L 11 KR 2868/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 64/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2868/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 8. April 2008 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld auch über den 7. September 2004 hinaus bis zum 20. September 2004 zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch die Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 07. September 2004 hinaus bis einschließlich 05. September 2005 streitig.

Der 1962 geborene Kläger stammt aus Bosnien und hat seit 1992 in Deutschland gearbeitet. Zuletzt war er seit dem 15. August 2003 bei der Firma Z./Z.-Umzüge GmbH F. als Fahrer und Möbelträger ca. 40 Wochenstunden versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Angaben seines ehemaligen Arbeitgebers musste er in stehender Körperhaltung mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von 25 kg unter Nässe-, Kälte- und Hitzeexposition verrichten (Bl. 39 der V-Akte). Ab dem 1. April 2005 erhielt der Kläger nach vorangegangener Krankheit und erfolglosen Kündigungen Arbeitsentgelt bis einschließlich 31. Juli 2005 (Arbeitsbescheinigung vom 18. Mai 2006, Bl. 36 ff. der Senatsakte)

Der Beklagten wurden folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten gemeldet: 1. 3. März 2004 bis 7. September 2004 (Verstauchung und Zerrung des oberen Sprunggelenks 2. 28. Januar 2005 bis 17. März 2005 (Gelenkschmerz, nicht nähere Lokalisation) 3. 7. Juni 2005 bis 30. April 2006 (Oberflächliche Verletzung der oberen Extremitäten) 4. 14. Dezember 2006 bis 30. April 2008 (Paranoide Schizophrenie). Der Kläger bezog Krg vom 1. 17. Mai 2004 bis 7. September 2004 2. 19. Juli 2005 bis 5. Dezember 2005 und 3. 18. Januar 2006 bis 18. April 2006. Vom 9. März 2004 bis 14. April 2004 erhielt er Entgeltfortzahlung, vom 15. April 2004 bis 16. Mai 2004 Verletztengeld, vom 8. Juni 2005 bis 18. Juli 2005 wieder Entgeltfortzahlung und vom 6. Dezember 2005 bis 17. Januar 2006 Übergangsgeld. Seit dem 1. Januar 2007 bezieht er Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Am 03. März 2004 knickte der Kläger beim Kistentragen mit den linken Fuß um, als er in eine Senke trat, und zog sich eine Sprunggelenksdistorsion links mit erheblicher Schwellung zu, wegen der er vom Durchgangsarzt des S. J.krankenhaus F., Prof. Dr. S., zunächst bis 22. März 2004 krankgeschrieben wurde. Vom 26. März 2004 wurde der Kläger wegen einer vermuteten Adduktorenzerrung links bzw. einer Schambeinfraktur links weiter krank geschrieben und schließlich am 28. Mai 2004 die Leistenhernie operiert, was nach Einschätzung von Prof. Dr. S. unfallunabhängig war. Dies wurde auch vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK) in einem Gutachten nach Aktenlage bestätigt (Dr. F.). Wegen anhaltender unklarer Leistenschmerzen links schlugen sowohl der behandelnde Orthopäde Dr. E. wie der Internist Dr. S. eine persönliche Untersuchung des Klägers beim MDK vor (Atteste vom 03. August 2004, 30. Juni 2004), die dann von der Beklagten veranlasst wurde. Dr. S. führte aus, dass der Kläger zwar zur Untersuchung demonstrativ mit Unterarmgehstöcken erschienen sei, dann aber ein normales Gangbild ohne Unterarmgehstöcke gezeigt habe. Beim Kniebeugen hätten Schmerzen in der linken Leiste bestanden, so dass die Beugung nur bis 90 Grad möglich gewesen sei. Der Kläger habe eine totale Unfähigkeit zum monopedalen Hüpfen links demonstriert, dann habe sich aber im weiteren Verlauf der Untersuchung intermittierend ein hinkendes Gangbild gezeigt. Beim Betasten des Abdomens habe der Patient stark dagegen angespannt und bei Palpation der Nierenlager Leistenschmerzen links demonstriert. Beim Husten und Pressen habe sich aber in der linken Leiste kein Rezidiv, sondern nur eine reizlose Narbe gezeigt. Es finde sich somit kein pathologischer Befund, so dass dem Kläger, auch um einer Chronifizierung vorzubeugen, eine Wiederaufnahme der zuletzt ausgeübten Tätigkeit angeraten worden sei, die ihm auch körperlich möglich sei. Es werde daher eine stufenweise Wiedereingliederung in die Arbeit ab 08. September 2004 empfohlen und es solle mit dem Arbeitgeber Rücksprache erfolgen, dass der Kläger vom schweren Heben über 35 kg zunächst für zwei Wochen ausgenommen werde.

Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 06. September 2004 fest, dass der Anspruch auf Krg mit dem 07. September 2004 ende und der Kläger ab 08. September 2004 wieder arbeitsfähig sei.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er leide an andauernden starken Schmerzen, auch sein behandelnder Arzt habe am 06. September 2004 weitere Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 20. September 2004 festgestellt. Auf Nachfrage teilte Dr. S. mit, er habe den Kläger seit dem 07. September 2004 nicht mehr untersucht. Seine Befunde wichen nicht von denen des MDK ab. Die Einschätzung mit 35 kg Lasteneinschränkung gehe in Ordnung. Auch der Orthopäde Dr. E. bestätigte, dass sich seine Befunde mit denen des MDK deckten. Er habe den Kläger zuletzt am 04. September 2004 untersucht. Orthopädisch seien keine Leistungseinschränkungen erklärbar. Eine Therapie werde derzeit nicht durchgeführt. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. H. führte aus, sie habe den Kläger lediglich drei Mal im Jahr 2002 behandelt und ihn dann erneut am 22. Juli 2004 neurologisch untersucht. Dabei hätten sich sowohl an Armen und Beinen lebhafte seitengleiche Reflexe gefunden. Es hätten keine Paresen, wohl aber einen deutlichen Druckschmerz am Ansatz der Adduktoren links ohne sichere sensible Störung festgestellt werden können. Hierauf führte Dr. C. vom MDK aus, hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit über den 07. September 2004 hinaus ergäben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte. Auf telefonische Nachfrage gab Dr. E. vom E. D.krankenhaus an, bei der Behandlung am 05. September 2004 habe es sich nicht um einen Unfall gehandelt. Der Kläger sei zwar mit einem Rettungswagen in die Ambulanz gebracht worden, man habe aber keine äußeren Verletzungen und auch bei der Ultraschalluntersuchung keine Veränderung der Leistenverletzung festgestellt, weswegen eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit nicht gerechtfertigt sei. Mit weiteren Bescheid vom 18. September 2004 teilte die Beklagte hierauf mit, dass es bei der am 06. September 2004 getroffenen Entscheidung über das Ende der Arbeitsunfähigkeit zum 07. September 2004 verbleibe.

Dr. S. vom MDK führte auf Nachfrage zu seinem Gutachten ergänzend aus, dass es sich bei der Empfehlung, in den ersten zwei Wochen nicht über 35 kg zu tragen, nicht um eine wirkliche "Leistungseinschränkung" handele, sie sei nicht medizinisch-orthopädisch begründet, sondern allein erfolgt, um dem Kläger eine Integration am Arbeitsplatz ohne "Gesichtsverlust" zu ermöglichen. Dr. S., bei dem der Kläger nach dem 07. September 2004 erst wieder am 28. Januar 2005, am 27. September 2005 und am 10. November 2005 in Behandlung war, gab am 25. Februar 2005 an, dass er den Kläger zwischen dem 07. September 2004 und 28. Januar 2005 nicht krankgeschrieben habe. Die Bewegungsstörung habe seines Erachtens eine erhebliche psychosomatische Komponente im Sinne einer depressiven Episode, die als mittelgradig einzustufen sei. Diese sei als Hauptgrund für die Arbeitsunfähigkeit anzusehen. Die LVA B. bewilligte dem Kläger vom 10. Februar 2005 bis 17. März 2005 eine stationäres psychosomatisch-orthopädisches Heilverfahren in der Z.-Klinik S. B., aus der der Kläger als arbeitsfähig entlassen wurde (Diagnosen: 1. mittelgradige depressive Episode, 2. Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, 3. Verdacht auf Adduktorenzerrung des linken Oberschenkels, 4. Zustand nach Leistenhernien-OP links 05/04, 5. chronisches Schmerzsyndrom Stad. II nach Gerbershaben). Die von dem Kläger angegebene Beschwerden seien außer einer Adduktorenzerrung organisch nicht begründbar. Allein wegen dieser sollten Anfangstätigkeiten mit schwerem Heben von Lasten über 20 kg ebenso wie kurzfristig längeres Gehen und Stehen unterbleiben. Der Kläger habe eine gewisse Sturheit entwickelt, seine Sicht der Dinge bei Stellen und Gutachtern durchzudrücken, so dass es schon mehrfach zu unliebsamen Missverständnissen und Ereignissen mit Holen der Polizei gekommen sei. Nachdem durch Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg (11 Ca 156/05) festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Firma Z.Z.-Umzüge GmbH F. durch die Kündigung vom 23. März 2005 nicht aufgelöst worden sei, nahm der Kläger am 17. Mai 2005 seine Tätigkeit wieder auf und bezog auch wieder Arbeitsentgelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Dezember 2005 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, medizinische Befunde, die eine Arbeitsunfähigkeit über den 07. September 2004 hinaus rechtfertigten, lägen nicht vor. Dies habe ebenso der MDK bestätigt.

Mit seiner dagegen am 05. Januar 2006 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er müsse bei seiner Tätigkeit für die Umzugsfirma Z. auch schwere Gegenstände, wie beispielsweise ein Klavier, tragen. Nachdem er darauf hingewiesen habe, dass er zunächst nicht schwer Heben könne, sei er zum Verlassen der Firma aufgefordert worden.

Die Beklagte hat mitgeteilt, dass ein Leistungsanspruch in der hier maßgeblichen Blockfrist nur noch für weitere 48 Tage bestehe.

Der Kläger hat einen Auszahlungsschein von Dr. S. vom 06. September 2004 bis einschließlich 20. September 2004 vorgelegt und angegeben, weitere Krankmeldungen bestünden nicht. Nach dem vom Kläger zu den Akten gegebenen Arztbericht von Prof. Dr. M. vom S. J.krankenhaus F. wurde bei der neurologischen Untersuchung eine teilweise schmerzreflektorische Schonhaltung des linken Beins bei fehlenden Hinweisen auf sensible und sensomotorische Ausfälle, abgesehen von der operationsbedingten Dysästhesie und Parästhesie, festgestellt. Unauffällig seien der Hirnnervenstatus und die regelrechten Muskeleigenreflexe gewesen. Die schmerzbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bislang keine organische Schmerzursache, es erfolge auch keine Schmerztherapie. Der Kläger leide hauptsächlich an mittel- bis schwergradigen depressiven Episoden mit Angststörungen und Phobien sowie Panikattacken, die durchaus sämtliche Beschwerden verursachen könnten. Eine abschließende Beurteilung bei dem nicht schlüssigen Verlauf der Erkrankung sei zur Zeit nicht möglich.

Mit Urteil vom 11. April 2008, der Beklagten zugestellt am 13. Juni 2008, hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krg auch über den 07. September 2004 durchgehend bis einschließlich 05. September 2005 zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Kläger möge zwar inzwischen die Höchstbezugsdauer von 78 Wochen durch die weiteren Krankenschreibungen ausgeschöpft haben, dennoch könne ein rechtliches Interesse daran, das Krg im unmittelbaren Anschluss an den 07. September 2004 zu beziehen und damit die Höchstbezugsdauer auszuschöpfen, bestehen. Ob für spätere Zeiten wegen derselben Erkrankung gewährtes Krg wieder zurückgefordert werden könne, stehe auf einem anderen Blatt und sei für die Entscheidung ohne Bedeutung. Dass nach dem Auszahlschein von Dr. S. vom 06. September 2004 keine weiteren vertragsärztlichen Feststellungen der fortlaufenden Arbeitsunfähigkeit erfolgt seien und diese auch nicht mehr der Krankenkasse gemeldet worden wären, könne angesichts der Auffassung des MDK, der behandelnden Ärzte und der Beklagten weder das Entstehen des weiteren Krg-Anspruchs hindern noch ruhe das Krg. Der behandelnde Internist Dr. S. habe lediglich die Auffassung des MDK geteilt, der Kläger könne zunächst nur Lasten bis 35 kg tragen. Sowohl Dr. S. als auch der MDK-Arzt hätten sich insoweit in einem Irrtum hinsichtlich der Frage der notwendigen Leistungseinschränkungen befunden. Dass es sich insoweit um keine echte Leistungseinschränkung handele, sei nicht überzeugend. Auch die Z.-Klinik habe nämlich die Einschätzung vertreten, dass dem Kläger Tätigkeiten mit Heben von über 20 kg nicht zumutbar seien. Diese Beurteilung sei vor dem Hintergrund der andauernden Somatisierungsstörung und des chronischen Schmerzsyndroms im Stadium II nach Gerbershagen erfolgt. Eine solche Leistungseinschätzung stehe einer Tätigkeit als Möbelfahrer und Möbelträger entgegen. Zum alltäglichen Berufsbild gehöre, dass schwere Gegenstände zu heben seien, welches auch der Arbeitgeber in seiner Auskunft bestätigt habe. Deswegen habe er seiner Tätigkeit bei der Firma Z. Umzüge aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung gestanden und sei weiterhin arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Für die Zeit nach dem 05. September 2005 sei die Klage wegen der Ausschöpfung der Höchstbezugsdauer abzuweisen gewesen.

Mit ihrer dagegen am 17. Juni 2008 eingelegten Berufung hat die Beklagte geltend gemacht, objektive Befunde, die die geltend gemachten Leistungseinschränkungen erklären würden, seien beim Kläger zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht erhoben worden. Dies hätten auch die behandelnden Ärzte wie der MDK bestätigt. Auch die Z.-Klinik habe festgestellt, dass die angegebenen Beschwerden bis auf eine Adduktorenzerrung organisch nicht begründbar seien. Die dokumentierten Leistungseinschränkungen hätten dann auch nur für eine eher geringe Zeit nach der Entlassung aus der Rehabilitationsbehandlung gegolten. Möglicherweise habe sich der Gesundheitszustand des Klägers zwischenzeitlich verschlechtert. Dies ergebe sich auch aus der erneuten Attestierung von Arbeitsunfähigkeit bereits vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahme. Daraus könne man aber nicht auf eine ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit seit 07. September 2004 schließen. Nach Ablauf der Rehabilitationsmaßnahme sei der Kläger nicht durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Dies ergebe sich aus der Anamneseangaben, die im Bericht der K.klinik vom 30. Januar 2006 dokumentiert worden wären. Der Kläger habe dort angegeben, seine Tätigkeit am 17. Mai 2005 wieder aufgenommen zu haben und seit dem 07. Juni 2005 erneut arbeitsunfähig gewesen zu sein. Die Verpflichtung, über den 07. September 2004 hinaus für weitere 363 Tage Krg zu gewähren, verstoße auch gegen die Höchstbezugsdauer des Krg. Der Kläger habe für die ab 07. Juni 2005 erneut festgestellte Arbeitsunfähigkeit bis 18. April 2006 erneut Krg erhalten und dieser Anspruch habe für die Dauer der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber vom 07. Juni 2005 bis 18. Juli 2005 sowie für die Dauer einer Übergangsgeldzahlung durch den Rentenversicherungsträger vom 06. Dezember 2005 bis 17. Januar 2006 geruht. Gleichwohl seien diese Zeiträume auf die Höchstbezugsdauer anzurechnen. Selbst bei fortgesetzter Arbeitsunfähigkeit wäre dem Kläger daher im Dreijahreszeitraum vom 03. März 2004 bis 02. März 2007 maximal ein restlicher Krankengeldanspruch von 48 Tagen zuzuerkennen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08. April 2008 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat seinen Rentenbescheid vom 23. April 2008 vorgelegt, wonach er auf seinen Antrag vom 17. Oktober 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01. Januar 2007 erhält. Er hat ein Attest von Dr. S. vorgelegt, wonach der Kläger seit dem 13. Juli 2004 in seinem Beruf als Möbelpacker nicht mehr einsatzfähig sei. Er laufe heute noch an Gehstöcken, obwohl dies aus orthopädischer Sicht nicht nachvollziehbar sei. Im gesamten Verlauf habe er seit der Leistenhernienoperation anhaltende Schmerzen im linken Leistenbereich geäußert, wobei die Stimmungslage äußerst depressiv, zum Teil aggressiv gewesen sei. Am 14. Dezember 2006 sei er notfallmäßig ins Zentrum für Psychiatrie E. unter der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie aufgenommen worden. Eine weitere Mitbetreuung sei dringend erforderlich. Er habe den Kläger bis einschließlich 13. Juli 2004 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Dann sei eine weitere Arbeitsunfähigkeit ab dem 28. Januar 2005 festgestellt worden. Diese habe bis 09. Februar 2005 angedauert. Er habe den Kläger dann vom 06. Juli 2005 bis einschließlich 16. Mai 2006 arbeitsunfähig geschrieben. Offensichtlich fehlten deswegen Nachweise über die Arbeitsunfähigkeit nach dem 08. September 2004 bis März 2005.

Die Berichterstatterin hat am 04. November 2008 den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 151, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet, soweit das SG die Beklagte verurteilt hat, über den 20. September 2004 hinaus Krg zu gewähren. In diesem Umfang hat das SG der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat lediglich Anspruch auf die Zahlung von weiterem Krg für die Zeit vom 08. September 2004 bis einschließlich 20. September 2004.

Der Hinzuziehung eines Dolmetschers für die mündliche Verhandlung bedurfte es nicht. Dem Kläger ist die Verständigung in deutscher Sprache gut möglich, wie dies auch der Verlauf des Erörterungstermins, an dem er eine schlechte Übersetzung der Dolmetscherin kritisiert hat, und der mündlichen Verhandlung gezeigt hat.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Voraussetzung für die Zahlung von Krg ist somit das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit. Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne besteht dann, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (so bereits BSGE 26, 288). Wegen des Zwecks des Krg, das den vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Lebensstandard des Versicherten sichern soll, kommt als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht. Darunter ist die unmittelbar vor Eintritt der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung zu verstehen (BSGE 51, 287). Es kommt darauf an, ob der Versicherte die an seinem Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen und die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit nicht mehr verrichten kann (BSG SozR 4 - 2500 § 44 Nr. 3).

Ausgehend hiervon ist auf die Tätigkeit des Klägers bei der Firma Z./Z.-Umzüge GmbH F. als Fahrer und Möbelträger abzustellen. Bei dieser Tätigkeit handelte es sich um eine mittelschwere Arbeit, bei der ständig Gewichte über 25 kg bewegt werden müssen.

Der Senat ist den Auswertungen der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere der Begutachtung durch Dr. S., der den Kläger persönlich untersucht hat, sowie der behandelnden Ärzte Dr. S., Dr. E. und Dr. H. zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger diese Tätigkeit bis einschließlich 20. September 2004 aufgrund der noch eingeschränkten Fähigkeit, ständig Gewichte über 35 kg zu bewegen, nicht möglich war. Das ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. S ... Dieser hat eine vollschichtige Wiederaufnahme der Arbeit zwar bereits ab 08. September 2004 angeraten, den Kläger aber - wenn auch nur um eine Integration am Arbeitsplatz ohne "Gesichtsverlust" zu ermöglichen - für weitere zwei Wochen nicht in der Lage erachtet hat, schwere Gegenstände über 35 kg zu heben. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass es sich um eine echte Leistungseinschränkung gehandelt hat, wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat. Dr. S. hat festgehalten, dass durch Rücksprache mit dem Arbeitgeber sichergestellt werden muss, dass ihn der Kläger bei Wiederaufnahme der Tätigkeit in vollschichtigem Umfang von solchen Tätigkeiten freistellt, was aber aufgrund der Eigenart der Beschäftigung nicht möglich ist. Eine solche Hebebelastung ist nämlich mit der Tätigkeit eines Möbelpackers, wie sich bereits aus der eingeholten Arbeitgeberauskunft ergibt, zwangsläufig verbunden. Für den Senat steht weiter fest, dass dies nicht nur für die vom Kläger konkret ausgeübte Tätigkeit bei der Firma Z./Z.-Umzüge GmbH F. gilt, sondern für alle Tätigkeiten als Möbelpacker. Darin in Übereinstimmung steht, dass sich sämtliche Ärzte, die den Kläger damals untersucht und behandelt haben, sich dieser Leistungsbeurteilung angeschlossen haben und der Kläger schließlich von Dr. S. auch noch bis einschließlich 20. September 2004 krankgeschrieben wurde. Insofern hat die Beklagte zu Unrecht die Krankengeldzahlung bereits mit dem 08. September 2004 eingestellt. Die Berufung der Beklagten war daher insoweit als unbegründet zurückzuweisen.

Für den Zeitraum nach dem 20. September 2004 besteht hingegen kein Anspruch auf Krg, denn es fehlt an jeglicher Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach diesem Zeitraum. Das geht nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten desjenigen, der die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen, hier des Klägers (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 103 Rdnr. 19a).

Dass der Kläger nicht nachweisen kann, dass er über den 20. September 2004 hinaus arbeitsunfähig ist, folgt für den Senat bereits daraus, dass er nach dem 07. September 2004 erst wieder am 28. Januar 2005 in ärztlicher Behandlung bei Dr. S. war und dieser auch bestätigt hat, dass er den Kläger zwischen dem 07. September 2004 und 28. Januar 2005 nicht krankgeschrieben hat. In einem solchen Fall lässt die fehlende Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung, die zeitnah bekundet wurde, durchaus Rückschluss darauf zu, dass dann auch keine Arbeitsunfähigkeit bestand. Das kann auch nicht dadurch entkräftet werden, dass Dr. S. in seinem Attest vom 3. November 2008 in Kenntnis der weiteren Krankheitsgeschichte bestätigt hat, der Kläger sei seit dem 13. Juli 2004 in seinem Beruf als Möbelpacker nicht mehr einsatzfähig gewesen und dies vor allem damit zu begründen, dass er durchgehend ohne eine Notwendigkeit hierzu Krücken benutze. Aus dem Umstand, dass sowohl die Z.-Klinik in ihrem Entlassungsbericht nur noch eine Hebebelastung von 20 kg für zumutbar erachtet und Prof. Dr. M. von einer nach wie vor bestehenden schmerzreflektorischen Schonhaltung des linken Beines anlässlich der ambulanten Vorstellung am 24. Juli 2007 berichtet hat, folgt nichts anderes. Beide Behandlungen sind zeitlich weit nach dem hier maßgebenden Zeitraum erfolgt und haben daher keine Aussagekraft für den Zeitraum ab dem 07. September 2004, zumal am 28. Januar 2005 eine weitere Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Gelenkschmerzes, nicht näherer Lokalisation, eintrat, der mit der zur ersten Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung in keinem Zusammenhang stand.

Für diese Bewertung spricht nicht zuletzt, dass das ursprünglich organische Leiden des Klägers in der Folge psychosomatisch überlagert war, so dass die behandelnden Ärzte sich zunächst über die Beurteilung der Krankheit im Unklaren befanden, deswegen auch eine Begutachtung durch den MDK angeregt haben und sich erst im weiteren Verlauf die Erkrankung dahingehend verschlimmert hat, dass von einem eigenständigen psychiatrischen Leiden berichtet wurde. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf den Entlassungsbericht der Z.-Klinik, wonach sich im Februar 2005 erstmalig Hinweise auf eine mittelgradige Depression ergeben haben, diese aber noch episodisch war und zunächst für sich alleine keine Arbeitsunfähigkeit begründet hat. Die Fehlverarbeitung der auf einem Arbeitsunfall beruhenden Arbeitsunfähigkeit mit damit einhergehendem Verlust des Arbeitsplatzes bis hin zu einem eigenständigen psychischen Leiden kann somit nicht bereits ab dem 20. September 2004 angenommen werden. Dagegen spricht auch, dass sich sämtliche behandelnden Ärzte auch hinsichtlich der erhobenen Befunde der Beurteilung des MDK angeschlossen haben und selbst die Fachärztin Dr. H. eine entsprechende Diagnose trotz zeitnaher Untersuchung am 22. Juli 2004 nicht gestellt hat. Die nervenärztliche Erkrankung hat vielmehr erst im weiteren Verlauf des Jahres 2005 dazu geführt, dass der Kläger eine paranoide Schizophrenie entwickelt hat, die dann letztlich zu der Bewilligung der Erwerbsminderungsrente geführt hat.

Gegen die vom SG unterstellte durchgehende Arbeitsunfähigkeit allein aufgrund der bei der Rehabilitationsmaßnahme festgestellten Befunde spricht weiter, dass der Kläger zwischenzeitlich in der Lage war, wieder seine Tätigkeit, und zwar nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung seit dem 01. April 2005 aufzunehmen. Insbesondere diese tatsächliche Berufsausübung bis 07. Juni 2005, dem Auftreten einer dritten Arbeitsunfähigkeit, hat einen sehr starken Beweiswert dafür, dass dem Kläger zwischenzeitlich seine Tätigkeit gesundheitlich wieder möglich war.

Dem Kläger kann weiter entgegengehalten werden, dass nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V der Anspruch auf Krg ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten nicht gemeldet worden war bzw. diese Meldung nicht innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgte. Dem Krg-Anspruch steht die fehlende Meldung zwar dann nicht entgegen, wenn sie durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem Versicherten zuzurechnen sind (so BSG, Urteil vom 02.11.2007, SozR 4 - 2500 § 44 Nr. 14). Die Voraussetzungen liegen bei dem Kläger schon deswegen nicht vor, weil die behandelnden Ärzte und der Gutachten des MDK übereinstimmend und auch für den Senat auch in überzeugender Weise festgestellt haben, dass der Kläger spätestens ab 20. September 2004 wieder arbeitsfähig war. Darüber hinaus hat sich der Kläger nicht mehr in ärztlicher Behandlung befunden, so dass ihm die fehlende Arbeitsunfähigkeitsmeldung auch zuzurechnen ist.

Weiter steht dem Anspruch des Klägers entgegen, dass er für den vom SG zugesprochenen Zeitraum andere Lohnersatzleistungen bezogen hat, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zum Ruhen des Anspruchs auf Krg führt. Der Kläger hat ab dem 1. April 2005 Arbeitsentgelt und dann ab dem 08. Juni 2005 Entgeltfortzahlung erhalten, die als Entgeltansprüche einer Lohnersatzleistung wie dem Krg entgegenstehen.

Auf die Berufung der Beklagten war daher das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung der Beklagte nur in einem kostenrechtlich nicht beachtlichen Umfang keinen Erfolg hatte.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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