Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 1176/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 1067/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für die Gewährung von Ermessensleistungen in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine Ermessensreduzierung auf „Null“ zu fordern, d.h. dass jede andere Entscheidung als eine Bewilligung der konkret beantragten Leistung rechtlich fehlerhaft erscheinen muss.
Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und sich ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt.
Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und sich ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom
03.11.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (ASt) begehrt die Bewilligung von Einstiegsgeld.
Die ASt bezog durch die ARGE N. seit 01.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt mit Bescheid vom 03.01.2008 für die Zeit bis 30.06.2008.
Am 22.08.2007 beantragte die ASt bei der ARGE N. - mündlich im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung - die Bewilligung von Einstiegsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (Call-Center).
Nach Eingang des schriftlichen Antrages am 14.02.2008 bewilligte die ARGE N. der ASt mit Bescheid vom 14.02.2008 für den Zeitraum vom 15.02.2008 bis 14.08.2008 Einstiegsgeld nach § 29 SGB II in Höhe von 173,50 EUR monatlich. Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die ASt geltend, dass die Zahlung des Einstiegsgeldes bereits seit dem Zeitpunkt der Antragstellung im Juli 2007 zu erfolgen habe. Darüber hinaus sei der Bewilligungszeitraum auf zwölf Monate auszudehnen.
Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 28.04.2008 hat die ASt am 27.05.2008 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben (S 19 AS 604/08). Bereits am 08.05.2008 (in der Gestalt des Bescheides vom 11.08.2008) hatte die ARGE N. ihren Bewilligungsbescheid vom 14.02.2008 in vollem Umfang zurückgenommen, weil die ASt ihren Wohnsitz bereits ab dem 01.12.2007 nach A-Stadt verlegt habe und die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung des Einstiegsgeldes von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Über diese Klage hat das SG - soweit nach Lage der Akten ersichtlich - noch nicht entschieden.
Am 14.05.2008 sprach die ASt erstmals bei der Ag vor und begehrte dort die Bewilligung von Einstiegsgeld für die Zeit ab 14.08.2007 für die Dauer von einem Jahr.
Am 29.09.2008 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg beantragt, die Ag (ARGE Stadt A-Stadt) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Zahlung von Einstiegsgeld zu verpflichten. Anfang 2008 habe sie ihre selbständige Tätigkeit wieder in Angriff genommen. Ohne den Zuschuss könne sie diese Tätigkeit nicht fortführen, insbesondere weil noch Inventar angeschafft werden müsse.
Die ARGE N. und die Ag haben in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass die Zuständigkeit mit dem Umzug der ASt nach A-Stadt auf die Ag übergegangen sei. Es sei seitens der Ag beabsichtigt, den am 30.09.2008 dort gestellten Antrag auf Bewilligung des Einstiegsgeldes - im Hinblick auf das zwischenzeitlich vorgelegte, tragfähige Konzept - positiv zu verbescheiden.
Das SG hat mit Beschluss vom 03.11.2008 den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz abgelehnt, weil ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei. Die ASt habe erstmals am 30.09.2008 tragfähige Unterlagen für die beabsichtigte Existenzgründung vorgelegt, die noch der Ergänzung bedurften. Die Verzögerungen im Entscheidungsprozess der Ag habe allein die ASt zu vertreten, weil sie ursprünglich den Antrag beim örtlich unzuständigen Grundsicherungsträger gestellt habe. Darüber hinaus sei ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich, denn die Leistungen nach § 29 SGB II seien als Ermessensleistungen im Rahmen eines Eilverfahrens nur zuzusprechen, wenn die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf "Null" vorliegen würden.
Gegen diesen Beschluss hat die ASt am 08.12.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Den Umzug habe sie nicht angegeben, weil man ihr versichert habe, dass die ARGE N. und die Ag zusammengehören würden. Man habe ihr auch zugesagt, dass das Einstiegsgeld für die Zeit ab der Antragstellung rückwirkend gezahlt werde.
Die Ag hat hierzu mitgeteilt, dass sie der ASt bereits mit Bescheid vom 04.11.2008 für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.03.2009 Einstiegsgeld nach § 29 SGB II in Höhe von monatlich 173,50 EUR bewilligt habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der ARGE N. und der Ag sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86b Absatz 2 Satz 2 SGG dar, denn die ASt begehrt - soweit nach Lage der Akten ersichtlich - allein die Bewilligung von Einstiegsgeld durch die Ag.
Eine einstweilige Regelung ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr. 643)
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9.Aufl, § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Vorliegend hat die ASt keinen Anspruch auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, weil mit der Erteilung des Bewilligungsbescheides vom 04.11.2008 in Bezug auf die laufenden Leistungen ein Anordnungsanspruch nicht mehr gegeben ist, und im übrigen, soweit Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume begehrt werden, ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist.
Die ASt hat - soweit nach Lage der Akten nachvollziehbar - bislang nur den Zeitpunkt des Leistungsbeginnes und die Dauer der Bewilligung bemängelt und Einwände gegen die Höhe des monatlichen Einstiegsgeld nicht erhoben. Insofern wurde dem Anliegen der ASt in Bezug auf die Erbringung laufender Leistung zur Sicherung des Geschäftsbetriebes mit der Bewilligung des Einstiegsgeldes für die Zeit ab dem 01.10.2008 hinreichend Rechnung getragen. Ein weitergehender materiell- rechtlicher Anspruch in Bezug auf die Leistungshöhe ist nicht zu erkennen und wurde von der ASt auch nicht geltend gemacht. Darüber hinaus handelt es sich bei Leistungen nach § 29 SGB II um Leistungen, deren Bewilligung dem Grund und der Höhe nach im pflichtgemäßen Ermessen der Ag stehen. Das SG hat in diesem Zusammenhang bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass für die Gewährung von Ermessensleistungen in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stets eine Ermessensreduzierung auf "Null" zu fordern ist, d.h. dass jede andere Entscheidung als eine Bewilligung der konkret beantragten Leistung rechtlich fehlerhaft erscheinen muss (vgl. BayLSG, Beschluss vom 20.06.2007 - L 11 B 116/07 SO ER; zur sog. "Ermessensreduzierung auf Null"; Keller aaO § 86b Rn. 30a). Hierfür gibt es nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte.
Weitergehend ist mit dem Bescheid vom 04.11.2008 - mangels Widerspruch - bindend die Bewilligungsdauer für die Zeit bis 31.03.2009 festgelegt, so dass derzeit keine Veranlassung besteht die materielle Berechtigung eines Fortzahlungsanspruches (für die Zeit ab dem 01.04.2009) zu prüfen.
Eine Eilbedürftigkeit, d.h. ein Anordnungsgrund für Leistungen ab dem 01.04.2009 ist ebenfalls nicht ersichtlich, denn es ist weder dargelegt, dass die ASt einen Fortzahlungsantrag gestellt hätte, noch dass die Ag beabsichtigt, diese Leistungen verweigern zu wollen. Die ASt muss sich insoweit auf die Durchführung des Verwaltungsverfahrens verweisen lassen.
Soweit die ASt mit ihrer Beschwerde auch Leistungen für die Zeit vor dem 01.10.2008 geltend machen will, handelt es sich um Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller aaO § 86b Rn.27a). Gleichwohl ist charakteristisch für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und sich ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt. Es ist daher ständige Rechtsprechung des Senates, dass Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden (Beschluss des Senates vom 02.03.2005 - L 11 B 51/05 SO ER).
Die ASt hat insoweit nicht dargelegt, welche existenzielle Bedrohung es durch eine Nachzahlung für vergangene Zeiträume zu beseitigen gilt, so dass ihr für Leistungsansprüche vor dem 01.10.2008 mangels Eilbedürftigkeit der Angelegenheit das Abwarten eines Hauptsacheverfahrens - soweit eingeleitet - zumutbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
03.11.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (ASt) begehrt die Bewilligung von Einstiegsgeld.
Die ASt bezog durch die ARGE N. seit 01.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt mit Bescheid vom 03.01.2008 für die Zeit bis 30.06.2008.
Am 22.08.2007 beantragte die ASt bei der ARGE N. - mündlich im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung - die Bewilligung von Einstiegsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (Call-Center).
Nach Eingang des schriftlichen Antrages am 14.02.2008 bewilligte die ARGE N. der ASt mit Bescheid vom 14.02.2008 für den Zeitraum vom 15.02.2008 bis 14.08.2008 Einstiegsgeld nach § 29 SGB II in Höhe von 173,50 EUR monatlich. Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die ASt geltend, dass die Zahlung des Einstiegsgeldes bereits seit dem Zeitpunkt der Antragstellung im Juli 2007 zu erfolgen habe. Darüber hinaus sei der Bewilligungszeitraum auf zwölf Monate auszudehnen.
Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 28.04.2008 hat die ASt am 27.05.2008 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben (S 19 AS 604/08). Bereits am 08.05.2008 (in der Gestalt des Bescheides vom 11.08.2008) hatte die ARGE N. ihren Bewilligungsbescheid vom 14.02.2008 in vollem Umfang zurückgenommen, weil die ASt ihren Wohnsitz bereits ab dem 01.12.2007 nach A-Stadt verlegt habe und die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung des Einstiegsgeldes von Anfang an nicht vorgelegen hätten. Über diese Klage hat das SG - soweit nach Lage der Akten ersichtlich - noch nicht entschieden.
Am 14.05.2008 sprach die ASt erstmals bei der Ag vor und begehrte dort die Bewilligung von Einstiegsgeld für die Zeit ab 14.08.2007 für die Dauer von einem Jahr.
Am 29.09.2008 hat die ASt beim Sozialgericht Nürnberg beantragt, die Ag (ARGE Stadt A-Stadt) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Zahlung von Einstiegsgeld zu verpflichten. Anfang 2008 habe sie ihre selbständige Tätigkeit wieder in Angriff genommen. Ohne den Zuschuss könne sie diese Tätigkeit nicht fortführen, insbesondere weil noch Inventar angeschafft werden müsse.
Die ARGE N. und die Ag haben in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass die Zuständigkeit mit dem Umzug der ASt nach A-Stadt auf die Ag übergegangen sei. Es sei seitens der Ag beabsichtigt, den am 30.09.2008 dort gestellten Antrag auf Bewilligung des Einstiegsgeldes - im Hinblick auf das zwischenzeitlich vorgelegte, tragfähige Konzept - positiv zu verbescheiden.
Das SG hat mit Beschluss vom 03.11.2008 den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz abgelehnt, weil ein Anordnungsgrund nicht gegeben sei. Die ASt habe erstmals am 30.09.2008 tragfähige Unterlagen für die beabsichtigte Existenzgründung vorgelegt, die noch der Ergänzung bedurften. Die Verzögerungen im Entscheidungsprozess der Ag habe allein die ASt zu vertreten, weil sie ursprünglich den Antrag beim örtlich unzuständigen Grundsicherungsträger gestellt habe. Darüber hinaus sei ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich, denn die Leistungen nach § 29 SGB II seien als Ermessensleistungen im Rahmen eines Eilverfahrens nur zuzusprechen, wenn die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf "Null" vorliegen würden.
Gegen diesen Beschluss hat die ASt am 08.12.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Den Umzug habe sie nicht angegeben, weil man ihr versichert habe, dass die ARGE N. und die Ag zusammengehören würden. Man habe ihr auch zugesagt, dass das Einstiegsgeld für die Zeit ab der Antragstellung rückwirkend gezahlt werde.
Die Ag hat hierzu mitgeteilt, dass sie der ASt bereits mit Bescheid vom 04.11.2008 für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.03.2009 Einstiegsgeld nach § 29 SGB II in Höhe von monatlich 173,50 EUR bewilligt habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der ARGE N. und der Ag sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86b Absatz 2 Satz 2 SGG dar, denn die ASt begehrt - soweit nach Lage der Akten ersichtlich - allein die Bewilligung von Einstiegsgeld durch die Ag.
Eine einstweilige Regelung ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr. 643)
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9.Aufl, § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Vorliegend hat die ASt keinen Anspruch auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, weil mit der Erteilung des Bewilligungsbescheides vom 04.11.2008 in Bezug auf die laufenden Leistungen ein Anordnungsanspruch nicht mehr gegeben ist, und im übrigen, soweit Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume begehrt werden, ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist.
Die ASt hat - soweit nach Lage der Akten nachvollziehbar - bislang nur den Zeitpunkt des Leistungsbeginnes und die Dauer der Bewilligung bemängelt und Einwände gegen die Höhe des monatlichen Einstiegsgeld nicht erhoben. Insofern wurde dem Anliegen der ASt in Bezug auf die Erbringung laufender Leistung zur Sicherung des Geschäftsbetriebes mit der Bewilligung des Einstiegsgeldes für die Zeit ab dem 01.10.2008 hinreichend Rechnung getragen. Ein weitergehender materiell- rechtlicher Anspruch in Bezug auf die Leistungshöhe ist nicht zu erkennen und wurde von der ASt auch nicht geltend gemacht. Darüber hinaus handelt es sich bei Leistungen nach § 29 SGB II um Leistungen, deren Bewilligung dem Grund und der Höhe nach im pflichtgemäßen Ermessen der Ag stehen. Das SG hat in diesem Zusammenhang bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass für die Gewährung von Ermessensleistungen in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stets eine Ermessensreduzierung auf "Null" zu fordern ist, d.h. dass jede andere Entscheidung als eine Bewilligung der konkret beantragten Leistung rechtlich fehlerhaft erscheinen muss (vgl. BayLSG, Beschluss vom 20.06.2007 - L 11 B 116/07 SO ER; zur sog. "Ermessensreduzierung auf Null"; Keller aaO § 86b Rn. 30a). Hierfür gibt es nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte.
Weitergehend ist mit dem Bescheid vom 04.11.2008 - mangels Widerspruch - bindend die Bewilligungsdauer für die Zeit bis 31.03.2009 festgelegt, so dass derzeit keine Veranlassung besteht die materielle Berechtigung eines Fortzahlungsanspruches (für die Zeit ab dem 01.04.2009) zu prüfen.
Eine Eilbedürftigkeit, d.h. ein Anordnungsgrund für Leistungen ab dem 01.04.2009 ist ebenfalls nicht ersichtlich, denn es ist weder dargelegt, dass die ASt einen Fortzahlungsantrag gestellt hätte, noch dass die Ag beabsichtigt, diese Leistungen verweigern zu wollen. Die ASt muss sich insoweit auf die Durchführung des Verwaltungsverfahrens verweisen lassen.
Soweit die ASt mit ihrer Beschwerde auch Leistungen für die Zeit vor dem 01.10.2008 geltend machen will, handelt es sich um Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller aaO § 86b Rn.27a). Gleichwohl ist charakteristisch für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und sich ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt. Es ist daher ständige Rechtsprechung des Senates, dass Leistungen für bereits abgelaufene Leistungszeiträume nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden (Beschluss des Senates vom 02.03.2005 - L 11 B 51/05 SO ER).
Die ASt hat insoweit nicht dargelegt, welche existenzielle Bedrohung es durch eine Nachzahlung für vergangene Zeiträume zu beseitigen gilt, so dass ihr für Leistungsansprüche vor dem 01.10.2008 mangels Eilbedürftigkeit der Angelegenheit das Abwarten eines Hauptsacheverfahrens - soweit eingeleitet - zumutbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved