Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 LW 26/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 5/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Oktober 2006 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte.
Der Kläger war zunächst alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der K. Wohnbau GmbH, deren Unternehmenszweck die Tätigkeit als Bauträger, der Besitz von Immobilien und das Bertreiben von Immobiliengeschäften war. Zum Betriebsvermögen der GmbH gehörten auch land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen in wechselndem Umfang (ca. 35 bis 45 ha, im Klägervorbringen ist von einem Hofgut die Rede). Der Kläger erhielt ein Geschäftsführergehalt (im Jahre 2003 z.B. 246.810,00 EUR), das steuerlich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit der Lohnbesteuerung unterworfen und bei der Einkommensteuerveranlagung als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit behandelt wurde. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht abgeführt. Die K. Wohnbau GmbH wurde 1993 in das Unternehmerverzeichnis der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Oberbayern eingetragen.
Mit Bescheid vom 16.03.2004 stellte die Beklagte die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers als Landwirt in der Alterssicherung der Landwirte ab dem 01.01.2003 fest. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Am 21.04.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht wegen der Erzielung von Einkünften als Geschäftsführer. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.06.2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 als unbegründet zurück. Ihrer Ansicht nach hatte der Kläger als alleiniger Gesellschafter oder jedenfalls als solcher mit einer Sperrminorität insoweit keine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Einkünfte seien denen aus dem Unternehmen zuzuordnen, das die Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Alterssicherung begründe, weshalb sie gerade nicht zur Begründung einer Befreiung herangezogen werden dürften.
An der K. Wohnbau GmbH, deren Stammeinlage zunächst 50.000,00 DM betrug, wurde eine K. Beteiligungs-GmbH mit DM 500,00 Stammeinlage beteiligt, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war und ist. Am 30.08.2004 wurde mit Wirkung vom 01.01.2004 ein Formwechsel der K. Wohnbau GmbH in eine K. Wohnbau GmbH & Co. KG vorgenommen. Persönlich haftender Gesellschafter ist seither die K. Beteiligungs-GmbH, alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer ist der Kläger.
Der Klage gegen die Ablehnung der Befreiung hat das Sozialgericht München mit Urteil vom 12.10.2005 stattgegeben. Der Kläger beziehe den weitaus überwiegenden Teil seiner Einnahmen aus den Betätigungen außerhalb der Landwirtschaft. Insoweit ist das Gericht von den Angaben des Klägers ausgegangen, nach denen die Landwirtschaft keinerlei Gewinn erziele und der Umsatz hieraus etwa 1,2 % des Umsatzes des Unternehmens betrage und sein zeitlicher Aufwand als Geschäftsführer für die land- und forstwirtschaftliche Betätigung wöchentlich weniger als zwei Stunden betrage. Für das Sozialgericht war kein formelles Verbot ersichtlich, die Einkünfte aus einem rechtlich einheitlichen Unternehmen verschiedenen wirtschaftlichen Quellen zuzuordnen. Das Gesetz biete auch im Falle einer selbständigen Tätigkeit eine Befreiungsmöglichkeit.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.10.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 28.06.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte ermittelt, dass der Kläger nach seinem Lebensalter und den in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten keinen Befreiungsanspruch nach § 3 Abs.3 ALG hat.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts in dem vorangegangenen Klageverfahren sowie die Akten des Finanzamtes F. zur Besteuerung des Klägers. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) besteht nicht.
Die Berufung ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs.1 Nr.1 ALG.
Die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers ist mit Bescheid der Beklagten vom 16.03.2004 bindend festgestellt worden (§ 77 SGG). An der Versicherungs- und Beitragspflicht hat sich mit dem im Jahre 2004 vollzogenen Formwechsel nach den §§ 190 ff. Umwandlungsgesetz nichts geändert. Der Kläger gilt auch bei der neuen Rechtsform seines Unternehmens nach § 1 Abs.2 Satz 3 ALG als Landwirt, denn er ist nunmehr beschränkt haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft sowie als Alleingesellschafter Mitglied der allein unbeschränkt haftenden Beteiligungsgesellschaft. Er ist hauptberuflich in diesem Unternehmen tätig, eine anderweitige Tätigkeit selbständiger oder nicht selbständiger Art übt er nicht aus. Er ist in dieser Tätigkeit auch nicht kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, denn seine Einkünfte aus dem Unternehmen werden ungeachtet ihrer Bezeichnung als Geschäftsführergehalt ebenso wie seine übrigen Einkünfte aus den Beteiligungen steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Sowohl als alleiniger Gesellschafter der GmbH als auch als alleiniger Kommanditist übt der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer keine nichtselbständige Tätigkeit aus (vgl. für die GmbH BSG SozR 4600 § 56 Nr.1; für die Kommanditgesellschaft BSG SozR 2100 § 7 Nr.7) und sein Einkommen ist nach § 15 Abs.1 Satz 2 SGB IV als Arbeitseinkommen zu werten, da es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Eine Versicherungspflicht wegen dieser Tätigkeit ist im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht normiert.
Der Kläger erzielt kein regelmäßiges Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800,00 EUR überschreiten würde (§ 3 Abs.1 Nr.1 ALG). Als ein solches Entgelt oder Einkommen stehen beim Kläger nur die Einkünfte als Geschäftsführer bzw. sonstige Einkünfte aus Gewerbebetrieb zunächst aus der K. Wohnbau-GmbH und ab dem Jahre 2004 aus der K. Wohnbau-GbmH & Co. KG im Raum. Sie kommen als Befreiungsvoraussetzung nur in Betracht, wenn sie den Mindestbetrag des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG "ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft" erreichen. Die Einkünfte aus dem Unternehmen, das die Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte begründet, können jedoch nicht zur Ermittlung der befreienden Einkünfte aufgespalten werden.
Der Gesetzgeber hat im ALG ein differenziertes System von Regel (Versicherungspflicht) und Ausnahme (Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf Antrag) geschaffen, das grundsätzlich keiner lückenschließenden Auslegung zugänglich ist (BSG SozR 4-5868 § 85 Nr.1 mit weiteren Nachweisen). Hierbei wurde die Personengruppe, der der Kläger als Gesellschafter und Kommanditist zuzuordnen ist, bewusst in die Alterssicherung der Landwirte einbezogen (vgl. Bundestags-Drucksache 12/5700 S.64, 69; Bundestags-Drucksache 12/7599 S.7 ff.). Insoweit hat das BSG schon zu den früher versicherungspflichtigen Mitgliedern von Personenhandelsgesellschaften ausgeführt, dass es, sofern die Handelsgesellschaft ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibt, nicht darauf ankomme, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie noch andere Zwecke verfolge. Hierbei kam es auch nicht darauf an, welchen Umfang die Leitungsfunktionen für das landwirtschaftliche Unternehmen im Rahmen der Tätigkeit für das Gesamtunternehmen eingenommen hatten. Insoweit konnte nicht von der Ausübung mehrerer Berufe ausgegangen werden, die einander als Hauptberuf und Nebenberuf gegenüber gestellt werden könnten. Die Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen wurde vielmehr als Gegenstand des sich auf das Gesamtunternehmen erstreckenden Hauptberufs angesehen (BSG SozR 5420 § 2 Nr.15; siehe auch BayLSG Urteil vom 24.04.2001 Az.: L 16 LW 21/98). Damit führen auch jene Fallgestaltungen zur Versicherungspflicht, in denen der land- und forstwirtschaftliche Anteil, sei es gemessen am Wert des Betriebsvermögens, des Umsatzes, des Gewinns oder des zeitlichen Aufwands des Unternehmers einen solchen Anteil hat, dass die übrigen, dem landwirtschaftlichen Unternehmer zufließenden Erlöse aus dem Unternehmen die Grenze des § 3 Abs.1 Nr.1 ALG überschreiten. Bei Beachtung des oben genannten strikten Regel-Ausnahmeverhältnisses von Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf Antrag kann der die Versicherungspflicht begründende Sachverhalt nicht zugleich den Ausnahmetatbestand begründen. In Kenntnis der seit Jahrzehnten bestehenden Möglichkeit, Land- und Forstwirtschaft auch im Rahmen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und als möglicherweise untergeordneten Teil eines gewerblichen Unternehmens zu betreiben (vgl. BSG SozR 5420 § 2 Nr.15), hätte es insoweit nahe gelegen, die Versicherungspflicht des Unternehmers der Land- und Forstwirtschaft entweder unter entsprechend einschränkenden Voraussetzungen zu regeln oder einen hierauf abgestimmten, entsprechenden Ausnahmetatbestand zu schaffen. Der Gesetzgeber hat dies aber nicht getan. Das legt der Schluss nahe, dass er die Versicherungspflicht auch bei einem entsprechend untergeordneten Anteil der Land- und Forstwirtschaft am gewerblichen Unternehmen regeln wollte. Im Übrigen käme es bei der vom Kläger und vom Sozialgericht angenommenen Teilbarkeit der Tätigkeit, des Umsatzes oder der Einkünfte nicht auf deren Verhältnis zueinander an. Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 Abs.1 Nr.1 ALG würde es ausreichen, aber auch erforderlich sein, dass der als rein gewerblich angesehene Anteil der Einkünfte die zur Befreiung ausreichende Mindesthöhe von Entgelt oder Einkommen überschreiten würde, gleich, wie hoch der Anteil der Land- und Forstwirtschaft an der gesamten gewerblichen Tätigkeit wäre.
Es gibt für die vorliegende Fallgestaltung auch keine rechtlich geregelte oder sonst objektiv verlässliche Grundlage zur Ermittlung des Arbeitsentgelts, Arbeitseinkommens oder sonstigen Einkommens "ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft ...". Die nach §§ 238 ff. HGB handelsrechtlich und damit nach § 140 Abgabenordnung grundsätzlich auch steuerrechtlich maßgeblichen Buchführungsvorschriften sehen keine Buchführungspflichten oder sonstige Aufzeichnungspflichten des Gesellschafters einer GmbH oder einer Kommanditgesellschaft vor. Buchführungspflichtig ist allein die jeweilige Gesellschaft. Innerhalb der Buchführung der Gesellschaft sind die unter sonstigen Gesichtspunkten der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter sowie Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben solche des gewerblichen Unternehmens insgesamt. Buchführungsvorschriften oder solche über Aufzeichnungspflichten, die eine entsprechende Unterscheidung forderten oder ermöglichten, bestehen nicht (s. dazu Merkt in Baumbach/Hopt, Kommentar zum Handelsgesetzbuch 33. Auflage § 238 Rdnrn.7 und 22 ff.; Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand April 2007 § 141 Rdnr.3 ff.).
Die Entscheidung des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Beklagte im Berufungsverfahren in vollem Umfang obsiegt hat.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte.
Der Kläger war zunächst alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der K. Wohnbau GmbH, deren Unternehmenszweck die Tätigkeit als Bauträger, der Besitz von Immobilien und das Bertreiben von Immobiliengeschäften war. Zum Betriebsvermögen der GmbH gehörten auch land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen in wechselndem Umfang (ca. 35 bis 45 ha, im Klägervorbringen ist von einem Hofgut die Rede). Der Kläger erhielt ein Geschäftsführergehalt (im Jahre 2003 z.B. 246.810,00 EUR), das steuerlich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit der Lohnbesteuerung unterworfen und bei der Einkommensteuerveranlagung als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit behandelt wurde. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht abgeführt. Die K. Wohnbau GmbH wurde 1993 in das Unternehmerverzeichnis der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Oberbayern eingetragen.
Mit Bescheid vom 16.03.2004 stellte die Beklagte die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers als Landwirt in der Alterssicherung der Landwirte ab dem 01.01.2003 fest. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Am 21.04.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht wegen der Erzielung von Einkünften als Geschäftsführer. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.06.2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 als unbegründet zurück. Ihrer Ansicht nach hatte der Kläger als alleiniger Gesellschafter oder jedenfalls als solcher mit einer Sperrminorität insoweit keine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Einkünfte seien denen aus dem Unternehmen zuzuordnen, das die Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Alterssicherung begründe, weshalb sie gerade nicht zur Begründung einer Befreiung herangezogen werden dürften.
An der K. Wohnbau GmbH, deren Stammeinlage zunächst 50.000,00 DM betrug, wurde eine K. Beteiligungs-GmbH mit DM 500,00 Stammeinlage beteiligt, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war und ist. Am 30.08.2004 wurde mit Wirkung vom 01.01.2004 ein Formwechsel der K. Wohnbau GmbH in eine K. Wohnbau GmbH & Co. KG vorgenommen. Persönlich haftender Gesellschafter ist seither die K. Beteiligungs-GmbH, alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer ist der Kläger.
Der Klage gegen die Ablehnung der Befreiung hat das Sozialgericht München mit Urteil vom 12.10.2005 stattgegeben. Der Kläger beziehe den weitaus überwiegenden Teil seiner Einnahmen aus den Betätigungen außerhalb der Landwirtschaft. Insoweit ist das Gericht von den Angaben des Klägers ausgegangen, nach denen die Landwirtschaft keinerlei Gewinn erziele und der Umsatz hieraus etwa 1,2 % des Umsatzes des Unternehmens betrage und sein zeitlicher Aufwand als Geschäftsführer für die land- und forstwirtschaftliche Betätigung wöchentlich weniger als zwei Stunden betrage. Für das Sozialgericht war kein formelles Verbot ersichtlich, die Einkünfte aus einem rechtlich einheitlichen Unternehmen verschiedenen wirtschaftlichen Quellen zuzuordnen. Das Gesetz biete auch im Falle einer selbständigen Tätigkeit eine Befreiungsmöglichkeit.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.10.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 28.06.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte ermittelt, dass der Kläger nach seinem Lebensalter und den in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten keinen Befreiungsanspruch nach § 3 Abs.3 ALG hat.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts in dem vorangegangenen Klageverfahren sowie die Akten des Finanzamtes F. zur Besteuerung des Klägers. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) besteht nicht.
Die Berufung ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs.1 Nr.1 ALG.
Die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers ist mit Bescheid der Beklagten vom 16.03.2004 bindend festgestellt worden (§ 77 SGG). An der Versicherungs- und Beitragspflicht hat sich mit dem im Jahre 2004 vollzogenen Formwechsel nach den §§ 190 ff. Umwandlungsgesetz nichts geändert. Der Kläger gilt auch bei der neuen Rechtsform seines Unternehmens nach § 1 Abs.2 Satz 3 ALG als Landwirt, denn er ist nunmehr beschränkt haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft sowie als Alleingesellschafter Mitglied der allein unbeschränkt haftenden Beteiligungsgesellschaft. Er ist hauptberuflich in diesem Unternehmen tätig, eine anderweitige Tätigkeit selbständiger oder nicht selbständiger Art übt er nicht aus. Er ist in dieser Tätigkeit auch nicht kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, denn seine Einkünfte aus dem Unternehmen werden ungeachtet ihrer Bezeichnung als Geschäftsführergehalt ebenso wie seine übrigen Einkünfte aus den Beteiligungen steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Sowohl als alleiniger Gesellschafter der GmbH als auch als alleiniger Kommanditist übt der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer keine nichtselbständige Tätigkeit aus (vgl. für die GmbH BSG SozR 4600 § 56 Nr.1; für die Kommanditgesellschaft BSG SozR 2100 § 7 Nr.7) und sein Einkommen ist nach § 15 Abs.1 Satz 2 SGB IV als Arbeitseinkommen zu werten, da es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Eine Versicherungspflicht wegen dieser Tätigkeit ist im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht normiert.
Der Kläger erzielt kein regelmäßiges Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800,00 EUR überschreiten würde (§ 3 Abs.1 Nr.1 ALG). Als ein solches Entgelt oder Einkommen stehen beim Kläger nur die Einkünfte als Geschäftsführer bzw. sonstige Einkünfte aus Gewerbebetrieb zunächst aus der K. Wohnbau-GmbH und ab dem Jahre 2004 aus der K. Wohnbau-GbmH & Co. KG im Raum. Sie kommen als Befreiungsvoraussetzung nur in Betracht, wenn sie den Mindestbetrag des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG "ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft" erreichen. Die Einkünfte aus dem Unternehmen, das die Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte begründet, können jedoch nicht zur Ermittlung der befreienden Einkünfte aufgespalten werden.
Der Gesetzgeber hat im ALG ein differenziertes System von Regel (Versicherungspflicht) und Ausnahme (Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf Antrag) geschaffen, das grundsätzlich keiner lückenschließenden Auslegung zugänglich ist (BSG SozR 4-5868 § 85 Nr.1 mit weiteren Nachweisen). Hierbei wurde die Personengruppe, der der Kläger als Gesellschafter und Kommanditist zuzuordnen ist, bewusst in die Alterssicherung der Landwirte einbezogen (vgl. Bundestags-Drucksache 12/5700 S.64, 69; Bundestags-Drucksache 12/7599 S.7 ff.). Insoweit hat das BSG schon zu den früher versicherungspflichtigen Mitgliedern von Personenhandelsgesellschaften ausgeführt, dass es, sofern die Handelsgesellschaft ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibt, nicht darauf ankomme, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie noch andere Zwecke verfolge. Hierbei kam es auch nicht darauf an, welchen Umfang die Leitungsfunktionen für das landwirtschaftliche Unternehmen im Rahmen der Tätigkeit für das Gesamtunternehmen eingenommen hatten. Insoweit konnte nicht von der Ausübung mehrerer Berufe ausgegangen werden, die einander als Hauptberuf und Nebenberuf gegenüber gestellt werden könnten. Die Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen wurde vielmehr als Gegenstand des sich auf das Gesamtunternehmen erstreckenden Hauptberufs angesehen (BSG SozR 5420 § 2 Nr.15; siehe auch BayLSG Urteil vom 24.04.2001 Az.: L 16 LW 21/98). Damit führen auch jene Fallgestaltungen zur Versicherungspflicht, in denen der land- und forstwirtschaftliche Anteil, sei es gemessen am Wert des Betriebsvermögens, des Umsatzes, des Gewinns oder des zeitlichen Aufwands des Unternehmers einen solchen Anteil hat, dass die übrigen, dem landwirtschaftlichen Unternehmer zufließenden Erlöse aus dem Unternehmen die Grenze des § 3 Abs.1 Nr.1 ALG überschreiten. Bei Beachtung des oben genannten strikten Regel-Ausnahmeverhältnisses von Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung auf Antrag kann der die Versicherungspflicht begründende Sachverhalt nicht zugleich den Ausnahmetatbestand begründen. In Kenntnis der seit Jahrzehnten bestehenden Möglichkeit, Land- und Forstwirtschaft auch im Rahmen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und als möglicherweise untergeordneten Teil eines gewerblichen Unternehmens zu betreiben (vgl. BSG SozR 5420 § 2 Nr.15), hätte es insoweit nahe gelegen, die Versicherungspflicht des Unternehmers der Land- und Forstwirtschaft entweder unter entsprechend einschränkenden Voraussetzungen zu regeln oder einen hierauf abgestimmten, entsprechenden Ausnahmetatbestand zu schaffen. Der Gesetzgeber hat dies aber nicht getan. Das legt der Schluss nahe, dass er die Versicherungspflicht auch bei einem entsprechend untergeordneten Anteil der Land- und Forstwirtschaft am gewerblichen Unternehmen regeln wollte. Im Übrigen käme es bei der vom Kläger und vom Sozialgericht angenommenen Teilbarkeit der Tätigkeit, des Umsatzes oder der Einkünfte nicht auf deren Verhältnis zueinander an. Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 Abs.1 Nr.1 ALG würde es ausreichen, aber auch erforderlich sein, dass der als rein gewerblich angesehene Anteil der Einkünfte die zur Befreiung ausreichende Mindesthöhe von Entgelt oder Einkommen überschreiten würde, gleich, wie hoch der Anteil der Land- und Forstwirtschaft an der gesamten gewerblichen Tätigkeit wäre.
Es gibt für die vorliegende Fallgestaltung auch keine rechtlich geregelte oder sonst objektiv verlässliche Grundlage zur Ermittlung des Arbeitsentgelts, Arbeitseinkommens oder sonstigen Einkommens "ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft ...". Die nach §§ 238 ff. HGB handelsrechtlich und damit nach § 140 Abgabenordnung grundsätzlich auch steuerrechtlich maßgeblichen Buchführungsvorschriften sehen keine Buchführungspflichten oder sonstige Aufzeichnungspflichten des Gesellschafters einer GmbH oder einer Kommanditgesellschaft vor. Buchführungspflichtig ist allein die jeweilige Gesellschaft. Innerhalb der Buchführung der Gesellschaft sind die unter sonstigen Gesichtspunkten der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter sowie Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben solche des gewerblichen Unternehmens insgesamt. Buchführungsvorschriften oder solche über Aufzeichnungspflichten, die eine entsprechende Unterscheidung forderten oder ermöglichten, bestehen nicht (s. dazu Merkt in Baumbach/Hopt, Kommentar zum Handelsgesetzbuch 33. Auflage § 238 Rdnrn.7 und 22 ff.; Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand April 2007 § 141 Rdnr.3 ff.).
Die Entscheidung des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Beklagte im Berufungsverfahren in vollem Umfang obsiegt hat.
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