L 7 AS 150/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 53/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 150/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 98/09 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Einsicht in die Beklagtenakten und die Einhaltung des Nichtraucherschutzes streitig.

Der 1951 geborene Kläger erhielt von der Beklagten - mit Unterbrechungen - ab 15.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld (Alg) II. Mit Schreiben vom 17.01.2007 hat er beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, Einsicht in ihre Akten mit der Möglichkeit der Erstellung von Kopien zu ermöglichen und die Auskunft zu erteilen, ob und welche Daten beigezogen worden seien. Weiterhin sei die Beklagte zu verpflichten, keine Körperverletzung durch Passivrauchen bei allen Kontaktmöglichkeiten in deren Räumen zuzulassen und bei Nichteinhaltung ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen. Er hat u.a. den eine Meldeaufforderung betreffenden Widerspruchsbescheid der Beklagte vom 15.12.2006 vorgelegt, in dem u.a. heißt, der Meldeort sei nicht für ein Büro festgelegt worden, in dem ein Raucher sitze, die Beklagte verfüge auch über rauchfreie Zonen, in denen die Angelegenheiten mit dem Kläger ungestört besprochen werden könnten.

Das SG hat mit Urteil vom 26.02.2008 die Klage abgewiesen. Diese sei wegen nicht ordnungsgemäßer Klageerhebung unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BSG - Beschluss vom 18.11.2003, B 1 KR 1/02 S, setze ein zulässiges Rechtsschutzbegehren im Regelfall mindestens voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtssuchenden genannt werde. Dies entspreche überwiegend der in Rechtsprechung und Literatur zu den Parallelvorschriften anderer Prozessordnungen vertretenden Auffassungen. Dass dieser Grundsatz auch für das sozialgerichtliche Verfahren Geltung habe, sei zum einen deshalb anzunehmen, um die örtliche Zuständigkeit des angegangenen Gerichts nach § 57 Abs. 1 bis 3 SGG feststellen zu können und um damit ein Tätigwerden des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 SGG zu gewährleisten. Des Weiteren sprächen auch Gründe des Kostenrechts für das Erfordernis der Angabe der Anschrift des Klägers. Das SGG sehe nach § 192 SGG die Möglichkeit vor, einem uneinsichtigen Rechtssuchenden Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Wenn es dem Rechtssuchenden möglich wäre, sich durch bloßes Verschweigen seiner Anschrift der Durchsetzung einer ihn treffenden Kostenlast zu entziehen, wäre die Möglichkeit, von mutwilligen Rechtssuchenden verursachte Kosten ihnen selbst aufzuerlegen, nicht gegeben. Schwerwiegende beachtenswerte Gründe wie Obdachlosigkeit oder besonders schützenswerte Geheimhaltungsinteressen seien nicht erkennbar. Der Kläger behaupte selbst, nicht obdachlos zu sein, sondern in einem Wohnwagen zu wohnen. Zudem halte es das Gericht für zumutbar, dass der Kläger sich mit seinem Wohnwagen an einen zulässigen Standort, z.B. einen für Dauercamping geeigneter Campingplatz, begebe, wo er seinen Platz als Wohnanschrift angeben könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser ist mit Schreiben des Gerichts vom 19.01.2009 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, die Berufung gemäß § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss aus den in mehreren vorangegangenen Beschlüssen, z.B. vom 24.10.2008, L 7 B 254/08 AS ER, dargelegten Gründen als unzulässig zu verwerfen. In seiner Stellungnahme vom 22.01.2009 hat der Kläger auf seine Gründe verwiesen, die ihn seiner Meinung nach berechtigten, den Standort seines Wohnwagens nicht im Voraus mitzuteilen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Möglichkeit der Akteneinsicht und der Erstellung von Kopien zu geben sowie die Auskunft zu erteilen, ob und welche Daten beigezogen worden seien, und die Beklagte zu verpflichten, bei allen Kontaktmöglichkeiten in deren Räumen den Nichtraucherschutz zu gewährleisten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie der Beschwerdeakten L 7 B 254/08 AS ER und L 7 B 427/08 AS ER Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht zulässig. Ebenso wie für die Erhebung der Klage ist für die Einlegung der Berufung die Angabe der Anschrift des Klägers erforderlich. Hervorzuheben ist, dass nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-1500 § 90 Nr. 1), des BVerwG ein zulässiges Rechtsschutzbegehren grundsätzlich die Angabe der Wohnanschrift des Rechtssuchenden erfordert. Eine sogenannte Postfachadresse genügt hierfür nicht. Hierauf ist der Kläger bereits in zahlreichen Beschlüssen des Senats, z.B. Beschluss vom 24.10.2008, L 7 B 254/08 AS ER, hingewiesen worden.

Zwar beruft sich der Kläger in einem seiner zahlreichen, in anderen Verfahren ergangenen Schreiben auf den Beschluss des VGH München vom 01.06.1992, 12 CE 92.1201, BayVBl 1992 S. 594, wonach im Falle einer Obdachlosigkeit das Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift nicht gelte. Jedoch hat er nicht dargetan, dass diese Voraussetzungen bei ihm gegeben sind. Im Rahmen des Verfahrens L 7 B 427/08 AS ER hat er vorgetragen, er lebe in einem Wohnwagen, den er an verschiedenen Orten im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten unterschiedlich lange auf Privatgrundstücken abstelle. Damit liegt eine Obdachlosigkeit im eigentlichen Sinne nicht vor, vielmehr existiert jeweils ein bestimmter Aufenthaltsort, den mitzuteilen der Kläger jedoch ablehnt. Er erklärt, immer erst nach einen Wechsel des Standortes bereit zu sein, mitzuteilen, wo er sich in der Vergangenheit aufgehalten habe, nicht jedoch seinen aktuellen Aufenthaltsort. Damit ist er aber nicht aktuell erreichbar für die vom SG dargestellten Zustellungen von Kostennoten, wie es in der zitierten Rechtsprechung des BSG usw. gefordert wird.

Weiterhin hat der Kläger nicht dargetan, dass bei ihm ein anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse bezüglich seines aktuellen Aufenthaltsortes besteht. Er macht geltend, dass seine persönliche Sicherheit und die Sicherheit seines Eigentums es erforderlich machen würden, seinen aktuellen Aufenthaltsort geheim zu halten. Jedoch hat er zum einen nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, dass eine solche Gefährdung dieser Rechtsgüter bei ihm besteht, zum andern ist nicht erkennbar, dass die Angabe der Anschrift bei Gericht bzw. die Nennung des aktuellen Aufenthaltsortes eine Publizität zur Folge hätten, die eine akute Gefährdung seiner Person oder seiner materiellen Rechtsgüter bedeuten würden. Soweit der Kläger in seiner Stellungnahme vom 22.01.2009 auf ein von ihm in dem Verfahren L 7 B 427/08 AS ER eingereichten Schriftsatz vom 15.09.2008 verweist, ergeben sich hieraus ebenfalls keine Anhaltspunkte für die Anerkennung einer Geheimhaltung im oben dargestellten Sinne.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage ist die Feststellung der örtlichen Zuständigkeit, die vom Aufenthaltsort des Klägers abhängt. Auch dies ist im Falle des Klägers nicht gesichert. Immerhin hat er im Verfahren L 7 B 427/08 AS ER Unterlagen vorgelegt, wonach er bei der Arge SGB II Landkreis W. Antrag auf Alg II gestellt und mit Bescheid vom 10.06.2008 sogar Leistungen bewilligt erhalten hat. Weiterhin hat er angegeben, für die Zeit ab 01.09.2008 Antrag auf Alg II bei der Arge G. gestellt zu haben. Auch wenn es sich hierbei um Umstände handelt, die nach Klageerhebung eingetreten sind, so zeigen diese Vorgänge doch, dass nicht ohne weiteres von der örtlichen Zuständigkeit des SG nach § 57 SGG ausgegangen werden kann.
Somit ist die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.2008 als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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