Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 1 AS 458/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 B 262/08 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Prozesskostenhilfe-Rahmengbühr-teilweise Erfolgsaussicht
Der Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 6. Mai 2008 wird aufgehoben.
Der Klägerin wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt , bewilligt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt in einem sozialgerichtlichen Klageverfahren, in dem sie sich in der Sache gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten wendet, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten.
Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20. September 2006 der Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 568,36 EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 30. April 2007 bewilligt. Nachdem die Klägerin die Einkommensbescheinigung ihres Lebenspartners bei der Beklagten eingereicht hatte, hob diese mit Bescheid vom 18. Januar 2007 die Bewilligung der Leistungen für November und Dezember 2006 ganz auf und forderte Leistungen in Höhe von 797,28 EUR zurück.
Den hiergegen seitens der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2007 als unbegründet zurück. Am 6. September 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stendal (SG) erhoben. Der angefochtene Bescheid genüge nicht dem in § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) normierten Bestimmtheitsgrundsatz, denn die Beklagte habe nicht dargelegt, wie sich der Rückforderungsbetrag konkret zusammensetze. Das zu berücksichtigende Einkommen des Lebenspartners sei zudem fehlerhaft errechnet worden.
Sie hat gleichzeitig beantragt, ihr unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu bewilligen und hat unter dem 1. Oktober 2007 die erforderlichen Unterlagen eingereicht. Das SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 6. Mai 2008 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Klage sei wahrscheinlich nur zu 42,06% erfolgreich. Bisher seien überschlägig Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 357,00 EUR angefallen. Hiervon sei ein Betrag in Höhe von 150,15 EUR (42,06%) über die Prozesskostenhilfe abdeckbar. Nach den von der Klägerin gemachten Erklärungen zu ihren Einkünften und Ausgaben habe sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nur unter Zahlung einer monatlichen Rate von 60,00 EUR. Die im Rahmen der Prozesskostenhilfe maßgeblichen Kosten der Prozessführung von bisher 150,15 EUR überstiegen nicht vier Monatsraten à 60 EUR, sodass ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 4 ZPO derzeit nicht bestehe. Der Beschluss sei nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbar.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 15. Mai 2008 Beschwerde eingelegt. Der Beschluss sei nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG unanfechtbar, da die Begründung für die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestützt werde, sondern auf eine Prognose über die voraussichtlichen Erfolgsaussichten der Klage. Eine teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe komme nicht in Betracht, sodass auch eine Quotelung der Rechtsverfolgungskosten nach der prozentualen Wahrscheinlichkeit der Erfolgsaussichten des sozialgerichtlichen Klageverfahrens über § 115 Abs. 4 ZPO nicht gedeckt sei.
Die Klägerin beantragt, ihr für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgericht Stendal vom 6. Mai 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde erhalten, davon jedoch kein Gebrauch gemacht.
Des SG hat die Sache zur Entscheidung dem LSG vorgelegt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Gerichts- und Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 6. Mai 2008 ist zulässig. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO; die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG modifiziert worden. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Die Verweisung bezieht sich auf alle in dem Buch 1, Abschnitt 2, Titel 7 der ZPO enthaltenen Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, soweit das SGG nicht ausdrücklich - etwa in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG - etwas anderes regelt (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl., § 73a, Rdnr. 2). Die "entsprechende Anwendung" fordert allerdings eine Anpassung der jeweils maßgeblichen Vorschriften der ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren, soweit prozessuale Besonderheiten bestehen. Dies betrifft insbesondere die Ersetzung des dem sozialgerichtlichen Verfahren fremden Rechtsmittels der "sofortigen Beschwerde" durch die "Beschwerde", ferner die Bestimmung des Beschwerdegerichts, nämlich des LSG statt eines höherinstanzlichen Zivilgerichts, sowie die Anpassung des maßgeblichen Werts des Beschwerdegegenstandes für die Berufung. Dieser liegt in Zivilverfahren gemäß § 511 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO bei 600,00 EUR, während hier der seit dem 1. April 2008 in § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG geregelte Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR maßgeblich ist. Nach der bis zum 31. März 2008 geltenden Rechtslage war gemäß § 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich statthaft, es sei denn, der maßgebliche Beschwerdewert wurde nicht überschritten. Ausnahmsweise war die Beschwerde aber in diesem Fall doch zulässig, wenn ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint wurden.
Mit Wirkung zum 1. April 2008 ist mit der Einführung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe - unabhängig vom Wert des Beschwerdewerts - nunmehr "zusätzlich" und damit immer ausgeschlossen worden, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07 AL, Rn. 25). Daher ist seit dem 1. April 2008 die Beschwerde bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Dies folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO. Das gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur Begründung ausführlich den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS). Der Streitwert des Verfahrens liegt mit 797,28 EUR über dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG. Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Januar 2007 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2007. Das SG hat, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat, die Ablehnung der Prozesskostenhilfe auch nicht ausschließlich auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestützt. Es hat sich vielmehr eingehend mit den Erfolgsaussichten der Klage auseinander gesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klage wahrscheinlich nur zu 42,06% erfolgreich sei. Auf dieser Grundlage hat es dann nach § 115 Abs. 4 ZPO festgestellt, dass keine Prozesskostenhilfe zu gewähren sei.
2.
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat die Klägerin gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung ihr Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht un-wahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Im sozialgerichtlichen Verfahren ist es ausreichend, wenn die Klage nur teilweise Aussicht auf Erfolg hat. Auch dann ist, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, Prozesskostenhilfe vollem Umfang zu gewähren. Zwar sind aus den oben genannten Gründen die Regelungen über die Prozesskostenhilfe im Rahmen der ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden, jedoch nur in dem Umfang, in dem keine Besonderheiten im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen. Eine solche Besonderheit ergibt sich vorliegend aus § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Für alle Verfahren, in denen sich die Rechtsanwaltsgebühren nach der Höhe des Streitwertes bemessen (§ 2 RVG), gilt: Ergibt die Erfolgsprüfung, dass ein Anspruch nur teilweise Erfolg versprechend ist, dass von mehreren Ansprüchen nur einer oder dass die Rechtsverfolgung bei mehreren Beklagten nur einem gegenüber durchgreifen kann, dann ist Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur zur Geltendmachung dieser beschränkt Erfolg versprechenden Rechtsverfolgung zu gewähren. Ein solches Vorgehen setzt die Kostenberechnung auf Grund eines bestimmten Streitwertes voraus. Denn nur im Fall der Abhängigkeit des Vergütungsanspruchs vom Streitgegenstand führt eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen Teil des geltend gemachten Anspruchs dazu, dass sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Landeskasse auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemisst, hinsichtlich dessen die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Nach § 3 Satz 1 RVG entstehen jedoch in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Betragsrahmengebühren, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist. Dies betrifft die Verfahren, die nach § 183 SGG für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) kostenfrei sind, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Diese Rahmengebühren bemessen sich nicht nach dem Streitwert. Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen.
Eine nur teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann nicht zu einer Verminderung der Rahmengebühr führen, denn der sich aus der Rahmengebühr ergebende Vergütungsanspruch ist nicht abhängig davon, in welchem Umfang das Rechtsmittel Erfolg hat. Vielmehr gibt § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Kriterien für die Bestimmung der Rahmengebühr vor. Dazu gehören nicht Erwägungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 14 RVG, Rn. 2 f.). Die Berücksichtigung eines voraussichtlichen Teilerfolgs bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der vom SG vorgenommen Weise würde bei einer möglichen Beschränkung des Klagegegenstandes auf den Erfolg versprechenden Teil der Klage zu dem Ergebnis führen, dass nunmehr die Prozesskostenhilfe auf "100%" der Rahmengebühr erweitert werden müsste, da der Kläger mit der nunmehr beschränkten Klage voll durchdringen würde. Das Ziel der Bewilligung der PKH nur für den Erfolg versprechenden Teil der Klage – die Entlastung der Landeskasse – kann im sozialgerichtlichen Verfahren auf Grund der o.g. Besonderheiten nicht erreicht werden.
3. Die Klägerin ist nicht in der Lage, auch nicht zu einem Teil, die Prozesskosten zu tragen. Nach Abzug der Freibeträge nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 ZPO für sich und ihr Kind und der Unterkunftskosten, verbleibt von den Einkünften i.H.v. 527,80 EUR netto kein Betrag, den sie zur Prozessführung einsetzten könnte. Vermögen ist nicht vorhanden.
4.
Nach alledem war der Beschluss des SG vom 6. Mai 2008 aufzuheben und wie tenoriert zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Klägerin wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt , bewilligt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt in einem sozialgerichtlichen Klageverfahren, in dem sie sich in der Sache gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten wendet, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten.
Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20. September 2006 der Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 568,36 EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 30. April 2007 bewilligt. Nachdem die Klägerin die Einkommensbescheinigung ihres Lebenspartners bei der Beklagten eingereicht hatte, hob diese mit Bescheid vom 18. Januar 2007 die Bewilligung der Leistungen für November und Dezember 2006 ganz auf und forderte Leistungen in Höhe von 797,28 EUR zurück.
Den hiergegen seitens der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2007 als unbegründet zurück. Am 6. September 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stendal (SG) erhoben. Der angefochtene Bescheid genüge nicht dem in § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) normierten Bestimmtheitsgrundsatz, denn die Beklagte habe nicht dargelegt, wie sich der Rückforderungsbetrag konkret zusammensetze. Das zu berücksichtigende Einkommen des Lebenspartners sei zudem fehlerhaft errechnet worden.
Sie hat gleichzeitig beantragt, ihr unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu bewilligen und hat unter dem 1. Oktober 2007 die erforderlichen Unterlagen eingereicht. Das SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 6. Mai 2008 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Klage sei wahrscheinlich nur zu 42,06% erfolgreich. Bisher seien überschlägig Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 357,00 EUR angefallen. Hiervon sei ein Betrag in Höhe von 150,15 EUR (42,06%) über die Prozesskostenhilfe abdeckbar. Nach den von der Klägerin gemachten Erklärungen zu ihren Einkünften und Ausgaben habe sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nur unter Zahlung einer monatlichen Rate von 60,00 EUR. Die im Rahmen der Prozesskostenhilfe maßgeblichen Kosten der Prozessführung von bisher 150,15 EUR überstiegen nicht vier Monatsraten à 60 EUR, sodass ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 4 ZPO derzeit nicht bestehe. Der Beschluss sei nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbar.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 15. Mai 2008 Beschwerde eingelegt. Der Beschluss sei nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG unanfechtbar, da die Begründung für die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestützt werde, sondern auf eine Prognose über die voraussichtlichen Erfolgsaussichten der Klage. Eine teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe komme nicht in Betracht, sodass auch eine Quotelung der Rechtsverfolgungskosten nach der prozentualen Wahrscheinlichkeit der Erfolgsaussichten des sozialgerichtlichen Klageverfahrens über § 115 Abs. 4 ZPO nicht gedeckt sei.
Die Klägerin beantragt, ihr für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgericht Stendal vom 6. Mai 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde erhalten, davon jedoch kein Gebrauch gemacht.
Des SG hat die Sache zur Entscheidung dem LSG vorgelegt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Gerichts- und Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 6. Mai 2008 ist zulässig. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO; die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG modifiziert worden. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Die Verweisung bezieht sich auf alle in dem Buch 1, Abschnitt 2, Titel 7 der ZPO enthaltenen Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, soweit das SGG nicht ausdrücklich - etwa in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG - etwas anderes regelt (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl., § 73a, Rdnr. 2). Die "entsprechende Anwendung" fordert allerdings eine Anpassung der jeweils maßgeblichen Vorschriften der ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren, soweit prozessuale Besonderheiten bestehen. Dies betrifft insbesondere die Ersetzung des dem sozialgerichtlichen Verfahren fremden Rechtsmittels der "sofortigen Beschwerde" durch die "Beschwerde", ferner die Bestimmung des Beschwerdegerichts, nämlich des LSG statt eines höherinstanzlichen Zivilgerichts, sowie die Anpassung des maßgeblichen Werts des Beschwerdegegenstandes für die Berufung. Dieser liegt in Zivilverfahren gemäß § 511 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO bei 600,00 EUR, während hier der seit dem 1. April 2008 in § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG geregelte Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR maßgeblich ist. Nach der bis zum 31. März 2008 geltenden Rechtslage war gemäß § 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich statthaft, es sei denn, der maßgebliche Beschwerdewert wurde nicht überschritten. Ausnahmsweise war die Beschwerde aber in diesem Fall doch zulässig, wenn ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint wurden.
Mit Wirkung zum 1. April 2008 ist mit der Einführung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe - unabhängig vom Wert des Beschwerdewerts - nunmehr "zusätzlich" und damit immer ausgeschlossen worden, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07 AL, Rn. 25). Daher ist seit dem 1. April 2008 die Beschwerde bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Dies folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO. Das gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur Begründung ausführlich den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS). Der Streitwert des Verfahrens liegt mit 797,28 EUR über dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG. Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Januar 2007 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2007. Das SG hat, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat, die Ablehnung der Prozesskostenhilfe auch nicht ausschließlich auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestützt. Es hat sich vielmehr eingehend mit den Erfolgsaussichten der Klage auseinander gesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klage wahrscheinlich nur zu 42,06% erfolgreich sei. Auf dieser Grundlage hat es dann nach § 115 Abs. 4 ZPO festgestellt, dass keine Prozesskostenhilfe zu gewähren sei.
2.
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat die Klägerin gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung ihr Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht un-wahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Im sozialgerichtlichen Verfahren ist es ausreichend, wenn die Klage nur teilweise Aussicht auf Erfolg hat. Auch dann ist, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, Prozesskostenhilfe vollem Umfang zu gewähren. Zwar sind aus den oben genannten Gründen die Regelungen über die Prozesskostenhilfe im Rahmen der ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden, jedoch nur in dem Umfang, in dem keine Besonderheiten im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen. Eine solche Besonderheit ergibt sich vorliegend aus § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Für alle Verfahren, in denen sich die Rechtsanwaltsgebühren nach der Höhe des Streitwertes bemessen (§ 2 RVG), gilt: Ergibt die Erfolgsprüfung, dass ein Anspruch nur teilweise Erfolg versprechend ist, dass von mehreren Ansprüchen nur einer oder dass die Rechtsverfolgung bei mehreren Beklagten nur einem gegenüber durchgreifen kann, dann ist Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur zur Geltendmachung dieser beschränkt Erfolg versprechenden Rechtsverfolgung zu gewähren. Ein solches Vorgehen setzt die Kostenberechnung auf Grund eines bestimmten Streitwertes voraus. Denn nur im Fall der Abhängigkeit des Vergütungsanspruchs vom Streitgegenstand führt eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen Teil des geltend gemachten Anspruchs dazu, dass sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Landeskasse auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemisst, hinsichtlich dessen die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Nach § 3 Satz 1 RVG entstehen jedoch in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Betragsrahmengebühren, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist. Dies betrifft die Verfahren, die nach § 183 SGG für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) kostenfrei sind, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Diese Rahmengebühren bemessen sich nicht nach dem Streitwert. Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen.
Eine nur teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann nicht zu einer Verminderung der Rahmengebühr führen, denn der sich aus der Rahmengebühr ergebende Vergütungsanspruch ist nicht abhängig davon, in welchem Umfang das Rechtsmittel Erfolg hat. Vielmehr gibt § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Kriterien für die Bestimmung der Rahmengebühr vor. Dazu gehören nicht Erwägungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 14 RVG, Rn. 2 f.). Die Berücksichtigung eines voraussichtlichen Teilerfolgs bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der vom SG vorgenommen Weise würde bei einer möglichen Beschränkung des Klagegegenstandes auf den Erfolg versprechenden Teil der Klage zu dem Ergebnis führen, dass nunmehr die Prozesskostenhilfe auf "100%" der Rahmengebühr erweitert werden müsste, da der Kläger mit der nunmehr beschränkten Klage voll durchdringen würde. Das Ziel der Bewilligung der PKH nur für den Erfolg versprechenden Teil der Klage – die Entlastung der Landeskasse – kann im sozialgerichtlichen Verfahren auf Grund der o.g. Besonderheiten nicht erreicht werden.
3. Die Klägerin ist nicht in der Lage, auch nicht zu einem Teil, die Prozesskosten zu tragen. Nach Abzug der Freibeträge nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 ZPO für sich und ihr Kind und der Unterkunftskosten, verbleibt von den Einkünften i.H.v. 527,80 EUR netto kein Betrag, den sie zur Prozessführung einsetzten könnte. Vermögen ist nicht vorhanden.
4.
Nach alledem war der Beschluss des SG vom 6. Mai 2008 aufzuheben und wie tenoriert zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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