Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 15 R 570/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die fehlende Entscheidung der Beklagten über die Verzinsung eines Erstattungsbetrages im
Ausgangsbescheid führt nicht deswegen zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Eine Pflicht zur Erstattung der durch das Vorverfahren entstandenen Kosten kann hieraus nicht abgeleitet werden.
Ausgangsbescheid führt nicht deswegen zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Eine Pflicht zur Erstattung der durch das Vorverfahren entstandenen Kosten kann hieraus nicht abgeleitet werden.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Mit ihrer Klage begehren der Kläger und die Beizuladende die Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 213,61 EUR.
Der Kläger ist Beschäftigter bei der Beigeladenen. Die Beigeladene unterhält eine Unterstützungskasse, die in Form eines eingetragenen Vereins unter dem Namen " mit Sitz in K geführt wird. Ausschließlicher Zweck dieses Vereins ist die freiwillige Gewährung von Versorgungsleistungen an Betriebsangehörige bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und im Alter sowie von Versorgungsleistungen an die Hinterbliebenen der Mitarbeiter. Mit Wirkung vom 31. Dezember 1996 schloss die Beigeladene die Unterstützungskasse und zahlte ihren aktiven Mitarbeitern eine Abfindung auf die von diesen bereits erlangten Versorgungsanwartschaften mit der Folge, dass die Mitarbeiter keinerlei Ansprüche mehr gegen die Unterstützungskasse der Beigeladenen aus dem Leistungsplan vom 1. Januar 1985 hatten. Der Kläger erhielt daraufhin im Jahre 1997 von der Beigeladenen eine Abfindungszahlung in Höhe von 7.501,00 DM = 3.835,20 EUR. Nachdem die Beigeladene an die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Schleswig-Holstein herangetreten war, um die Sozialversicherungspflichtigkeit der Abfindungszahlungen zu klären, entschied die AOK Schleswig-Holstein, dass eine Sozialversicherungsbeitragspflicht bestehe. Die Beigeladene zahlte daraufhin an die Beklagte über die AOK Schleswig-Holstein als Einzugsstelle Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger als Arbeitnehmer und für sich als Arbeitgeber in Höhe von jeweils 761,35 DM = 389,27 EUR.
Im Jahr 2001 vereinbarten der Kläger und die Beigeladene sowie die AOK Schleswig-Holstein, ein Musterverfahren durchzuführen, in welchem die Erstattungspflicht der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge geklärt werden sollte. Die AOK Schleswig-Holstein lehnte eine Erstattung der Beiträge gemäß § 26 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ab. Nach erfolglos durchlaufenem Widerspruchs-, Klag- und Berufungsverfahren obsiegte der Kläger schließlich vor dem Bundessozialgericht (BSG). Dieses entschied mit Urteil vom 25. August 2004 (Az.: B 12 KR 30/03 R), dass die Beklagte verpflichtet sei, den Arbeitnehmeranteil der auf die Abfindung entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erstatten. Zu dem Verfahren war auch die Beklagte beigeladen. Im Termin verpflichteten sich die AOK Schleswig-Holstein und die übrigen beigeladenen Sozialversicherungsträger, auch alle anderen Erstattungsfälle gleichermaßen zu behandeln.
Nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens forderte der Kläger die AOK Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 13. Juni 2005 auf, die zu Unrecht entrichteten Beiträge gemäß § 26 SGB IV an den Kläger und die Beigeladene zu erstatten. Die AOK Schleswig-Holstein nahm die Erstattung vor und gab im Übrigen den Vorgang zur Weiterbearbeitung an die anderen Sozialversicherungsträger, u. a. die Beklagte, ab.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2006 beanstandete die Beklagte die im Versicherungskonto des Klägers enthaltenen Pflichtbeiträge aus Abfindungen der Unterstützungskasse der Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1997 als zu Unrecht gezahlt, da aufgrund des BSG-Urteils vom 25. August 2004 festgestellt worden sei, dass aus diesen Abfindungen keine Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung abzuführen seien. Die Beiträge seien ohne Rechtsgrundlage gezahlt worden. Sie seien als Beiträge rechtsunwirksam und dürften im Leistungsfall nicht berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie entsprechend seinem Antrag auf Beitragserstattung vom 29. April 2005 den Erstattungsbetrag in Höhe von 778,54 EUR (Arbeitgeberanteil und Arbeitnehmeranteil) auf das vom Kläger angegebene Konto überwiesen habe.
Am 7. Februar 2006 legte der Kläger gegen den "Bescheid" vom 30. Januar 2006 "Widerspruch" ein. Zur Begründung führte er aus, dass noch die Verzinsung des Erstattungsanspruches gemäß § 27 SGB IV ausstehe. Die Verzinsung habe kraft Gesetzes zu erfolgen. Über den Zinsbetrag sei im Widerspruchsverfahren zu entscheiden. Zugleich beantragte er, der Beklagten die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
Am 28. Februar 2006 erließ die Beklagte einen Verzinsungsbescheid, mit welchem dem Kläger Zinsen in Höhe von 20,72 EUR für den Zeitraum von Juni 2005 bis einschließlich Januar 2006 zugestanden wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung im Sinne des § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht bestehe. Eine Belastung der Beklagten mit Kosten des Widerspruchsverfahrens sei nicht gerechtfertigt, weil im Schreiben vom 30. Januar 2006 noch keine Entscheidung zur Verzinsung des Erstattungsanspruches getroffen worden sei. Dieses Schreiben habe nur den Hinweis auf die Auszahlung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils enthalten. Am 30. Januar 2006 habe über den Anspruch auf Verzinsung noch keine Entscheidung getroffen werden können, weil für die Verzinsung das Datum der Auszahlung des Erstattungsbetrages feststehen müsse. Deshalb könne die Verzinsung nicht gleichzeitig mit der Auszahlungsanordnung bezüglich des Erstattungsbetrages erfolgen. Über die Verzinsung nach § 27 SGB IV werde von Amts wegen entschieden. Dies sei mit entsprechender Mitteilung und Zahlungsüberweisung Ende Februar 2006 erfolgt. Der Erhebung eines Widerspruchs habe es nicht bedurft. Gegebenenfalls wäre eine Anfrage bzw. Erinnerung ausreichend gewesen. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens hätten nicht übernommen werden können, da der Widerspruch erfolglos gewesen sei.
Am 28. April 2006 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Lübeck erhoben.
Unter Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren trägt er vor, dass der Beklagten bei Bescheidung bekannt gewesen sei bzw. hätte bekannt sein können, zu welchem Datum die Zahlung des Erstattungsbetrages erfolgt sei und ihr damit das Ende des Zinszeitraumes, nämlich Januar 2006 bekannt gewesen sei bzw. hätte bekannt sein können. Die Beklagte habe daher bereits in dem Erstattungsbescheid über die Zinsen kraft Gesetzes zu befinden gehabt. Er, wie auch die Beigeladene, könnten nicht darauf verwiesen werden, dass es eines Widerspruchs nicht bedurft habe. Dieser sei erforderlich gewesen, um den Erstattungsbescheid nicht bestandskräftig werden zu lassen. Er und die Beigeladene wären anderenfalls Gefahr gelaufen, dass die Beklagte argumentiert hätte, dass eine Erstattung der Zinsen nicht in Betracht gekommen sei, weil der Erstattungsbescheid nicht angefochten worden und daher ein Zinsanspruch wegen Bestandskraft nicht mehr gegeben sei. Das Versäumnis der Entscheidung über die Zinsen gehe ausschließlich zu Lasten der Beklagten. Die Deutsche Rentenversicherung Nord habe in gleichgelagerten Fällen die Kosten des Vorverfahrens erstattet. Er, der Kläger, wie auch die Beigeladene hätten einen Anspruch darauf, dass sie durch die Beklagte wie alle anderen Antragsteller behandelt würden. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG vom 17. Oktober 2006 (Az.: B 5 RJ 66/04 R) betreffe keinen vergleichbaren Sachverhalt und sei daher nicht heranzuziehen. Der Kläger verweist auf die Entscheidung des SG Aachen (Urteil vom 15.12.2005 – S 7 KA 9/05, AGS 2006, 551), da sie einen vergleichbaren Fall betreffe.
Er beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2006 zu verurteilen, ihm die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid. Die Verzinsung nach § 27 SGB IV sei im Bescheid vom 27. Januar 2006 nicht geregelt worden, da eine Zinsprüfung erst erfolgen könne, wenn der Erstattungsbetrag tatsächlich zur Zahlung angewiesen worden sei. Erst dann könne das Ende des Zinszeitraumes zutreffend bestimmt werden. Aus welchen Gründen die Deutsche Rentenversicherung Nord in diesen Fällen die Kosten eines Widerspruchsverfahrens gegen den Beanstandungsbescheid übernommen habe, könne von Seiten der Beklagten nicht nachvollzogen werden.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 72 der Gerichtsakte).
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Gericht angefallene Akte, die sämtlich Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2006. Das Schreiben der Beklagten vom 30. Januar 2006 enthält lediglich den Hinweis auf die Auszahlung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils. Ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X ist hierin nicht zu erblicken. Der Kläger hat mit seiner Eingabe vom 7. Februar 2006 einen Widerspruch im Rechtssinne eingelegt. Mit ihm hat der Kläger nach seinem wohlverstandenen Interesse den Beanstandungsbescheid vom 27. Januar 2006 angefochten. Er hat die Eingabe ausdrücklich als Widerspruch bezeichnet und will sie ausweislich des gesamten Verfahrens auch als solchen behandelt wissen. Ein solcher kann sich jedoch nur gegen einen Verwaltungsakt richten.
Die insoweit zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2006 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Erstattung der ihm im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt. Denn der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Er war bereits unzulässig.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Erstattungspflicht tritt ein, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Dieser Tatbestand ist gegeben, wenn dem Widerspruch ganz oder teilweise abgeholfen wurde (vgl. § 85 Abs. 1 SGG). Der Widerspruch ist dann erfolgreich, wenn er die Ursache für die Beendigung des Vorverfahrens ist (Finkenbusch, WzS 2005, 216). Grundsätzlich braucht keine Kausalität zwischen dem Widerspruchsbegehren und dem Erfolg des Widerspruchs zu bestehen (Krasney, in: Niesel u.a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 63 SGB X Rdnr. 5 (1995)). Unerheblich ist z. B. also, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat, wenn dem Begehren ganz oder teilweise abgeholfen wird (BSG, Urteil vom 29.01.1998 – B 12 KR 18/97 R, SozR 3-1500 § 144 Nr. 13; Finkenbusch, WzS 2005, 216; Diering, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), SGB X, 2. Aufl. 2007, § 63 Rdnr. 6). Ein Widerspruch ist aber dann nicht erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X, wenn die abhelfende Entscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand zuzurechnen ist (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 63 Nr. 3; Krasney, in: Niesel u.a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 63 SGB X Rdnr. 6 (1995); Diering, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), SGB X, 2. Aufl. 2007, § 63 Rdnr. 8; Roos, in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 6. Aufl. 2008, § 63 Rdnr. 18).
Gemäß § 83 i. V. m. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG muss sich ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Zulässigkeit dieses Rechtsbehelfs setzt mithin einen Verwaltungsakt voraus (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, 9. Aufl. 2008, § 83 Rdnr. 3). Hier ist jedoch ein Verwaltungsakt bezüglich einer Verzinsung des dem Kläger zu erstattenden Betrages nicht ergangen. Der Bescheid vom 27. Januar 2006 enthielt lediglich die Entscheidung über die Beanstandung der Beiträge. Die insoweit getroffene Sachentscheidung hat der Kläger mit seinem Widerspruch nicht angegriffen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers führt die fehlende Entscheidung über die Verzinsung des Erstattungsbetrages nicht zur Rechtswidrigkeit des Beanstandungsbescheides mit der Möglichkeit des Widerspruchs. Diese Rechtsauffassung dürfte von der Vorstellung geleitet sein, dass die Entscheidung über die Erstattung der Beiträge bzw. die Beanstandung von geleisteten Beiträgen sowie die Entscheidung über die Verzinsung gemeinsam einen einheitlichen Verwaltungsakt bilden, so dass das Fehlen der Verzinsungsentscheidung unmittelbar zur Rechtswidrigkeit dieses Verwaltungsaktes führt. Der Kläger verkennt dabei, dass ein Verwaltungsakt nur insoweit vorliegt, als eine hoheitliche Maßnahme eine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X überhaupt enthält. Weder der Bescheid vom 27. Januar 2006 noch das Schreiben der Beklagten vom 30. Januar 2006 enthalten eine Regelung hinsichtlich der Verzinsung der Erstattungsbeträge. Das bloße Schweigen enthält grundsätzlich weder eine zustimmende noch eine ablehnende, sondern keinerlei Willensbetätigung (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.1951 – II ZR 52/50, BGHZ 1, 353; BSG, Urteil vom 04.04.1963 – 8 RV 961/60, juris; BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63; BSG, Urteil vom 17.10.2006 – B 5 RJ 66/04 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 5). Anderes kann nur dann Geltung beanspruchen, wenn besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ein bestimmtes, unmissverständliches, konkludentes Verhalten ergibt. Ein solches ist hier jedoch nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, das Unterlassen der Verzinsungsentscheidung als ihre Ablehnung auszulegen, können nicht gefunden werden.
Eine Entscheidung über die Verzinsung konnte zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erstattung der dem Kläger zustehenden Beträge auch nicht erfolgen, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig feststand, wann die Erstattungsbeträge an ihn ausgekehrt werden würden. Der Zinszeitraum steht somit erst dann fest, wenn die Erstattungsbeträge an den Kläger ausgekehrt wurden. Über die Verzinsung ist demgemäß durch einen gesonderten Bescheid zu entscheiden. Da die Beklagte von Gesetzes wegen gehalten ist, rechtmäßige Bescheide zu erlassen, ist es ihr verwehrt, zu einem Zeitpunkt über die Verzinsung zu entscheiden, in welchem noch nicht mit Sicherheit feststellbar ist, wann der Zinszeitraum endet. Der Rechtsauffassung des Klägers ist auch insoweit nicht zu folgen, als er rügt, dass die Beklagte hätte erkennen können, wann die Beträge an den Kläger ausgekehrt würden. Denn dies ist insbesondere in den Fällen problematisch, in welchen zum Monatsende über die Auskehrung und Auszahlung der Erstattungsbeträge an einen Berechtigten entschieden wird. Es ist insbesondere in diesen Fällen noch nicht absehbar, wann tatsächlich die Beträge an den Berechtigten ausgekehrt werden. Steht das Datum der Auszahlung noch nicht fest, kann nicht endgültig über die Verzinsung entschieden werden. Erstattungs- und Verzinsungsentscheidungen sind damit rechtlich selbständige Entscheidungen. Die Verzinsungsentscheidung ist nicht Teil der Erstattungsentscheidung, sondern zusätzlich von Amts wegen zu treffen. Ist sie unterlassen worden, macht dies den Verwaltungsakt nicht rechtswidrig. So liegt es auch hier. Die Beanstandung folgte am 27. Januar 2006. Am 30. Januar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die ihm zustehenden Erstattungsbeträge ausgekehrt wurden. Tatsächlich erfolgte die Auszahlung erst im Monat Februar. Wäre die Auszahlung noch im Januar erfolgt, wäre die Verzinsung nur bis Dezember 2005 erfolgt. Die Verzinsung der Erstattungsbeträge ist hier indes fehlerfrei getroffen worden.
Eine Stattgabe des Widerspruchs kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Beklagte dem Kläger die von ihm begehrten Zinsen mit Bescheid vom 28. Februar 2006 in Höhe von 20,72 EUR gewährt hat. Ein Widerspruch ist nur dann als erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X anzusehen, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung in dem Sinn besteht, als ein Verwaltungsakt auf den Widerspruch völlig oder teilweise aufgehoben wird (vgl. BSG SozR 3-1300 § 63 Nr. 3; SozR 4-1300 § 63 Nr. 1; BSG, Urteil vom 17.10.2006 – B 5 RJ 66/04 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 5; Roos, in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 6. Aufl. 2008, § 63 Rdnr. 18). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Es fehlt insoweit an einer Kausalität zwischen Widerspruch und Zinsentscheidung. Die Zinsentscheidung als rechtlich selbständige Entscheidung erging noch vor Bescheidung des Widerspruchs des Klägers. Sie erfolgte unabhängig vom Widerspruch, da die Beklagte von Amts wegen bereits die Verpflichtung trifft, über die Zinsen zu entscheiden, wie sich zwangslos aus § 27 SGB IV ergibt. Ein Verwaltungsakt, gegen den sich ein Widerspruch hätte richten können, lag zum Zeitpunkt des Widerspruchs noch nicht vor. Mangels eines solchen Verwaltungsaktes ist in dem Zinsbescheid vom 28. Februar 2006 auch keine Abhilfeentscheidung (§ 85 Abs. 1 SGG) zu sehen, der einen Rückschluss auf den Erfolg eines Widerspruchs zuließe. Dies kommt im Widerspruchsbescheid unmissverständlich zum Ausdruck, als dort der Widerspruch als unzulässig erachtet und in dieser Weise beschieden wurde.
Die mangelnde Erstattungsfähigkeit der dem Kläger durch den Widerspruch vom 7. Februar 2006 entstandenen Kosten ist schließlich nicht unbillig. Vielmehr ist es das Risiko eines jeden Rechtsschutzsuchenden, dass seine für die Rechtsverfolgung aufgewendeten Kosten nur bei Erfolg des eingelegten Widerspruchs erstattet werden. Ein Rechtsschutzsuchender hat daher die Obliegenheit, zur Vermeidung von Kostennachteilen die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs vor dessen Einlegung sorgfältig zu prüfen. Abgesehen davon verursacht die Beantragung der Nachholung der von Amts wegen vorzunehmenden (Seewald in: Niesel u.a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht § 27 SGB IV Rdnr. 5 (2005)), aber unterbliebenen Verzinsung keine nennenswerten zusätzlichen Kosten.
Die Ausführungen, die das Sozialgericht Aachen in seiner vom Kläger angeführten Entscheidung gemacht hat (Urteil vom 15.12.2005 – S 7 KA 9/05, AGS 2006, 551), behandeln eine gänzlich andere Fallkonstellation sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Da der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 750,00 EUR nicht überschreitet, war gemäß § 144 Abs. 1 SGG eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung zu treffen. Die Berufung war indes nicht zuzulassen, da es zum einen an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache mangelt (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Das Urteil weicht zum anderen auch nicht von einer ober- oder bundesgerichtlichen Entscheidung ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG), sondern folgt ihr im Gegenteil.
Dr. Leopold Richter
Tatbestand:
Mit ihrer Klage begehren der Kläger und die Beizuladende die Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 213,61 EUR.
Der Kläger ist Beschäftigter bei der Beigeladenen. Die Beigeladene unterhält eine Unterstützungskasse, die in Form eines eingetragenen Vereins unter dem Namen " mit Sitz in K geführt wird. Ausschließlicher Zweck dieses Vereins ist die freiwillige Gewährung von Versorgungsleistungen an Betriebsangehörige bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und im Alter sowie von Versorgungsleistungen an die Hinterbliebenen der Mitarbeiter. Mit Wirkung vom 31. Dezember 1996 schloss die Beigeladene die Unterstützungskasse und zahlte ihren aktiven Mitarbeitern eine Abfindung auf die von diesen bereits erlangten Versorgungsanwartschaften mit der Folge, dass die Mitarbeiter keinerlei Ansprüche mehr gegen die Unterstützungskasse der Beigeladenen aus dem Leistungsplan vom 1. Januar 1985 hatten. Der Kläger erhielt daraufhin im Jahre 1997 von der Beigeladenen eine Abfindungszahlung in Höhe von 7.501,00 DM = 3.835,20 EUR. Nachdem die Beigeladene an die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Schleswig-Holstein herangetreten war, um die Sozialversicherungspflichtigkeit der Abfindungszahlungen zu klären, entschied die AOK Schleswig-Holstein, dass eine Sozialversicherungsbeitragspflicht bestehe. Die Beigeladene zahlte daraufhin an die Beklagte über die AOK Schleswig-Holstein als Einzugsstelle Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger als Arbeitnehmer und für sich als Arbeitgeber in Höhe von jeweils 761,35 DM = 389,27 EUR.
Im Jahr 2001 vereinbarten der Kläger und die Beigeladene sowie die AOK Schleswig-Holstein, ein Musterverfahren durchzuführen, in welchem die Erstattungspflicht der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge geklärt werden sollte. Die AOK Schleswig-Holstein lehnte eine Erstattung der Beiträge gemäß § 26 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ab. Nach erfolglos durchlaufenem Widerspruchs-, Klag- und Berufungsverfahren obsiegte der Kläger schließlich vor dem Bundessozialgericht (BSG). Dieses entschied mit Urteil vom 25. August 2004 (Az.: B 12 KR 30/03 R), dass die Beklagte verpflichtet sei, den Arbeitnehmeranteil der auf die Abfindung entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erstatten. Zu dem Verfahren war auch die Beklagte beigeladen. Im Termin verpflichteten sich die AOK Schleswig-Holstein und die übrigen beigeladenen Sozialversicherungsträger, auch alle anderen Erstattungsfälle gleichermaßen zu behandeln.
Nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens forderte der Kläger die AOK Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 13. Juni 2005 auf, die zu Unrecht entrichteten Beiträge gemäß § 26 SGB IV an den Kläger und die Beigeladene zu erstatten. Die AOK Schleswig-Holstein nahm die Erstattung vor und gab im Übrigen den Vorgang zur Weiterbearbeitung an die anderen Sozialversicherungsträger, u. a. die Beklagte, ab.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2006 beanstandete die Beklagte die im Versicherungskonto des Klägers enthaltenen Pflichtbeiträge aus Abfindungen der Unterstützungskasse der Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1997 als zu Unrecht gezahlt, da aufgrund des BSG-Urteils vom 25. August 2004 festgestellt worden sei, dass aus diesen Abfindungen keine Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung abzuführen seien. Die Beiträge seien ohne Rechtsgrundlage gezahlt worden. Sie seien als Beiträge rechtsunwirksam und dürften im Leistungsfall nicht berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie entsprechend seinem Antrag auf Beitragserstattung vom 29. April 2005 den Erstattungsbetrag in Höhe von 778,54 EUR (Arbeitgeberanteil und Arbeitnehmeranteil) auf das vom Kläger angegebene Konto überwiesen habe.
Am 7. Februar 2006 legte der Kläger gegen den "Bescheid" vom 30. Januar 2006 "Widerspruch" ein. Zur Begründung führte er aus, dass noch die Verzinsung des Erstattungsanspruches gemäß § 27 SGB IV ausstehe. Die Verzinsung habe kraft Gesetzes zu erfolgen. Über den Zinsbetrag sei im Widerspruchsverfahren zu entscheiden. Zugleich beantragte er, der Beklagten die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
Am 28. Februar 2006 erließ die Beklagte einen Verzinsungsbescheid, mit welchem dem Kläger Zinsen in Höhe von 20,72 EUR für den Zeitraum von Juni 2005 bis einschließlich Januar 2006 zugestanden wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung im Sinne des § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht bestehe. Eine Belastung der Beklagten mit Kosten des Widerspruchsverfahrens sei nicht gerechtfertigt, weil im Schreiben vom 30. Januar 2006 noch keine Entscheidung zur Verzinsung des Erstattungsanspruches getroffen worden sei. Dieses Schreiben habe nur den Hinweis auf die Auszahlung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils enthalten. Am 30. Januar 2006 habe über den Anspruch auf Verzinsung noch keine Entscheidung getroffen werden können, weil für die Verzinsung das Datum der Auszahlung des Erstattungsbetrages feststehen müsse. Deshalb könne die Verzinsung nicht gleichzeitig mit der Auszahlungsanordnung bezüglich des Erstattungsbetrages erfolgen. Über die Verzinsung nach § 27 SGB IV werde von Amts wegen entschieden. Dies sei mit entsprechender Mitteilung und Zahlungsüberweisung Ende Februar 2006 erfolgt. Der Erhebung eines Widerspruchs habe es nicht bedurft. Gegebenenfalls wäre eine Anfrage bzw. Erinnerung ausreichend gewesen. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens hätten nicht übernommen werden können, da der Widerspruch erfolglos gewesen sei.
Am 28. April 2006 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Lübeck erhoben.
Unter Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren trägt er vor, dass der Beklagten bei Bescheidung bekannt gewesen sei bzw. hätte bekannt sein können, zu welchem Datum die Zahlung des Erstattungsbetrages erfolgt sei und ihr damit das Ende des Zinszeitraumes, nämlich Januar 2006 bekannt gewesen sei bzw. hätte bekannt sein können. Die Beklagte habe daher bereits in dem Erstattungsbescheid über die Zinsen kraft Gesetzes zu befinden gehabt. Er, wie auch die Beigeladene, könnten nicht darauf verwiesen werden, dass es eines Widerspruchs nicht bedurft habe. Dieser sei erforderlich gewesen, um den Erstattungsbescheid nicht bestandskräftig werden zu lassen. Er und die Beigeladene wären anderenfalls Gefahr gelaufen, dass die Beklagte argumentiert hätte, dass eine Erstattung der Zinsen nicht in Betracht gekommen sei, weil der Erstattungsbescheid nicht angefochten worden und daher ein Zinsanspruch wegen Bestandskraft nicht mehr gegeben sei. Das Versäumnis der Entscheidung über die Zinsen gehe ausschließlich zu Lasten der Beklagten. Die Deutsche Rentenversicherung Nord habe in gleichgelagerten Fällen die Kosten des Vorverfahrens erstattet. Er, der Kläger, wie auch die Beigeladene hätten einen Anspruch darauf, dass sie durch die Beklagte wie alle anderen Antragsteller behandelt würden. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG vom 17. Oktober 2006 (Az.: B 5 RJ 66/04 R) betreffe keinen vergleichbaren Sachverhalt und sei daher nicht heranzuziehen. Der Kläger verweist auf die Entscheidung des SG Aachen (Urteil vom 15.12.2005 – S 7 KA 9/05, AGS 2006, 551), da sie einen vergleichbaren Fall betreffe.
Er beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2006 zu verurteilen, ihm die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid. Die Verzinsung nach § 27 SGB IV sei im Bescheid vom 27. Januar 2006 nicht geregelt worden, da eine Zinsprüfung erst erfolgen könne, wenn der Erstattungsbetrag tatsächlich zur Zahlung angewiesen worden sei. Erst dann könne das Ende des Zinszeitraumes zutreffend bestimmt werden. Aus welchen Gründen die Deutsche Rentenversicherung Nord in diesen Fällen die Kosten eines Widerspruchsverfahrens gegen den Beanstandungsbescheid übernommen habe, könne von Seiten der Beklagten nicht nachvollzogen werden.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 72 der Gerichtsakte).
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Gericht angefallene Akte, die sämtlich Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2006. Das Schreiben der Beklagten vom 30. Januar 2006 enthält lediglich den Hinweis auf die Auszahlung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils. Ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X ist hierin nicht zu erblicken. Der Kläger hat mit seiner Eingabe vom 7. Februar 2006 einen Widerspruch im Rechtssinne eingelegt. Mit ihm hat der Kläger nach seinem wohlverstandenen Interesse den Beanstandungsbescheid vom 27. Januar 2006 angefochten. Er hat die Eingabe ausdrücklich als Widerspruch bezeichnet und will sie ausweislich des gesamten Verfahrens auch als solchen behandelt wissen. Ein solcher kann sich jedoch nur gegen einen Verwaltungsakt richten.
Die insoweit zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2006 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Erstattung der ihm im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt. Denn der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Er war bereits unzulässig.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Erstattungspflicht tritt ein, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Dieser Tatbestand ist gegeben, wenn dem Widerspruch ganz oder teilweise abgeholfen wurde (vgl. § 85 Abs. 1 SGG). Der Widerspruch ist dann erfolgreich, wenn er die Ursache für die Beendigung des Vorverfahrens ist (Finkenbusch, WzS 2005, 216). Grundsätzlich braucht keine Kausalität zwischen dem Widerspruchsbegehren und dem Erfolg des Widerspruchs zu bestehen (Krasney, in: Niesel u.a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 63 SGB X Rdnr. 5 (1995)). Unerheblich ist z. B. also, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat, wenn dem Begehren ganz oder teilweise abgeholfen wird (BSG, Urteil vom 29.01.1998 – B 12 KR 18/97 R, SozR 3-1500 § 144 Nr. 13; Finkenbusch, WzS 2005, 216; Diering, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), SGB X, 2. Aufl. 2007, § 63 Rdnr. 6). Ein Widerspruch ist aber dann nicht erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X, wenn die abhelfende Entscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand zuzurechnen ist (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 63 Nr. 3; Krasney, in: Niesel u.a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 63 SGB X Rdnr. 6 (1995); Diering, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), SGB X, 2. Aufl. 2007, § 63 Rdnr. 8; Roos, in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 6. Aufl. 2008, § 63 Rdnr. 18).
Gemäß § 83 i. V. m. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG muss sich ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Zulässigkeit dieses Rechtsbehelfs setzt mithin einen Verwaltungsakt voraus (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, 9. Aufl. 2008, § 83 Rdnr. 3). Hier ist jedoch ein Verwaltungsakt bezüglich einer Verzinsung des dem Kläger zu erstattenden Betrages nicht ergangen. Der Bescheid vom 27. Januar 2006 enthielt lediglich die Entscheidung über die Beanstandung der Beiträge. Die insoweit getroffene Sachentscheidung hat der Kläger mit seinem Widerspruch nicht angegriffen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers führt die fehlende Entscheidung über die Verzinsung des Erstattungsbetrages nicht zur Rechtswidrigkeit des Beanstandungsbescheides mit der Möglichkeit des Widerspruchs. Diese Rechtsauffassung dürfte von der Vorstellung geleitet sein, dass die Entscheidung über die Erstattung der Beiträge bzw. die Beanstandung von geleisteten Beiträgen sowie die Entscheidung über die Verzinsung gemeinsam einen einheitlichen Verwaltungsakt bilden, so dass das Fehlen der Verzinsungsentscheidung unmittelbar zur Rechtswidrigkeit dieses Verwaltungsaktes führt. Der Kläger verkennt dabei, dass ein Verwaltungsakt nur insoweit vorliegt, als eine hoheitliche Maßnahme eine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X überhaupt enthält. Weder der Bescheid vom 27. Januar 2006 noch das Schreiben der Beklagten vom 30. Januar 2006 enthalten eine Regelung hinsichtlich der Verzinsung der Erstattungsbeträge. Das bloße Schweigen enthält grundsätzlich weder eine zustimmende noch eine ablehnende, sondern keinerlei Willensbetätigung (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.1951 – II ZR 52/50, BGHZ 1, 353; BSG, Urteil vom 04.04.1963 – 8 RV 961/60, juris; BGH, Beschluss vom 19.09.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63; BSG, Urteil vom 17.10.2006 – B 5 RJ 66/04 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 5). Anderes kann nur dann Geltung beanspruchen, wenn besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ein bestimmtes, unmissverständliches, konkludentes Verhalten ergibt. Ein solches ist hier jedoch nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, das Unterlassen der Verzinsungsentscheidung als ihre Ablehnung auszulegen, können nicht gefunden werden.
Eine Entscheidung über die Verzinsung konnte zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erstattung der dem Kläger zustehenden Beträge auch nicht erfolgen, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig feststand, wann die Erstattungsbeträge an ihn ausgekehrt werden würden. Der Zinszeitraum steht somit erst dann fest, wenn die Erstattungsbeträge an den Kläger ausgekehrt wurden. Über die Verzinsung ist demgemäß durch einen gesonderten Bescheid zu entscheiden. Da die Beklagte von Gesetzes wegen gehalten ist, rechtmäßige Bescheide zu erlassen, ist es ihr verwehrt, zu einem Zeitpunkt über die Verzinsung zu entscheiden, in welchem noch nicht mit Sicherheit feststellbar ist, wann der Zinszeitraum endet. Der Rechtsauffassung des Klägers ist auch insoweit nicht zu folgen, als er rügt, dass die Beklagte hätte erkennen können, wann die Beträge an den Kläger ausgekehrt würden. Denn dies ist insbesondere in den Fällen problematisch, in welchen zum Monatsende über die Auskehrung und Auszahlung der Erstattungsbeträge an einen Berechtigten entschieden wird. Es ist insbesondere in diesen Fällen noch nicht absehbar, wann tatsächlich die Beträge an den Berechtigten ausgekehrt werden. Steht das Datum der Auszahlung noch nicht fest, kann nicht endgültig über die Verzinsung entschieden werden. Erstattungs- und Verzinsungsentscheidungen sind damit rechtlich selbständige Entscheidungen. Die Verzinsungsentscheidung ist nicht Teil der Erstattungsentscheidung, sondern zusätzlich von Amts wegen zu treffen. Ist sie unterlassen worden, macht dies den Verwaltungsakt nicht rechtswidrig. So liegt es auch hier. Die Beanstandung folgte am 27. Januar 2006. Am 30. Januar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die ihm zustehenden Erstattungsbeträge ausgekehrt wurden. Tatsächlich erfolgte die Auszahlung erst im Monat Februar. Wäre die Auszahlung noch im Januar erfolgt, wäre die Verzinsung nur bis Dezember 2005 erfolgt. Die Verzinsung der Erstattungsbeträge ist hier indes fehlerfrei getroffen worden.
Eine Stattgabe des Widerspruchs kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Beklagte dem Kläger die von ihm begehrten Zinsen mit Bescheid vom 28. Februar 2006 in Höhe von 20,72 EUR gewährt hat. Ein Widerspruch ist nur dann als erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X anzusehen, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung in dem Sinn besteht, als ein Verwaltungsakt auf den Widerspruch völlig oder teilweise aufgehoben wird (vgl. BSG SozR 3-1300 § 63 Nr. 3; SozR 4-1300 § 63 Nr. 1; BSG, Urteil vom 17.10.2006 – B 5 RJ 66/04 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 5; Roos, in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 6. Aufl. 2008, § 63 Rdnr. 18). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Es fehlt insoweit an einer Kausalität zwischen Widerspruch und Zinsentscheidung. Die Zinsentscheidung als rechtlich selbständige Entscheidung erging noch vor Bescheidung des Widerspruchs des Klägers. Sie erfolgte unabhängig vom Widerspruch, da die Beklagte von Amts wegen bereits die Verpflichtung trifft, über die Zinsen zu entscheiden, wie sich zwangslos aus § 27 SGB IV ergibt. Ein Verwaltungsakt, gegen den sich ein Widerspruch hätte richten können, lag zum Zeitpunkt des Widerspruchs noch nicht vor. Mangels eines solchen Verwaltungsaktes ist in dem Zinsbescheid vom 28. Februar 2006 auch keine Abhilfeentscheidung (§ 85 Abs. 1 SGG) zu sehen, der einen Rückschluss auf den Erfolg eines Widerspruchs zuließe. Dies kommt im Widerspruchsbescheid unmissverständlich zum Ausdruck, als dort der Widerspruch als unzulässig erachtet und in dieser Weise beschieden wurde.
Die mangelnde Erstattungsfähigkeit der dem Kläger durch den Widerspruch vom 7. Februar 2006 entstandenen Kosten ist schließlich nicht unbillig. Vielmehr ist es das Risiko eines jeden Rechtsschutzsuchenden, dass seine für die Rechtsverfolgung aufgewendeten Kosten nur bei Erfolg des eingelegten Widerspruchs erstattet werden. Ein Rechtsschutzsuchender hat daher die Obliegenheit, zur Vermeidung von Kostennachteilen die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs vor dessen Einlegung sorgfältig zu prüfen. Abgesehen davon verursacht die Beantragung der Nachholung der von Amts wegen vorzunehmenden (Seewald in: Niesel u.a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht § 27 SGB IV Rdnr. 5 (2005)), aber unterbliebenen Verzinsung keine nennenswerten zusätzlichen Kosten.
Die Ausführungen, die das Sozialgericht Aachen in seiner vom Kläger angeführten Entscheidung gemacht hat (Urteil vom 15.12.2005 – S 7 KA 9/05, AGS 2006, 551), behandeln eine gänzlich andere Fallkonstellation sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Da der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 750,00 EUR nicht überschreitet, war gemäß § 144 Abs. 1 SGG eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung zu treffen. Die Berufung war indes nicht zuzulassen, da es zum einen an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache mangelt (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Das Urteil weicht zum anderen auch nicht von einer ober- oder bundesgerichtlichen Entscheidung ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG), sondern folgt ihr im Gegenteil.
Dr. Leopold Richter
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