Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 1242/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 231/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 2 305,15 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten einer Badekur zu erstatten hat.
Der Kriegsbeschädigte W M, dem eine Pflegezulage der Stufe IV zusteht, ist bei der Beklagten krankenversichert. Seine Ehefrau S M - V. - ist über die Familienversicherung ebenfalls bei der Beklagten krankenversichert.
Am 18. Februar 2003 beantragte die V. unter Hinweis darauf, dass sie ihren Ehemann seit 1955 pflege, bei dem Kläger eine Badekur. Nachdem der Ärztliche Dienst des Klägers die Auffassung vertreten hat, eine Badekur sei angezeigt und erforderlich, um die Fähigkeit zur Pflege des Beschädigten zu erhalten, bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 10. Juni 2003 die beantragte Badekur. Sie wurde im Kursanatorium A in B vom 1. Juli 2003 bis zum 29. Juli 2003 durchgeführt. Der Kläger übernahm die Kosten einschließlich der Reisekosten (2.305,15 EUR).
Bereits am 10. Juni 2003 hatte der Kläger bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch angemeldet, da die V. familienversichertes Mitglied der Beklagten sei. Die Beklagte lehnte dies ab, da der Anspruch dadurch ausgeschlossen sei, dass V. bei ihr familienversichert sei.
Mit der am 28. Oktober 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, eine Pflegeperson für einen Kriegsbeschädigten sei nicht selbst Berechtigter in Bezug auf die Leistung, sondern lediglich Leistungsempfänger. Lediglich für familienversicherte Berechtigte jedoch sei die Erstattung ausgeschlossen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
"Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig.
Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht am fehlenden Feststellungsinteresse des Klägers. Dieses ist zwar grundsätzlich zu verneinen, wenn es dem Kläger möglich und zumutbar ist, einen Anspruch zu beziffern und im Wege der Leistungsklage geltend zu machen. Da vorliegend zur Bestimmung von Umfang und Höhe des Erstattungsanspruchs aber noch eine nachträgliche Ermessensausübung durch die Beklagte (§§ 23 Abs. 2, 40 Abs. 3 SGB V) erforderlich ist, ist es dem Kläger unmöglich, seinen Anspruch zu beziffern. Auf die (umstrittene) Frage, ob der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage bei Streitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts überhaupt gilt (dazu Meyer-Ladewig u. a./Keller, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rdnr. 19 b), kommt es daher vorliegend nicht an.
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch bereits dem Grunde nach nicht zu.
Als Rechtsgrundlage des Anspruchs komm allein § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG in Betracht. Erbringt ein öffentlicher rechtlicher Leistungsträger eine Sachleistung, eine Zuschuss- oder sonstige Geldleistung oder eine mit einer Zuschussleistung für den gleichen Leistungszweck verbundene Sachleistung nicht, weil bereits auf Grund des BVG eine Sachleistung gewährt wird, ist er nach § 18 Abs. 5 Satz 2 BVG erstattungspflichtig, soweit er sonst Leistungen gewährt hätte.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach zu Recht nicht im Streit. Der Kläger hat der Versicherten eine Badekur als Sachleistung gewährt, was zur Folge hatte, dass die Beklagte, die grundsätzlich nach §§ 23 bzw. 40 Abs. 2 SGB V ebenfalls zur Erbringung derartiger Leistungen verpflichtet ist, diese nicht zu gewähren hatte.
Der Erstattungsanspruch des Klägers ist indes nach § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG ausgeschlossen.
Danach besteht die Erstattungspflicht nicht, wenn Leitungen für Berechtigte erbracht wurden, die nach § 10 SGB V versichert sind.
Letzteres ist bei der über ihren Ehemann bei der Beklagten familienversicherten Versicherten unstreitig der Fall. Zu entscheiden und zwischen den Beteiligten allein streitig ist dagegen, ob die Versicherte auch "Berechtigte" im Sinne dieser Vorschrift ist. Diese Frage ist entgegen der Ansicht des Klägers zu bejahen.
Berechtigter im Sinne des § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG ist jeder, dem ein eigener Leistungsanspruch nach dem BVG zusteht. Für diese Auslegung sprechen Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck des Gesetzes.
Berechtigter ist nach dem Wortsinn jemand, dem ein Recht bzw. ein Anspruch zusteht. Die von dem Kläger vertretene Einschränkung,, dass hierunter nur anerkannte Versorgungsberechtigte fallen sollen, lässt sich dem Wortlaut der Regelung nicht entnehmen.
Vielmehr sprechen sowohl die innere Systematik des § 18 c BVG als auch die Gesamtsystematik des BVG gegen diese Einschränkung. Das BVG unterscheidet in § 18 c und in vielen anderen Vorschriften zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern. Die Regelung in § 1 a BVG, wonach Leistungen zu versagen sind, wenn "der Berechtigte oder derjenige, von dem sich die Berechtigung ableitet, während der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat und er nach dem 13. November 1997 einen Antrag auf Leistungen gestellt hat, zeigt, das das Gesetz davon ausgeht, dass Berechtigter und Beschädigter nicht identisch sein müssen. Vielmehr ist der Begriff des Berechtigten im BVG grundsätzlich von dem des Leistungsempfängers abzugrenzen. Hinsichtlich des Begriffs des Leistungsempfängers verweist § 10 Abs. 4 Satz 3 BVG auf § 10 Abs. 4 Satz lit. a) und b) BVG. Nach diesen Vorschriften wird dem Schwerbeschädigten bzw. dem Empfänger einer Pflegezulage für die dort genannten Angehörigen bzw. Personen, die unentgeltlich seine Wartung und Pflege übernommen haben, Krankenbehandlung gewährt. Anspruchsinhaber (und damit Berechtigter) ist hier der Schwerbeschädigte bzw. Pflegezulageempfänger, nicht der Angehörige bzw. der Pflegende. Diese bezeichnet das Gesetz als Leistungsempfänger, weil sie - obwohl nicht selbst Anspruchsinhaber - die Leistungen tatsächlich erhalten (vgl. Rohr/Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, 64, EL, Stand 05/2001, § 10 BVG, K 27). Im Gegensatz dazu steht den in § 10 Abs. 4 Satz 1 lit. c) BVG genannten Witwen und hinterbliebenen Lebenspartnern ein Anspruch aus eigenem Recht zu (Rohr/Strässer, a.a.O., K 30). Sie sind daher - obwohl nicht selbst Beschädigte oder Pflegezulagenempfänger - Berechtigte und nicht bloße Leistungsempfänger. Konsequent verweist § 10 Abs. 4 Satz 3 BVG hinsichtlich des Begriffs des Leistungsempfängers auch nur auf § 10 Abs. 4 Satz 1 lit. a) und b) BVG und nicht auch auf lit. c) und § 10 Abs. 4 Satz 2 BVG spricht von den ‚unter Buchstabe c genannten Berechtigen’.
Danach sind die in § 12 Abs. 3 BVG genannten Pflegepersonen Berechtigte (und nicht Leistungsempfänger), weil ihnen zur Erhaltung der Pflegefähigkeit ein eigener Anspruch auf die Badekur gewährt wird und nicht dem Beschädigten oder Pflegezulageempfänger für sie.
Der Einschluss der Pflegepersonen nach § 12 Abs. 3 BVG in den Ausschlusstatbestand des § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG entspricht zudem auch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Zunächst kommt in § 18 c Abs. 5 BVG - worauf der Kläger zutreffend hinweist - der allgemeine Grundsatz des Entschädigungsrechts zum Ausdruck, dass die Kosten für die Behandlung von Schädigungsfolgen vorrangig der Versorgungsverwaltung zur Last fallen sollen, die für die Behandlung von Nichtschädigungsfolgen dagegen in erster Linie anderen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern (vgl. Rohr/Strässer, a.a.O., § 18 c BVG K 9). Durch diesen Grundsatz lassen sich jedoch nur die ersten beiden Ausschlusstatbestände in § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG erklären (vgl. auch Rohr/Strässer, a.a.O.), nicht dagegen der hier einschlägige 3. Fall. Dieser Ausschlusstatbestand lässt sich nur so erklären, dass bei nach § 10 SGB V (beitragsfrei) Familienversicherten die Kostenverteilung danach erfolgen soll, ob es sich um Berechtigte oder Leistungsempfänger handelt. Bei Leistungsempfängern soll die Krankenkasse die in § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG genannten Kosten tragen und bei Berechtigten, denen das BVG einen eigenen Anspruch gewährt, die Versorgungsverwaltung. Dies steht auch im Einklang mit der Regelung in § 19 Satz 2 BVG, wonach der Krankenkasse Leistungen für ihre Mitglieder nur erstattet werden, soweit sie schädigungsbedingt sind. Da nach § 10 SGB V Familienversicherte keine Mitglieder in der Krankenkasse sind (vgl. bereits den Wortlaut der Vorschrift), lässt sich hieraus im Umkehrschluss entnehmen, dass bezüglich dieser Personen der Grundsatz des Vorrangs der Krankenkasse bei der Tragung der Kosten nicht schädigungsbedingter Folgen nicht gilt.
Sofern in der Literatur unter Hinweis auf § 20 Satz 2 BVG a. F. (in der Fassung von Art. II § 9 Nr. 4 des Gesetzes vom 4. November 1982, BGBl. I, S. 1450 m.W. vom 1. Juli 1983) vertreten wurde, dass Leistungen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BVG von dem Ausschlusstatbestand in § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG nicht erfasst werden (Fehl, in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage 1992, § 18 c BVG Rdnr. 24), wurde dieser Ansicht mit der grundlegenden Neuregelung der §§ 19, 20 BVG mit Wirkung vom 1. Januar 1994 (Gesetz vom 21. Juli 1993, BGBl. I, S. 1262) der Boden entzogen. Während nämlich nach § 20 Satz 2 BVG a. F. der Vorrang der Krankenkasse hinsichtlich der Tragung der Kosten nichtschädigungsbedingter Folgen auch bei nach § 10 SGB V Familienversicherten uneingeschränkt galt, beschränkt § 19 Satz 2 BVG diesen Grundsatz seither - wie bereits dargelegt - auf Mitglieder der Krankenkasse. Für eine Einschränkung des § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG bezüglich Badekuren nach § 12 Abs. 3 BVG besteht folglich seither kein sachlicher Grund mehr.
Dementsprechend hat das BSG in seiner Entscheidung vom 16. November 1999 (B 1 KR 17/98 R) die Anwendung der Vorschrift des § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG im Rahmen der Erstattung der Kosten einer Badekur auch nicht allgemein verneint, sondern im konkreten Fall lediglich daran scheitern lassen, dass die Pflegeperson nicht nach § 10 SGB V familienversichert, sondern selbst Mitglied der Krankenkasse war."
Gegen diesen dem Kläger am 29. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich dessen Berufung vom 5. Juni 2008, mit dem er sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und darlegt, die Unterscheidung zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern sei ein fester Grundsatz, der sich durch das gesamte Heilbehandlungsrecht des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - ziehe und der auch durch § 12 Abs. 3 BVG nicht außer Kraft gesetzt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2008 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für die Gewährung einer Badekur für Frau S M zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Akte des Klägers und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Badekur der V. hat.
Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und sieht daher zur Vermeidung bloßer Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Er weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurück (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu gelangen. Die entscheidende Frage ist, wie das Sozialgericht erkannt hat und worin auch die Beteiligten übereinstimmen, ob die V. Berechtigte gemäß § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG ist oder nicht. Wenn der Kläger vorträgt, die Unterscheidung zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern sei ein fester Grundsatz, der sich durch das gesamte Heilbehandlungsrecht des BVG ziehe, so ist dies zutreffend. Wenn er aber weiter darlegt, dieses Prinzip werde durch § 12 Abs. 3 BVG "nicht außer Kraft gesetzt", so teilt der Senat diese Auffassung nicht. Vielmehr ist es so, dass, wie das Sozialgericht dargelegt hat, die Badekuren für Pflegepersonen keinen abgeleiteten Anspruch aus dem Anspruch des Versorgungsempfängers darstellen, sondern einen eigenen Anspruch für Pflegepersonen begründen sollen. Insofern wird der Unterschied zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern "nicht außer Kraft gesetzt", sondern es findet an dieser Stelle insoweit eine Modifizierung statt. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass das Gesetz dort, wo es den Pflegepersonen einen eigenen Anspruch auf eine Badekur gewährt, diese als Berechtigte bezeichnet (§ 12 Abs. 3 Satz 5 BVG). Wenn der Gesetzgeber aber dort Personen, die nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVG einen Anspruch auf eine Badekur haben, als Berechtigte bezeichnet, so zeigt bereits der Wortlaut des Gesetzes, dass der Kläger mit seiner Annahme fehlgeht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO, der Beschluss über die Streitwertfestsetzung aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da sich die Antwort auf die hier zu entscheidende Frage schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, so dass, obwohl höchstrichterliche Rechtsprechung zur hier entscheidenden Frage, soweit ersichtlich, nicht vorliegt, eine grundsätzliche Bedeutung nicht angenommen werden kann (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten einer Badekur zu erstatten hat.
Der Kriegsbeschädigte W M, dem eine Pflegezulage der Stufe IV zusteht, ist bei der Beklagten krankenversichert. Seine Ehefrau S M - V. - ist über die Familienversicherung ebenfalls bei der Beklagten krankenversichert.
Am 18. Februar 2003 beantragte die V. unter Hinweis darauf, dass sie ihren Ehemann seit 1955 pflege, bei dem Kläger eine Badekur. Nachdem der Ärztliche Dienst des Klägers die Auffassung vertreten hat, eine Badekur sei angezeigt und erforderlich, um die Fähigkeit zur Pflege des Beschädigten zu erhalten, bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 10. Juni 2003 die beantragte Badekur. Sie wurde im Kursanatorium A in B vom 1. Juli 2003 bis zum 29. Juli 2003 durchgeführt. Der Kläger übernahm die Kosten einschließlich der Reisekosten (2.305,15 EUR).
Bereits am 10. Juni 2003 hatte der Kläger bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch angemeldet, da die V. familienversichertes Mitglied der Beklagten sei. Die Beklagte lehnte dies ab, da der Anspruch dadurch ausgeschlossen sei, dass V. bei ihr familienversichert sei.
Mit der am 28. Oktober 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, eine Pflegeperson für einen Kriegsbeschädigten sei nicht selbst Berechtigter in Bezug auf die Leistung, sondern lediglich Leistungsempfänger. Lediglich für familienversicherte Berechtigte jedoch sei die Erstattung ausgeschlossen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
"Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig.
Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht am fehlenden Feststellungsinteresse des Klägers. Dieses ist zwar grundsätzlich zu verneinen, wenn es dem Kläger möglich und zumutbar ist, einen Anspruch zu beziffern und im Wege der Leistungsklage geltend zu machen. Da vorliegend zur Bestimmung von Umfang und Höhe des Erstattungsanspruchs aber noch eine nachträgliche Ermessensausübung durch die Beklagte (§§ 23 Abs. 2, 40 Abs. 3 SGB V) erforderlich ist, ist es dem Kläger unmöglich, seinen Anspruch zu beziffern. Auf die (umstrittene) Frage, ob der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage bei Streitigkeiten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts überhaupt gilt (dazu Meyer-Ladewig u. a./Keller, SGG, 8. Aufl. 2005, § 55 Rdnr. 19 b), kommt es daher vorliegend nicht an.
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch bereits dem Grunde nach nicht zu.
Als Rechtsgrundlage des Anspruchs komm allein § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG in Betracht. Erbringt ein öffentlicher rechtlicher Leistungsträger eine Sachleistung, eine Zuschuss- oder sonstige Geldleistung oder eine mit einer Zuschussleistung für den gleichen Leistungszweck verbundene Sachleistung nicht, weil bereits auf Grund des BVG eine Sachleistung gewährt wird, ist er nach § 18 Abs. 5 Satz 2 BVG erstattungspflichtig, soweit er sonst Leistungen gewährt hätte.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach zu Recht nicht im Streit. Der Kläger hat der Versicherten eine Badekur als Sachleistung gewährt, was zur Folge hatte, dass die Beklagte, die grundsätzlich nach §§ 23 bzw. 40 Abs. 2 SGB V ebenfalls zur Erbringung derartiger Leistungen verpflichtet ist, diese nicht zu gewähren hatte.
Der Erstattungsanspruch des Klägers ist indes nach § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG ausgeschlossen.
Danach besteht die Erstattungspflicht nicht, wenn Leitungen für Berechtigte erbracht wurden, die nach § 10 SGB V versichert sind.
Letzteres ist bei der über ihren Ehemann bei der Beklagten familienversicherten Versicherten unstreitig der Fall. Zu entscheiden und zwischen den Beteiligten allein streitig ist dagegen, ob die Versicherte auch "Berechtigte" im Sinne dieser Vorschrift ist. Diese Frage ist entgegen der Ansicht des Klägers zu bejahen.
Berechtigter im Sinne des § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG ist jeder, dem ein eigener Leistungsanspruch nach dem BVG zusteht. Für diese Auslegung sprechen Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck des Gesetzes.
Berechtigter ist nach dem Wortsinn jemand, dem ein Recht bzw. ein Anspruch zusteht. Die von dem Kläger vertretene Einschränkung,, dass hierunter nur anerkannte Versorgungsberechtigte fallen sollen, lässt sich dem Wortlaut der Regelung nicht entnehmen.
Vielmehr sprechen sowohl die innere Systematik des § 18 c BVG als auch die Gesamtsystematik des BVG gegen diese Einschränkung. Das BVG unterscheidet in § 18 c und in vielen anderen Vorschriften zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern. Die Regelung in § 1 a BVG, wonach Leistungen zu versagen sind, wenn "der Berechtigte oder derjenige, von dem sich die Berechtigung ableitet, während der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat und er nach dem 13. November 1997 einen Antrag auf Leistungen gestellt hat, zeigt, das das Gesetz davon ausgeht, dass Berechtigter und Beschädigter nicht identisch sein müssen. Vielmehr ist der Begriff des Berechtigten im BVG grundsätzlich von dem des Leistungsempfängers abzugrenzen. Hinsichtlich des Begriffs des Leistungsempfängers verweist § 10 Abs. 4 Satz 3 BVG auf § 10 Abs. 4 Satz lit. a) und b) BVG. Nach diesen Vorschriften wird dem Schwerbeschädigten bzw. dem Empfänger einer Pflegezulage für die dort genannten Angehörigen bzw. Personen, die unentgeltlich seine Wartung und Pflege übernommen haben, Krankenbehandlung gewährt. Anspruchsinhaber (und damit Berechtigter) ist hier der Schwerbeschädigte bzw. Pflegezulageempfänger, nicht der Angehörige bzw. der Pflegende. Diese bezeichnet das Gesetz als Leistungsempfänger, weil sie - obwohl nicht selbst Anspruchsinhaber - die Leistungen tatsächlich erhalten (vgl. Rohr/Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, 64, EL, Stand 05/2001, § 10 BVG, K 27). Im Gegensatz dazu steht den in § 10 Abs. 4 Satz 1 lit. c) BVG genannten Witwen und hinterbliebenen Lebenspartnern ein Anspruch aus eigenem Recht zu (Rohr/Strässer, a.a.O., K 30). Sie sind daher - obwohl nicht selbst Beschädigte oder Pflegezulagenempfänger - Berechtigte und nicht bloße Leistungsempfänger. Konsequent verweist § 10 Abs. 4 Satz 3 BVG hinsichtlich des Begriffs des Leistungsempfängers auch nur auf § 10 Abs. 4 Satz 1 lit. a) und b) BVG und nicht auch auf lit. c) und § 10 Abs. 4 Satz 2 BVG spricht von den ‚unter Buchstabe c genannten Berechtigen’.
Danach sind die in § 12 Abs. 3 BVG genannten Pflegepersonen Berechtigte (und nicht Leistungsempfänger), weil ihnen zur Erhaltung der Pflegefähigkeit ein eigener Anspruch auf die Badekur gewährt wird und nicht dem Beschädigten oder Pflegezulageempfänger für sie.
Der Einschluss der Pflegepersonen nach § 12 Abs. 3 BVG in den Ausschlusstatbestand des § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG entspricht zudem auch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Zunächst kommt in § 18 c Abs. 5 BVG - worauf der Kläger zutreffend hinweist - der allgemeine Grundsatz des Entschädigungsrechts zum Ausdruck, dass die Kosten für die Behandlung von Schädigungsfolgen vorrangig der Versorgungsverwaltung zur Last fallen sollen, die für die Behandlung von Nichtschädigungsfolgen dagegen in erster Linie anderen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern (vgl. Rohr/Strässer, a.a.O., § 18 c BVG K 9). Durch diesen Grundsatz lassen sich jedoch nur die ersten beiden Ausschlusstatbestände in § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG erklären (vgl. auch Rohr/Strässer, a.a.O.), nicht dagegen der hier einschlägige 3. Fall. Dieser Ausschlusstatbestand lässt sich nur so erklären, dass bei nach § 10 SGB V (beitragsfrei) Familienversicherten die Kostenverteilung danach erfolgen soll, ob es sich um Berechtigte oder Leistungsempfänger handelt. Bei Leistungsempfängern soll die Krankenkasse die in § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG genannten Kosten tragen und bei Berechtigten, denen das BVG einen eigenen Anspruch gewährt, die Versorgungsverwaltung. Dies steht auch im Einklang mit der Regelung in § 19 Satz 2 BVG, wonach der Krankenkasse Leistungen für ihre Mitglieder nur erstattet werden, soweit sie schädigungsbedingt sind. Da nach § 10 SGB V Familienversicherte keine Mitglieder in der Krankenkasse sind (vgl. bereits den Wortlaut der Vorschrift), lässt sich hieraus im Umkehrschluss entnehmen, dass bezüglich dieser Personen der Grundsatz des Vorrangs der Krankenkasse bei der Tragung der Kosten nicht schädigungsbedingter Folgen nicht gilt.
Sofern in der Literatur unter Hinweis auf § 20 Satz 2 BVG a. F. (in der Fassung von Art. II § 9 Nr. 4 des Gesetzes vom 4. November 1982, BGBl. I, S. 1450 m.W. vom 1. Juli 1983) vertreten wurde, dass Leistungen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BVG von dem Ausschlusstatbestand in § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG nicht erfasst werden (Fehl, in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage 1992, § 18 c BVG Rdnr. 24), wurde dieser Ansicht mit der grundlegenden Neuregelung der §§ 19, 20 BVG mit Wirkung vom 1. Januar 1994 (Gesetz vom 21. Juli 1993, BGBl. I, S. 1262) der Boden entzogen. Während nämlich nach § 20 Satz 2 BVG a. F. der Vorrang der Krankenkasse hinsichtlich der Tragung der Kosten nichtschädigungsbedingter Folgen auch bei nach § 10 SGB V Familienversicherten uneingeschränkt galt, beschränkt § 19 Satz 2 BVG diesen Grundsatz seither - wie bereits dargelegt - auf Mitglieder der Krankenkasse. Für eine Einschränkung des § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG bezüglich Badekuren nach § 12 Abs. 3 BVG besteht folglich seither kein sachlicher Grund mehr.
Dementsprechend hat das BSG in seiner Entscheidung vom 16. November 1999 (B 1 KR 17/98 R) die Anwendung der Vorschrift des § 18 c Abs. 5 Satz 3, Fall 3 BVG im Rahmen der Erstattung der Kosten einer Badekur auch nicht allgemein verneint, sondern im konkreten Fall lediglich daran scheitern lassen, dass die Pflegeperson nicht nach § 10 SGB V familienversichert, sondern selbst Mitglied der Krankenkasse war."
Gegen diesen dem Kläger am 29. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich dessen Berufung vom 5. Juni 2008, mit dem er sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und darlegt, die Unterscheidung zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern sei ein fester Grundsatz, der sich durch das gesamte Heilbehandlungsrecht des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - ziehe und der auch durch § 12 Abs. 3 BVG nicht außer Kraft gesetzt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2008 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für die Gewährung einer Badekur für Frau S M zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Akte des Klägers und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Badekur der V. hat.
Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und sieht daher zur Vermeidung bloßer Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Er weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurück (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu gelangen. Die entscheidende Frage ist, wie das Sozialgericht erkannt hat und worin auch die Beteiligten übereinstimmen, ob die V. Berechtigte gemäß § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG ist oder nicht. Wenn der Kläger vorträgt, die Unterscheidung zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern sei ein fester Grundsatz, der sich durch das gesamte Heilbehandlungsrecht des BVG ziehe, so ist dies zutreffend. Wenn er aber weiter darlegt, dieses Prinzip werde durch § 12 Abs. 3 BVG "nicht außer Kraft gesetzt", so teilt der Senat diese Auffassung nicht. Vielmehr ist es so, dass, wie das Sozialgericht dargelegt hat, die Badekuren für Pflegepersonen keinen abgeleiteten Anspruch aus dem Anspruch des Versorgungsempfängers darstellen, sondern einen eigenen Anspruch für Pflegepersonen begründen sollen. Insofern wird der Unterschied zwischen Berechtigten und Leistungsempfängern "nicht außer Kraft gesetzt", sondern es findet an dieser Stelle insoweit eine Modifizierung statt. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass das Gesetz dort, wo es den Pflegepersonen einen eigenen Anspruch auf eine Badekur gewährt, diese als Berechtigte bezeichnet (§ 12 Abs. 3 Satz 5 BVG). Wenn der Gesetzgeber aber dort Personen, die nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVG einen Anspruch auf eine Badekur haben, als Berechtigte bezeichnet, so zeigt bereits der Wortlaut des Gesetzes, dass der Kläger mit seiner Annahme fehlgeht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO, der Beschluss über die Streitwertfestsetzung aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da sich die Antwort auf die hier zu entscheidende Frage schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, so dass, obwohl höchstrichterliche Rechtsprechung zur hier entscheidenden Frage, soweit ersichtlich, nicht vorliegt, eine grundsätzliche Bedeutung nicht angenommen werden kann (§ 160 Abs. 2 SGG).
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