L 9 KR 284/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 162/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 284/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. April 2006 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 19. Juli 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Klägerin in der Sozialversicherung für den Zeitraum 10. März 2003 bis 31. Juli 2004.

Die 1970 geborene Klägerin und der Vater ihres am 3. Juli 2003 geborenen Sohnes C, O K, bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum eine Wohnung eines Mehrfamilienhauses, in dem sich außer der Wohnung der Eigentümer, der Eheleute E und D K - zugleich die Eltern von O K - auch die Betriebsräume des Beigeladenen zu 1) befinden. Die Klägerin, die bis zum 9. März 2003 Arbeitslosengeld bezog, schloss am 6. März 2003 mit dem Beigeladenen zu 1) einen Arbeitsvertrag, demzufolge sie ab dem 10. März 2003 als Büroangestellte auf unbestimmte Zeit bei einer "durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit" von 20 Stunden wöchentlich und einem Bruttomonatslohn von 330,00 EUR eingestellt werde. Am 24. Mai 2003 begann die Mutterschutzfrist. Nachdem die Klägerin Mutterschaftsgeld beantragt hatte, teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 16. Juni 2003 mit, dass sie aufgrund des geringen monatlichen Entgeltes von 350,00 EUR keine Abhängigkeit zum Arbeitgeber erkennen könne und somit rückwirkend zum 10. März 2003 Versicherungspflicht verneine. Diese Beurteilung wiederholte die Beklagte im Bescheid vom 2. Juli 2003, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 26. September 2003, da die Klägerin entgegen "jedem üblichen Geschäftsgebaren" im 7. Monat der Schwangerschaft eingestellt worden sei und der Stundenlohn von 3,80 EUR keine adäquate Entlohnung darstelle.

Im Klageverfahren hat sich die Klägerin u.a. auf die am 17. März 2003 erhaltene Mitgliedsbescheinigung der Beklagten berufen. Der Beklagten seien bei Erteilung der Mitgliedsbescheinigung alle Angaben bekannt gewesen. Der Beigeladene zu 1) sei ein kleiner Handwerksbetrieb – zum Zeitpunkt ihrer Beschäftigung seien noch 6 Malergesellen beschäftigt gewesen –, der keine hohen Gehälter zahlen könne. Sie habe nur leichte Bürotätigkeiten, wie z. B. das Ablegen von Lieferscheinen und Rechnungen, Annahme und Weitervermittlung von Telefonaten, Botengängen, ausgeführt. Als weitere Büroangestellte sei die Zeugin E K, die Ehefrau des Betriebsinhabers, zu einem monatlichen Nettoarbeitsentgelt von 1.494,82 EUR mit folgendem Aufgabengebiet beschäftigt gewesen: - Rechnungslegung - Schreiben von Aufmaßen nach Baustellenaufnahme - Kreditoren-Debitoren-Buchhaltung (Aufbereitung) - diverse Zuarbeiten für das Steuerberatungsbüro - Lohnabrechnungen - Kassenbuch - Terminabstimmung mit Kunden und Firmen - Überwachung der gesamten Verwaltungstätigkeit

Sie – die Klägerin – habe über ihr Gehaltskonto alleine verfügen können; Urlaub sei ihr gewährt worden. Dass die von ihr eingereichten Zahlungsnachweise gewisse Schwankungen bei der Höhe des gezahlten Arbeitsentgeltes aufwiesen, habe seinen Grund darin, dass sie nicht regelmäßig, sondern nur durchschnittlich 20 Wochenstunden gearbeitet habe. Die Zeugin K habe sie so eingeteilt, wie sie aufgrund der Erkrankung der Zeugin gebraucht worden sei. Sie habe keine regelmäßige Arbeitszeit gehabt, sondern ca. 3 – 4 Stunden täglich, gegebenenfalls auch länger, gearbeitet, wie es gerade gebraucht worden sei. Die Arbeitsunfähigkeits-Meldungen für die Zeiträume 1. bis 3. und 27. bis 29. Mai 2003 seien in den eingereichten Monats-Lohneinsatz-Statistiken deshalb nicht eingetragen worden, weil sie ohne Auswirkungen auf die Zahlung der Vergütung geblieben seien. Nach ihrem Ausscheiden sei wegen rückläufigen Auftragsvolumens keine Ersatzkraft eingestellt worden. Nach dem Ende der Mutterschutzfrist habe sie noch ca. 6 Wochen bei dem Beigeladenen zu 1) gearbeitet und ihren Resturlaub genommen.

Nach der zeugenschaftlichen Vernehmung des Beigeladenen zu 1) und seiner Ehefrau im Erörterungstermin vom 5. August 2005 stellte das Sozialgericht mit Urteil vom 28. April 2006, hinsichtlich der Kostenentscheidung ergänzt durch den Beschluss vom 19. Juli 2006, unter "Abänderung der Bescheide vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2003" fest, dass die Klägerin im Zeitraum vom 10. März 2003 bis zum 31. Oktober 2004 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten gewesen sei. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass es sich zwar um eine speziell für die Klägerin geschaffene Tätigkeit gehandelt habe, welche nur der Entlastung der Zeugin K gedient und bei der die günstige Erreichbarkeit der Arbeitnehmerin eine besondere Rolle gespielt habe. Allerdings sei mit der Klägerin ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit konkreten Vereinbarungen zur Vergütung, dem Urlaub, dem Arbeitsort und zur Arbeitsaufgabe geschlossen worden. Die Zahlung der Vergütung sei regelmäßig und auf ein ausschließlich der Klägerin zugängliches Konto erfolgt. Die Klägerin habe die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt und sei in das Betriebsgeschehen integriert gewesen. Was sie zu tun gehabt habe und insbesondere wann, sei ihr konkret von der Zeugin K vorgegeben worden. Aus einer Auskunft der Bundesagentur für Arbeit ergebe sich, dass die Vergütung in Höhe von 320,00 EUR für 20 Stunden auch für Nicht-Familienangehörige, wozu die Klägerin gehöre, durchaus zumutbar gewesen sei.

Gegen dieses ihr am 29. Mai 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Juni 2006 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie hält ein Beschäftigungsverhältnis u. a. wegen der bestehenden familiären Bindungen für fragwürdig. Es stelle sich die Frage, warum das Beschäftigungsverhältnis gerade nach Ausschöpfung des Arbeitslosengeld-Anspruches aufgenommen worden sei. Der Klägerin habe klar sein müssen, ihre Tätigkeit nach kurzer Zeit wieder aufgeben zu müssen. Die Statistiken zum "Monatslohneinsatz" seien nicht aussagekräftig. Die Klägerin und der geladene Zeuge hätten die auf ein Scheinarbeitsverhältnis hinweisenden Argumente nicht entkräften können. Die Prüfung, ob das Beschäftigungsverhältnis nur zur Erlangung von Leistungen vorgetäuscht worden sei, habe das Sozialgericht vollkommen außer Acht gelassen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. April 2006 in Gestalt des Beschlusses vom 19. Juli 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält - nach teilweiser Rücknahme der Klage für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Oktober 2004 - das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 2. Juli 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2003 festgestellt, dass die Klägerin im Zeitraum vom 10. März 2003 bis zum 31. Juli 2004 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten gewesen sei. Denn die angegriffenen Bescheide sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.

1. Die Versicherungspflicht richtet sich in den Zweigen der Sozialversicherung nach den § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) für die Arbeitslosenversicherung, § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für die Krankenversicherung, § 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Rentenversicherung und § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung. Diese Vorschriften setzen für die Versicherungspflicht – in der hier einzig denkbaren Alternative - jeweils eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 7 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) - voraus. Nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 dieser Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, wobei die persönliche Abhängigkeit die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung erfordert. Bei engen persönlichen Kontakten ist die Abhängigkeit jedoch im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und wird das Weisungsrecht deshalb möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt (vgl. für das Ehegattenarbeitsverhältnis: Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Bei engen persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten hängt daher die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familienhafter bzw. freundschaftlicher Mitarbeit von allen Umständen des Einzelfalls ab, wobei das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung maßgebend ist. Allerdings ist in diesen Fällen - wie bei den Ehegattenarbeitsverhältnissen - entscheidend, dass es sich um ein von den Beteiligten ernsthaft gewolltes und vereinbarungsgemäß durchgeführtes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis handelt. Auch wenn vielfach auf die familiäre oder persönliche Beziehung Rücksicht genommen wird, kann auf gewisse Mindestanforderungen an ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nicht verzichtet werden, da ein solches ansonsten in einer dem Gesetz nicht mehr entsprechenden Weise lediglich rechtsmissbräuchlich fingiert werden könnte. Neben der Eingliederung in den Betrieb und einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht ist daher erforderlich, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Weitere Abgrenzungskriterien sind z.B., ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuer unterliegt und dem Arbeitenden zur freien Verfügung ausgezahlt wird und schließlich, ob dieser eine fremde Arbeitskraft ersetzt (vgl. BSG SozR 2200 § 165 RVO Nr. 98; Landessozialgericht (LSG) Berlin, Urteile vom 31. März 2004, Az.: L 9 KR 82/02, veröffentlicht in Juris, und 14. August 1996, Az.: L 15 KR 52/94 mit weiteren Nachweisen; Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht (KK), § 7 SGB IV Rn. 105). Ein strenger Prüfungsmaßstab dieser Kriterien ist zum einen insbesondere dann angezeigt, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Versicherungsschutz erstmals in zeitlicher Nähe zu einem Leistungsfall behauptet wird, weil hier die Gefahr von Rechtsmissbrauch besteht, der wegen der privaten Kontakte bzw. freundschaftlichen Beziehungen leichter als sonst möglich ist (vgl. LSG Berlin, Urteile vom 27. März 2002, Az.: L 15 KR 53/00, und vom 24. März 2004, Az.: L 15 KR 63/02, beide unveröffentlicht). Aber auch dann, wenn - wie hier - vertragliche Vereinbarungen kurz vor einer sich auf die Vertragsparteien nachteilig auswirkenden Gesetzesänderung geschlossen werden, bedarf es einer besonders gründlichen Prüfung.

2. Im vorliegenden Fall wurde § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zum 01. April 2003 dahin geändert, dass eine geringfügige Beschäftigung nicht mehr von der Geringfügigkeit des Entgelts (bis 325.- Euro monatlich) und der Arbeitszeit (weniger als 15 Stunden wöchentlich) abhing, sondern nur von der Geringfügigkeit des Entgelts (nunmehr bis 400.- Euro monatlich). Wäre der o.g. Vertrag vom 06. März 2003 mit Wirkung zum 01. April 2003 geschlossen worden, hätte er sich für die Klägerin nachteilig ausgewirkt, da dann gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB III i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 7 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz SGB V und § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherungsfreiheit eingetreten wäre. Zwar wäre die Klägerin für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund von § 7 Abs. 2 SGB V versicherungspflichtig geblieben, weil eine Geringfügigkeit i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV erst durch die Gesetzesänderung zum 01. April 2003 eintrat. Für den Bereich der Arbeitsförderung und der gesetzlichen Rentenversicherung fehlen jedoch § 7 Abs. 2 SGB V parallele Vorschriften, sodass die Klägerin in diesen beiden Versicherungszweigen schon kraft Gesetzes ab dem 01. April 2003 versicherungsfrei war.

3. Im Übrigen sprechen unter Berücksichtigung der unter 1. genannten Kriterien und bei Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles mehr Umstände gegen als für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

a. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht hier zwar, dass - die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) einen schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat; - die Klägerin für mindestens zwei Monate des strittigen Zeitraums, in denen sie tatsächlich gearbeitet hat, Lohn-/Gehaltsabrechnungen erhielt; - Sozialabgaben offensichtlich - dem Senat liegen keine entgegenstehenden Anhaltspunkte vor - gezahlt wurden; - die Klägerin ein Arbeitsentgelt erhalten hat, das im fraglichen Zeitraum auch bei nicht durch enge persönliche Beziehungen geprägten Arbeitsverhältnissen ortsüblich war. Der Senat erlaubt sich in diesem Zusammenhang allerdings den Hinweis, dass die Höhe des Arbeitsentgelts nur eines von zahlreichen Kriterien bei der Prüfung eines Beschäftigungsverhältnisses darstellt. In der Regel wird dieses Kriterium daher nicht den Ausschlag für oder gegen die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung geben.

Grundsätzlich ist es Versicherten auch nicht verwehrt, im fortgeschrittenen Stadium einer Schwangerschaft in Kenntnis einer absehbaren Unterbrechung eine Arbeit aufzunehmen, um hierdurch Krankenversicherungsschutz zu erlangen.

b. Diese Gesichtspunkte reichen jedoch im vorliegenden Fall nicht aus, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu bejahen. Maßstab für die Prüfung, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) ernstlich gewollt war, ist insoweit, ob es dem Vergleich mit einem in der Arbeitswelt typischen, nicht durch ein persönliches Näheverhältnis gekennzeichneten Beschäftigungsverhältnis standhält. Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Es ist bereits grundsätzlich fraglich, ob mit den von der Klägerin beschriebenen eigenen o.g. Arbeitsaufgaben, die in Abgrenzung zur Tätigkeit der Zeugin K keinerlei kaufmännische Tätigkeiten umfassten, überhaupt eine jeweils mehrstündige, teilweise einen vollen Arbeitstag umfassende Arbeitszeit gefüllt werden konnte. Unabhängig hiervon sind die Angaben der Klägerin bzw. der Zeugen zur Arbeitszeit bzw. den Arbeitsaufgaben der Klägerin in wesentlichen Punkten nicht nachvollziehbar. So hat die Klägerin im Erörterungstermin vom 9. März 2007 angegeben, während ihrer Arbeitseinsätze im Büro des Beigeladenen zu 1) habe sich kein weiterer Arbeitnehmer des Beigeladenen im Büro aufgehalten. Dem stehen die Eintragungen in die von der Klägerin eingereichten Statistiken zum "Monats-Lohneinsatz" für die Monate März bis Mai 2003 entgegen. Hiernach arbeitete die Zeugin K an sämtlichen Arbeitstagen der Klägerin, an denen sie - die Zeugin - nicht wegen Krankheit oder Urlaubs abwesend war, in Vollzeit, d. h. 8 Stunden täglich von Montag bis Donnerstag, 7 Stunden freitags. Entweder waren beide Bürokräfte gleichzeitig anwesend, wofür spricht, dass die Zeugin K – so ihre Angaben anlässlich der Zeugenvernehmung und die von ihrem Ehemann schriftlich fixierten Tätigkeitsmerkmale – alle kaufmännischen Arbeiten bei der Beigeladenen zu 1) ausführte (Steuererklärung vorbereiten, Rechnungslegung, Aufmaß und Angebote schreiben, Kundengespräche vorbereiten oder selbst durchführen, Kreditoren-Debitoren-Buchhaltung aufbereiten, Lohnabrechnung, Kassenbuch führen) und hierfür typischerweise auf einen Büroarbeitsplatz angewiesen war. In diesem Fall hat die Klägerin falsche Angaben gemacht. Oder sie und die Zeugin K waren im zeitlichen Wechsel anwesend. Hierfür spricht die Aussage der Zeugin K, dass der Einsatz der Klägerin es ihr ermöglicht habe, wegen ihrer Krankheit ihre Arbeit zu unterbrechen und sich hinzulegen. Dann hätten die Bürozeiten der Beigeladenen zu 1) zwischen 11 und 16 Stunden täglich je Werktag betragen und wären aufgrund der unregelmäßigen Arbeitszeiten der Klägerin täglichen Schwankungen unterlegen. Dies wurde jedoch weder von der Klägerin noch dem Beigeladenen zu 1) behauptet und ist im allgemeinen Wirtschaftsleben auch unüblich.

Nicht nachvollziehbar ist insofern auch, warum die zur Unterstützung der erkrankten Zeugin K eingestellte Klägerin während der Arbeitsunfähigkeitszeiträume der Zeugin nicht wenigstens an jedem Werktag 4 Stunden gearbeitet hat. Unplausibel ist ferner, dass nach den Angaben der Zeugin K das Telefon immer besetzt sein müsse, um zu vermeiden, dass Kunden umsonst anriefen, dies jedoch während der mehrwöchigen Erkrankung der Zeugin K in der Zeit vom 14. April bis zum 12. Mai 2003 durch die Klägerin, die in diesem Zeitraum nur an 4 Arbeitstagen länger als 4 Stunden tätig war, nicht sichergestellt wurde. Hinzu kommt, dass - so die weiteren Angaben der Zeugin K - nach dem schwangerschaftsbedingten Ausscheiden der Klägerin die ständige Erreichbarkeit durch ein von der Zeugin genutztes Handy gewährleistet wurde.

Die Statistiken zum "Monats-Lohneinsatz" der Beigeladenen enthalten darüber hinaus weitere Ungereimtheiten: - Nach den Eintragungen hat die Klägerin weder regelmäßig noch durchschnittlich 20 Stunden wöchentlich beim Beigeladenen zu 1) gearbeitet. So sind für die am 21. April 2003 (Montag) beginnende Arbeitswoche nur 12 Stunden, für die darauf folgende Arbeitswoche überhaupt keine Arbeitsstunden, sondern lediglich für den 2. Mai (Freitag) 7 Stunden bezahlter Urlaub eingetragen. Dem gegenüber soll die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin in der am 12. Mai 2003 (Montag) beginnenden Arbeitswoche 22 und in der darauf folgenden Arbeitswoche 24 Stunden, im Übrigen jedoch stets 20 Stunden betragen haben. - Für die der Beklagten nach deren Vorbringen vorliegenden Arbeitsunfähigkeits-Mel¬dun¬gen für die Zeiträume 1. bis 3. Mai 2003 und 27. bis 29. Mai 2003 findet sich in der diesen Monat betreffenden Statistik keine Bestätigung, obwohl für andere Mitarbeiter die Zeile "Krankheit" vorgesehen ist. Dass die Klägerin offensichtlich auch für Tage während des am 24. Mai 2003 beginnenden Mutterschutzes Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen hat ausstellen lassen, legt vielmehr den Schluss nah, dass sie - abweichend von einem typischen Arbeitsverhältnis - auch noch nach Beginn der Mutterschutzfrist für den Beigeladenen zu 1) tätig war. - Nach der Statistik für den Monat April 2003 hat die Klägerin als einzige Mitarbeiterin des Beigeladenen zu 1) am Ostermontag (21. April 2003) gearbeitet. Dies entspricht nicht einem typischen Arbeitsverhältnis. Eine arbeitsvertragliche Grundlage hierfür existiert nicht. Soweit die Klägerin hierzu vorbringt, die Zeugin K sei bei der Eintragung für die Tage vom 21. bis zum 23. April 2003 "in der Anwesenheitsspalte verrutscht", verbessert dies die Rechtsposition der Klägerin nicht. Entweder ist diese Aussage falsch und daher unbeachtlich; oder die Aussage ist richtig, dann führt sie zur Unverwertbarkeit aller Statistiken zum "Monats-Lohneinsatz", da dann auch für die übrigen die Klägerin betreffenden Eintragungen keine Gewähr der Richtigkeit besteht. - Für die Arbeitswoche vom 28. April 2003 (Montag) bis zum 2. Mai 2003 (Freitag) findet sich nur eine Eintragung: für den Freitag 7 Stunden in der Zeile "Bez. Urlaub". Arbeitszeiten fehlen in dem für die Klägerin vorgesehenen Bereich ebenso wie die bei allen anderen Arbeitnehmern für den 1. Mai 2003 vorgenommene Eintragung in der Zeile "Feiertag". - Ohne weitere Erläuterungen ist in dem für die Klägerin vorgesehenen Bereich für Dienstag, den 1. April 2003, in der Zeile "unbelegt" 8 Stunden eingetragen, während für den darauf folgenden Tag sich in den Zeilen "AZ" (= Arbeitszeit), "Büro" und "unbelegt" jeweils die Eintragung "4,00". Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, welche Art von An- oder Abwesenheitssachverhalt sich hinter der Formulierung "unbelegt" verbergen könnte.

Aus Sicht des Senats völlig ungeklärt sind auch die Verhältnisse im Monat Juli 2004. Nach den Angaben der Klägerin dauerte ihr "Erziehungsurlaub" - gemeint ist offensichtlich die Elternzeit im Sinne von § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz - solange, wie sie Erziehungsgeld erhalten habe, d. h. - wie sich aus dem von ihr eingereichten Bescheid des Landkreises Barnim vom 15. Oktober 2003 ergibt - bis zum 2. Juli 2004. Einer Übersicht der Arbeitszeiten im Juli 2004 für die bei dem Beigeladenen zu 1) Beschäftigten sind für die Klägerin 19 Urlaubstage zwischen dem 6. und 30. Juli 2004 zu entnehmen. Die verbleibenden 2 Arbeitstage (3. und 31. Juli 2004, jeweils Freitage) stehen im Widerspruch zu den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vom 5. August 2005, demzufolge sie "nach dem Mutterschutz noch einige Wochen, ca. 6 Wochen, gearbeitet" und ihren Resturlaub genommen habe. Soweit die Klägerin - so ihre weiteren Angaben in diesem Termin - "dies alles zu denselben Konditionen" getan haben will, widerspricht dies der von ihr eingereichten Lohnabrechnung für den Monat Juli 2004, der einen Bruttomonatsverdienst von 410,00 EUR ausweist. Dass die Klägerin somit vom Beigeladenen zu 1) für diesen Monat 80,00 EUR mehr erhielt, als arbeitsvertraglich vereinbart war, stellt eine weitere gravierende Abweichung von einem typischen Arbeitsverhältnis dar.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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