L 1 R 337/08 WA

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 R 159/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 337/08 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wiederaufnahmeklage
Es wird festgestellt, dass das Verfahren L 1 R 361/07 durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen vom 18. September 2008 beendet worden ist.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Fortführung eines Verfahrens, in dem es um die Neufeststellung seiner Rente unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem Anspruchs- und Anwartschafts-Überführungsgesetz (AAÜG) ging.

Nach erfolglosem Verwaltungsverfahren hatte der am 1924 geborene Kläger am 08. Februar 2001 gegen die Beklagte als Rentenversicherungsträger Klage beim Sozialgericht (SG) Dessau mit dem Ziel erhoben, im Wege des sog. Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem AAÜG eine höhere Rente zu erlangen. Wegen eines anhängigen vorgreiflichen Verfahrens gegen den Zusatzversorgungsträger (SG Dessau – S 6 RA 64/01 –) ordnete das SG auf den gemeinsamen Antrag der Beteiligten hin mit Beschluss vom 17. Juni 2002 das Ruhen des Verfahrens an.

Nach rechtskräftigem (für den Kläger negativen) Abschluss des Verfahrens gegen den Zusatzversorgungsträger (Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 08. November 2006 – L 1 RA 99/04 –) wurde das Verfahren vor dem SG im Jahre 2007 wieder aufgenommen. Mit Gerichtsbescheid vom 13. August 2007 – S 2 R 159/07 – wies das SG Dessau-Roßlau die Klage ab. Eine Neuberechnung der Rente hätte nur dann erfolgen können, wenn Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hätten festgestellt werden können. Das sei aber hier nicht der Fall. Einen Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision lehnte das SG mit Beschluss vom 12. September 2007 ab.

Gegen den am 17. August 2007 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 10. September 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt ein. In einem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 18. September 2008 erklärten nach Erörterung der Sach- und Rechtslage beide Beteiligte das Verfahren übereinstimmend für erledigt. Nach dem Protokoll der Sitzung wurde diese Erklärung beiden Beteiligten vorgespielt und von ihnen genehmigt. Ferner stellte der Kläger zu Protokoll des Gerichts bei der Beklagten einen Antrag nach § 44 SGB X.

Mit bei Gericht am 24. Oktober 2008 eingegangenen Schriftsatz vom 22. Oktober 2008 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens L 1 R 361/07. Er habe in dem Erörterungstermin keine Erledigung des Verfahrens erklärt. Er sei "aufs Glatteis geführt worden", was er als "undemokratisch" empfinde. Seine Kenntnis der Prozessordnung der Sozialgerichte sei unvollständig gewesen, so dass er sich erst habe kundig machen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Verfahren L 1 R 361/07 wieder aufzunehmen und die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 13. August 2007 und des Bescheides vom 17. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 zu verurteilen, seine Rente unter Berücksichtigung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatz- bzw. Sonderversorgungssystem neu festzustellen.

Die Beklagte hat sich zu dem Wiederaufnahmeantrag des Klägers nicht geäußert. Sie hat mitgeteilt, dass bezüglich des im Termin vom 18. September 2008 gestellten Antrags nach § 44 SGB X nunmehr ein Widerspruchsverfahren anhängig sei.

Das Landessozialgericht hat vom SG Dessau-Roßlau die Verfahrensakte S 1(6) RA 324/02 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 1 R 361/07, denn dieses ist durch die Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen in der nichtöffentlichen Sitzung am 18. September 2008 erledigt worden. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren beendet die übereinstimmende Erklärung der Erledigung der Hauptsache das Verfahren (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 125 RdNr. 7 mit weiteren Nachweisen).

Prozessrechtliche Gründe für eine Unwirksamkeit der in dem Termin abgegebenen Erledigungsgründe liegen nicht vor. Vielmehr sind die Erklärungen in der Sitzung ordnungsgemäß auf einem Tonträger vorläufig aufgezeichnet, den Beteiligten vorgespielt und von diesen genehmigt worden (§§ 153 Absatz 1, 122 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit den §§ 160a, 162 Zivilprozessordnung (ZPO)). Dies ist in der gefertigten Sitzungsniederschrift vom 18. September 2008, die von dem den Erörterungstermin durchführenden Berichterstatter des Senats und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben worden ist (§ 163 ZPO), beurkundet. Als öffentliche Urkunde begründet sie den vollen Beweis der abgegebenen Erklärung (§ 118 Absatz 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 415 Absatz 1 ZPO). Die Behauptung des Klägers, er habe eine solche Erklärung nicht abgegeben, geht deshalb ins Leere. - Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei der Abgabe seiner Erledigungserklärung nicht prozessfähig war.

Die wirksame Abgabe einer Erledigungserklärung kann als Prozesshandlung auch nicht durch Anfechtung (§§ 119, 123 Bürgerliches Gesetzbuch) beseitigt werden. Denn die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit und Anfechtung, insbesondere wegen Irrtums oder Drohung, sind auf Prozesshandlungen wie die Erklärung der Erledigung des Verfahrens nicht anwendbar (Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2002 – B 9 V 75/01 B – zitiert nach juris). Dies folgt aus der Rechtsnatur von Prozesshandlungen als grundsätzlich bedingungsfeindlich, unwiderruflich und nicht anfechtbar. Denn aus Gründen der Rechtssicherheit muss feststehen, wann ein Prozess beendet ist.

Ein Wiederaufgreifen eines durch eine Prozesshandlung erledigten Verfahrens ist vielmehr ausnahmsweise nur dann möglich, wenn Wiederaufnahmegründe im Sinne der §§ 179, 180 SGG in Verbindung mit den §§ 579, 580 ZPO vorliegen. Dass solche Gründe gegeben sein sollen behauptet der Kläger nicht. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat auch erwogen, ob dem Kläger in Anwendung von § 192 Absatz 1 Satz 1 SGG Verfahrenskosten aufzuerlegen sind. Insbesondere wegen seines Alters hat er davon in diesem Verfahren abgesehen.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Absatz 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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