L 8 AL 3931/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AL 4942/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3931/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 22.08.2003 zu Recht wegen fehlender Arbeitsbereitschaft verneint hat.

Der 1945 geborene Kläger, der von September 1979 bis Mai 1992 als Metzgergehilfe versicherungspflichtig beschäftigt war, bezog von der Beklagten seit 01.06.1992 mit Unterbrechungen durch den Bezug von Krankengeld bzw. Übergangsgeld Arbeitslosengeld. Auf seinen Antrag auf Anschlussarbeitslosenhilfe vom 07.12.1994, in dem er angab, aus gesundheitlichen Gründen (Wirbelsäulenerkrankung) alle leichteren Tätigkeiten verrichten zu wollen, bewilligt ihm die Beklagte ab 24.12.1994 und auf seine später gestellten Fortzahlungsanträge Alhi. Zuletzt bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 21.06.2002 für die Zeit vom 13.07.2002 bis 12.07.2003 diese Leistung. Im arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 09.04.2002 war der Kläger bei Beachtung der vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen für leichte Arbeiten als vollschichtig leistungsfähig beurteilt worden.

Im Rahmen einer persönlichen Erklärung zur Beschäftigungssuche und Verfügbarkeit gab der Kläger am 20.05.2003 mit Unterstützung seines Dolmetschers D. an, er habe einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt. Er suche eine leichte Arbeit, könne nicht gut deutsch sprechen, lesen könne er nicht und nur ein bisschen verstehen. Es gebe keine Tätigkeit für ihn. Er habe sich bei zwei Firmen vorgestellt, jedoch wegen schlechtem Deutsch keine Chance gehabt. Er könne sich nicht bemühen, Arbeit zu finden. Er sei zu krank um zu arbeiten. Er werde mit der Beschäftigungssuche so lange warten, bis über seinen Rentenantrag entschieden sei. Am 27.05.2003 erklärte der Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten mit seinem Dolmetscher, er könne doch arbeiten. Er hätte alles falsch verstanden und würde auch Arbeit suchen.

Bereits im September 1994 hatte der Kläger einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt, der von der LVA Württemberg (LVA) abgelehnt wurde. Klage (S 18 RJ 4588/95) und Berufung (L 9 RJ 973/97) blieben erfolglos. Die zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage (S 3 RJ 5053/00), mit der er nach Ablehnung eines erneuten Antrages auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit einen entsprechenden Rentenanspruch geltend machte, wurde mit Urteil vom 17.12.2001 abgewiesen. Die vom Kläger dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 16.07.2002 (L 9 RJ 625/02) zurück.

Am 04.06.2003 stellte sich der Kläger auf das ihm am 27.05.2003 von der Beklagten gemachte Stellenangebot bei der Firma S. Gemeinnützige Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration mbH vor. Diese teilte am 16.06.2003 mit, der Kläger werde nicht eingestellt, weil er dies mit der Begründung, es laufe ein Rentenantrag und er möchte diesen abwarten, abgelehnt habe. Am 10.06.2003 stellte sich der Kläger auf einen weiteren Vermittlungsvorschlag der Beklagten beim Caritasverband für Stuttgart vor und erklärte nach dessen schriftlichen Angaben gegenüber der Beklagten vom selben Tag, er wäre schwer krank und nicht arbeitsfähig. Mit Bescheid vom 24.06.2003 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung von Alhi ab 10.06.2003 ganz auf. Der Kläger stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, da er nach eigener Aussage nicht arbeitsfähig sei.

Am 24.06.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Fortzahlung der Alhi und gab unter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. W. vom 16.06.2003 an, er sei vom 16.06.2003 bis 30.06.2003 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Seine Vermittlungsfähigkeit sei im Hinblick auf seine Gesundheit nach Tätigkeit oder Arbeitsstunden eingeschränkt. Für die Zeit bis 14.07.2003 legte der Kläger die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) von Dr. W. vom 30.06.2003 vor.

Gegen den Aufhebungsbescheid vom 24.06.2003 legte der Kläger am 25.06.2003 Widerspruch ein und brachte vor, er stelle sich im Rahmen der gesundheitlichen Feststellungen durch seine behandelnden Ärzte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Hierzu übersandte er das Attest von Dr. W. vom 26.11.2002 sowie Berichte seiner behandelnden Ärzte Dr. D., Neurologe und Psychiater, vom 29.03.2001 (für das SG im Rentenrechtsstreit S 3 RJ 5053/00 erstattet), des Orthopäden Dr. P. vom 19.11.2002, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie H. vom 26.11.2002 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 24.02.2003 sowie den Neufeststellungsbescheid des Versorgungsamts Stuttgart vom 18.03.1998 (Grad der Behinderung (GdB) 90 seit 23.01.1998) vor. Mit Bescheid vom 19.08.2003 hob die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 24.06.2003 auf und entschied (Bescheid vom 25.08.2003), dass dem Kläger, der vom 01.07.2003 bis 21.08.2003 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhielt, bis 21.08.2003 Alhi weitergezahlt wird. Mit weiterem Bescheid vom 19.08.2003, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde, hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi mit Wirkung vom 22.08.2003 ganz auf. Der Kläger sei im Hinblick auf die von ihm abgegebene Erklärung vom 20.05.2003 nicht arbeitsbereit und damit nicht verfügbar. Diese Erklärung sei durch die Begründung, mit der er die ihm bei der S. Stuttgart und dem Caritasverband Stuttgart angebotenen Tätigkeiten abgelehnt habe, bestätigt worden. Der Kläger habe auch gewusst bzw. wissen müssen, dass nicht ausreichende bzw. fehlende Eigenbemühungen, Arbeitsbereitschaft und Verfügbarkeit zum Wegfall bzw. zum Verlust des Anspruchs führen, sodass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi nicht mehr vorlägen. Mit Schreiben vom 23.08.2003 wandte sich der Kläger gegen diesen Aufhebungsbescheid und erklärte, er sei bereit eine Beschäftigung aufzunehmen. Er sei jedoch im betreffenden Zeitraum krank gewesen bzw. habe mehrere ärztliche Atteste vorgelegt, wonach er nicht arbeitsfähig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch wegen derzeit fehlender Arbeitsbereitschaft des Klägers zurück.

Den weiteren Rentenantrag des Klägers vom 19.05.2003 lehnte die LVA mit Bescheid vom 12.08.2003 und Widerspruchsbescheid vom 24.10.2003 ab. Die hiergegen erhobene Klage (S 9 RJ 6284/03) wies das SG nach medizinischer Sachaufklärung (nervenärztliches Gutachten Prof. Dr. F. vom 19.07.2005, orthopädisches Gutachten D. A vom 16.03.2006) mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2006 ab. Die Gutachter hatten dem Kläger ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bescheinigt. Dagegen legte der Kläger Berufung (L 5 R 3093/06) ein, die vom LSG mit Urteil vom 28.03.2007 zurückgewiesen wurde.

Am 17.09.2003 erhob der Kläger Klage zum SG und machte geltend, er sei zu 90% erwerbsunfähig und habe gegenüber dem Arbeitsamt nicht erklärt, nicht arbeiten zu wollen. Vielmehr habe er den Mitarbeitern des Arbeitsamts gesagt, dass sie sich mit seinen verschiedenen Fachärzten, von denen er behandelt werde, in Verbindung setzten könnten. Seine Ärzte könnten entscheiden, ob er arbeitsfähig sei oder nicht. Der Kläger legte die ärztlichen Atteste von Dr. W. vom 28.07.2003 und 08.09.2003, Dr. P. vom 22.08.2003, Dr. M. vom 21.08.2003, Dr. H. vom 12.09.2003 und Dr. D. vom 18.08.2003 vor. Darin vertraten die behandelnden Ärzte des Klägers die Auffassung, dass der Kläger erwerbsunfähig bzw. nicht mehr leistungsfähig sei bzw. in seiner jetzigen Verfassung keine Chance habe, wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert zu werden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Im Übrigen sei dem Kläger von Dr. M. in seinem aktenkundigen Attest vom 24.02.2003 bescheinigt worden, dass er körperlich leichte Arbeiten - mit Einschränkungen - verrichten könne.

Das SG zog die Akte S 9 RJ 6284/03 bei und nahm Mehrfertigungen der im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erstatteten nervenärztlichen Gutachten von Dr. P. vom 20.06.2001 und Dr. Sch. vom 06.08.2003 sowie die schriftlichen Angaben von Dr. W. vom 30.01.2004, Dr. D. vom 30.01.2004, Dr. P. vom 03.02.2004 und Dr. H. vom 29.03.2004 und das von Prof. F., Universitätsklinik T., erstattete nervenärztliche Gutachten vom 19.07.2005 zu den Akten.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.06.2006 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe die Leistungsbewilligung zu Recht ab 22.08.2003 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse aufgehoben. Der Anspruch des Klägers auf Alhi sei entfallen, da der Kläger nicht mehr entsprechend seiner Arbeitsfähigkeit arbeitsbereit gewesen und damit nicht mehr subjektiv verfügbar gewesen sei. Er sei nicht bereit gewesen, sich dem Arbeitsmarkt entsprechend der Leistungsbeurteilung im arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 09.04.2002 zur Verfügung zu stellen. Dies folge aus seinen Angaben gegenüber dem Arbeitsamt vom 20.05.2003, seinen Äußerungen bei den Vorstellungsgesprächen bei der S. GmbH und beim Caritasverband Stuttgart am 04.06.2003 und 10.06.2003 sowie aus der Widerspruchsbegründung (Bescheid vom 24.06.2003), worin er sich nur im Rahmen der gesundheitlichen Feststellungen durch seine behandelnden Ärzte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt habe. Auch aus der Begründung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19.08.2003 ergebe sich nicht, dass er sich seinem Leistungsvermögen entsprechend dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt habe, da er wiederum auf die ärztlichen Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte, die ihn als nicht erwerbsfähig beurteilt haben, Bezug genommen habe. Dass er nicht arbeitsbereit sei, habe er auch gegenüber Prof. Dr. F. (Gutachten vom 19.07.2005) und in seiner Stellungnahme zu diesem Gutachten zum Ausdruck gebracht. Der Kläger sei aber im streitigen Zeitraum fähig gewesen, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter bestimmten qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Diese Leistungsbeurteilung stütze sich auf die im Rechtsstreit S 9 R 6284/03 eingeholten fachärztlichen Gutachten von D. A vom 16.03.2006 und Prof. F. vom 19.07.2005.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 04.07.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.08.2006 Berufung eingelegt, mit der er zunächst einen Anspruch auf Alhi ab 24.06.2003 geltend gemacht hat. Nach einem entsprechenden Hinweis des Senats hat der Kläger die Berufung für die Zeit vom 24.06.2003 bis 21.08.2003 zurückgenommen. Er macht nur noch einen Anspruch auf Alhi ab 22.08.2003 geltend. Zur Begründung bringt er vor, er habe sich entgegen der Entscheidung des SG subjektiv um eine Erwerbstätigkeit bemüht und tue dies noch immer. Mit Unterstützung des Zeugen D. habe er sich bei verschiedenen Firmen beworben und auch dort vorgestellt. Insgesamt habe er Kontakte mit ca. 20 bis 40 Firmen aufgebaut und gepflegt. Dass er einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gestellt habe, ändere an seiner Arbeitsbereitschaft nichts. Er wolle gerne arbeiten und stehe daher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er aber nicht in der Lage zu arbeiten. Er werde deshalb durch seinen behandelnden Arzt Dr. H. fortlaufend arbeitsunfähig geschrieben. Im Übrigen habe es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen, eine Untersuchung hinsichtlich seiner Vermittlungsfähigkeit durchzuführen. Auch Anfragen bei seinen behandelnden Fachärzten seien seitens der Beklagten nie erfolgt. Seine Probleme bei der Arbeitsuche seien in erster Linie darauf zurückzuführen, dass er zu 90% erwerbsgemindert sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2006 und die Bescheide der Beklagten vom 24. Juni 2003 und 19. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 22. August 2003 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe bei mehreren Vorsprachen darauf hingewiesen, krank zu sein und einen Rentenantrag gestellt zu haben. Damit habe er zu erkennen gegeben, eben nicht mehr für eine Vermittlung zur Verfügung zu stehen. Ansonsten wäre der Rentenantrag nicht verständlich. Der Vortrag, dass er nach wie vor und laufend krank geschrieben sei, lasse sich nicht mit der gleichzeitigen Behauptung des Klägers, er bemühe sich um eine berufliche Wiedereingliederung, vereinbaren.

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, dass er seit dem 01.06.2007 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen SG- und LSG-Akten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und insgesamt zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.08.2003 (Widerspruchsbescheid vom 26.08.2003) ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 22.08.2003 bis 31.12.2004.

Streitgegenstand ist allein der Bescheid vom 19.08.2003 (Widerspruchsbescheid vom 26.08.2003), mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alhi mit Wirkung vom 22.08.2003 wegen fehlender Arbeitsbereitschaft des Klägers aufgehoben und einen Anspruch auf Alhi verneint hat. Dabei handelt es sich formal gesehen um eine Entscheidung nach § 48 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X), da die Beklagte als Grund für die Aufhebung der Leistungsbewilligung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse anführt und diese ebenso wie die subjektiven Voraussetzungen für die Aufhebung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X) bejaht.

Eine Aufhebung der Leistungsbewilligung war indes nicht (mehr) erforderlich, da eine aufhebbare Leistungsbewilligung für die Zeit ab 22.08.2003 nicht mehr vorlag. Mit Bescheid vom 21.06.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 13.07.2002 bis 12.07.2003 Alhi. Diese Leistungsbewilligung hob die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2003 zunächst für die Zeit ab 10.06.2003 auf. Hierbei handelte es sich um einen Bescheid nach § 48 SGB X, weil damit die für die Zeit vom 13.07.2002 bis 12.07.2003 erfolgte Leistungsbewilligung ab 10.06.2003 aufgehoben wurde. Mit Bescheid vom 19.08.2003 hob die Beklagte im Ergebnis den Aufhebungsbescheid vom 24.06.2003 auf und bewilligte dem Kläger Alhi bis 21.08.2003. Damit wurde der Aufhebungsbescheid vom 24.06.2003 gegenstandslos und es galt nun wieder der ursprüngliche Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 13.07.2002 bis 12.07.2003. Gleichzeitig erfolgte mit dem Bescheid vom 19.08.2003 eine Weiterbewilligung der Alhi bis 21.08.2003, mithin für die Zeit vom 13.07.2003 bis 21.08.2003. Hierbei handelte es sich um eine von vornherein bis zum Beendigungszeitpunkt 21.08.2003 befristete Leistungsbewilligung. Eine Bewilligung über diesen Zeitpunkt hinaus erfolgte nicht. Daraus folgt, dass der Aufhebungsbescheid vom 19.08.2003 für die Zeit ab 22.08.2003 "ins Leere" ging, soweit damit die Aufhebung einer (nicht vorhandenen) Leistungsbewilligung ab 22.08.2003 verbunden war. Vielmehr hätte die Beklagte insoweit nach den Grundsätzen einer Neu(Weiter)bewilligung einen Leistungsanspruch prüfen müssen und gegebenenfalls ab 22.08.2003 lediglich einen bloßen Ablehnungsbescheid erteilen dürfen.

Dieser Rechtsfehler ist aber unbeachtlich, weil der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist. Die Entscheidung ist aus anderen Gründen, die der Senat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zu berücksichtigen hat, rechtens.

Der Beklagten kommt für die auf § 48 SGB X gestützte Entscheidung kein Ermessen zu (vgl. § 330 Abs. 3 SGB III), weshalb beim Eintritt einer wesentlichen Änderung, d. h. dem Wegfall der gesetzlich erforderlichen Leistungsvoraussetzungen, die Leistung zwingend zu versagen ist. Die solchermaßen gebundene Entscheidung erweist sich vorliegend aber als rechtmäßig, weil die für eine Weiterbewilligung der Alhi notwendigen gesetzlichen Leistungsmerkmale nicht vorlagen.

Die Beklagte hat daher zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Alhi ab 22.08.2003 verneint. Anspruch auf Alhi haben gemäß § 190 Abs. 1 SGB III in der vom 01.01.2000 bis 31.12.2004 geltenden und hier noch maßgeblichen Fassung Arbeitnehmer, die u. a. arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr. 2) und bedürftig sind (Nr. 5). Arbeitslos ist nach dem über § 198 Satz 2 Nr. 1 SGB III aF hier anzuwendenden 118 Abs. 1 SGB III aF ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Gemäß § 119 Abs. 1 SGB III aF sucht eine Beschäftigung, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes steht zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist (§ 119 Abs. 2 SGB III).

Der Kläger war im fraglichen Zeitraum nicht seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit und somit nicht arbeitslos, so dass ihm keine Alhi zustand. Der Kläger war nach Überzeugung des Senats im maßgeblichen Zeitraum bei Beachtung der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen für leichte Arbeiten vollschichtig arbeitsfähig. Dies folgt zunächst aus dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 09.04.2002. Diese arbeitsamtsärztliche Leistungsbeurteilung ist nachfolgend in dem von Dr. Sch. am 06.08.2003 erstatteten nervenärztlichen Gutachten sowie später im vom SG im Rechtsstreit S 9 RJ 6284/03 eingeholten nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. F., Universitätsklinik T., vom 19.07.2005 und im orthopädischen Gutachten von D. A vom 16.03.2006 bestätigt worden. Demzufolge hat das SG die auf eine verminderte Rente wegen Erwerbsfähigkeit gerichtete Klage des Klägers mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2006 abgewiesen. Die vom Kläger hiergegen eingelegte Berufung (L 5 R 3093/06) ist vom LSG mit Urteil vom 28.03.2007 zurückgewiesen worden. Auch das LSG bescheinigte dem Kläger ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten. Der Senat hält die genannten Leistungsbeurteilungen in diesen Gutachten für überzeugend und sieht keinen Anlass, ihnen nicht zu folgen. Mithin wäre der Kläger nur dann subjektiv verfügbar gewesen, wenn er sich für leichte vollschichtige Tätigkeiten den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsmarktes zur Verfügung gestellt hätte. Das hat er aber - wie sich aus seinen diesbezüglichen Äußerungen gegenüber potentiellen Arbeitgebern und dem Arbeitsamt ergibt - nicht getan. Vielmehr hat er vorgebracht, schwer krank zu sein und gar nicht arbeiten zu können oder hat er sich nur im Rahmen der Leistungsbeurteilungen seiner behandelnden Ärzte Dr. W., Dr. D., Dr. P., Dr. H. und Dr. M., die ihn nicht mehr für ausreichend leistungsfähig hielten, zur Verfügung gestellt. Gegenüber der Firma S. Gemeinnützige Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration mbH hat der Kläger nach deren schriftlichen Angaben vom 16.06.2003 zu ihrem Stellenangebot erklärt, er lehne dies ab, weil ein Rentenantrag laufe und er das Ergebnis des Rentenverfahrens abwarten wolle. Gegenüber dem Caritasverband für Stuttgart hat er am 10.06.2003 angegeben, er sei schwer krank und nicht arbeitsfähig. Damit hat der Kläger klar zu erkennen gegeben, dass er nicht bereit ist, entsprechend seiner Arbeitsfähigkeit beruflich tätig zu werden. Dass er nach den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. W. vom 16.06.2003 und 30.06.2003 vom 16.06.2003 bis 14.07.2003 arbeitsunfähig krank geschrieben war, ändert hieran nichts, da die genannten Bewerbungsgespräche bereits am 04.06. und 10.06.2003, also vor der Krankschreibung, stattfanden. Auch mit seinem Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 24.06.2003 und seinem Schreiben vom 23.08.2003, mit dem er sich gegen den Aufhebungsbescheid vom 19.08.2003 wandte, hat sich der Kläger nicht entsprechend seiner Arbeitsfähigkeit den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung gestellt. Zwar hat er mit seinem Widerspruchsschreiben vom 25.06.2003 unter Vorlage von Attesten bzw. Berichten seiner behandelnden Ärzte vorgebracht, er stelle sich im Rahmen der gesundheitlichen Feststellungen durch seine behandelnden Ärzte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Diese verneinten jedoch - mit Ausnahme von Dr. M. in seinem Attest vom 24.02.2003 - die Erwerbsfähigkeit und damit die Arbeitsfähigkeit des Klägers, so dass eine Arbeitsbereitschaft des Klägers entsprechend dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 09.04.2002 und auch dem im Rentenverfahren erstatteten nervenärztlichen Gutachten von Dr. P. vom 20.06.2001 nicht vorlag. Mit Schreiben vom 23.08.2003 erklärte der Kläger zwar, er sei zu einer Beschäftigungsaufnahme bereit, erklärte aber gleichzeitig, er sei jedoch im betreffenden Zeitraum krank gewesen bzw. habe mehrere ärztliche Atteste vorgelegt, wonach er nicht arbeitsfähig sei. Auch insoweit bezog er sich also auf die Beurteilungen seiner behandelnden Ärzte, ohne die Gutachten, die ihm schon zu dem Zeitpunkt Erwerbsfähigkeit bescheinigt hatten, zu erwähnen. In ähnlicher Weise äußerte sich der Kläger in seiner Klagebegründung, wonach seine Ärzte entscheiden könnten, ob er arbeitsfähig sei oder nicht. Schließlich ist auch sein Berufungsvorbringen nicht geeignet, eine seiner festgestellten Arbeitsfähigkeit entsprechende Arbeitsbereitschaft zu belegen. Zwar hat er geltend gemacht, er wolle gerne arbeiten und stehe daher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er aber nicht in der Lage zu arbeiten. Er werde von Dr. H. fortlaufend arbeitsunfähig geschrieben. Die ohnehin nur behauptete Arbeitsbereitschaft wird durch sein gleichzeitiges Vorbringen, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage zu arbeiten und werde fortlaufend arbeitsunfähig krank geschrieben, klar widerlegt.

Der Kläger kann sich zur Stützung seines Anspruchs auf Alhi auch nicht mit Erfolg auf die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 SGB III berufen. Diese gemäß § 198 Satz 2 Nr. 3 SGB III aF auch im Recht der Arbeitslosenhilfe anzuwendende Regelung bewirkt eine Fiktion der objektiven Verfügbarkeit des Arbeitslosen, solange der zuständige Rentenversicherungsträger keine Erwerbsminderung festgestellt hat. Diese Vorschrift hindert die Arbeitsverwaltung daran, einen Anspruch auf Alg bzw. Alhi mit der Begründung zu verneinen, der Arbeitslose sei wegen nicht nur vorübergehenden Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit objektiv nicht verfügbar. Vorliegend hat der Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom 12.08.2003 eine rentenrelevante Erwerbsminderung (erneut) verneint, so dass die auf die ärztlichen Beurteilungen der behandelnden Ärzte gestützte Fiktionswirkung des § 125 Abs. 1 SGB III ab diesem Zeitpunkt entfallen wäre. Für die subjektive Verfügbarkeit (Arbeitsbereitschaft) gilt § 125 Abs. 1 SGB III nicht. Da Arbeitslose nur zur Aufnahme von zumutbaren Beschäftigungen bereit sein müssen, sind Beschäftigungen, die die tatsächliche gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen übersteigen, nicht zumutbar. Zur Feststellung des Umfangs zumutbarer Arbeiten und zur Beurteilung der subjektiven Verfügbarkeit ist deshalb das tatsächliche Leistungsvermögen der Arbeitslosen festzustellen. Erst die konkrete Feststellung des noch vorhandenen Leistungsvermögens bildet die Grundlage für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung Arbeitsbereitschaft (subjektive Verfügbarkeit). Negative Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch ergeben sich nur, wenn der Arbeitslose sich der Arbeitsvermittlung nur unterhalb seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit zur Verfügung stellt. So liegt der Fall hier.

Da es sich bei dem angegriffenen Bescheid - wie eingangs ausgeführt - verwaltungsverfahrensrechtlich um einen Ablehnungsbescheid handelt, kommt es nicht darauf an, ob die subjektiven Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung von Alhi gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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