§ 44 ff., 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch SGB X ) zu erfolgen.
Der Antragsgegner hat im vorliegenden Fall dem Antragsteller mit Verwaltungsakt vom 16. Juni 2008 Leistungen nach dem AsylbLG nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum, sondern ab Juni/Juli 2008 für einen nicht näher bestimmten Zeitraum gewährt. Aus der Formulierung des Bescheides ergibt sich, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach damaliger Rechtsauffassung die dem Antragsteller zustehenden Leistungen nicht nur für den laufenden Monat, sondern für weitere Monate regeln wollte. Dies folgt schon aus der Formulierung "Bescheid über die Gewährung von laufenden Leistungen ", wobei in dem Bescheid nicht nur die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2008 geregelt, sondern weiter darauf hingewiesen wird, dass die Leistung ("der Betrag") für den Monat Juni bereits ausgezahlt sei und die Beträge für die Folgemonate jeweils monatlich im voraus an die in der Anlage aufgeführten Zahlungsempfänger überweisen würden, solange sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Auch die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides vom 02. September 2008 als "Bescheid über Änderung von laufenden Leistungen " bringt zum Ausdruck, dass der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 16. Juni 2008 in Zukunft die gewährten Leistungen bis zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen weiter leisten wollte und die Leistungsberechtigung dem Grunde nach auch für die Zukunft anerkennen wollte. Entsprechend den Regelungen des Bescheides und der Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers in der Folgezeit nicht änderten, hat der Antragsgegner auch im August 2008 Leistungen an den Antragsteller erbracht, ohne einen neuen Bewilligungsbescheid zu erlassen.
Erstmals mit dem angefochtenen Bescheid vom 02. September 2008 hat der Antragsgegner die mit dem begünstigenden Verwaltungsakt vom 16. Juni 2008 zuerkannten Leistungen wegen der angenommenen Änderung der persönlichen Verhältnisse nach § 48 SGB X teilweise entzogen. Der hiergegen vom Antragsteller erhobene Widerspruch hat damit aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung ist nicht nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 bis 5 SGG ausgeschlossen. Dies war festzustellen, da der Antragsgegner den Suspensiveffekt bestreitet. Der Antragsgegner wird dem Antragsteller weiter Leistungen aus dem Bescheid vom 16. Juni 2008 zu erbringen haben. Einer vorläufigen Verpflichtung in analoger Anwendung des § 86 a Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 80 Anm. 18) bedurfte es nicht, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsgegner auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung durch den Senat diese weiterhin nicht beachten wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren sind durch die Kostenentscheidung gegenstandslos geworden und waren mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zu verwerfen.
Außergerichtliche Kosten für das PKH-Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008, in der Fassung vom 16. September 2008, aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außer-gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten für das PKH-Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1990 geborene, aus der russischen Föderation stammende Antragsteller erhielt laufende Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz AsylbLG , zuletzt gemäß § 2 AsylbLG entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII. Er war zunächst im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens. Am 2. September 2008 wurde ihm mit Gültigkeit bis zum 02. März 2009 eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz AufenthG erteilt. Die Duldung erhält den Vermerk "Die Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Inhabers" sowie die Nebenbestimmung "Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes".
Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller auf dessen Antrag vom selben Tag Leistungen nach dem AsylbLG "für dem 10.07.08" in Höhe von 275,69 EUR. Weiter heißt es in dem Bescheid: "Den Betrag für den laufenden Monat habe ich bereits ihrer Mutter ausgezahlt. Die Beträge für die Folgemonate werde ich jeweils monatlich im voraus an die in der Anlage aufgeführten Zahlungsempfänger überweisen, solange sich Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben." In der Folge wurde dem Antragsteller für die Monate Juli und August 2008 - wie auch bereits für Juni 2008 - laufende Hilfe zum Lebensunterhalt analog SGB XII geleistet.
Nach Vorlage der Duldung durch den Antragsteller erließ der Antragsgegner am 02. September 2008 einen "Bescheid über Änderung von laufenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)" und gewährte dem Antragsteller für den Monat September 2008 - nur noch - Leistungen gemäß § 3 AsylbLG. Auch in den Folgemonaten erhielt der Antragsteller jeweils Leistungen nach § 3 AsylbLG, ohne dass weitere schriftliche Bescheide aktenkundig wären. Gegen den Bescheid vom 02. September 2008 legte der Antragsteller am 04. September 2008 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 16. September 2008 begründete der Antragsgegner den Bescheid vom 02. September 2008 damit, dass ein weiterer Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nur bestehen könne, wenn der Antragsteller die Dauer seines Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusse und Bemühungen zur Passbeschaffung schriftlich nachweise. Am 24. September 2008 reichte die Bevollmächtigte des Antragstellers bei dem Antragsgegner zum Beleg für Passbemühungen ihres Mandanten Kopien Ihrer Schreiben an die Ausländerbehörde vom 17. Juni und 26. August 2008 ein.
Am 17. Oktober 2008 hat der Antragsteller unter Hinweis auf seinen am 04. September 2008 gegen den Bescheid vom 02. September 2008 eingelegten Widerspruch vor dem Sozialgericht Berlin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren, sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei, da der Antragsteller Leistungen nach § 3 AsylbLG beziehe und somit nicht völlig leistungslos sei.
Gegen den ihm am 03. November 2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 11. November 2008 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Er beantragt schriftsätzlich, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller bis zu einer Entscheidung über dessen Widerspruch vom 04.09.2008 Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren.
Dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für den gesamten Rechtsstreit zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Mit der Erteilung einer Duldung hätten sich die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, dessen Asylverfahren somit offensichtlich beendet gewesen sei, geändert und hätte die Leistungsgewährung neu beurteilt werden dürfen. Da der Aufenthaltstitel die elementare Grundlage für die Art der Leistungen nach dem AsylbLG sei, handele es sich bei dem Bescheid vom 16. Juni 2008 nicht um einen Dauerverwaltungsakt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners sowie die den Antragsteller betreffende Ausländerakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers war dahin auszulegen, dass beantragt ist, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008, in der Fassung des Bescheides vom 16. September 2008, festzustellen.
Gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, der im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar ist (Leitherer in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Vor § 172, Rn. 4), ist das Gericht nicht an die Anträge des Beschwerdeführers gebunden. Vielmehr muss ein Antrag sachdienlich ausgelegt werden. Dabei ist von dem auszugehen, was mit dem Rechtsbehelf gewollt ist. Anzunehmen ist dabei, dass ein Antragsteller alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund eines Sachverhaltes zustehen kann (vgl. Keller in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 123 Rn. 3). Danach war hier das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dahin auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 04. September 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02. September 2008 festzustellen; wobei der den Bescheid vom 02. September 2008 ergänzende Bescheid vom 16. September 2008 gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist. Mit diesem Antrag kann der Kläger sein Begehren, weiterhin Leistungen nach § 2 AsylbLG zu erhalten, verfolgen.
Denn der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 16. Juni 2008 Leistungen nach § 2 AsylbLG entsprechend dem SGB XII in Höhe von 275,69 EUR monatlich gewährt. Mit Bescheid vom 02. September 2008 sind dem Antragsteller diese Leistungen ab 01. September 2008 teilweise entzogen worden. Zutreffende Klageart gegen diese Regelung ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage, die entsprechend § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung hat. In entsprechender Anwendung des § 86 b Abs. 1 SGG kann das Gericht auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass ein Widerspruch oder eine Klage aufschiebende Wirkung hat, wenn zweifelhaft ist, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist (Keller, a.a.O., § 86 b Rn. 15, m.w.N.).
Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Mit dem mit Widerspruch vom 04. September 2008 angefochtenen Bescheid vom 02. September 2008 hat der Antragsgegner die zuvor mit Bescheid vom 16. Juni 2008 gewährten Leistungen für die Zeit ab 01. September 2008 aufgehoben und damit in den laufenden, mit Verwaltungsakt vom 16. Juni 2008 zuerkannten Leistungsbezug eingegriffen. Der Widerspruch gegen diesen Eingriffsakt hat aufschiebende Wirkung.
Zwar sind Leistungen nach dem AsylbLG keine rentengleichen Dauerleistungen, sondern Hilfen in einer bestimmten Notsituation (vgl. zu den Leistungen nach dem BSHG: Bundesverwaltungsgericht BVerwG , Urteil vom 30. November 1966, Vc 29.66, BVerwGE 25, 307; Urteil vom 15. November 1967, Vc 71.67, BVerwGE 28, 216). Leistungen werden grundsätzlich in Abhängigkeit von der Bedarfssituation nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Dies gilt auch für Leistungen nach dem AsylbLG. Grundsätzlich entscheidet daher der Träger der Leistungen nach dem AsylbLG in zulässiger Weise über den nächstliegenden Zahlungszeitraum. Die Einstellung oder Verringerung der Hilfen stellt daher in der Regel auch keinen Widerruf, keine Rücknahme oder Aufhebung eines fortwirkenden (Dauer )Bewilligungsbescheides dar, sondern die Versagung einer weiteren Bewilligung für die Zukunft.
Ebenso wie der Grundsatz der Nothilfeleistung negativen Vorabentscheidungen für den zukünftigen Leistungsbezug mit Dauerwirkung über den nächstliegenden Zahlungszeitraum hinaus nicht entgegen steht (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1998, Az.: 5 C 2/97, zitiert nach juris), galt auch schon für die Leistungsgewährung nach dem BSHG, dass der Sozialhilfeträger nicht gehindert ist, einen Sozialhilfefall auch für einen längeren Zeitraum zu regeln (BVerwG, Urteil vom 19.01.1972, Az.: V C 10.71, BVerwGE 39, 261, 265, BVerwG, Urteil vom 26. 09. 1991, Az.: 5 C 14/87, zitiert nach juris). Trifft er in einem Sozialhilfefall eine Regelung zur Höhe der Leistung nicht für den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen längeren Zeitraum, muss sich der Sozialhilfeträger daran festhalten lassen. Änderungen greifen dann in eine zuerkannte (Dauer-)Leistung ein. Die Vornahme von Änderungen im Leistungsbezug hat dann nach den weiteren Regeln des Sozialverwaltungsverfahrens über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (§§ 44 ff., 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch SGB X ) zu erfolgen.
Der Antragsgegner hat im vorliegenden Fall dem Antragsteller mit Verwaltungsakt vom 16. Juni 2008 Leistungen nach dem AsylbLG nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum, sondern ab Juni/Juli 2008 für einen nicht näher bestimmten Zeitraum gewährt. Aus der Formulierung des Bescheides ergibt sich, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach damaliger Rechtsauffassung die dem Antragsteller zustehenden Leistungen nicht nur für den laufenden Monat, sondern für weitere Monate regeln wollte. Dies folgt schon aus der Formulierung "Bescheid über die Gewährung von laufenden Leistungen ", wobei in dem Bescheid nicht nur die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2008 geregelt, sondern weiter darauf hingewiesen wird, dass die Leistung ("der Betrag") für den Monat Juni bereits ausgezahlt sei und die Beträge für die Folgemonate jeweils monatlich im voraus an die in der Anlage aufgeführten Zahlungsempfänger überweisen würden, solange sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Auch die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides vom 02. September 2008 als "Bescheid über Änderung von laufenden Leistungen " bringt zum Ausdruck, dass der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 16. Juni 2008 in Zukunft die gewährten Leistungen bis zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen weiter leisten wollte und die Leistungsberechtigung dem Grunde nach auch für die Zukunft anerkennen wollte. Entsprechend den Regelungen des Bescheides und der Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers in der Folgezeit nicht änderten, hat der Antragsgegner auch im August 2008 Leistungen an den Antragsteller erbracht, ohne einen neuen Bewilligungsbescheid zu erlassen.
Erstmals mit dem angefochtenen Bescheid vom 02. September 2008 hat der Antragsgegner die mit dem begünstigenden Verwaltungsakt vom 16. Juni 2008 zuerkannten Leistungen wegen der angenommenen Änderung der persönlichen Verhältnisse nach § 48 SGB X teilweise entzogen. Der hiergegen vom Antragsteller erhobene Widerspruch hat damit aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung ist nicht nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 bis 5 SGG ausgeschlossen. Dies war festzustellen, da der Antragsgegner den Suspensiveffekt bestreitet. Der Antragsgegner wird dem Antragsteller weiter Leistungen aus dem Bescheid vom 16. Juni 2008 zu erbringen haben. Einer vorläufigen Verpflichtung in analoger Anwendung des § 86 a Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 80 Anm. 18) bedurfte es nicht, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsgegner auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung durch den Senat diese weiterhin nicht beachten wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren sind durch die Kostenentscheidung gegenstandslos geworden und waren mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zu verwerfen.
Außergerichtliche Kosten für das PKH-Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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