L 12 SF 792/09 A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SF 792/09 A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen Richter am Sozialgericht K. wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin hat keinen Erfolg.

Für die Ablehnung von Gerichtspersonen gilt über die Bestimmung des § 60 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Vorschrift des § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

Der Zulässigkeit des Befangenheitsgesuchs steht entgegen der gerichtlichen Mitteilung vom 17. September 2008 (damaliges Aktenzeichen: L 8 SF 4348/08 A) nicht entgegen, dass über das im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 14 AS 3058/08 ER) gestellte Ablehnungsgesuch der Klägerin bereits mit Beschluss vom 22. Juli 2008 rechtskräftig entschieden wurde (L 2 SF 3350/08 A). Das am 11. September 2008 gestellte Ablehnungsgesuch betrifft das vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) anhängige Hauptsacheverfahren S 14 AS 2078/08, so dass keine entgegenstehende Rechtskraft des Beschlusses vom 22. Juli 2008 gegeben ist.

Zur Zulässigkeit eines Befangenheitsantrages bedarf es der Glaubhaftmachung der Ablehnungsgrundes (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO); dieser ist durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise zu substantiieren (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 57; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (LSG) Breithaupt 1994, 87, 88). Die Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs ist mithin gegeben, wenn das Vorbringen des Beteiligten von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 54 Nr. 50). Ob das Ablehnungsgesuch gegen Richter am Sozialgericht K. in diesem Sinne bereits unzulässig ist, lässt der Senat ausdrücklich dahingestellt sein. Denn das Gesuch ist jedenfalls unbegründet.

Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der den am Verfahren Beteiligten auch von seinem Standpunkt befürchten lassen, der Richter werde nicht unparteiisch sachlich entscheiden. Es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich "befangen" ist; entscheidend ist vielmehr ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei verständiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. Bundesverfassungsgericht BVerfGE 73, 330, 335; Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 60 Nr. 1). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei objektiv feststellbaren Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen nicht aus (vgl. BSG SozR 1500 § 60 Nr. 3; BVerwGE 50, 36, 39). Allein die unrichtige Anwendung von Verfahrens- oder materiellem Recht ist mithin kein für die Richterablehnung ausreichender Grund, denn diese ist grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen für unrichtig gehaltenes prozessuales Vorgehen oder für unzutreffend angesehene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren, es sei denn, die mögliche Fehlerhaftigkeit beruhte auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder Willkür (vgl. Bundesarbeitsgericht NZA 1993, 238, 239, Bundesfinanzhof (BFH) NVwZ 1998, 663, 664). Ferner begründet allein die Tatsache, dass der abgelehnte Richter an einer Entscheidung in einem anderen Verfahren mitgewirkt hat, keine Besorgnis der Befangenheit, und zwar auch wenn diese Entscheidung in verfahrens- oder materiell-rechtlicher Hinsicht rechtswidrig gewesen sein sollte, es sei denn, die Unrichtigkeit der Entscheidung ließe auf eine unsachliche Einstellung des Richters schließen (vgl. nochmals BFH NVwZ a.a.O.). Die Richterablehnung dient nicht dazu, für unliebsam gehaltene Richter auszuschalten; denn es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass durch die Stattgabe des Ablehnungsgesuchs ein anderer als der gesetzlich vorgesehene Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) ohne oder sogar gegen den Willen des anderen Beteiligten zur Entscheidung berufen wird.

Die Voraussetzungen für eine Richterablehnung liegen hier nicht vor. Die Klägerin begründet ihr Befangenheitsgesuch im Wesentlichen mit Untätigkeit des Richters, wobei sie sich inhaltlich auf das Eilverfahren S 14 AS 3058/08 ER bezieht und dort rügt, dass auf ihren am 23. Juni 2008 gestellten Antrag trotz der am 1. Juli 2008 eintretenden Absenkung der Leistung wegen einer Sanktion Erörterungstermin erst auf den 11. Juli 2008 angesetzt worden sei. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des 2. Senats, dass hierin unter keinem Gesichtspunkt ein objektiver Grund gesehen werden kann, an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters zu zweifeln (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2008 - L 2 SF 3350/08 A). Soweit die Klägerin weiter allgemein grobe Verfahrensfehler, eine Ungleichbehandlung der Parteien und willkürliche Benachteiligung geltend macht, ist dieses Vorbringen - soweit es näher dargelegt wird - nicht nachzuvollziehen und im Übrigen unsubstantiiert. Aus dem Verfahrensablauf lassen sich nach Lage der Akten keinerlei Anhaltspunkte für die vorgebrachten Behauptungen der Klägerin entnehmen. Die Klage, die sich gegen den Sanktionsbescheid (Absenkung um 30%) der Beklagten vom 11. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2008 richtet, wurde am 25. April 2008 erhoben. Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 forderte das SG sowohl von der Klägerin wie auch von der Beklagten ergänzende Stellungnahmen bzw. konkrete Auskünfte an. Nachdem die Klägerin im Eilrechtsschutzverfahren S 14 AS 3058/08 ER (Beschluss vom 7. August 2008) vollen Erfolg hatte und u.a. auch die aufschiebende Wirkung der hier anhängigen Klage angeordnet worden war, gab die Beklagte mit Schreiben vom 18. August 2008 ein Anerkenntnis ab. Dieses Anerkenntnis hat die Klägerin nicht angenommen, stattdessen am 11. September 2008 einen Befangenheitsantrag gestellt. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, wie aus dem Beschluss des SG vom 7. August 2008 ersichtlich sein sollte, wie der abgelehnte Richter "versucht, die widerrechtliche Vorgehensweise der Arbeitsgemeinschaft zu vertuschen", so die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 11. September 2008.

Nach allem ergeben sich keine Anhaltspunkte, Richter am Sozialgericht K. werde dem Begehren der Klägerin im Klageverfahren S 14 AS 2078/08 nicht unvoreingenommen gegenüber stehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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