L 5 KR 2672/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 5571/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2672/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. April 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger pflichtversichertes Mitglied bei der Beklagten ist.

Der Kläger erhält seit 01.01.2005 bis heute durchgehend von dem Beigeladenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Für die Zeit vom 17.03.2006 bis 16.09.2006 wurden diese Leistungen nur darlehensweise gewährt. Der Kläger war bei der Beklagten bis 31.12.2004 als Bezieher von Arbeitslosenhilfe pflichtversichertes Mitglied. Danach wurde er bei der Beklagten über seine berufstätige Ehefrau Teresa als familienkrankenversichert geführt. Der Kläger behauptet von seiner Ehefrau getrennt zu leben, die Ehe ist bisher jedoch nicht förmlich geschieden, die Eheleute sind postalisch unter der selben Anschrift erreichbar.

Wegen der Frage, ob ihn das Jobcenter Stadt Karlsruhe, der Beigeladene dieses Verfahrens, zu Recht als familienversichert behandelt und er Anspruch auf Abführung von Pflichtbeiträgen an die hier beklagte AOK wegen seines Arbeitslosengeld II (Alg II) Bezugs für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 hat, erhob der Kläger am 25.7.2005 Klage, die er später nur gegen die Bundesagentur für Arbeit gerichtet hat. Das Klageverfahren wurde vom SG Karlsruhe unter dem Az: S 2 AS 2846/05 geführt und die Klage nach Beiladung der hier beklagten AOK mit Gerichtsbescheid vom 6.6.2008 abgewiesen. Die gegen die Bundesagentur für Arbeit gerichtete Klage sei mangels Passivlegitimation unbegründet; der Kläger habe trotz richterlichen Hinweises seine Klage nicht gegen das Jobcenter der Stadt Karlsruhe gerichtet. Die Berufung hiergegen ist unter dem Az. L 7 AS 3369/08 beim LSG Baden-Württemberg anhängig, bisher aber noch nicht entschieden.

Nachdem der Kläger gegenüber der Beklagten auf einer eigenständigen Krankenversicherung beharrte und sowohl er als auch seine Ehefrau Teresa es ablehnten, die für die Durchführung einer Familienversicherung erforderlichen Angaben zu machen, wies die Beklagte mit Schreiben vom 07.06.2006 den Kläger und dessen Ehefrau darauf hin, dass die Familienversicherung bei Beziehern von Alg II vorrangig sei. Damit diese durchgeführt werden könne, sei der Krankenkasse jährlich die aktuelle Situation mit dem dafür vorgesehenen Fragebogen bekannt zu geben. Ohne Vorlage des entsprechenden Fragebogens könne die Familienversicherung nicht durchgeführt werden. Nach dem einheitlichen Meldeverfahren sei die Familienversicherung zu beenden, wenn die Krankenkasse den notwendigen Fragenbogen nicht erhalte. Sie fordere deshalb den Kläger nochmals auf, den Fragebogen ausgefüllt an sie zurückzusenden.

Mit Antwortschreiben vom 12.06.2006 wies seine Ehefrau darauf hin, dass nach dem Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.05.2006 - S 2 AS 1208/06 ER - der Beigeladene Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung einer Bedarfsgemeinschaft mit der Ehefrau zu bewilligen habe. Dies schließe ihres Erachtens automatisch eine Familienversicherung aus. Auch der Kläger zog diese Schlussfolgerung (Schreiben vom 13.6.2006).

Mit Bescheid vom 19.06.2006 lehnte die Beklagte die Durchführung einer eigenen Versicherung ab, da hierfür keine Rechtsgrundlage vorliege. Für den Kläger sei zwar eine Familienversicherung durchzuführen, was derzeit aber daran scheitere, dass er den dafür erforderlichen Fragebogen nicht an sie zurückgereicht habe.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger darauf beharrte, dass er im Rahmen einer eigenen Krankenversicherung zu versichern sei, weil er, wenn er nicht familienversichert sei, automatisch pflichtversichert sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 zurück. Die Versicherungspflicht bei dem Bezug von Alg II sei ausgeschlossen, wenn eine Familienversicherung bestehe oder wenn die Leistungen nach dem SGB II nur darlehensweise gewährt würden. Die Familienversicherung knüpfe nicht an die im SGB II verwendeten Begrifflichkeiten an. Im Gegensatz zur Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft setze die Familienversicherung keine häusliche Gemeinschaft unter Angehörigen voraus. Der Kläger habe deshalb die Möglichkeit der Aufnahme in die Familienversicherung. Nachdem sich aber sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau geweigert hätten, ihr die erforderlichen Angaben für die Durchführung der Familienversicherung zu machen, sei die Familienversicherung wegen fehlender Mitwirkung nach §§ 60 und 66 SGB I zum 05.04.2006 beendet worden.

Während des Widerspruchsverfahrens teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 02.08. 2006 mit, sie habe den Familienfragebogen bisher nicht erhalten. Damit ende sein Anspruch auf Familienversicherung am 05.04.2006. Nach Rücksprache mit dem Jobcenter werde er dort nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig angemeldet. Er werde gebeten, die Versichertenkarte zurückzugeben.

Gegen den am 11.10.2006 zur Post gegebenen (Bl. 36 SG-Akte) Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 wandte sich der Kläger zunächst im Verfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) S 2 AS 2846/05 mit einem dort am 14.11.2006 eingegangenen Schreiben im Wege der Klagerweiterung. Das SG führte jedoch entgegen seinem Willen sein Begehren um Krankenpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bei der Beklagten als eigenständige Klage unter dem Az: S 9 KR 5571/06. In der Sache machte der Kläger geltend, er sei als Alg II Bezieher nach dem Gesetz pflichtversichert. Durch die Familienversicherung erleide er auch finanzielle Nachteile, weil die Zuzahlungen zu den Medikamenten, die er als chronisch Kranker benötige, nicht nach seinem Alg II Einkommen sondern nach dem Jahresverdienst seiner Frau berechnet würden. Würde er als pflichtversichertes Mitglied geführt, müsste er ca. 4mal weniger Zuzahlungen leisten. Auch wären die Leistungen besser, weil Familienversicherte schlechter versorgt würden.

Im Übrigen benützte der Kläger das Gerichtsverfahren als Plattform, um die Mitarbeiter der Krankenkasse sowie die Richter des SG in seitenlangen Schriftsätzen zu kritisieren und zu beleidigen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und vertrat die Auffassung, der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil er - sobald er seinen Mitwirkungs- und Auskunftspflichten nachkomme - im Rahmen vom § 10 SGB V familienversichert sei. Die Familienversicherung sei inhaltlich gleich, der einzige Unterschied liege darin, dass bei der Pflichtversicherung Beiträge vom Jobcenter zu entrichten seien, während die Familienversicherung kostenlos zur Verfügung gestellt werde. Die Klage sei deswegen schon unzulässig. Die Familienversicherung könne bei Nachholung des Antrags und Einreichung der nötigen Angaben und Meldevordrucke vom Kläger nachgeholt werden. Entgegen seinen Ausführungen werde er bei der Versicherung als Familienangehöriger weder schlechter versorgt noch finanziell benachteiligt.

Das mit Beschluss vom 02.01.2007 beigeladene Jobcenter der Stadt Karlsruhe vertrat unter Berufung auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V die Auffassung, dass der nach wie vor mit seiner Ehefrau verheiratete Kläger weiterhin familienversichert sei, weil die von ihm behauptete Trennung noch nicht zur Beendigung der Ehe und damit zum Wegfall der Familienversicherung führe. Unabhängig davon bestünde auch für die Zeit vom 17.03.2006 bis 16.09.2006 kein Anspruch auf Pflichtversicherung, weil der Kläger während dieses Zeitraums Leistungen der ARGE nur darlehensweise erhalten habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.04.2007 wies das SG die Klage ab. Es vertrat zunächst die Auffassung, es fehle an dem für die Durchführung eines Klageverfahrens erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil seine Klage nicht geeignet sei, angesichts der Möglichkeit der Familienversicherung durch die Ehefrau seine rechtliche und wirtschaftliche Stellung zu verbessern. Die Klage sei aber auch unbegründet, weil der Kläger die Voraussetzungen nach § 10 SGB V für eine Familienversicherung erfülle und er wegen des im Gesetz geregelten Vorrangs der Familienversicherung nicht gesetzlich pflichtversichert sei. Ein Eingriff in durch die Verfassung geschützte Rechte liege darin nicht. Die Beklagte lehne es derzeit auch zu Recht ab, eine Familienversicherung durchzuführen, wenn der Kläger nicht die erforderlichen Angaben mache.

Gegen den am 11.05.2007 seinem zwischenzeitlich beauftragten Bevollmächtigten zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.05.2007 Berufung bei dem SG eingelegt, mit der er sein Begehren fortführt und mit der er weiterhin die Beklagte, Gerichte und Richter fortlaufend beschimpft und beleidigt.

Mit Schriftsatz vom 12.12.2008 erweiterte er die Klage auf einen Bescheid der Beklagten vom 26.11.2008, mit dem diese von ihm die Erstattung von zwischen Mai 2006 und Januar 2007 verauslagten Arzneimittelkosten in Höhe von 1.223,98 EUR verlangt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn im Rahmen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als pflichtversichertes Mitglied zu führen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Inzwischen habe die Ehefrau des Klägers den Fragebogen zur Familienversicherung ausgefüllt und am 20.11.2007 bei ihr eingereicht. Dementsprechend führe sie für den Kläger die Familienversicherung ab 20.11.2007 durch. Den Bescheid vom 26.11.2008 hätte sie nicht erstellen dürfen, die erhobenen Forderung werde bis zum Abschluss des Rechtsstreits zurückgestellt.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich im Berufungsverfahren auch nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschlussgründe nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Streitig ist nicht eine Geld- oder Sachleistung, sondern ein Mitgliedschaftsverhältnis bei der Beklagten.

II.

Der Bescheid der Beklagten vom 19.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2006 enthält der Sache nach zwei unterschiedliche Verfügungssätze. Zum einen wird festgestellt, dass der Kläger bei der Beklagten nicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V pflichtversichertes Mitglied ist, weil er gem. § 10 Abs. 1 SGB V über seine Ehefrau familienkrankenversichert ist, zum anderen wird wegen des nicht ausgefüllten Fragebogens unter Berufung auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten die Versicherung beendet.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger zunächst das Ziel, dass das Gericht feststellen möge, dass er bei der Beklagten pflichtversichertes Mitglied nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V ist. Diese kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erweist sich als unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weswegen die Berufung des Klägers auch in diesem Punkt keinen Erfolg haben kann. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2006 zu Recht festgestellt, dass der Kläger unverändert gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V familienversichert ist und die Voraussetzungen für eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V nicht erfüllt.

Hinsichtlich der Einstellung der Leistungen aus der Familienversicherung hat sich der Rechtstreit inzwischen erledigt, denn seit dem 20.11.2007 werden dem Kläger wieder diese Leistungen gewährt. Soweit der Kläger später seine Klage um die Anfechtung des Bescheids vom 26.11.2008 erweitert hat, ist dieses Begehren gegenstandslos geworden, nachdem die Beklagte diesen Bescheid mit Schreiben vom 19.12.2008 zurückgenommen hat.

Der Entscheidung des Senats steht auch das Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg in der Sache L 7 AS 3369/08 nicht entgegen. Dieses Verfahren ist nicht vorgreiflich, die Streitgegenstände sind nicht identisch, sie überschneiden sich auch nicht. Zum einen ist Beklagter des Verfahrens L 7 AS 3369/08 die Bundesagentur für Arbeit, zum anderen geht es in jenem Verfahren um den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2005 (vgl. Klagantrag Nr. 3 im Verfahren S 2 AS 2846/05), wohingegen in diesem Verfahren Zeiträume ab dem 5.4.2006 streitig sind. Hinzukommt, dass die Frage der Art der Versicherung (Pflichtversicherung oder Familienversicherung) zwischen dem Kläger und der Beklagten vorrangig abzuklären ist und die Entscheidung des Senats für den Beigeladenen bei dessen Verwaltungstätigkeit im Sinne einer Tatbestandswirkung verbindlich ist (vgl. zuletzt BSG Urt. v. 24.6.2008 - B 12 KR 29/07 R).

III.

Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten war die Klage jedoch nicht schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Zwar begründet die Aufnahme in die Familienversicherung eine eigene Versicherung des Familienangehörigen und keine Rechtsstellung nur aus abgeleitetem Recht, so dass der Familienversicherte eigene Leistungsansprüche hat, die er auch ohne Zustimmung des Stammversicherten geltend machen kann. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 30.8.1994 - 12 RK 41/92 und 29.6.1993 - 12 RK 48/91) hat jeder Versicherte grundsätzlich einen Anspruch auf Feststellung, ob er familienkrankenversichert ist. Dies muss erst recht gelten, wenn -wie hier- der Kläger das Bestehen einer eigenen Pflichtversicherung festgestellt haben will. Die Versicherung als Angehöriger begründet zudem nicht alle Rechte von Mitgliedern (etwa bei Sozialwahlen, bei der Wahl der Krankenkasse [§ 173 Abs. 6 SGB V] oder bei der Wahl von Tarifen nach dem seit 1.4.2007 geltenden § 53 SGB V; außerdem endet die Familienversicherung mit dem Ende der Stammversicherung des Mitglieds). Für die vom Kläger angeführten Zuzahlungen ist die Eigenschaft als Versicherter oder als Mitglied jedoch rechtlich unerheblich, weil § 62 Abs. 2 SGB V maßgebend darauf abstellt, ob Angehörige im gleichen Haushalt leben wie der zuzahlungspflichtige Versicherte, was dann nicht der Fall sein dürfte, wenn das Vorbringen des Klägers zuträfe, dass er von seiner Ehefrau getrennt lebt.

Zu Recht lehnt es die Beklagte aber ab, den Kläger als Pflichtmitglied zu führen. Der Kläger ist nicht kraft Gesetzes versicherungspflichtig. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V sind Versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind. Letzteres ist beim Kläger der Fall, weswegen diese Vorschrift keine Rechtsgrundlage für eine Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten gibt.

Gemäß § 10 Abs. 1 SGB V sind familienversichert der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3-8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind, nicht versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind und kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Der Kläger ist nach dieser Vorschrift familienversichert. Er ist der Ehegatte seiner pflichtversicherten Ehefrau Teresa und erfüllt keinen der im Gesetz genannten Ausnahmetatbestände. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Umstand, dass der Kläger von seiner berufstätigen und bei der Beklagten krankenversicherten Ehefrau nach eigenen Angaben getrennt (wenngleich noch unter der selben Anschrift) lebt, schließt entgegen der Auffassung seiner Ehefrau das Bestehen einer Familienversicherung nicht aus. Getrenntleben bei bestehender Ehe beeinträchtigt die Familienversicherung der Ehegatten nicht (BSG SozR3 - 2005 § 10 Nr. 22). Ehegatte ist, wer mit dem Stammversicherten verheiratet ist. Die Familienversicherung endet erst mit der Rechtskraft eines Scheidungsurteils (Peters in KassKomm § 10 Rn 25), welches im Falle des Klägers und seiner Ehefrau bisher nicht ergangen ist. Der Kläger hat noch nicht einmal die Durchführung eines Scheidungsverfahrens vorgetragen.

Liegen somit die Voraussetzungen für eine Familienversicherung im Falle des Klägers vor, ist ein Pflichtversicherungsverhältnis als Bezieher von Alg II durch § 5 Abs. 2 Nr. 2 a SGB V ausdrücklich ausgeschlossen. Der Umstand, dass der Kläger vorübergehend aus seinem Versicherungsverhältnis als Familienversicherter wegen unterlassener Mitwirkung nach Auffassung der Beklagten keine Rechte geltend machen konnte, ändert nichts am Vorliegen der - oben im einzelnen begründeten - Voraussetzungen für eine Familienversicherung. Die Versicherung beginnt kraft Gesetzes, wenn alle Voraussetzungen vorliegen. Fehlt eine Feststellung im Versichertenverzeichnis oder kann eine solche Feststellung von der Kasse nicht getroffen werden, ändert dies, weil die Aufnahme in das Versichertenverzeichnis nicht konstitutiv ist, nichts an der Versicherteneigenschaft nach § 10 SGB V (Peters in KassKomm § 10 Rn 37). Auch vorliegend gilt der das ganze Recht der Versicherungspflicht beherrschende Grundsatz, dass die Versicherung kraft Gesetzes eintritt. Soweit der Gesetzgeber die Versicherungspflicht von vorherigen Feststellungen von Behörden abhängig gemacht hat, hat er dies stets in besonderen gesetzlichen Vorschriften (vgl. z.B. § 186 Abs. 2 und 3 SGB V) angeordnet (Peters aaO § 5 Rn 174,175). Die Rechtsauffassung, dass eine Familienversicherung erst beginnt, wenn die Krankenkasse die entsprechenden Feststellungen getroffen hat, hätte, nachdem der Gesetzgeber in § 10 und § 189 SGB V ausführliche Regelungen zum Beginn der Mitgliedschaft getroffen hat, somit einer besonderen Regelung bedurft, die vom Gesetzgeber aber weder in diesen Vorschriften noch in §§ 288, 289 SGB V getroffen wurde (so ausdrücklich Peters a.a.O.). Der Kläger ist damit nach der zwingenden Regelung des § 10 SGB V familienkrankenversichert.

Vor diesem Hintergrund ist die mit Schreiben vom 2.8.2006 erfolgte Mitteilung, der Anspruch des Klägers auf Familienversicherung ende am 5.4.2006, dahingehend zu verstehen, dass dem Kläger wegen fehlender Mitwirkung keine Leistungen gewährt werden. In diesem Sinne ist auch eine Klarstellung im Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 erfolgt, wo es unter Berufung auf §§ 60, 66 SGB I heißt, wegen fehlender Mitwirkung könne die Familienversicherung nicht durchgeführt werden. Nachdem die Ehefrau des Klägers inzwischen ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen ist, erhält der Kläger seit Eingang des ausgefüllten Fragebogens am 20.11.2007 wieder alle Leistungen der Beklagten. Die Leistungseinstellung wegen fehlender Mitwirkung hat sich somit durch Nachholung der Mitwirkung erledigt.

Ob die Einstellung der Leistungen in der Zeit vom 5.4.2006 bis 19.11.2007 zu Recht erfolgt ist, kann der Senat offenlassen. Zum einen hat der Kläger an keiner Stelle eine entsprechende Feststellung verlangt, auch nicht hilfsweise. In diesem Zusammenhang muss sich der Kläger vorhalten lassen, dass die allgemeine Beschimpfung und Beleidigung der Beklagten nicht die Notwendigkeit der Mitteilung eines konkreten Rechtsschutzbegehrens gegenüber dem Gericht entfallen lässt. Der Kläger legt keinen Wert darauf, familienkrankenversichert zu sein, weil er der rechtsirrigen Meinung ist, dass wer nicht den Schutz der Familienversicherung genieße automatisch nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V kraft Gesetzes krankenversichert sei. Zum anderen kommt nach Erledigung nur noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG in Betracht. Auf eine entsprechende Antragstellung hinzuwirken besteht jedoch kein Anlass, weil es - nach derzeitigem Sach- und Streitstand - dafür an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde. Feststellungsklagen sind grundsätzlich gegenüber Leistungsklagen subsidiär. Das Leistungsgeschehen im Zeitraum 5.4.2006 bis 19.11.2007 ist abgeschlossen. Soweit zwischen den Beteiligten noch ungeklärte Leistungsansprüche bestehen sollten, sind sie vom Kläger geltend zu machen und muss die Beklagte anschließend hierüber zunächst durch Verwaltungsakt entscheiden, wobei es gem. § 67 SGB I in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht, ob sie die Leistungen ganz oder teilweise nachholt. Eine solche Entscheidung ist bisher weder ergangen noch vom Kläger für bestimmte konkret umschriebene Leistungen beantragt worden. Die Berechnung von Arzneimittelkosten lässt aber andererseits darauf schließen, dass der Kläger Leistungen der Beklagten auch im Zeitraum vom 5.4.2006 bis 19.11.2007 in Anspruch genommen hat, was ihm unschwer möglich war, wenn er tatsächlich seine Versichertenkarte nicht abgegeben haben sollte. Sollte andererseits die Beklagte den Bescheid vom 26.11.2008 (dann unter Ausübung des eingeräumten Ermessens) wiederholen, steht dem Kläger der Rechtsweg erneut offen.

Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen des § 160 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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