L 9 U 3060/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 3374/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3060/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.305,49 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung eines Beitragszuschlages, den die Beklagte mit dem Beitragsbescheid für 2002 wegen Aufwendungen für einen Arbeitsunfall erhoben hat.

Am 28.6.2001 zeigte der Stuckateurbetrieb M. Sch. einen Unfall ihres Mitarbeiters B. vom 26.6.2001 an. Der Bauhelfer B. sei mit Reinigen und Putzwegscharren mit Schubkarren beschäftigt gewesen. Er habe ein Schutzbrett über einer Öffnung weggezogen und sei ca. drei Meter tief in ein Loch gefallen, wobei er Prellungen des linken Ellenbogens, der linken Hüfte und des linken Oberschenkels erlitten habe. B. sei mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht worden, wo er geröntgt worden sei. Dr. M.-B., Chefärztin des Kreiskrankenhauses C., diagnostizierte im DA-Bericht vom 26.6.2001 bei B. - nach Röntgen von Becken, linker Hüfte und linken Ellenbogen sowie nach Sonografie des Abdomens - eine Hüftprellung links sowie Schürfungen am linken Ellenbogen. B. wurde vom 26.6. bis 27.6.2001 stationär aufgenommen; Arbeitsunfähigkeit bestand vom 26.6.2001 bis 10.9.2001. Auf Nachfrage der Beklagten teilte Herr Sch. telefonisch mit, das Loch (ca. 1 m Durchmesser) sei unverschieblich abgedeckt gewesen. Um besser kehren zu können, habe B. die Abdeckung entfernt und sei sofort in das Loch getreten. Ihm sei bekannt gewesen, dass unter der Abdeckung ein Loch gewesen sei. Er könne sich den Unfall selbst nicht erklären; er sei ca. 3,70 m tief abgestürzt (Tel.-Vermerk vom 27.7.2001).

Mit Beitragsbescheid für 2002 und Beitragsvorschuss für 2003 vom 22.4.2003 erhob die Beklagte wegen Aufwendungen für B. in Höhe von 6.651,06 EUR einen Beitragszuschlag von 1.305,49 EUR (30% des Beitrags).

Hiergegen erhob der Kläger am 8.5.2003 Widerspruch und machte geltend, für diesen "Arbeitsunfall" hätten überhaupt keine Leistungen erbracht werden dürfen, weil B. den Unfall nicht nur grob fahrlässig, sondern regelrecht vorsätzlich herbeigeführt habe. Zumindest habe er sich vorsätzlich über Anordnungen des damaligen Betriebsinhabers M. Sch. hinwegsetzt und sich regelrecht vorsätzlich in Gefahr begeben. Das habe der frühere Betriebsinhaber M. Sch. bereits am 27.7.2001 der Beklagte mitgeteilt. B. sollte am 26.6.2001 ab 7:30 Uhr Putzrückstände vom Boden mit dem Schubkarren wegschaffen und Reinigungsarbeiten durchführen. Er sei von M. Sch. angewiesen worden, sich von der Öffnung im Boden fernzuhalten, dürfe auf keinen Fall das Schutzbrett von der Öffnung entfernen und solle im dortigen Bereich nicht arbeiten. Um 8:25 Uhr habe B. den Unfall erlitten, weil er entgegen den klaren Anweisungen im Bereich der Öffnung gearbeitet und das Brett über der Öffnung entfernt habe. Angesichts dessen könne es nicht sein, dass der Arbeitgeber wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers, der Leistungen erhalten habe, mit einem Beitragszuschlag bestraft werde. Das Loch habe nachgemessen einen Durchmesser von 0,75 m gehabt und sei ordnungsgemäß unverschieblich abgedeckt gewesen. Es stelle sich deswegen die Frage, wie man in ein derartiges Loch hindurch fallen könne, wenn man es nicht absichtlich und vorsätzlich mache. Für den angeblichen Unfall gebe es keinen Zeugen; er ziehe daher in Zweifel, dass es den Vorfall überhaupt gegeben habe. B. sei 30 m von der Öffnung entfernt gefunden worden. Er gehe davon aus, dass der Versicherungsfall absichtlich oder vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Der Widerspruch erstrecke sich auch auf den angeforderten Beitragsvorschuss für 2003, da nicht nachvollziehbar sei, weshalb ein Beitragsvorschuss von 105 vH erhoben werden. Den Widerspruch den Beitragsvorschuss betreffend nahm der Kläger nach Erläuterungen durch die Beklagte zurück.

Am 23.7.2003 hat die Beklagte eine Unfalluntersuchung durch ihren technischen Aufsichtsbeamten veranlasst. Dieser hat den Unfallort besichtigt, Lichtbilder angefertigt, den Kläger, seinen Vater M. Sch., den früheren und damaligen Betriebsinhaber, B. und dessen Arbeitskollegen J. vernommen.

M. Sch. gab an, B. seien die Reinigungsarbeiten auf der Empore zugewiesen worden. Hier habe sich zur Durchführung eines Lüftungsrohres eine Öffnung (80 cm) befunden, die ordnungsgemäß und unverrückbar mit einer Schaltafel abgedeckt gewesen sei. Nach Abschluss der Reinigungsarbeiten habe er (M. Sch.) die Baustelle verlassen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Öffnung abgedeckt gewesen. B. hat angegeben, die Öffnung sei lediglich mit einem Teppich und einer Pappe abgedeckt gewesen. Als er den Teppich aufgenommen habe, um den darauf liegenden Schmutz zu entfernen, sei er eine halbe Schuhlänge nach vorne getreten und durch die Öffnung (Durchmesser 80 cm) 3,5 Meter nach unten auf den Betonboden gefallen, von wo aus er sich ca. 40 Meter bis zum Treppenhaus geschleppt habe, wo er gefunden worden sei. Der technische Aufsichtsdienst gelangte zum Ergebnis, B. sei bei Reinigungsarbeiten vermutlich aus Unachtsamkeit durch eine ungesicherte Bodenöffnung gefallen. Auf den Unfalluntersuchungsbericht vom 23.7.2003 wird Bezug genommen.

Hiergegen wandte der Kläger ein, der Unfalluntersuchungsbericht gehe von falschen Tatsachen aus. Die Deckenöffnung sei mit einer Schaltafel ordnungsgemäß und unverrückbar abgedeckt gewesen, die von der Firma F. angebracht worden sei. Die früher vorhanden gewesene Pappe sei - nachdem das Gerüst abgebaut worden sei - entfernt worden, während die Schaltafel zurückgeblieben sei. Der Kläger (Matthias Sch.) könne sich noch daran erinnern, dass B. ihm - beim Auffinden - erklärt habe, dass die Öffnung mit einer Schaltafel abgedeckt gewesen sei. Außerdem seien die Reinigungsarbeiten abgeschlossen gewesen, als M. Sch. die Baustelle verlassen habe. Auch könne sich der Unfall nicht so abgespielt haben, wie B. ihn geschildert habe. Um durch die Öffnung von 80 cm durchzufallen, müsse man schon absichtlich hinunter springen. Er gehe deswegen davon aus, dass B. absichtlich durch die Öffnung gesprungen sei, um möglicherweise absichtlich eine Verletzung zu provozieren, was nicht selten vorkommen soll, um einen Krankenstand zu erreichen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, der Unfall von B. sei im Beitragszuschlagsverfahren zu berücksichtigen gewesen, da es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Unfall habe sich in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit (Reinigungsarbeiten) ereignet. Dieser Sachverhalt sei unmittelbar nach dem Unfall sowohl in der Unfallanzeige des Unternehmers vom 27.6.2001 bestätigt als auch im DA-Bericht nach Befragung von B. wiedergegeben worden. Nachdem der Ortstermin über zwei Jahre nach dem Unfall keine neuen Erkenntnisse erbracht habe, seien die Angaben unmittelbar nach dem Unfall entscheidend. Auch wenn B. gegen Gebote und Verbote des Unternehmers gehandelt habe, werde ein Anspruch auf Unfallentschädigung selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er den Unfall fahrlässig oder grob fahrlässig verschuldet habe. Eine Ausnahme wäre nur bei vorsätzlicher Herbeiführung des Unfalls gegeben; hierfür lägen keinen beweisbaren Erkenntnisse vor.

Hiergegen hat der Kläger am 4.12.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben, mit der er weiterhin die Aufhebung des Beitragszuschlages begehrte. Er hat auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen und vorgetragen, es müsse davon ausgegangen werden, dass B. einen Arbeitsunfall vorgetäuscht habe, wohl mit dem Ziel sich Lohnfortzahlung bzw. Krankengeld unrechtmäßig zu verschaffen. Es werde ausdrücklich bestritten, dass B. am 26.6.2001 gegen 8:25 Uhr einen Arbeitsunfall erlitten habe, indem er durch die Öffnung gestürzt und 3 bis 4 m tief abgestürzt sein soll. Er sei ursprünglich davon ausgegangen, dass B. den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt habe; inzwischen gehe er davon aus, dass es den Arbeitsunfall überhaupt nicht gegeben habe. B. habe an der angeblichen Absturzstelle nichts zu suchen gehabt, vielmehr ausdrücklich die Anweisung erhalten, dort nicht mehr zu arbeiten und sich dort nicht mehr aufzuhalten. Bei den Verletzungen habe es sich um nur sehr unwesentliche und oberflächliche Verletzungen gehandelt; deswegen sei nicht nachvollziehbar, dass bei der Beklagten Aufwendungen von 6.651,06 EUR entstanden seien.

Das SG hat zunächst im Termin vom 14.6.2006 B. und im Termin vom 12.1.2007 J. B., Polier der Firma F., als Zeugen vernommen.

B. hat erklärt, er habe in der Sporthalle Crailsheim den Innenputz gemacht. Daraufhin sei das Gerüst abgebaut worden und es sollte sauber gemacht werden. Er habe das Loch nicht gesehen, da es nur mit einem Teppich abgedeckt und mit Dreck verschmutzt gewesen sei. Er sei darauf getreten und 4 m tief gefallen. Er sei beim Saubermachen dort oben allein gewesen, die anderen Mitarbeiter seien ein Stockwerk tiefer gewesen. Er habe nicht gewusst, dass dort ein Loch gewesen sei; man habe es auch nicht gesehen.

Der Polier der Firma F. hat ausgesagt, von einem Unfall im Juni 2001 auf der Baustelle Karlsberghalle sei ihm nichts bekannt. Die Rohbauarbeiten seien damals bereits weitgehend abgeschlossen gewesen; es seien nur noch Kleinigkeiten zu erledigen gewesen. An die konkrete Aussparung könne er sich nicht erinnern; es habe mehrere Aussparungen für Lüftungsrohre gegeben. Selbst wenn sie im fraglichen Bereich Schaltafel fixiert gehabt hätten, könne er nicht sagen, ob Installateure diese Verschalungen bereits abgenommen hatten, nachdem sie (die Firma F.) die Baustelle verlassen hatte. Nach seiner Ansicht müssten die Installationsarbeiten zu diesem Zeitpunkt auch schon begonnen haben. Auf jeden Fall seien schon im März Installationsarbeiten begonnen worden, als er noch auf der Baustelle gewesen sei. Er halte es selbstverständlich für möglich, dass jemand durch ein 80 cm großes Loch fallen könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 18.5.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Entscheidung der Beklagte sei rechtmäßig, sie habe zu Recht einen Beitragszuschlag in Höhe von 1.305,49 EUR erhoben. Das SG verweise auf die Entscheidungsgründe im Widerspruchsbescheid. Zur Beweisaufnahme im gerichtlichen Verfahren hat es ergänzend ausgeführt, diese habe keinen Beweis für ein vorsätzliches oder absichtliches Herbeiführen des Unfalls durch den Versicherten ergeben. Bereits das Hauptargument des Klägers, ein Sturz sei bereits deshalb nicht möglich gewesen, weil eine Abdeckplatte unverschieblich auf diesem Loch angebracht gewesen sei, sei durch die Zeugenvernehmung des Poliers der Firma F. relativiert worden. Er habe nicht ausschließen können, dass irgendjemand dieses Loch nur notdürftig abgedeckt habe. Auch habe er es durchaus für möglich gehalten, dass jemand durch ein 80 cm großes Loch fallen könne. Darüber hinaus seien die Einlassungen des Klägers in der Unfallanzeige vom 27.6.2001, einen Tag nach dem Unfall, und im Telefonat zu berücksichtigen. Zu diesen Zeitpunkten seien keine Zweifel am Unfallgeschehen geäußert worden. Erst im Schriftsatz vom 27.5.2003, im Widerspruch gegen den Beitragsbescheid, sei behauptet worden, Herr Sch. senior sei zunächst vorort bei dem Versicherten geblieben, bis dieser um das Loch herum geputzt habe und habe ihn angewiesen, im dortigen Bereich nicht mehr zu arbeiten unter ausdrücklichem Hinweis auf das dortige Loch im Boden. Ob und in welcher Weise das Loch abgedeckt gewesen sei, lasse sich nach Auffassung des SG nicht mehr abschließend klären. Für das SG stehe deshalb fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Sturzes - dort allein zurückgelassen - noch Tätigkeiten für die Firma Sch. ausgeübt habe und aus Unachtsamkeit durch dieses Loch hindurch nahezu vier Meter in die Tiefe gestürzt sei. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 24.5.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.6.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen, das SG habe das Verfahren so lange verschleppt, bis der mehrfach benannte Zeuge M. Sch. verstorben sei. Dabei unterstelle das SG diesem mehr oder weniger, er habe seine Schilderung frei erfunden und sei entgegen seinen Angaben möglicherweise überhaupt nicht vorort gewesen. Auch werde gerügt, dass das SG einen der wichtigsten Zeugen, nämlich Dipl. Ing. R. A., den Sicherheitskoordinator der Stadt C., überhaupt nicht vernommen habe, der die fragliche Baustelle ständig begleitet, täglich aufgesucht und alle sicherheitsrelevanten Aspekte der Arbeiten jeweils genauestens überprüft habe, auch das vom SG im Zweifel gezogene ordnungsgemäße und unverrückbare Verschließen der Aussparung für das Lüftungsrohr in der Tribünendecke, durch welches der Versicherte angeblich gefallen sein wolle.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Mai 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. April 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2003 aufzuheben, soweit ein Beitragszuschlag von 1.305,49 EUR festgesetzt wurde, hilfsweise den Rechtsstreit zu vertagen und dem Kläger eine Frist bis Ende des Monats einzuräumen, um weitere Jour-Fix-Termine zwischen dem 30.5.2001 und 4.7.2001 und insbesondere für den Unfallzeitpunkt am 26.6.2001 vorzutragen und zu belegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, der Gerichtsbescheid des SG sei zutreffend. Neue Gesichtspunkte ergäben sich auch aus dem Berufungsschriftsatz nicht. Die Beweisaufnahme habe keinen Beweis für eine vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls ergeben. Die Entscheidung des SG leide auch an keinem Verfahrensfehler. Bei der Unfalluntersuchung am 23.7.2003 sei M. Sch. anwesend gewesen; seine Aussage sei protokolliert worden. Diese Aussage habe das SG im Wege der freien Beweiswürdigung berücksichtigt. Die Zeugenvernehmung von R. A. sei nicht erforderlich, zumal die Beklagte schon im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen sei, dass B. das Schutzbrett über der Aussparung entfernt habe, um in diesem Bereich besser putzen zu können.

Der Senat hat Diplom-Ingenieur A. schriftlich als Zeugen vernommen. Dieser hat am 26.2.2009 mitgeteilt, regelmäßige Besprechungen, Baustellenbegehungen und Fortschreibung des SIG-Planes seien bei jedem Jour fixe der am Bau beteiligten Firmen erfolgt, der normalerweise monatlich stattgefunden habe. Er könne nicht sagen, ob im Juni 2001 ein Jour fixe stattgefunden habe; nachweisen könne er den 30.5.2001 und 4.7.2001. Überprüfungen seien bei jedem Jour fixe erfolgt und wenn er aus anderen Gründen auf der Baustelle gewesen sei. Eine tägliche Überprüfung sämtlicher Aussparungen für Lüftungsrohre sei nicht erfolgt. Die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen seien in das Aufgabengebiet der einzelnen (zuständigen) Unternehmen gefallen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Beklagte zu Recht einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2002 erhoben hat.

Die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften werden im Wesentlichen durch Beiträge der Unternehmer (§ 150 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - SGB - VII) aufgebracht, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Höhe der Beiträge richtet sich vorbehaltlich von §§ 154 bis 156 SGB VII nach dem Finanzbedarf (Umlagesoll), den Arbeitsentgelten der Versicherten und den Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).

Nach § 162 SGB ist VII haben darüber hinaus die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Die Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 (Wegeunfälle) bleiben dabei außer Ansatz. Das Nähere bestimmt die Satzung, dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale.

Die Vorgängerin der Beklagten, die aus dem Zusammenschluss von sieben regionalen Berufsgenossenschaften und der bundesweit agierenden Tiefbau-Berufsgenossenschaft entstanden ist, die Württembergische Bau-Berufsgenossenschaft, hatte entsprechend dieser Ermächtigung in § 28 Abs. 1 ihrer Satzung vom 18.11.1997, gültig ab 1.1.1998, bestimmt: Den einzelnen Unternehmen werden unter Berücksichtigung der Aufwendungen für anzuzeigende Versicherungsfälle nach Maßgabe der folgenden Absätze Beitragszuschläge auferlegt. Auf die Absätze 2 bis 8 wird Bezug genommen.

Die Berechtigung der Beklagten unter Berücksichtigung des Unfalls von B. dem Kläger den Beitragszuschlag in Höhe von 1.305,49 EUR aufzuerlegen, setzt das Vorliegen eines Versicherungsfalls, hier des Arbeitsunfalls von B., voraus.

Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus (§ 7 Abs. 2 SGB VII). Arbeitsunfälle sind gem. § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod geführt haben. Zur Annahme eines Arbeitsunfalls ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang). Dies ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach dem Gesetz der Unfallversicherungsschutz reicht (ständige Rechtsprechung, BSG, Urt. vom 18.3.2008 -B 2 U 13/07 R und vom 10.10.2006 -B 2 U 20/05 R in JURIS mit Hinweis auf BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70 S. 197; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32 S. 113; BSGE 94, 262, 263 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, Rdnr. 6). Maßgebend ist dabei, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG, Urt. vom 10.10.2006 a.a.O. Rdnr. 14).

B. hat nach den Angaben im D-Arzt-Bericht vom 26.6.2001 den Unfall im Betrieb seines damaligen Arbeitgebers während seiner Arbeitszeit (Beginn 7:30 Uhr) um 8.00 Uhr, also eine halbe Stunde nach Arbeitsbeginn, erlitten. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass er zum Unfallzeitpunkt keine dem Betrieb dienliche Tätigkeit verrichtet hat bzw. verrichten wollte, sind nicht vorhanden. B. hat bei seiner Zeugenvernehmung vor dem SG angegeben, er sei nach dem Abbau des Gerüstes mit dem Saubermachen beschäftigt gewesen. Er habe das Loch, das nur mit einem Teppich abgedeckt und mit Dreck verschmutzt gewesen sei, nicht gesehen. Er habe den Teppich wegziehen wollen, weil er dreckig gewesen sei und er den Dreck habe wegmachen wollen. Dabei sei er durch das Loch, das so groß wie ein Kanaldeckel gewesen sei, gefallen. Diese Angaben decken sich im Wesentlichen mit den Erstangaben der Firma Sch. in der Unfallanzeige vom 27.6.2001, in der ausgeführt ist, dass B. mit dem Reinigen und Putzwegscharren mit Schubkarre beschäftigt gewesen sei, er ein Schutzbrett über einer Öffnung weggezogen habe und ca. 3 m tief in das Loch gefallen sei. Ferner stehen sie im Einklang mit den Angaben im D-Arzt-Bericht vom 26.6.2001. Für die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, ist dabei unerheblich, ob es sich bei der Abdeckung, die B. entfernt hat, um einem Teppich oder um ein Schutzbrett gehandelt hat. Der oben dargestellte Geschehensablauf wird ferner bestätigt durch einen Telefon-Vermerk der Beklagten vom 27.7.2001 über ein Gespräch mit Herrn Sch., in dem dieser angegeben hat, das Loch (Durchmesser 1 m) sei unverschieblich abgedeckt gewesen. Um besser kehren zu können, habe B. die Abdeckung entfernt und sei sofort in das Loch getreten. Ihm sei bekannt gewesen, dass unter der Abdeckung ein Loch gewesen sei. Er könne sich den Unfall selbst nicht erklären, er sei 3,70 m tief abgestürzt.

Die nach Erlass des Beitragsbescheides vom 20.4.2003 beginnenden Behauptungen des Klägers, B. habe den Unfall vorsätzlich bzw. absichtlich herbeigeführt bzw. es habe sich gar nicht um einen Unfall gehandelt, entbehren jeglicher Grundlage und widersprechen den zeitnahen Angaben im D-Arzt-Bericht vom 26.6.2001, der Firma in der Unfallanzeige vom 27.6.2001 sowie im Telefonat vom 27.7.2001 gegenüber der Beklagten.

Soweit der Kläger erstmals im Widerspruchschreiben vom 5.5.2003 vorträgt, B. sei seinerzeit von M. Sch. angewiesen worden, er solle sich von der Öffnung fernhalten, dürfe auf keinen Fall das Schutzbrett an der Öffnung entfernen und solle im dortigen Bereich nicht arbeiten, ist nicht nachvollziehbar, warum die Firma dies nicht in der Unfallanzeige bzw. zeitnah nach dem Unfall so dargestellt hat. Der Umstand, dass die Unfallanzeige von Frau Sch. auf der Grundlage der Angaben im D-Arzt-Bericht gefertigt wurde, erklärt dies nicht, da diese sich über den Vorfall auch bei M. Sch. oder Matthias Sch., dem Kläger, bzw. B. erkundigt haben dürfte und müsste. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum M. Sch. B. dermaßen vor der Absturzstelle gewarnt haben soll, wenn diese - wie nunmehr behauptet wird - unverrückbar verschlossen war. Darüber hinaus wäre es - worauf schon die Beklagte im Widerspruchsbescheid hingewiesen hat - auch unerheblich, ob B. sich über das Verbot von M. Sch., das Schutzbrett zu entfernen, hinwegsetzt hatte, denn verbotswidriges Handeln schließt einen Arbeitsunfall nicht aus. Im übrigen hat die Firma Sch. selbst - wie aus der Unfallanzeige und dem Inhalt des Telefonats vom 27.7.2001 ersichtlich - nicht bezweifelt, dass das Wegziehen des Schutzbrettes im Zusammenhang mit den Reinigungsarbeiten erfolgte.

Soweit der Kläger behauptet, man könne durch ein Loch mit einem Durchmesser von 0,75m nur durchfallen, wenn man regelrecht hineinhüpfe, ist seine Vermutung durch die Aussage des Poliers der Firma F. widerlegt, der es selbstverständlich für möglich gehalten hat, dass jemand durch ein derartiges Loch fallen könne. Auch konnten weder der Polier der Firma F., die für die Abdeckung der Lüftungsrohraussparungen zuständig war, noch der Diplom-Ingenieur A. bestätigen, dass die Lüftungsrohraussparung auf der Empore am 26.6.2001 mit einer unverrückbaren Abdeckung versehen war. Ferner ist auch die Behauptung des Klägers nicht zutreffend, dass Diplom-Ingenieur A. jeden Tag auf der Baustelle war; insbesondere hat er die Aussparungen für die Lüftungsrohre nicht täglich überprüft.

Der Senat hat in diesem Zusammenhang keinen Anlass gesehen, die mündliche Verhandlung zu vertagen und dem Kläger eine weitere Frist einzuräumen, um zu weiteren Jour-fixe-Terminen zwischen dem 30.5. und 4.7.2001 und insbesondere für den Unfallzeitpunkt am 26.6.2001 vorzutragen, da dem Kläger die schriftliche Aussage des Zeugen Abelein vom 26.2.2009 durch Verfügung vom 2.3.2009 übersandt worden war und daher genügend Zeit für weiteren Vortrag bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.3.2009 bestanden hat. Im Übrigen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein Jour-fixe-Termin am 26.6.2001 in der Zeit von 7.30 Uhr bis 8.00 Uhr stattgefunden haben könnte.

Den Zweifeln des Klägers, dass sich der Sturz durch das Loch angesichts relativ geringfügiger Verletzungen von B. überhaupt nicht zugetragen haben könne, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr beweist schon der Umstand, dass die Ärzte des Kreiskrankenhauses Crailsheim B. wegen einer Hüftprellung und Nierenkontusion links sowie einer Schürfung des linken Ellenbogens zunächst stationär aufgenommen (vgl Bericht von Dr. Mittag-Bonsch über die stationäre Behandlung vom 13.9.2001) und bis 9.9.2001 arbeitsunfähig geschrieben haben, dass es sich nicht lediglich um reine Bagatellverletzungen gehandelt hat, wobei auch offen bliebe, wie sich B. diese selbst zugefügt haben soll. Auch sprechen die Angaben von B. sowie die Erstangaben der Firma gegen die Unterstellung des Klägers, der behauptete Unfall habe sich nicht ereignet, vielmehr habe es B. lediglich auf Lohnfortzahlung bzw. Krankengeld abgesehen gehabt.

Die Beklagte ist demnach zu Recht von einem Arbeitsunfall des B. am 26.6.2001 ausgegangen und hat dem Kläger deswegen zu Recht einen Beitragszuschlag von 1.305,49 EUR beim Beitrag für das Jahr 2002 auferlegt. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG war deswegen nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wird auf 1.305,49 EUR festgesetzt.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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