L 7 AL 66/05

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AL 558/03
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 66/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. November 2004 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2003 verurteilt, unter Zurücknahme der Bescheide vom 16. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2001 und vom 4. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 dem Kläger für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 1998 Insolvenzgeld in gesetzlichem Umfang zu zahlen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Insolvenzgeld für die Monate Oktober bis Dezember 1998 zusteht.

Der 1964 geborene, nicht tarifgebundene Kläger schloss am 27. Juni 1995 einen Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer mit der Firma D. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin). Danach sollte er ab 1. Juli 1995 als Oberpolier eingestellt werden. § 4 des Arbeitsvertrages lautete wie folgt: "Für den Arbeitsvertrag gelten die jeweils gültigen Bestimmungen des für den Betrieb in Frage kommenden Tarifvertrages x Betriebsvereinbarung "

Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Dezember 1998 durch Kündigung seitens des Klägers.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Mai 1999 wurde der Antrag der AOK vom 15. Dezember 1998 auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin mangels Masse abgewiesen.

Am 13. Juli 1999 beantragte der Kläger, dem von der Arbeitgeberin bis September 1998 Lohnabrechnungen erteilt, zumindest seitdem aber kein Arbeitsentgelt mehr gezahlt worden war, bei der Beklagten die Zahlung von Insolvenzgeld. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 4. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 lehnte die Beklagte die Zahlung von Insolvenzgeld ab, weil Arbeitsentgeltansprüche für den Zeitraum vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Dezember 1998 von der Arbeitgeberin nicht anerkannt worden seien. Der Arbeitsentgeltanspruch des Klägers sei gemäß § 13 des Bundesrahmentarifvertrages (BRTV) für Poliere des Baugewerbes schon zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld verfallen gewesen.

Aufgrund des Antrags des Klägers vom 15. Januar 2001 leitete die Beklagte ein Überprüfungsverfahren bezüglich der Ablehnung von Insolvenzgeld ein. Durch Bescheid vom 16. Januar 2001 und Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2001 wies sie den Antrag auf Überprüfung zurück. Die früher ergangenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Nach dem Arbeitsvertrag würden für den Kläger die jeweils gültigen Bestimmungen des für den Betrieb infrage kommenden Tarifvertrages gelten. Nach den Verfallsfristen des § 13 BRTV für Poliere des Baugewerbes seien seine Arbeitsentgeltansprüche verfallen und könnten deshalb nicht über Insolvenzgeld ersetzt werden.

In einem dagegen vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) angestrengten Klageverfahren (S 1/7 AL 833/01) erklärte sich die Beklagte am 10. Oktober 2002 vergleichsweise bereit, im Hinblick auf die neuste höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) eine erneute Überprüfung der Rechtslage einzuleiten. Gleichzeitig erklärte sie den Verzicht auf eine gegebenenfalls eintretende Verjährung. In einer von der Beklagten geforderten "wahrheitsgemäßen Erklärung" erklärte der Kläger unter dem 21. Januar 2003, dass er für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 1998 von der Arbeitgeberin kein Arbeitsentgelt erhalten habe. Zu der Frage, ob er eine Unterrichtung im Sinne des Nachweisgesetzes erhalten habe, erklärte er: "nicht vollständig, Arbeitsvertrag schweigt zur Anwendung des TV fürs Baugewerbe". Von der Arbeitgeberin sei er über die Anwendbarkeit des maßgebenden Tarifvertrages nicht informiert worden.

Durch Bescheid vom 29. Januar 2003 gab die Beklagte dem Kläger bekannt, dass die Voraussetzungen zur Rücknahme des Verwaltungsaktes im Sinne von § 44 SGB X nicht vorlägen. Es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Bereits im ursprünglichen Bescheid vom 4. Oktober 1999 sei von dem Verfallen der Arbeitsentgeltansprüche ausgegangen worden. Nach den Verfallsfristen des § 13 BRTV seien die Arbeitsentgeltansprüche bereits bei Antragstellung auf Insolvenzgeld verfallen gewesen. Ein offener Arbeitsentgeltanspruch bestehe daher nicht. Auch die Beachtung der neuerlichen Rechtsprechung des BAG (5 AZR 105/01 und 89/01) biete keine Grundlage für eine etwaige Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen. Zwar könne ein etwaiger Schadensersatzanspruch einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen, das BAG habe jedoch eindeutig festgestellt, dass es eines gesonderten Hinweises auf dem Tarifvertrag geregelte Ausschlussfrist nicht bedürfe. Vielmehr genüge der allgemeine Hinweis auf die Anwendbarkeit des einschlägigen Tarifvertrages gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Nachweisgesetzes. Nach § 2 Abs. 4 Nachweisgesetz entfalle die Verpflichtung zu einer gesonderten Niederschrift, wenn bereits der schriftliche Arbeitsvertrag einen entsprechenden Hinweis enthalte. Der Arbeitsvertrag vom 27. Juni 1995 verweise explizit auf den für den Betrieb infrage kommenden Tarifvertrag. Ein über Insolvenzgeld bestehender Schadensersatzanspruch könne daher nicht festgestellt werden. Auch ein Anspruch auf Arbeitsentgelt für den beantragten Zeitraum bestehe nicht, da er aufgrund der Auswirkung der tariflichen Regelung des § 13 BRTV verfallen sei. Mit seinem hiergegen am 4. Februar 2003 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass in § 4 des Arbeitsvertrages kein Hinweis darauf zu finden sei, welcher Tarifvertrag Geltung habe. Lediglich zu sagen, der "infrage kommende Tarifvertrag" finde Anwendung, sei eine völlige Leerformel und erfülle gerade nicht das Nachweisgesetz.

Durch Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die hiergegen vom Kläger am 18. Februar 2003 erhobene Klage hat das SG durch Urteil vom 22. November 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen durch Insolvenzgeld zu sichernden Anspruch auf Arbeitsentgelt. Ein solcher müsse nämlich durchsetzbar sein (Hinweis auf BSG SozR 3 4100 § 141a Nr. 1), was vorliegend nicht der Fall sei. Der Arbeitsentgeltanspruch des Klägers sei gemäß § 13 BRTV zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld verfallen. Der Kläger könne sich auch nicht auf einen durch Insolvenzgeld zu sichernden Schadensersatzanspruch berufen. Der von ihm gerügte Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 Nachweisgesetz liege nicht vor. Zwar fehle ein konkreter Hinweis auf den Bundesrahmentarifvertrag für Poliere des Baugewerbes, ein Verstoß gegen die genannte Norm sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitsvertrag überhaupt keine Bezugnahme auf den Tarifvertrag enthalte. § 4 des Arbeitsvertrages vom 27. Juni 1995 nehme jedoch auf den einschlägigen Tarifvertrag Bezug, was ausreichend sei. Da der Kläger zudem als Oberpolier eine exponierte Funktion innerhalb des Betriebes ausgeübt habe, hätte ihm klar sein müssen, dass es sich um den einschlägigen Tarifvertrag und nicht etwa um einen betriebsfremden Tarifvertrag gehandelt habe. Im Übrigen folge aus einem Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 2 Nachweisgesetz nicht automatisch ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Arbeitgeberin.

Gegen dieses ihm am 24. Februar 2005 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 9. März 2005 eingegangenen Berufung. Seiner Ansicht nach enthält § 4 des Arbeitsvertrages keinen wirksamen Verweis auf einen bestimmten Tarifvertrag. Er sei derart unbestimmt, dass auch mit allen möglichen Auslegungsmethoden nicht ermittelt werden könne, welcher Tarifvertrag nun in Bezug genommen sei. Für "den Betrieb" kämen Dutzende Tarifverträge infrage. Aufgrund der Verweisung auf "den für den Betrieb infrage kommenden Tarifvertrag" hätte der Kläger gar keine Chance, den in Bezug genommenen Tarifvertrag tatsächlich zu ermitteln. Daraus folge, dass die tarifliche Ausschlussfrist nicht anzuwenden sei. Selbst wenn man den Hinweis, entgegen seinem Wortlaut, dahingehend einengen würde, dass es sich nur um einen solchen für den Betrieb infrage kommenden Tarifvertrag handele, der sich auf Poliere beziehe, wäre der Hinweis immer noch doppeldeutig, da es sowohl einen Entgelttarifvertrag wie auch einen Rahmentarifvertrag für Poliere gebe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte seinerzeit allen Arbeitskollegen ohne Zögern Insolvenzgeld bewilligt habe. Zwar gebe es keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht, jedoch sei dies ein gravierender Hinweis dafür, dass die Agentur für Arbeit bei allen anderen Arbeitnehmern, die von der Insolvenz betroffen worden seien, sich nicht darauf berufen habe, dass die angeblich vereinbarten Ausschlussfristen nicht gewahrt worden seien.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. November 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheides vom 29. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2003 zu verurteilen, die Bescheide vom 16. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2001 und vom 4. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 zurückzunehmen sowie die Beklagte zu verpflichten, ihm für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 1998 Insolvenzgeld in gesetzlichem Umfang zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass der Tarifvertrag einen in allgemeiner Form gehaltenen Hinweis auf den infrage kommenden Tarifvertrag enthalte, so dass die tarifliche Ausschlussfrist greife. Auch ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Arbeitgeberin wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Nachweisgesetzes, der dem Anspruch auf Arbeitsentgelt gleichzusetzen wäre, scheide aus. Mit der Niederschrift der Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag habe die Arbeitgeberin noch nicht gegen das Nachweisgesetz verstoßen können, weil dieses Gesetz erst am 21. Juli 1995 in Kraft getreten sei, während der Arbeitsvertrag bereits am 27. Juni 1995 geschlossen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe das Nachweisgesetz noch nicht gegolten. Für so genannte Altfälle, also Arbeitsverhältnisse, die vor dem 21. Juli 1995 bereits bestanden hätten, gelte § 4 des Nachweisgesetzes, wonach die Niederschrift im Sinne des § 2 Nachweisgesetz dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen innerhalb von zwei Monaten auszuhändigen sei. Diese Verpflichtung entfalle, soweit eine früher ausgestellte Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben enthalte. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er ein entsprechendes Verlangen zu irgendeinem Zeitpunkt gestellt hätte.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der über den Kläger bei der Beklagten geführten Verwaltungsakte, der die Arbeitskollegen des Klägers E. und F. betreffenden Verwaltungsakten sowie der Streitakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld für die Monate Oktober bis Dezember 1998 zu. Ihm kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, für die genannte Zeit nicht über einen durchsetzbaren und durch Insolvenzgeld gesicherten Arbeitsentgeltanspruch zu verfügen.

Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Zahlung von Insolvenzgeld abgelehnt, weil auch nach nochmaliger Überprüfung kein Anspruch auf die Gewährung dieser Leistung gegeben sei. Diese Entscheidung ist gerichtlich daraufhin zu überprüfen, ob die Beklagte bei dieser Überprüfung zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass sie mit ihren früheren, bindend gewordenen Bescheiden den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Insolvenzgeld zu Unrecht abgelehnt hat. Dies war vorliegend der Fall.

Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der vorliegend ab 1. Januar 1999 anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin des Klägers war vom Amtsgericht Frankfurt am Main am 18. Mai 1999 mangels Masse abgewiesen worden; dieser hatte noch nicht erfüllte Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate des zum 31. Dezember 1998 gekündigten Arbeitsverhältnisses.

Des Weiteren hat der Kläger auch einen rechtswirksamen Leistungsantrag gestellt. Nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist Insolvenzgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Dies war vorliegend der Fall, weil der Kläger den Leistungsantrag am 13. Juli 1999, mithin innerhalb von zwei Monaten nach dem amtsgerichtlichen Abweisungsbeschluss gestellt hatte.

Der Arbeitsentgeltanspruch des Klägers war schließlich auch nicht gemäß § 13 BRTV für Poliere des Baugewerbes schon zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld verfallen gewesen. Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten kann dieser - nicht für allgemeinverbindlich erklärte - Tarifvertrag keine Anwendung finden auf das zwischen der früheren Arbeitgeberin und dem Kläger existierende Arbeitsverhältnis. Die diesbezügliche arbeitsvertragliche Abrede in § 4 entsprach nicht der für eine Einbeziehung des Tarifvertrages erforderlichen Bestimmtheit.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), der sich der Senat anschließt, ist Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung des Tarifvertrages, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahme insoweit konkret und bestimmbar ist, als für die Vertragspartner erkennbar sein muss, ob überhaupt ein Tarifvertrag, welcher Tarifvertrag und in welchem Umfang dieser Inhalt des Individualarbeitsvertrags werden soll (Urteil vom 27. Oktober 2004 - 10 AZR 138/04 - EZA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28). Zwar mag vorliegend für den Kläger als Vertragspartner infolge der Abrede in § 4 des Arbeitsvertrages noch erkennbar gewesen sein, dass für das Arbeitsverhältnis überhaupt Bestimmungen eines Tarifvertrages gelten sollten. Nicht erkennbar war indes, um welchen Tarifvertrag es sich dabei handelte. Zu Recht hat der Kläger insoweit darauf hingewiesen, dass für "den Betrieb" mehrere Tarifverträge infrage kämen. Es sollten jedoch - ausweislich der arbeitsvertraglichen Abrede - nicht alle für den Betrieb geltenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, so dass nicht von einer Bezugnahme auf das gesamte geltende einschlägige Tarifwerk ausgegangen werden kann (vgl. hierzu Landesarbeitsgericht HV., Urteil vom 12. Januar 1993 - 2 Sa 1099/92 - LAG § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 3), sondern lediglich der "für den Betrieb infrage kommende Tarifvertrag". Welcher dies sein sollte, wurde im Arbeitsvertrag indes nicht bestimmt und war für den Kläger auch nicht erkennbar.

Waren nach alledem die Arbeitsentgeltansprüche des Klägers nicht aufgrund einer tariflichen Ausschlussfrist verfallen, so konnte der Berufung der Erfolg nicht versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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