Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 7201/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2605/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.03.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger erlernte den Beruf des Landwirts und war anschließend ab 1974 bei der Firma D. AG beschäftigt. Dort arbeitete er zunächst in der Schlosserei und ab Anfang der 90er Jahre, unterbrochen durch eine Tätigkeit als innerbetrieblicher Busfahrer im Jahre 1996, in Schichtarbeit als Monteur am Fließand. Nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung schied er mit Ablauf des Jahres 2005 bei der genannten Arbeitgeberin aus. Seither ist er nicht mehr erwerbstätig.
Am 25.01.2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Er leidet im Wesentlichen an einer anankastisch/zwanghaften Persönlichkeitsstruktur, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung samt Reizdarmsyndrom, einer Zöliakie (Sprue), sowie an Bluthochdruck und Psoriasis.
Die Beklagte zog einen Entlassungsbericht der Reha-Klinik G. vom Juli 2004 (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne erhöhten Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an das Umstellungs- und Leistungsvermögen, ohne Nachtschicht, ohne häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von schwereren Lasten sowie ohne Zwangshaltungen sechs Stunden und mehr) bei und holte Gutachten der Internistin Dr. Ri. (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck sechs Stunden und mehr; kein Toilettenbesuch während der Wartezeit und der eineinhalbstündigen Anamneseerhebung erfolgt), des Neurologen und Psychiaters Dr. Schü. (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne regelmäßige Schichtarbeit und ohne Akkord- oder Bandarbeit sechs Stunden und mehr) und des Chirurgen Dr. R. (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und ohne Akkord- oder Bandarbeit sechs Stunden und mehr) ein. Mit Bescheid vom 13.04.2006 und Widerspruchsbescheid vom 31.08.2006 lehnte sie die Rentengewährung ab.
Am 28.09.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. Go. (auf hautärztlichem Fachgebiet keine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit), Dr. med. Dipl. Psych. Kr. (in psychiatrischer Hinsicht Leistungsfähigkeit drei bis unter sechs Stunden bei auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet liegenden maßgeblichen Leiden) und von Dr. M. (internistischerseits insbesondere wegen der Zöliakie Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden) eingeholt.
Darüber hinaus haben die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Ra. ein von Amts wegen eingeholtes Sachverständigengutachten (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Publikumsverkehr, ohne Verantwortung für Menschen, nicht unter Stress, nicht in enger Zusammenarbeit mit oder im Angewiesensein auf Kollegen vollschichtig; beim Eintreffen sowie nach zwei Stunden Toilettenbesuch, nach weiteren zwei Stunden Beendigung der Untersuchung und Verlassen der Praxis ohne erneuten Toilettenbesuch) und der Facharzt für Innere Medizin Dr. Me. ein auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Sachverständigengutachten (leichte Tätigkeiten mit Belastung bis etwa 2 kg in regelmäßigen Abständen und in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes erreichbarer Toilette, im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Besteigen von Leitern, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten an gefährdenden Maschinen, ohne Akkord und Fließbandarbeit, ohne Wechsel- und Nachtschicht, ohne häufiges Wechseln von Hitze und Kälte, ohne Zugluft und Lärm, ohne besondere geistiger Beanspruchung mindestens drei bis unter sechs Stunden) erstattet.
Mit Urteil vom 31.03.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger, der keinen Berufsschutz genieße, sondern auf Grund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeiten als angelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen keine die Leistungsfähigkeit wesentlich einschränkenden Gesundheitsstörungen vor. Internistischerseits bedinge die von Dr. Me. diagnostizierte Polyglobulie keine wesentliche Leistungseinschränkung. Hinsichtlich der Zöliakie sei nach den Ausführungen von Dr. Me. eine Vollremission erreicht worden. Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung habe ausgeschlossen werden können. Soweit Dr. Me. die Durchfallneigung auf die somatoforme Schmerzstörung zurückführe, werde dies bereits durch die nervenärztlichen Gutachten von Dr. Schü. und Dr. Ra. erfasst, die unter Berücksichtigung der Befunde nachvollziehbar und überzeugend von einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen ausgingen. Nachdem auch die Stuhlfrequenz des Klägers nicht ständig so hoch sei, wie von ihm angegeben, sei die Verrichtung einer Tätigkeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, beispielsweise als Registrator oder Mitarbeiter einer Poststelle - auch bei gelegentlich häufigeren Durchfällen - nicht ausgeschlossen. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 07.05.2008 zugestellt worden.
Am 02.06.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Senat hat einen Entlassungsbericht des Rheumazentrums O. über eine Behandlung des Klägers in der Zeit vom 15.07. bis zum 29.07.2008 beigezogen (Entlassung als arbeitsunfähig).
Der Kläger legt verschiedene Arztberichte vor. Er ist der Auffassung, seine Gesundheitsstörungen insbesondere in internistischer und neurologisch-psychiatrischer Hinsicht führten zu einer zeitlichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor und seien auf Grund seines häufigen Stuhlganges betriebsunübliche Pausen erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 10.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt unter Hinweis auf eine Stellungnahme ihres Medizinischen Dienstes (Fachärztin für Chirurgie Dr. H. ) vor, der Kläger sei unter Berücksichtigung verschiedener qualitativer Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten in einem zeitlichen Rahmen von sechs Stunden und mehr auszuüben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10.12.2002 sowie der Widerspruchsbescheid vom 15.10.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Klägerin daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm steht keine Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Dies hat das Sozialgericht im Urteil vom 14.07.2005 unter Zugrundelegung der für die Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs maßgeblichen Regelungen des § 43 Abs. 1, Abs. 2, § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Der Leistungseinschätzung des Sozialgerichts widersprechende Befunde ergeben sich weder aus den vom Kläger vorgelegten Arztberichten noch aus dem beigezogenen Entlassungsbericht des Rheumazentrums O ... Die in diesen Berichten aufgeführten Gesundheitsstörungen sind - soweit für die Beurteilung des Leistungsvermögens von Bedeutung - von den gerichtlichen Sachverständigen und Gutachtern der Beklagten und damit auch vom Sozialgericht berücksichtigt worden. Dies gilt insbesondere für die im Vordergrund der Beschwerden stehenden (so Dr. Me. ) Schmerzzustände. Die vom behandelnden Internisten T.-V. im Zusammenhang mit den Schmerzzuständen des Klägers diagnostizierte Arthritis psoriatica führt zu keiner Änderung der Beurteilung. Nach dem Entlassungsbericht des Rheumazentrums O. befindet sich diese entzündlich-rheumatische Erkrankung jedenfalls in Remission und Dr. H. hat darauf hingewiesen, dass in diesem Rheumazentrum keine Befunde erhoben worden sind, die einen entzündlichen Prozess belegen würden. Auch Dr. Me. hat die Kriterien für eine solche Erkrankung als nicht erfüllt angesehen. Im Übrigen steht die Frage nach der genauen Ursache der Schmerzzustände des Klägers hier nicht im Vordergrund der Beurteilung. Dass der Kläger Schmerzen hat, hat keiner der Sachverständigen und Gutachter in Zweifel gezogen, sodass diese Schmerzzustände in die Leistungsbeurteilung dieser Ärzte und des Sozialgerichts eingeflossen sind. Nichts anderes gilt für die im Rheumazentrum O. diagnostizierte Fibromyalgie als Form einer Schmerzerkrankung.
Darauf, dass die von Dr. Me. diagnostizierte Polyglobulie nach Auffassung des genannten Sachverständigen einer differential-diagnostischen Abklärung bedarf, kommt es nicht an. Denn diese Gesundheitsstörung ist für die Beschwerden des Klägers nicht ursächlich (vgl. hierzu des Gutachten von Dr. Me. ) und führt mithin, worauf bereits das Sozialgericht hingewiesen hat, nicht zu einer wesentlichen Leistungseinschränkung.
Der Kläger kann unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren sowie der vom Sozialgericht eingeholten Sachverständigengutachten noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. Ra. und Dr. Me. angeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass für die von Dr. Me. unter Bezugnahme auf eine im Vordergrund stehende somatoforme Schmerzstörung angenommene Belastungsobergrenze von etwa 2 kg unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen nervenärztlichen Befunde und Einschätzungen von Dr. Schü. im Verwaltungsverfahren und Dr. Ra. im Verfahren vor den Sozialgericht keine Anhaltspunkte bestehen.
Darauf, dass dem Kläger unter Berücksichtigung seines Leistungsvermögens keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss, kommt es nicht an. Denn die bereits vom Sozialgericht angeführten Tätigkeiten als Registrator oder Mitarbeiter einer Poststelle sind dem Kläger gesundheitlich zumutbar.
Die Neigung zu Durchfällen mit - so der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG erstinstanzlich mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige Dr. Me. - sechs bis acht Stühlen pro Tag und damit der Notwendigkeit, etwa alle drei bis vier Stunden eine Toilette aufzusuchen, führt, worauf auch die Beklagte in der im vorliegenden Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme ihres Medizinischen Dienstes hingewiesen hat, nicht zu betriebsunüblichen Pausen. In § 4 Arbeitszeitgesetz sind Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr sechs Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden vorgesehen. Dies bedeutet, dass bei bis zu sechs Stunden Arbeit eine Ruhepause nicht vorgeschrieben ist. Allerdings ist es angesichts üblicher menschlicher Bedürfnisse ausgeschlossen, dass damit der notwendige Gang zur Toilette unterbleiben muss. Vielmehr geht der Gesetzgeber wie selbstverständlich davon aus, dass derart dringende persönliche Bedürfnisse während der Arbeitszeit verrichtet werden. Im Übrigen überschreiten die beim Kläger während eines sechsstündigen Arbeitstages allenfalls erforderlichen drei Toilettenbesuche insgesamt nicht den Rahmen der von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern zugestandenen persönlichen "Verteilzeiten" (zusätzliche Arbeitsunterbrechungen). Solche zusätzliche Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung für Erholung und persönliche Bedürfnisse über die Arbeitszeitregelungen hinaus sind in betriebsüblichen Arbeitszeitregelungen nach Maßgabe tarifvertraglicher Vereinbarungen vorgesehen (vgl. hierzu und für den Fall der Erforderlichkeit, jederzeit und kurzfristig kleine Pausen von nicht mehr als 5 bis 7 Minuten z. B. zur Einnahme einer kleinen Zwischenmahlzeit bzw. einer Blutzuckerselbstmessung bei diabetischer Stoffwechsellage einzulegen, Urteil des 3. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 05.07.2000 - L 3 RJ 847/99 -).
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht, so dass der vom Kläger gestellte Beweisantrag abzulehnen ist. Auf die genaue diagnostische Einstufung der Ursache seiner Schmerzen kommt es - wie bereits dargelegt - nicht an, so dass insoweit eine Beweiserhebung nicht erforderlich ist. Gleiches gilt mit Blick darauf, dass die Sachverständige Dr. Ra. im Gegensatz zu dem behandelnden Arzt Dr. med. Dipl. Psych. Kr. keine reaktive depressive Störung mehr diagnostiziert hat. Denn diese Störung war bei der rund sechs Monate nach Erstellung der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. med. Dipl. Psych. Kr. erfolgten Untersuchung durch die Sachverständige in den Hintergrund getreten (vgl. die Antwort auf Beweisfrage 6). Dass Dr. med. Dipl. Psych. Kr. und Dr. Me. die zeitliche Leistungsfähigkeit des Klägers anders beurteilen als Dr. Ra. , gibt angesichts der überzeugenden Einschätzung der letztgenannten Sachverständigen ebenfalls keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger erlernte den Beruf des Landwirts und war anschließend ab 1974 bei der Firma D. AG beschäftigt. Dort arbeitete er zunächst in der Schlosserei und ab Anfang der 90er Jahre, unterbrochen durch eine Tätigkeit als innerbetrieblicher Busfahrer im Jahre 1996, in Schichtarbeit als Monteur am Fließand. Nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung schied er mit Ablauf des Jahres 2005 bei der genannten Arbeitgeberin aus. Seither ist er nicht mehr erwerbstätig.
Am 25.01.2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Er leidet im Wesentlichen an einer anankastisch/zwanghaften Persönlichkeitsstruktur, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung samt Reizdarmsyndrom, einer Zöliakie (Sprue), sowie an Bluthochdruck und Psoriasis.
Die Beklagte zog einen Entlassungsbericht der Reha-Klinik G. vom Juli 2004 (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne erhöhten Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an das Umstellungs- und Leistungsvermögen, ohne Nachtschicht, ohne häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von schwereren Lasten sowie ohne Zwangshaltungen sechs Stunden und mehr) bei und holte Gutachten der Internistin Dr. Ri. (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck sechs Stunden und mehr; kein Toilettenbesuch während der Wartezeit und der eineinhalbstündigen Anamneseerhebung erfolgt), des Neurologen und Psychiaters Dr. Schü. (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne regelmäßige Schichtarbeit und ohne Akkord- oder Bandarbeit sechs Stunden und mehr) und des Chirurgen Dr. R. (leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und ohne Akkord- oder Bandarbeit sechs Stunden und mehr) ein. Mit Bescheid vom 13.04.2006 und Widerspruchsbescheid vom 31.08.2006 lehnte sie die Rentengewährung ab.
Am 28.09.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. Go. (auf hautärztlichem Fachgebiet keine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit), Dr. med. Dipl. Psych. Kr. (in psychiatrischer Hinsicht Leistungsfähigkeit drei bis unter sechs Stunden bei auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet liegenden maßgeblichen Leiden) und von Dr. M. (internistischerseits insbesondere wegen der Zöliakie Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden) eingeholt.
Darüber hinaus haben die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Ra. ein von Amts wegen eingeholtes Sachverständigengutachten (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Publikumsverkehr, ohne Verantwortung für Menschen, nicht unter Stress, nicht in enger Zusammenarbeit mit oder im Angewiesensein auf Kollegen vollschichtig; beim Eintreffen sowie nach zwei Stunden Toilettenbesuch, nach weiteren zwei Stunden Beendigung der Untersuchung und Verlassen der Praxis ohne erneuten Toilettenbesuch) und der Facharzt für Innere Medizin Dr. Me. ein auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Sachverständigengutachten (leichte Tätigkeiten mit Belastung bis etwa 2 kg in regelmäßigen Abständen und in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes erreichbarer Toilette, im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Besteigen von Leitern, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten an gefährdenden Maschinen, ohne Akkord und Fließbandarbeit, ohne Wechsel- und Nachtschicht, ohne häufiges Wechseln von Hitze und Kälte, ohne Zugluft und Lärm, ohne besondere geistiger Beanspruchung mindestens drei bis unter sechs Stunden) erstattet.
Mit Urteil vom 31.03.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger, der keinen Berufsschutz genieße, sondern auf Grund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeiten als angelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen keine die Leistungsfähigkeit wesentlich einschränkenden Gesundheitsstörungen vor. Internistischerseits bedinge die von Dr. Me. diagnostizierte Polyglobulie keine wesentliche Leistungseinschränkung. Hinsichtlich der Zöliakie sei nach den Ausführungen von Dr. Me. eine Vollremission erreicht worden. Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung habe ausgeschlossen werden können. Soweit Dr. Me. die Durchfallneigung auf die somatoforme Schmerzstörung zurückführe, werde dies bereits durch die nervenärztlichen Gutachten von Dr. Schü. und Dr. Ra. erfasst, die unter Berücksichtigung der Befunde nachvollziehbar und überzeugend von einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen ausgingen. Nachdem auch die Stuhlfrequenz des Klägers nicht ständig so hoch sei, wie von ihm angegeben, sei die Verrichtung einer Tätigkeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, beispielsweise als Registrator oder Mitarbeiter einer Poststelle - auch bei gelegentlich häufigeren Durchfällen - nicht ausgeschlossen. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 07.05.2008 zugestellt worden.
Am 02.06.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Senat hat einen Entlassungsbericht des Rheumazentrums O. über eine Behandlung des Klägers in der Zeit vom 15.07. bis zum 29.07.2008 beigezogen (Entlassung als arbeitsunfähig).
Der Kläger legt verschiedene Arztberichte vor. Er ist der Auffassung, seine Gesundheitsstörungen insbesondere in internistischer und neurologisch-psychiatrischer Hinsicht führten zu einer zeitlichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor und seien auf Grund seines häufigen Stuhlganges betriebsunübliche Pausen erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 10.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt unter Hinweis auf eine Stellungnahme ihres Medizinischen Dienstes (Fachärztin für Chirurgie Dr. H. ) vor, der Kläger sei unter Berücksichtigung verschiedener qualitativer Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten in einem zeitlichen Rahmen von sechs Stunden und mehr auszuüben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10.12.2002 sowie der Widerspruchsbescheid vom 15.10.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Klägerin daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm steht keine Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Dies hat das Sozialgericht im Urteil vom 14.07.2005 unter Zugrundelegung der für die Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs maßgeblichen Regelungen des § 43 Abs. 1, Abs. 2, § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Der Leistungseinschätzung des Sozialgerichts widersprechende Befunde ergeben sich weder aus den vom Kläger vorgelegten Arztberichten noch aus dem beigezogenen Entlassungsbericht des Rheumazentrums O ... Die in diesen Berichten aufgeführten Gesundheitsstörungen sind - soweit für die Beurteilung des Leistungsvermögens von Bedeutung - von den gerichtlichen Sachverständigen und Gutachtern der Beklagten und damit auch vom Sozialgericht berücksichtigt worden. Dies gilt insbesondere für die im Vordergrund der Beschwerden stehenden (so Dr. Me. ) Schmerzzustände. Die vom behandelnden Internisten T.-V. im Zusammenhang mit den Schmerzzuständen des Klägers diagnostizierte Arthritis psoriatica führt zu keiner Änderung der Beurteilung. Nach dem Entlassungsbericht des Rheumazentrums O. befindet sich diese entzündlich-rheumatische Erkrankung jedenfalls in Remission und Dr. H. hat darauf hingewiesen, dass in diesem Rheumazentrum keine Befunde erhoben worden sind, die einen entzündlichen Prozess belegen würden. Auch Dr. Me. hat die Kriterien für eine solche Erkrankung als nicht erfüllt angesehen. Im Übrigen steht die Frage nach der genauen Ursache der Schmerzzustände des Klägers hier nicht im Vordergrund der Beurteilung. Dass der Kläger Schmerzen hat, hat keiner der Sachverständigen und Gutachter in Zweifel gezogen, sodass diese Schmerzzustände in die Leistungsbeurteilung dieser Ärzte und des Sozialgerichts eingeflossen sind. Nichts anderes gilt für die im Rheumazentrum O. diagnostizierte Fibromyalgie als Form einer Schmerzerkrankung.
Darauf, dass die von Dr. Me. diagnostizierte Polyglobulie nach Auffassung des genannten Sachverständigen einer differential-diagnostischen Abklärung bedarf, kommt es nicht an. Denn diese Gesundheitsstörung ist für die Beschwerden des Klägers nicht ursächlich (vgl. hierzu des Gutachten von Dr. Me. ) und führt mithin, worauf bereits das Sozialgericht hingewiesen hat, nicht zu einer wesentlichen Leistungseinschränkung.
Der Kläger kann unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren sowie der vom Sozialgericht eingeholten Sachverständigengutachten noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. Ra. und Dr. Me. angeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass für die von Dr. Me. unter Bezugnahme auf eine im Vordergrund stehende somatoforme Schmerzstörung angenommene Belastungsobergrenze von etwa 2 kg unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen nervenärztlichen Befunde und Einschätzungen von Dr. Schü. im Verwaltungsverfahren und Dr. Ra. im Verfahren vor den Sozialgericht keine Anhaltspunkte bestehen.
Darauf, dass dem Kläger unter Berücksichtigung seines Leistungsvermögens keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss, kommt es nicht an. Denn die bereits vom Sozialgericht angeführten Tätigkeiten als Registrator oder Mitarbeiter einer Poststelle sind dem Kläger gesundheitlich zumutbar.
Die Neigung zu Durchfällen mit - so der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG erstinstanzlich mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige Dr. Me. - sechs bis acht Stühlen pro Tag und damit der Notwendigkeit, etwa alle drei bis vier Stunden eine Toilette aufzusuchen, führt, worauf auch die Beklagte in der im vorliegenden Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme ihres Medizinischen Dienstes hingewiesen hat, nicht zu betriebsunüblichen Pausen. In § 4 Arbeitszeitgesetz sind Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr sechs Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden vorgesehen. Dies bedeutet, dass bei bis zu sechs Stunden Arbeit eine Ruhepause nicht vorgeschrieben ist. Allerdings ist es angesichts üblicher menschlicher Bedürfnisse ausgeschlossen, dass damit der notwendige Gang zur Toilette unterbleiben muss. Vielmehr geht der Gesetzgeber wie selbstverständlich davon aus, dass derart dringende persönliche Bedürfnisse während der Arbeitszeit verrichtet werden. Im Übrigen überschreiten die beim Kläger während eines sechsstündigen Arbeitstages allenfalls erforderlichen drei Toilettenbesuche insgesamt nicht den Rahmen der von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern zugestandenen persönlichen "Verteilzeiten" (zusätzliche Arbeitsunterbrechungen). Solche zusätzliche Möglichkeiten der Arbeitsunterbrechung für Erholung und persönliche Bedürfnisse über die Arbeitszeitregelungen hinaus sind in betriebsüblichen Arbeitszeitregelungen nach Maßgabe tarifvertraglicher Vereinbarungen vorgesehen (vgl. hierzu und für den Fall der Erforderlichkeit, jederzeit und kurzfristig kleine Pausen von nicht mehr als 5 bis 7 Minuten z. B. zur Einnahme einer kleinen Zwischenmahlzeit bzw. einer Blutzuckerselbstmessung bei diabetischer Stoffwechsellage einzulegen, Urteil des 3. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 05.07.2000 - L 3 RJ 847/99 -).
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht, so dass der vom Kläger gestellte Beweisantrag abzulehnen ist. Auf die genaue diagnostische Einstufung der Ursache seiner Schmerzen kommt es - wie bereits dargelegt - nicht an, so dass insoweit eine Beweiserhebung nicht erforderlich ist. Gleiches gilt mit Blick darauf, dass die Sachverständige Dr. Ra. im Gegensatz zu dem behandelnden Arzt Dr. med. Dipl. Psych. Kr. keine reaktive depressive Störung mehr diagnostiziert hat. Denn diese Störung war bei der rund sechs Monate nach Erstellung der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. med. Dipl. Psych. Kr. erfolgten Untersuchung durch die Sachverständige in den Hintergrund getreten (vgl. die Antwort auf Beweisfrage 6). Dass Dr. med. Dipl. Psych. Kr. und Dr. Me. die zeitliche Leistungsfähigkeit des Klägers anders beurteilen als Dr. Ra. , gibt angesichts der überzeugenden Einschätzung der letztgenannten Sachverständigen ebenfalls keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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