S 5 KR 5778/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 5778/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit kann auch dann „erwerbsmäßig“ i. S. des § 1 KSVG sein, wenn das - angestrebte - Einkommen aus der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit allein nicht ausreicht, um die Kosten des Lebensunterhalts zu decken.
2. Übt der Selbstständige verschiedene künstlerische und / oder publizistische Tätigkeiten aus, kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitseinkommen aus jeder dieser Tätigkeiten schon für sich genommen die maßgebliche Grenze von 3.900 € nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG übersteigt; vielmehr ist das Arbeitseinkommen aus sämtlichen Tätigkeiten zusammenzurechnen.
3. Übt der Selbstständige verschiedene künstlerische und / oder publizistische Tätigkeiten erwerbsmäßig aus, richtet sich der Beginn der Frist des § 3 Abs. 2 Satz 1 KSVG einheitlich für alle Tätigkeiten nach der zuerst aufgenommenen Tätigkeit; die spätere Aufnahme weiterer künstlerischer und / oder publizistischer Tätigkeiten eröffnet keine neue Frist.
Tenor: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt.

Bis zum 28.12.2006 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Für die Zeit vom 29.12.2006 - 28.9.2007 bewilligte ihr die Agentur für Arbeit P. einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit.

Am 29.12.2006 meldete die Klägerin der Beklagten, sie habe eine selbständige künstlerische Tätigkeit aufgenommen, und zwar im Bereich bildende Kunst/Design; im Fragebogen der Beklagten kreuzte sie die Kategorien "experimenteller Künstler, Objektemacher", "Maler, Zeichner, künstlerischer Grafiker" und "Pädagoge, Ausbilder im Bereich bildende Kunst/Design" an.

Mit Bescheid vom 10.4.2007 stellte die Beklagte fest, die Klägerin unterliege nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG. Die Versicherungspflicht setze gemäß § 1 KSVG die erwerbsmäßige und nicht nur vorübergehende Ausübung einer selbständigen künstlerischen Tätigkeit voraus. Die Tätigkeit müsse nachhaltig ausgeübt werden, von der Absicht einer ernsthaften Beteiligung am Wirtschaftsleben getragen und objektiv geeignet sein, zum Lebensunterhalt des Künstlers beizutragen. Daran fehle es hier. Die von der Klägerin übersandten Unterlagen ließen nicht ausreichend erkennen, dass sie eine selbständige künstlerische Tätigkeit nachhaltig und erwerbsmäßig ausübe.

Der Widerspruch der Klägerin vom 7.5.2007 blieb ohne Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid vom 1.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, die Klägerin habe zum Nachweis ihrer Einnahmen aus Malkursen lediglich eine Rechnung (über 190 EUR) sowie drei Quittungen (über 32 EUR, 60 EUR und 70 EUR) übersandt. Weiterhin belegt habe sie Zahlungen der K.-Fachverlag GmbH (für das erste Halbjahr 2006: 522,41 EUR; für das zweite Halbjahr 2006: 218,72 EUR) und der Verlag H. GmbH (im Oktober 2006: 39,64 EUR; im Januar 2007: 15,60 EUR). Diese Einnahmen der Klägerin reichten nicht aus, um substantiell zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen. Angesichts dessen scheide Versicherungspflicht nach § 1 KSVG jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus.

Mit der am 3.12.2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Sie trägt vor, sie schaffe Gemälde und führe in ihrem Atelier Malkurse durch, sei also künstlerisch tätig. Diese Tätigkeiten dauerten weiter an; entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgten sie daher nicht nur vorübergehend. Im Jahre 2007 habe sie 13 künstlerische Werke im Gesamtwert von 2.650 EUR verkauft. Zwar sei gemäß § 3 Abs. 1 KSVG versicherungsfrei, wer im Kalenderjahr aus selbständiger Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitsentgelt erzielt, das 3.900 EUR nicht übersteigt; im Jahre 2007 habe ihr Einkommen wohl unter dieser Grenze gelegen. Gemäß § 3 Abs. 2 KSVG gelte die Regelung über die Versicherungsfreiheit nach § 3 Abs. 1 KSVG aber nicht bis zum Ablauf von drei Jahre nach erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit. Dadurch solle den regelmäßig auftretenden Anfangsschwierigkeiten Rechnung getragen werden. In den ersten drei Jahren seien Künstler also unabhängig davon versicherungspflichtig, ob ihre Einnahmen eine bestimmte Höhe erreichten. Sie, die Klägerin, gehöre zur Gruppe der Berufsanfänger. Denn erwerbsmäßig habe sie ihre selbständige künstlerische Tätigkeit erst im Jahr 2007 aufgenommen. Dem stehe nicht entgegen, dass sie bereits seit 1999 als Autorin arbeite. Von 1999 bis April 2006 sei sie als Erzieherin angestellt gewesen. Ihre Autorentätigkeit habe sie nur nebenbei und in geringfügigem Umfang ausgeübt. Auch heute entfalle auf diese Tätigkeit weniger als 5 % ihrer Arbeitszeit; sie habe nicht vor, diese Tätigkeit auszuweiten. Durch die Autorentätigkeit verdiene sie ca. 500 EUR pro Jahr. Dies reiche zum Lebensunterhalt nicht aus. Mit der hier streitigen künstlerischen Tätigkeit habe die Autorentätigkeit nichts zu tun. Aus diesem Grund habe sie die Autorentätigkeit weder in der Meldung gegenüber der Beklagten noch im Antrag auf einen Gründungszuschuss erwähnt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids vom 10.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.11.2007 festzustellen, dass sie seit dem 29.12.2006 der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, die Klägerin sei keine Berufsanfängerin mehr. Denn bereits seit 1999 habe sie als freie Autorin für den K.-Fachverlag und den H. Verlag gearbeitet. Angesichts dessen müsse sie glaubhaft machen, dass ihr Einkommen aus der künstlerischen Tätigkeit im Jahre 2007 über der Mindestentgeltgrenze nach § 3 Abs. 1 KSVG gelegen habe. Dies sei nicht geschehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1) Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klägerin unterliegt nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG. Zwar gehört sie grundsätzlich zu den nach § 1 KSVG versicherten Personen (dazu a); es besteht aber Versicherungsfreiheit nach § 3 KSVG (dazu b).

a) Gemäß § 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen.

aa) Die Klägerin ist sowohl publizistisch (dazu (1)) als auch künstlerisch (dazu (2)) tätig.

(1) Bei der Autorentätigkeit der Klägerin handelt es sich um eine publizistische Tätigkeit i. S. des KSVG.

Publizist i. S. des KSVG ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (§ 2 Satz 2 KSVG). Dazu gehört - bei der gebotenen weiten Auslegung - jeder, der im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch mitwirkt. Die erstellten Schriftwerke müssen für die Öffentlichkeit bestimmt sein. Als Öffentlichkeit genügt bereits ein sehr enger Kreis von Interessenten, z. B. bei hochspezialisierten Fachzeitschriften und Lehrbüchern (BSG, SozR 3-5425 § 2 Nr. 7 Seite 24 f; Nr. 12 Seite 53 f.).

Im vorliegenden Fall ist die Klägerin für die K.-Fachverlag GmbH und die Verlag H. GmbH als Autorin tätig. Ihre Artikel betreffen Themen der Pädagogik und erscheinen (zusammen mit Beiträgen anderer Autoren) in brochierten Büchern, die für eine prinzipiell unbegrenzte (Fach-)Öffentlichkeit bestimmt sind. Dies ist als publizistische Tätigkeit anzusehen.

(2) Die Klägerin ist darüber hinaus auch künstlerisch tätig.

Künstler i. S. des KSVG ist u. a., wer bildende Kunst schafft oder lehrt (§ 2 Satz 1 KSVG). Zur Lehre von Kunst gehören nur solche Tätigkeiten, die der Vermittlung praktischer Fertigkeiten oder theoretischer Kenntnisse dienen und sich auf die Fähigkeiten der Auszubildenden bei der aktiven Ausübung von Kunst auswirken; es genügt allerdings, wenn der Unterricht auf eine laienhafte - und nicht: berufsmäßige - Ausübung von Kunst zielt (BSG, SozR 3-5425 § 2 Nr. 1 Seite 4; Nr. 7 Seite 21).

Als Malerin schafft die Klägerin bildende Kunst, ist also künstlerisch tätig. Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob auch die von ihr angebotenen Malkurse eine künstlerische Tätigkeit (Lehre von Kunst) darstellen; möglicherweise erschöpfen sich die Malkurse darin, den Teilnehmern einen äußeren Rahmen für ihre Entfaltung anzubieten, ohne dass den Teilnehmern wesentliche Kenntnisse oder Fertigkeiten vermittelt werden sollen.

bb) Die Malerei und die Autorentätigkeit übt die Klägerin erwerbsmäßig aus.

Eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erfolgt erwerbsmäßig, wenn sie nicht nur aus Liebhaberei, sondern zum Zwecke des "Broterwerbs" ausgeübt wird (BSG, SozR 3-5425 § 2 Nr. 1 Seite 3; Nr. 12 Seite 52). Sie muss auf die Erzielung von Erwerbseinkommen gerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.12.2001, L 16 KR 211/99, Rdnr. 21 - nach Juris). Es kommt allerdings nicht darauf an, ob das - angestrebte - Einkommen aus der künstlerischen oder publizistische Tätigkeit allein ausreicht, um die Kosten des Lebensunterhalts zu decken. Denn wie sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG ergibt, ist Versicherungspflicht nach dem KSVG grundsätzlich bereits ab einem jährlichen Arbeitseinkommen in Höhe von 3.900,01 EUR (= 325 EUR pro Monat) möglich - dieser Betrag liegt deutlich unter dem durch die §§ 20 ff. SGB II definierten Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sogar ein "Nulleinkommen" steht einer erwerbsmäßigen Tätigkeit nach dem KSVG nicht zwingend entgegen (vgl. Finke in: Finke/Bachmann/ Nordhausen, KSVG, 3. Aufl., § 3 Rdnr. 17).

Im vorliegenden Fall schafft die Klägerin nicht nur Gemälde für private Zwecke; vielmehr stellt sie diese auch aus und bietet sie dabei zum Verkauf an. Ihre Tätigkeit als Malerin ist also zumindest auch auf die Erzielung von (Neben-)Einkommen gerichtet, erfolgt also erwerbsmäßig. Gleiches gilt für die Tätigkeit der Klägerin als Autorin. Dies ergibt sich ohne weiteres aus ihren Verträgen mit der K.-Fachverlag GmbH und der Verlag H. GmbH: Darin verpflichten sich die Verlage, der Klägerin für ihre Beiträge ein bestimmtes Honorar zu zahlen.

cc) Die Malerei und die Autorentätigkeit übt die Klägerin "nicht nur vorübergehend" aus.

Eine mehr als vorübergehende Tätigkeit liegt vor, wenn sie länger als zwei Monate andauert (Finke, a. a. O., § 1 Rdnr. 22).

So verhält es sich hier. Sowohl die Malerei als auch ihre Autorentätigkeit übt die Klägerin (nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung und in dem der Agentur für Arbeit übersandten Lebenslauf) schon seit 1999 in dem o. a. Umfang - also erwerbsmäßig - aus.

b) Im streitigen Zeitraum seit dem 29.12.2006 besteht für die Klägerin Versicherungsfreiheit nach § 3 KSVG. Denn ihr Arbeitseinkommen liegt unter der maßgeblichen Grenze des § 3 Abs. 1 KSVG (dazu aa); die Ausnahmeregelung für Berufsanfänger nach § 3 Abs. 2 KSVG gilt hier nicht (dazu bb).

aa) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG ist versicherungsfrei nach diesem Gesetz, wer im Kalenderjahr aus selbstständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erzielt, dass 3.900 EUR nicht übersteigt. Wird die selbstständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit nur während eines Teils des Kalenderjahres ausgeübt, ist diese Grenze gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 KSVG entsprechend herabzusetzen. Übt der Selbstständige verschiedene künstlerische und / oder publizistische Tätigkeiten aus, kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitseinkommen aus jeder dieser Tätigkeiten schon für sich genommen die maßgebliche Grenze von 3.900 EUR übersteigt; vielmehr ist das Arbeitseinkommen aus sämtlichen Tätigkeiten zusammenzurechnen: Maßstab für die Beitragsbemessung ist im KSVG das "voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen" (vgl. § 15 KSVG i. V. m. § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI; § 16 Abs. 1 Satz 1 KSVG i. V. m. § 234 Abs. 1 Satz 1 SGB V; § 16a Abs. 1 Satz 1 KSVG i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 36a Satz 1 KSVG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Das Einkommensteuerrecht differenziert indes nicht zwischen verschiedenen Arten künstlerischer und / oder publizistischer Tätigkeit, sondern fasst diese zu einer einheitlichen Gruppe zusammen (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG - Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit). Gleiches muss auch bei der Prüfung der Einkommensgrenze nach § 3 Abs. 1 KSVG gelten.

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Jahr 2006 (anteilig) oder in den Jahren seit 2007 aus ihren verschiedenen künstlerischen und publizistischen Tätigkeiten (Malerei; Autorentätigkeit; ggf. Malkurse) zusammengerechnet Arbeitseinkommen von mehr als 3.900 EUR jährlich erzielt hat. Auch die Klägerin räumt ein, dass ihr Arbeitseinkommen wohl unter diese Grenze liegt.

bb) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, bei ihr handele es sich um eine Berufsanfängerin, für die die Einkommensgrenze nach § 3 Abs. 1 KSVG (noch) nicht gelte.

(1) § 3 Abs. 1 KSVG gilt nicht bis zum Ablauf von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit (§ 3 Abs. 2 Satz 1 KSVG in der seit dem 1.7.2001 geltenden Fassung des Gesetzes vom 13.6.2001, BGBl I Seite 1027). Für Künstler und Publizisten, die die künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Juli 2001 erstmals aufgenommen haben, beträgt die Frist fünf Jahre (vgl. die Übergangsvorschrift des § 56 Abs. 1 KSVG i. d. F. des Gesetzes vom 13.6.2001, BGBl I Seite 1027, i. V. m. § 3 Abs. 2 KSVG i. d. F. des Gesetzes vom 22.12.1981, BGBl I Seite 1497). Die Drei- bzw. Fünfjahresfrist beginnt erst zu dem Zeitpunkt, ab dem die Tätigkeit erwerbsmäßig erfolgt (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; Finke, a. a. O., § 3 Rdnr. 19). Übt der Selbstständige verschiedene künstlerische und / oder publizistische Tätigkeiten erwerbsmäßig aus, richtet sich der Fristbeginn einheitlich für alle Tätigkeiten nach der zuerst aufgenommenen Tätigkeit; die spätere Aufnahme weiterer künstlerischer und / oder publizistischer Tätigkeiten eröffnet keine neue Frist (so wohl auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 6.4.2005, L 4 RA 137/03, Rdnr. 30 f. - nach Juris). Denn wenn bei der Prüfung der Einkommensgrenze nach § 3 Abs. 1 KSVG das Arbeitseinkommen aus sämtlichen Tätigkeiten zusammenzurechnen ist (siehe aa), müssen für die Frage, ob von dieser Einkommensgrenze ausnahmsweise abgewichen werden darf, ebenfalls alle Tätigkeiten zusammengefasst werden.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin sowohl die Malerei als auch ihre Autorentätigkeit bereits im Jahr 1999 - also vor dem 1.7.2001 - erwerbsmäßig aufgenommen (siehe a); auf den späteren Beginn der Malkurse kommt es nicht an. Einschlägig ist hier somit die fünfjährige Frist des § 3 Abs. 2 KSVG i. d. F. des Gesetzes vom 22.12.1981 (BGBl I Seite 1497). Diese Frist war spätestens im Jahr 2005 - also deutlich vor dem hier streitigen Zeitraum ab dem 29.12.2006 - abgelaufen.

(2) Dem Ablauf der Frist nach § 3 Abs. 2 KSVG a. F. steht nicht entgegen, dass die Klägerin seit 1999 (wohl schon mangels Meldung, vgl. § 8 KSVG) nicht nach dem KSVG versichert war. Denn das Gesetz knüpft den Fristbeginn allein an die erstmalige Aufnahme einer Tätigkeit, unabhängig davon, ob sie zu Versicherungspflicht nach dem KSVG führt (so auch zur ähnlichen Regelung des § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI: BSG, SozR 3-2600 § 165 Nr. 1 Seite 3 f.). Die Privilegierung des § 3 Abs. 2 KSVG soll dem Schutz von Berufsanfängern während der oft schwierigen Anlaufzeit dienen (BT-Drucks. 9/26 Seite 18), also den regelmäßig auftretenden Anfangsschwierigkeiten dieser Personen Rechnung tragen (Finke, a. a. O., § 3 Rdnr. 17). Ob sich ein Künstler oder Publizisten noch in der "Anlaufzeit" bis zur Etablierung am Markt befindet, lässt sich allein zeitlich bestimmen; der Gesetzgeber hat typisierend einen Zeitraum von drei bzw. fünf Jahren angenommen. Kein geeigneter Maßstab für die Bestimmung der "Anlaufzeit" ist hingegen, ob Versicherungspflicht nach dem KSVG besteht. Folgerichtig setzt die erstmalige Aufnahme einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit die Frist auch dann in Gang, wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs des KSVG erfolgt (Finke, a. a. O., § 3 Rdnr. 19).

(3) Zu keinem anderen Ergebnis führt § 3 Abs. 2 Satz 2 KSVG i. d. F. des Gesetzes vom 13.6.2001 (BGBl I Seite 1027), wonach sich die - dreijährige - Frist des § 3 Abs. 2 Satz 1 KSVG um bestimmte Unterbrechungstatbestände verlängert (vgl. dazu BT-Drucks. 14/5066 Seite 12; Finke, a. a. O., § 3 Rdnr. 19 ff.). Denn maßgeblich ist hier die die - fünfjährige - Frist des § 3 Abs. 2 KSVG i. d. F. des Gesetzes vom 22.12.1981 (BGBl I Seite 1497). Diese Vorschrift sah noch keine Verlängerungsmöglichkeit vor (vgl. Finke, a. a. O., § 3 Rdnr. 19 und 23).

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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