L 9 AL 441/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 677/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 441/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Tätigkeit eines Betonmischermeister ist mit einer Staubexposition verbunden, je nach Tätigkeit in größerem oder geringerem Umfang. Ist ein Versicherter bereit, diese seine letzte Tätigkeit weiter zu verrichten, kann er dies aber nur noch auf Kosten seiner Gesunheit tun, ist trotzdem nach § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III die Festsetzung eines fiktiven Bemessungsentgelts aus dem erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung zulässig, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.11.2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 16.03.2003.

Der 1947 geborene Kläger erlernte von 1962 bis 1965 den Beruf eines Einzelhandelskaufmanns. Von 1960 bis 1970 arbeitete er als kaufmännischer Angestellter, ab 1971 als Lagerist, LKW-Fahrer und Sägewerksarbeiter und zuletzt bis Juli 1990 als LKW-Fahrer. In der Zeit von 1990 bis 1999 war er als selbständiger Handelsvertreter tätig. Er nahm dann im Oktober 1999 seine Tätigkeit als LKW-Fahrer wieder auf und arbeitete in der Zeit ab dem 02.05.2000 bis zum 17.05.2000 bei der Firma N. GmbH & Co. KG als Betonmischmeister. Wegen Insolvenz der Firma wurde das Arbeitsverhältnis zum 17.05.2002 gekündigt. Der Kläger bezog dann ab dem 03.06.2002 Arbeitslosengeld und ab dem 16.06.2003 Arbeitslosenhilfe. Seit dem 30.12.2004 arbeitete der Kläger wieder als selbständiger Handelsvertreter. Altersrente bezieht er seit dem 01.05.2007.

Die Beklagte berechnete das Arbeitslosengeld des Klägers ab dem 03.06.2002 nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 575,00 EUR. Nach einer weiteren Arbeitslosmeldung am 16.06.2003 beantragte der Kläger am 27.06.2003 Arbeitslosenhilfe. Er erklärte in seinem Antrag, seine Vermittlungsfähigkeit sei nach Tätigkeit und Arbeitsstunden aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt. Er könne die Tätigkeit aus der letzten Beschäftigung nicht mehr ausüben. Die Ärztin Dr. K. hatte dem Kläger am 27.05.2003 bescheinigt, er leide seit Jahren an einer chronischen Bronchialerkrankung mit deutlicher Einschränkung der Lungenfunktion. Er sei aufgrund seiner Erkrankung nicht geeignet für schwere körperliche Arbeit verbunden mit schwerem Heben sowie Arbeit mit Kontakt mit atemreizenden Stoffen wie starker Staubentwicklung, Dampfentwicklung, Hitze, Öldämpfen und Ähnlichem. Mit den Bescheiden vom 10.07. und 11.07.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger dann ab dem 16.06.2003 Arbeitslosenhilfe, wobei sie der Bewilligung ein Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 400,00 EUR zugrunde legte. Eine Neufestsetzung sei erforderlich, weil der Kläger aus gesundheitlichen Gründen das maßgebliche Bemessungsentgelt nicht mehr erzielen könne. Bei der Bemessung sei ein tarifliches Arbeitsentgelt von monatlich 1.732,25 EUR nach dem Tarifvertrag für das Baugewerbe zugrunde gelegt worden, unter Berücksichtigung einer wöchentlichen Arbeitszeit von
39 Stunden errechne sich ein gerundetes Bemessungsentgelt von 400,00 EUR. Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein mit der Begründung, der Kläger sei sowohl im Beruf als Einzelhandelskaufmann als auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Mischmeister sofort wieder einsetzbar. Bei der Tätigkeit eines Mischmeisters handele es sich nicht um eine schwere körperliche Arbeit. Sie setze auch keinen Kontakt mit atemreizenden Stoffen wie starker Staubentwicklung, Dampfentwicklung, Hitze, Öldämpfen und Ähnlichem voraus. Die von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass am ehemaligen Arbeitsplatz des Klägers, dem jetzigen Betonwerk A., auch ein Einsatz am Mischgerät mit Staubentwicklung erforderlich gewesen sei. Zudem werde bei allen Betrieben des hiesigen Arbeitsmarktes eine Betonmischanlage nicht aus einem Büro heraus gesteuert. Es sei auch die Mechanik der Mischanlage zu prüfen und es seien Funktionstests und Reparaturen vor Ort auszuführen. Dr. H. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten kam in seinem ärztlichen Gutachten vom 24.09.2003 zu dem Ergebnis, der Kläger könne noch vollschichtig in Werkhallen, geschlossenen Räumen oder in temperierten Räumen ständig leichte und zeitweise mittelschwere Arbeit überwiegend stehend, gehend oder sitzend verrichten. Das negative Leistungsbild schließe Arbeiten unter Nässe, Kälte, Temperaturschwankungen, Hitzearbeit, Staub, Rauch, Gasen, Dämpfen, Lärm, häufigem Bücken, häufigem Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel aus. Bei den Diagnosen einer chronischen Bronchitis mit Lungenfunktionseinschränkung, Schwerhörigkeit, Wirbelsäulensyndrom, gestörter Nahsicht (mit Brille nicht ganz ausreichend korrigiert) und gutem Sehvermögen in die Ferne stellte Dr. H. eine deutlich eingeschränkte Lungenfunktion fest. Bei Neigung zu Rückenbeschwerden sei die Wirbelsäule leichtgradig funktionsbehindert. Aus arbeitsmedizinischer Sicht könne der Kläger trotzdem leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten, es seien Arbeiten mit häufigem Bücken und schwerem Heben zu vermeiden. Wegen der Lungenerkrankung könne er dauerhaft nicht an Arbeitsplätzen eingesetzt werden, die mit Atemwegsbelastungen wie Dämpfen, Gasen, Stäuben und Rauch gekennzeichnet sind.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Er sei als Betonmischmeister aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr vermittelbar. Auf dem hiesigen Arbeitsmarkt müsse ein Betonmischmeister die Mechanik der Mischanlage überprüfen und kleinere Funktionstests oder Reparaturen vor Ort ausführen. Neben der Bedienung der Mischanlage seien Pflege und Wartung erforderlich. Eine bundesweite Vermittlung habe der Kläger aufgrund seiner familiären Verhältnisse ausgeschlossen. Als Einzelkaufmann könne er wöchentlich nur tariflich 348,07 EUR erzielen. Für ihn käme noch die Tätigkeit eines Kommissionierers, Lageristen, Pförtners oder Hausmeisters in Frage. Das Bemessungsentgelt betrage insoweit gerundet 400,00 EUR.

Die dagegen beim Sozialgericht Augsburg (SG) am 26.11.2003 erhobene Klage wurde mit Urteil vom 27.10.2005 abgewiesen. Der Kläger könne die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr verrichten. Er müsse Tätigkeiten unter Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen sowie Hitzearbeiten und Tätigkeiten, die mit Staub, Rauch, Gas oder Dämpfeentwicklung verbunden sind, vermeiden.

Mit der am 25.11.2005 erhobenen Berufung zum Bayer. Landessozialgericht verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, die Arbeitslosenhilfe ab dem 16.03.2003 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich gerundet 660,00 EUR zu erhalten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist bei seiner Ansicht geblieben, die Einschränkungen des Klägers würden eine Tätigkeit als Betonmischer nicht ausschließen. Das "Kreuz" im Antrag vom 16.06.2003 zur Frage der Fähigkeit, den bisherigen Beruf auszuüben, habe der Kläger nicht gemacht. Es werde insoweit die Einholung eines graphologischen Sachverständigengutachtens beantragt. Der Kläger sei pendelbereit und auch pendelbereit gewesen in einem Bereich von 100 km seines Wohnorts. Im Bereich des Wohnorts des Klägers gebe es diverse Betonmischwerke. Wegen der Ankreuzungen im Antrag auf Arbeitslosenhilfe werde der Klageanspruch hilfsweise auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gestützt. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass in einem Betonwerk Staub unweigerlich entstehe. Auch sei es richtig, dass es keine Betonmischanlagen gebe, bei denen es genüge, allein aus einem Büroraum heraus die Steuerungsanlage zu bedienen, ohne auch die Mechanik der Mischanlage überprüfen und gegebenenfalls zumindest kleinere Funktionstests oder Reparaturen vor Ort ausführen zu müssen. In der Vergangenheit aber sei der Kläger mit diesen Staubbelastungen ohne gesundheitliche Probleme zu Recht gekommen. Die vorliegende Erkrankung werde sich durch die Tätigkeit eines Betonmischmeisters nicht verschlimmern. Die anfallende Staubbelastung sei so gering, dass sie auf die Erkrankung keinerlei Einfluss habe.

Die Beklagte hat dagegen geltend gemacht, im Tagespendelbereich würden keine Arbeitsplätze im Tätigkeitsfeld der Betonmischung bestehen, bei denen keine Belastung durch Staub anfällt. Aufgrund der medizinischen Befunde bestehe objektiv keine Eignung des Klägers mehr für eine Tätigkeit als Betonmischmeister. Die Anwendung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei ausgeschlossen, die Herabbemessung beruhe nicht auf einer Fehlberatung.

In einer weiteren Stellungnahme vom 06.09.2006 sind die Ärzte der Beklagten Dr.B. (Internist, Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Betriebsmedizin und Sozialmedizin) und Ltd. Med. Dir. Dr.O. (Facharzt für Allgemeinmedizin, Betriebsmedizin, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen) zu dem Ergebnis gekommen, aus medizinischer Sicht sei für den Kläger die Fortsetzung der Tätigkeit als Betonmischmeister auf Dauer in einem Betonmischwerk neuerer, aber auch älterer Art nur auf Kosten der Restgesundheit mit Verschlechterung der Gesamtprognose möglich und damit nicht vertretbar. Ab dem 01.05.2007 erhielt der Kläger dann Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.10.2005 und die Bescheide vom 10.07.2003 und vom 11.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung der ihn ab dem 16.06.2003 zu zahlenden Arbeitslosenhilfe ein Bemessungsentgelt von 660,00 EUR zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und insgesamt zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet.

Streitgegenstand ist die Herabbemessung des Bemessungsentgelts für die Arbeitslosenhilfe ab dem 16.06.2003 durch die Bescheide vom 10.07.2003 und 11.07.2003, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2003.

Die Arbeitslosenhilfe beträgt gem. § 195 S. 1 Nr. 1 SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch) in der Fassung durch das 1. SGB - ÄndG vom 16.12.1997 (BGBL. I S. 2970), für Arbeitslose, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen, 57 % des Leistungsentgelts.

Leistungsentgelt ist nach § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III in Verbindung mit § 136
SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe ist nach § 200 Abs. 1 SGB III das Bemessungsentgelt, nach dem zuletzt das Arbeitslosengeld des Versicherten bemessen worden ist, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht. Das Bemessungsentgelt der Arbeitslosenhilfe des Klägers betrug bis zum 12.05.2003 wöchentlich 573,82 EUR bzw. gerundet 575,00 EUR.

Solange jedoch der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr das maßgebliche Bemessungsentgelt der Arbeitslosenhilfe erzielen kann, ist Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 200 Abs. 2 SGB III).

Die Neufeststellung der Arbeitslosenhilfe aufgrund einer Herabbemessung gemäß § 200 Abs. 2 SGB III ist rechtlich nicht zu beanstanden.

§ 200 Abs. 2 S. 1 SGB III betrifft die Herabbemessungsgründe, die in der Person des Beziehers der Arbeitslosenhilfe liegen. Aus dem systematischen Verhältnis zu § 201 SGB III ergibt sich, dass mit Gründen im Sinne des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III keine arbeitsmarktbedingten Gründe gemeint sind (BSG vom 21.10.2003 SozR 4-4300 § 200 Nr. 1 m.w.N.).

Sinn des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III ist es, bestimmte Gründe zu erfassen, die nicht bereits bei der turnusmäßigen Herabsetzung nach § 201 SGB III berücksichtigt werden. Diese aber soll gerade auch - pauschal - einem Verlust an beruflicher Qualifikation Rechnung tragen. Damit bleiben als persönliche Gründe vor allem Leistungseinschränkungen übrig. Maßgebend sind nur solche Gründe, die den konkreten Arbeitslosenhilfebezieher aus einer Gruppe anderer Arbeitsloser, die ihm hinsichtlich beruflicher Qualifikation, Alter, Dauer der Arbeitslosigkeit und anderer Gesichtspunkte vergleichbar sind, individuell herausheben. Hierzu gehören besondere persönliche Leistungseinschränkungen, die in der Regel auf individuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhen. Die Rechtsfolge ist die Festsetzung eines fiktiven Bemessungsentgelts aus dem erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat (Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 200, Rdnr. 10 ff. m.w.N.).

Nach dem Urteil des BSG vom 17.11.2005 (SGb 2006, 42) ist für eine Herabsetzung des Bemessungsentgelts nach § 200 Abs. 2 SGB III auch dann Raum, wenn die fragliche Leistungseinschränkung bereits im Zeitpunkt der Bewilligung von Arbeitslosengeld vorgelegen hatte. Denn es entspricht dem Sinn und Zweck des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III, eine Anpassung des maßgeblichen Bemessungsentgelts an die realistischen Verdienstmöglichkeiten vorzunehmen, soweit sich die Herabbemessungsgründe nicht allein aus den Verhältnissen des Arbeitsmarktes ergeben.

Wie das BSG mit den Urteilen vom 5. September 2006 (SGb 2006, 610) und 21. Oktober 2003 (a.a.O.) entschieden hat, ist als Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung heranzuziehen, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken (§ 35 Abs. 2 SGB III) hat; alle Umstände des Einzelfalles sind hierbei zu berücksichtigen (sogenannte fiktive Bemessung).

Nach § 35 Abs. 2 SGB III hat die Beklagte bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitssuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Es kommt hier darauf an, für welche Beschäftigung der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt. Dann ist festzustellen, welches tarifliches Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung zuzuordnen ist.

Damit kommt nach Überzeugung des Senats für den Kläger aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit eines Betonmischermeisters nicht mehr in Betracht.
Die Tätigkeit eines Betonmischermeisters ist unstreitig mit einer Staubexposition verbunden, je nach Tätigkeit in größerem oder geringerem Umfang. Mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen konnte der Kläger diese Tätigkeit nicht mehr verrichten, ohne auf Kosten seiner Gesundheit tätig zu sein. Mit ärztlicher Bescheinigung vom 27.05.2003 hat
Dr. K. (K.) den Kläger betreffend bestätigt, er leide seit Jahren an einer chronischen Bronchialerkrankung mit deutlicher Einschränkung der Lungenfunktion. Er sei aufgrund seiner Erkrankung nicht geeignet, für schwere körperliche Arbeiten verbunden mit schwerem Heben sowie Arbeiten mit Kontakt mit atemreizenden Stoffen wie starker Staubentwicklung, Dampfentwicklung, Hitze, Öldämpfen und Ähnlichem. Dr. H. (Sozialmedizinischer Dienst der Beklagten) ist im ärztlichen Gutachten vom 24.09.2003 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch vollschichtig in Werkhallen, geschlossenen Räumen oder in temperierten Räumen ständig leichte und zeitweise mittelschwere Arbeit überwiegend stehen, gehend oder sitzend verrichten kann. Das negative Leistungsbild des Klägers schließt Arbeiten unter Nässe, Kälte, Temperaturschwankungen, Hitzearbeiten, Staub, Rauch, Gasen, Dämpfen, Lärm, häufigem Bücken, häufigem Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel aus. Als Diagnosen hat er gestellt: chronische Bronchitis mit Lungenfunktionseinschränkung, Schwerhörigkeit, Wirbelsäulensyndrom, gestörte Nahsicht (mit Brille nicht ganz ausreichend korrigiert) und gutes Sehvermögen in die Ferne.
Er hat festgehalten, dass beim Kläger eine chronische Bronchitis mit Neigung zu Atembeschwerden vorliegt. Seine Lungenfunktion ist deutlich eingeschränkt. Bei Neigung zu Rückenbeschwerden fand er die Wirbelsäule leichtgradig funktionsbehindert. Aus arbeitsmedizinischer Sicht - so Dr. H. - kann er leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Arbeiten mit häufigem Bücken und schwerem Heben sind zu vermeiden. Wegen der Lungenerkrankung kann der Kläger dauerhaft nicht an Arbeitsplätzen eingesetzt werden die mit Atemwegsbelastungen durch Dämpfe, Gase, Stäube und Rauch gekennzeichnet sind. Dr. H. kommt zwar zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine Tätigkeit als Betonmischmeister weiter verrichten kann, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Angaben des Kläger zutreffen, dass er bei seiner Tätigkeit als Betonmischmeister derartigen Belastungen nicht ausgesetzt ist, und er bei einer solchen Tätigkeit Überwachungsfunktionen in einem büroartigen Raum mit der Bedienung von PC´s hat.

In weiteren medizinischen Stellungnahmen sind Dr. O. (Stellungnahme vom 14.09.206) und Dr. B. (Stellungnahme vom 06.09.2006) zu dem Ergebnis gekommen, dass für den Kläger aus medizinischer Sicht die Fortsetzung der Tätigkeit als Betonmischmeister auf Dauer in einem Betonmischwerk älterer/neuerer Bauart nur auf Kosten der Restgesundheit mit Verschlechterung der Gesamtprognose möglich und somit aus medizinischer Sicht nicht zu vertreten ist. Dr. B. hat darauf hingewiesen, dass bei einer Untersuchung im Ärztlichen Dienst der AA B-Stadt am 24.09.2003 das Vorliegen einer chronisch obstruktiven Bronchitis (chronische Bronchitis mit asthmatischen Beschwerden) bestätigt wurde. Die in diesem Rahmen durchgeführte Lungenfunktion hat eine deutliche Deformierung der Fluß-Volumen-Kurve als Hinweis auf einen weitgehenden Verschluss und Verengung der kleinen Atemwege gezeigt. Auch die Messwerte sind im Sinne einer mittelschweren obstruktiven Lungenfunktionseinschränkung verändert gewesen. Das entspricht - so Dr. B. - dem Krankheitsstadium III der chronischen Bronchitis: Stadium der komplizierenden Atemwegsobstruktion. Zum Untersuchungszeitpunkt hat der Kläger bereits regelmäßig ein Asthmaspray mit Verabreichung weiterer zusätzlicher Dosen im Bedarfsfall benutzt. Dr. B. hält fest, dass nach der einschlägigen medizinischen Fachliteratur es bei fortgesetzter Einwirkung inhalativer Noxen bei der beim Kläger vorliegenden chronischen Atemwegserkrankung zu einer kontinuierlichen Zunahme des Schweregrades mit Reduzierung der Lebenserwartung kommt. Zur Abwendung eines weiteren ungünstigen Krankheitsverlaufes bedarf es aus medizinischer Sicht - so Dr. B. - neben der medikamentösen Therapie dringend der weitgehenden Ausschaltung weiterer bronchialreizender und -schädigender Einwirkungen.

Die Tätigkeit eines Einzelhandelskaufmanns scheidet für den Kläger zwar nicht aus. Wie die Beklagte aber richtig festgehalten hat, würde das erzielbare Entgelt als Einzelhandelskaufmann aber nach dem einschlägigen Tarifvertrag in Lohngruppe II im 3. Berufsjahr ohne Einmalzahlungen wöchentlich nur 348,07 EUR betragen.

Zu Recht hat die Beklagte daher eine Einstufung des erzielbaren Arbeitsentgelts nach dem für den Kläger günstigen Bautarif als Wächter oder Wärter bzw. entsprechend dieser Lohngruppe auch als allgemeine Hilfskraft wie z. B. Hausmeister oder Hofarbeiter vorgenommen.

Eine Einstufung in den Tarifvertrag des bayerischen Groß- und Außenhandels bzw. im Einzelhandel mit der in Frage kommenden Tätigkeit im Lager würde - wie die Beklage zu Recht festgehalten hat - keine höheres erzielbares Arbeitsentgelt ergeben (Kommissionierer bzw. Hausmeister im bayerischen Groß- und Außenhandel - gewerblicher Arbeitnehmer- in Lohngruppe 3 ohne Einmalzahlungen = wöchentlich 384,14 EUR; Staplerfahrer, Lagerarbeiter im bayerischen Einzelhandel - gewerblicher Arbeitnehmer - in Lohngruppe 2b = wöchentlich 399,99 EUR).

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorträgt, der Anspruch werde wegen des Ankreuzens der Ziffer 2 d auf dem Antrag zur Arbeitslosenhilfe auf das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gestützt, ist zu beachten: Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass (1) der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung, verletzt hat, (2) dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht und (3) der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 15.04.2008 Az.: B 14 AS 27/07 R).

Vorliegend mag dahingestellt sein, ob die Voraussetzungen der Ziffern (1) und (2) gegeben sind. Eine zulässige Amtshandlung zur Beseitigung eines Nachteils des Klägers, die hier in Betracht käme, ist jedoch nicht denkbar. Gedacht - das Kreuz würde nicht unter der Ziffer 2 d stehen, und es sei nicht so, dass dem Kläger die Aussage zugerechnet werden könnte, er könne aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit der letzten Beschäftigung nicht mehr ausüben, dann könnte dieses Ergebnis nur dazu führen, dass in der gesamten Betrachtung des Falles davon auszugehen wäre, dass der Kläger für sich subjektiv meine, er könne aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit der letzten Beschäftigung noch ausüben. Selbst wenn man dies annähme, würde dies nicht dazu führen, dass die Frage, ob der Kläger in der Lage gewesen war, die Tätigkeit der letzten Beschäftigung auch unter gesundheitlichen Gesichtspunkten auszuüben, mit ja zu beantworten wäre. Diese Frage ist unabhängig von der Meinung des Klägers zu beantworten nach den vorliegenden ärztlichen Beurteilungen, die überzeugend und nachvollziehbar sein müssen.

Der Senat sah es daher als nicht erforderlich an, eine weitere Sachaufklärung durch ein graphologisches Sachverständigengutachten durchzuführen zu der Frage, ob das Kreuz im Antrag durch den Kläger gefertigt worden war, abgesehen davon, dass es eindeutig schwierig wäre, zwei Striche der Urheberschaft einer bestimmten Person zuzuordnen.

Die Bescheide der Beklagte sind daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§160 Abs. 2 Nrn. 1,2).
Rechtskraft
Aus
Saved