L 7 R 1432/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 598/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1432/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 9. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zusteht.

Der am 1948 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker und war in diesem Beruf, als LKW-Fahrer sowie zuletzt bis zum Juli 2002 als Platzmeister bzw. im Bereich Kfz-Reparatur tätig. Er ist seit 17. September 2003 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von zunächst 50, dann ab 15. März 2005 von 60 anerkannt (vgl. Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald - Versorgungsamt - vom 10. März 2006).

Auf seinen Antrag wurde ihm von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA), mit Bescheid vom 26. August 2002 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. August 2001 bewilligt.

Am 3. Februar 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren ließ die Beklagte den Kläger vom Internisten Dr. C. sozialmedizinisch untersuchen und begutachten. Dr. C. stellte unter dem 15. August 2005 beim Kläger eine Schulterteilsteife beidseits bei Impinge¬mentsyndrom und alter Rotatorenmanschettenruptur rechts, degenerative Wir¬belsäulenveränderungen mit Funktionsbeeinträchtigungen vor allem im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, einen alten Bandscheibenvorfall L4/5 links mit Wurzelschaden L5 links, eine Innenmeniskusläsion und Kreuzbandlockerung an beiden Kniegelenken und eine Aor¬teninsuffizienz NYHA I ohne haemodynamische Folgeschäden fest. Anamnestisch B.ehe wahr¬scheinlich noch eine Migraine acompagne. Auf Grund dieser Gesundheitsstörungen seien auch körperlich leichte Berufstätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen nur noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar. Es könne sich dabei nur um eine leichte Arbeit in temperierten Räumen in wechselnder Körperhaltung, also beispielsweise als Museumsaufsicht handeln, wobei die zeitliche Belastbarkeit auch hier unter sechs Stunden am Tag liege. In das Verfahren einbezogen wurde auch ein im Rahmen eines Verfahrens vor dem Sozialgericht Freiburg (SG), betreffend die Feststellung des Grads der Behinderung (GdB), eingeholtes orthopädisches Gutachten des Dr. Schreiber vom 29. März 2005.

Mit Bescheid vom 26. August 2005 wurde dem Kläger, ausgehend von einem Leistungsfall im Februar 2005, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2008 bewilligt. Im Bescheid wird zur Begründung ausgeführt, der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil die volle Erwerbsminderung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers beruhe, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes. Die Rente werde ab Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, mit welchem er die Gewährung der Rente als Dauerrente geltend machte mit der Begründung, es liege ein progredientes Krankheitsbild vor, bei welchem eine Besserung nicht mehr erkennbar sei. Es B.ehe daher kein sachlicher Grund, die Rente auf Zeit zu bewilligen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2006 zurückgewiesen mit der Begründung, eine arbeitsmarktbedingte Rente wegen voller Erwerbsminderung kön¬ne nur auf Zeit geleistet werden.

Dagegen hat der Kläger am 6. Februar 2006 Klage zum SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, sein Gesund¬heitszustand ermögliche ihm nur noch für die Dauer von weniger als drei Stunden arbeitstäglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Wie sich den vorliegenden medizinischen Unterlagen entnehmen lasse, gehe unter Anderem auch Dr. C. von einem progredienten Gesamtbild der Erkrankungen aus. Damit stehe bereits im Zeitpunkt der Begutachtung fest, dass das Leistungsvermögen sich eher verschlechtern werde. Dies wäre bereits Grund genug für die Bewilligung einer Dauerrente. Unabhängig davon sei aufgrund seiner skelettösen Veränderungen von einem Leistungsvermögen von unter drei Stunden auszugehen.

Das SG hat den behandelnden Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. Sp. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. Sp. teilte unter dem 24. Mai 2006 unter ergänzender Vorlage radiologischer Befunde von Dr. D. (26. September und 30. Oktober 2003, 19. November 2004) als Diagnosen beim Kläger eine fortgeschrittene Spondylochondrose L5/S1, mäßige Omarthrose, Spondylochondrose C5-C7, Zustand nach Fraktur LWK 3 (1968), Ruptur der Supraspinatussehne links, Bone bruise linkes Kniegelenk, Rhizarthrose links stärker als rechts sowie großer breitbasiger Bandscheibenvorfall L4/L5 mit Fußheberlähmung mit. Dr. Sp. kam auf dieser Grundlage zu der Einschätzung, aufgrund der Multilokalität und der Intensität der genannten Erkrankungen sei die Verrichtung auch körperlich leichter Tätigkeiten in einem Umfang von drei Stunden arbeitstäglich ausgeschlossen.

Das SG hat daraufhin Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens, mit dessen Erstellung Prof. Dr. St. beauftragt wurde. Im Gutachten vom 16. Oktober 2006 diagnostiziert der Sachverständige beim Kläger eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der HWS mit rezidivierenden Beschwerden im Sinne einer Cervicobrachialgie bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der mittleren und unteren HWS, eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der LWS mit Fußheber- und -senkerschwäche links bei degenerativen Veränderungen im Sinne einer Spondylose, Spondylarthrose und Osteochondrose der mittleren und unteren LWS bei Zustand nach 2001 erlittenem Bandscheibenvorfall L4/5, eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung beider Schultern mit Impingementsyndrom rechts stärker als links und Zustand nach operativ versorgter Rotatorenmanschettenruptur rechts, eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung des rechten Handgelenkes bei Handgelenks- und Daumensattelgelenksarthrose rechts stärker als links, eine Innenmeniskusläsion rechts, Kreuzbandlockerung beidseits, links stärker als rechts, durch Voruntersuchungen nachgewiesene Gonarthrose rechts stärker als links, durch Voruntersuchungen nachgewiesene beginnende Coxarthrose, links stärker als rechts und schließlich, nicht das orthopädische Fachgebiet betreffend, eine Aorteninsuffizienz, Migräne sowie eine Gesichtsfeldeinschränkung. Aufgrund dieser Diagnosen seien Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begrenzt auf leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg, unter Vermeidung von Zwangshaltungen und überwiegendem Stehen, Gehen und Sitzen, häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten an laufenden Maschinen. Zu vermeiden seien auch Akkord- und Fließbandarbeit, Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien. Mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Arbeit mit Publikumsverkehr und besonderer nervlicher Beanspruchung seien wegen der Vielschichtigkeit der Beeinträchtigungen ungeeignet. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten ohne Gefährdung der Restgesundheit nur für 3 bis weniger als 6 Stunden ausgeführt werden. Durch die Folgen des Bandscheibenvorfalles L4/5 mit nachfolgender Fußheber- und Fußsenkerschwäche links ergebe sich eine wesentliche Beeinträchtigung der Geh¬leistung. Deswegen sei nur ein Weg von und zur Arbeitsstelle zuzumuten, der unter 500 Metern liege. Bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sollte ein Sitzplatz zur Verfügung stehen.

Mit Gerichtsbescheid vom 9. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsmin¬derung auf Dauer seien nicht gegeben. Der Kläger könne, wie der Sachverständige Prof. Dr. St. überzeugend begründet und darlegt habe, trotz der vorhandenen Erkrankun¬gen und Funktionsbeeinträchtigungen noch körperlich leichte Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg, ohne Zwangshaltungen und ohne überwiegendes Stehen, Gehen und Sitzen, ohne häufiges Bü¬cken, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Tätigkeiten an laufenden Maschinen, ohne Tätigkeiten in Kälte, Nässe und im Freien, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung unter Ausschluss von Tätigkeiten mittelschwieriger oder schwieri¬ger geistiger Art verrich¬ten. Derartige Tätigkeiten seien in einem zeitlichen Umfang von drei bis weniger als sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar. Damit B.ehe der Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht unabhängig von der Arbeitsmarktlage, sondern wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes. Ein An¬spruch auf Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dauerrente B.ehe nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. März 2007 durch Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.

Am 19. März 2007 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt, zur Begründung sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertiefend dazu ausgeführt, im angefochtenen Gerichtsbescheid sei die Wegstreckenlimitierung, die auch der Sachverständige Prof. Dr. St. festgestellt habe, nicht erörtert worden. Hierbei komme es weder darauf an, dass er im Besitz einer Fahrerlaubnis sei noch auf den Besitz eines Kfz. Die Einschätzung, dass er einfache Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt noch zwischen drei und sechs Stunden verrichten könne, werde nicht geteilt.

Mit Bescheid vom 28. Juli 2008 hat die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2005 bis 31. August 2008 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung weitergewährt bis 31. August 2011.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 9. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 26. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2006 und des Bescheides vom 28. Juli 2008 zu verurteilen, ihm ab 1. Februar 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. B. (Theresienklinik, Bad Krozingen). In dem Gutachten vom 20. Dezember 2008 hat dieser beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule mit rezidivierenden Beschwerden im Sinne einer Zervikobrachialgie bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule, schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L4/L5 2001 mit Fußheberparese links bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule, schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung beider Schultergelenke mit Impingement-Syndrom, rechts stärker als links und Zustand nach operativ versorgter Rotatorenmanschettenruptur rechts, schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung des rechten Handgelenkes bei Handgelenks- und Daumensattelgelenksarthrose rechts, schmerzhafte Innenmeniskusvorderhorn-Läsion rechtes Kniegelenk bei diskreter Kreuzbandlockerung beidseits, links stärker als rechts und diskreter beidseitiger Gonarthrose sowie eine diskrete beginnende Coxarthrose beidseits. Beim Kläger liege ein Versorgungswunsch vor, der durch unverkennbares Verdeutlichungsgebaren, welches den Untersuchungsgang erheblich behindert habe, erkenntlich geworden sei. Zur Leistungsbeurteilung führt der Sachverständige aus, er halte den Kläger noch für fähig, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei bis unter sechs Stunden zu verrichten, wobei insoweit die kardiologische Belastbarkeit des Klägers aufgrund des internistischen Gutachtens von Dr. C. berücksichtigt worden sei. Hierbei sollten Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie dauerndes kraftvolles Zupacken mit der rechten Hand vermieden werden. Wegen der Schulterbeschwerden und der Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule keine dauernden Tätigkeiten über Kopf. Wegen der Beschwerden an den unteren Extremitäten, nämlich den Knien und Fußheberschwäche links sei kein häufiges Treppensteigen und kein andauerndes Umherlaufen möglich. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Die zumutbare Wegstrecke von und zur Arbeitsstelle könne durchaus auch 500 Meter überschreiten, sollte aber 1000 Meter nicht überschreiten. Es sei dem Kläger durchaus zuzumuten, vier Mal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter Länge in einer Zeitspanne von 20 Minuten zurückzulegen.

Zu diesem Gutachten hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 19. Januar 2009 und 2. März 2009 Stellung genommen und legte ergänzend eine ärztliche Stellungnahme von Dr. Ku. (Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie) vom 22. Februar 2009 vorgelegt. Darin wird beim Kläger eine ausgeprägte Osteochondrose C 3/4 und C 5/6 diagnostiziert.

In seiner zu den Einwendungen des Klägers vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 5. März 2009 führt Dr. B. aus, bei Begutachtungen und Gesundheitsstörungen am Bewegungssystem seien immer folgende drei Komplexe zu berücksichti¬gen: 1. Die strukturellen Veränderungen (meist durch bildgebende Verfahren objektivierbar), 2. die sich aus den strukturellen Veränderungen ableitenden Funktionsstörungen und 3. das subjek¬tive Beschwerdebild. Das orthopädische Fachgebiet umfasse dabei die strukturellen Veränderun¬gen und die funktionellen Störungen. Das fachspezifische Wissensgut bestehe darin, dass zu bestimmten Strukturveränderungen ganz bestimmte Funktionsstörungen gehörten. Beim Kläger bestehe jedoch eine erhebliche Diskrepanz zwischen den objektiv nachweisbaren Strukturverän¬derungen der schmerzbesetzten Regionen und der daraus resultierenden Funktionsstörung. Im Gutachten sei ausführlich beschrieben worden, welchen demonstrierten Funktionsstörungen kei¬ne Strukturveränderungen zugrunde lägen. Um es noch einmal klar anzusprechen, liege eine Fußsenk¬erlähmung beim Kläger nicht vor; diese Funktionsstörung sei vorgetäuscht. Auch allen übrigen vorgeführten Funktionsstörungen lägen keine adäquaten Strukturveränderungen zugrun¬de. Den dritten Punkt, nämlich das subjektive Beschwerdebild zu beurteilen, überschreite die Fachkompetenz eines Orthopäden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die beigezogene Akte des Versorgungsamts Freiburg, die Akten des SG und die Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer anstelle der ihm bereits gewährten Zeitrente.

Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)), denn im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Dauerrente ab 1. Februar 2005 (vgl. § 99 Abs. 1, § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat der Kläger erfüllt. Ferner sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI) gegeben. Allerdings erfüllt der Kläger nicht die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers berühren vorwiegend das orthopädische Fachgebiet. Auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet leidet der Kläger an einer Funktionsbe¬einträchtigung der Halswirbelsäule mit rezidivierenden Beschwerden im Sinne einer Zervikobra¬chialgie bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der mittleren und unteren Halswirbel¬säule, einer Funktionsbeeinträchtigung der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Bandscheiben¬vorfall L4/L5 2001 mit Fußheberparese links bei degenerativen Veränderungen der unteren Len¬denwirbelsäule, einer Funktionsbeeinträchtigung beider Schultergelenke mit Impingement¬Syndrom, rechts stärker als links und Zustand nach operativ versorgter Rotatorenmanschetten¬ruptur rechts, einer Funktionsbeeinträchtigung des rechten Handgelenkes bei Handgelenks- und Daumensattelgelenksarthrose rechts, einer Innenmeniskusvorderhorn-Läsion des rechten Kniegelenks bei diskreter Kreuzbandlockerung beidseits, links stärker als rechts und diskreter beidseitiger Gonarthrose sowie einer diskreten beginnenden Coxarthrose beidseits.

Das Vorliegen dieser Erkrankungen ergibt sich im Wesentlichen übereinstimmend aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. C., welches im Wege des Urkunds¬beweises verwertet wird, sowie den gerichtlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. St. und Dr. B.; der Sachverständige Dr. B. weicht lediglich beim Lähmungsbild der linken Fu߬führungsmuskulatur betreffend die sog. Fußsenkerlähmung von den Vorbeurteilungen ab. Mit diesen Feststellungen stehen auch die vom Kläger vorgelegten Berichte der behandelnden Ärzte Dr. Sp. und Dr. Ku. im Kern in Übereinstimmung. An sonstigen für die Leistungsbeur¬teilung allerdings nicht zentralen Erkrankungen besteht eine Aorteninsuffizienz, Migräne sowie eine Einschränkung des Gesichtsfeldes.

Ausgehend von den genannten medizinischen Feststellungen teilt der Senat die Einschätzung der Beklag¬ten und des SG zum Leistungsvermögen des Klägers. Auch nach der Überzeugung des Senats ist dieser bei Beachtung der in den Gutachten genannten qualitativen Einschränkungen in der Lage, unter den übli¬chen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Einschätzung ergibt sich übereinstimmend aus den Leistungsbeurteilungen des Internisten Dr. C. und der Orthopäden Prof. Dr. St. und Dr. B., wonach beim Kläger eine entsprechende Einschrän¬kung des quantitativen Leistungsvermögens auf Grund seines orthopädischen Krankheitsbilds vorliegt. Diese Feststellungen sind schlüssig und nachvol1ziehbar. Nicht zu folgen vermag der Senat demgegenüber der Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. Sp., der bei im We¬sentlichen identischen Diagnosen zu einer hiervon abweichenden, indessen nicht näher begrün¬deten Leistungsbeurteilung gelangt ist.

Der Senat vermag den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers bean¬standeten (angeblichen) Widerspruch zwischen den vom Sachverständigen Dr. B. festgestell¬ten schweren Funktionsbeeinträchtigungen einerseits und dem festgestellten Versorgungswunsch des Klägers andererseits nicht zu erkennen. Denn der Sachverständige hat - trotz des aus seiner Sicht erkennbar gewordenen Versorgungswunsches (Seite 26 des Gutachtens) und teilweise deutlicher Hinweise auf Aggravation (Blatt 13 des Gutachtens) - die festgestellten schmerzhaften Funktionsbeeinträchtigungen nachvollziehbar aufgeführt und seiner Leistungsbeurteilung zugrunde gelegt. Zudem hat dieser in der ergänzenden Stellungnahme vom 5. März 2009 (noch¬mals) deutlich auf die aus seiner Sicht erhebliche Diskrepanz zwischen den objektiv nachweisba¬ren Strukturveränderungen der schmerzbesetzten Regionen und den demonstrierten Funktions¬störungen hingewiesen.

Unter Würdigung der überzeugenden Ausführungen des Dr. B. B.eht auch keine renten¬rechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10), weswegen es auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Inanspruchnahme sonsti¬ger Beförderungsmöglichkeiten, etwa des eigenen Kfz (s. dazu BSG, Urteil vom 28. August 2002 - B 5 RJ 12/02 R - (juris)) nicht ankommt. Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 3; BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 -) B.eht ebenfalls nicht.

Eine - u.U. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rechtfertigende - Ausnahme von der grundsätzlich entbehrlichen Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten ist allerdings dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung un¬gewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nm. 17 und 21; SozR a.a.0. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nm. 137 und 139). Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das B.ehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleis¬tungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nm. 17 und 21; SozR a.a.0. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 35/97 R - (juris)). Eine Vielzahl der beim Kläger zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körper¬lich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91 /96 und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Ar¬beitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10).

Nicht gedeckt sind die verbleibenden Einschränkungen insbesondere in Bezug auf die Bewe¬gungseinschränkung im Bereich der rechten Hand (vgl. zur Funktionseinschränkung "keine be¬sonderen Anforderungen an die Feinmotorik" BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 10/95 - (juris)). Allerdings lässt sich anhand der Sachverständigengutachten von Prof. Dr. St. und Dr. B. nicht die Feststellung treffen, dass hieraus beim Kläger eine deutliche Verengung des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsfeldes folgt und die eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand vorliegend zum Kreis der spezifischen Leistungsbehinderungen zu rechnen wäre (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8; SozR 3-2600 § 43 Nr. 21; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 57/96 - und vom 23. August 2001 - B 13 RJ 13/01 R - (beide juris)).

Der Kläger ist somit mit seinem zwischen drei und unter sechs Stunden liegenden Leistungsvermögen teilweise erwerbsgemindert. Damit scheidet ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung allein aufgrund ge¬sundheitlicher Gründe aus. Die Beklagte geht aber zu Recht von einem Anspruch des Klägers auf eine so genannte Arbeitsmarktrente aus.

Einem Versicherten, der noch in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, steht unter Berücksichtigung der konkreten Arbeitsmarktsituation Rente wegen voller Er¬werbsminderung zu, so dass die teilweise Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des allgemei¬nen Arbeitsmarktes in die volle Erwerbsminderung durchschlägt (BSG SozR § 1246 Nr. 79; SozR 2200 § 1246 Nr. 13; Niesel in Kasseler Komm, SGB VI, § 43 Rndrn. 30, 58). Ungeachtet des Wortlauts des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist also von voller Erwerbsminderung nicht erst dann auszugehen, wenn das berufliche Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abge¬sunken ist, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt bereits dann, wenn der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden erwerbstätig zu sein.

Renten dieser Art wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, auf die ein Anspruch nicht unabhängig von der Arbeitsmarktlage besteht, werden gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB VI auf Zeit geleis¬tet, wobei die Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn erfolgt. Die Befristung kann wiederholt (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der bis 30. April 2007 geltenden Fassung) bzw. verlängert werden (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der ab 1. Mai 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554)). Die Beklagte gewährt derzeit die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 31. August 2011 weiter (Bescheid vom 28. Juli 2008). Nur ausnahmsweise wird eine Rente wegen Erwerbsminderung unbefristet geleistet. Dementspre¬chend bestimmen § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI in der bis 30. April 2007 geltenden Fassung bzw. § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI in der ab 1. Mai 2007 geltenden Fassung, dass eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminde¬rung nur in Betracht kommt, wenn ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktla¬ge besteht und unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Bei dem Kläger ist nach den übereinstimmenden Bewertungen von Prof. Dr. St. und Dr. B. zwar eine Besserung des Gesundheitszustandes in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, da die Befunde Dauercharakter haben. Aufgrund des noch bestehenden Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden täglich ist aber die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung lediglich unter Arbeits¬marktgesichtspunkten möglich. Ein vom Kläger geltend gemachter Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht somit nicht unabhängig von der Arbeitsmarktlage. Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer scheidet damit aus.

Die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. September 2005, befristet nunmehr bis 31. August 2011, ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Nach § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalles im Februar 2005 hat die Beklagte somit zutreffend dem Kläger ab 1. September 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Auch die dreijährige Befristung bzw. Verlängerung um weitere drei Jahre entspricht der Rechtslage (§ 102 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 bzw. (ab 1. Mai 2007) Satz 4 SGB VI) und ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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