L 1 R 1731/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 R 513/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1731/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 15.03.1985 bis 30.06.1990 und die Feststellung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der 1960 geborene Kläger ist studierter Diplom-Ingenieur. Sein Diplom erwarb er am 8.02.1985 an der T U D. In der Zeit ab 15.03.1985 war er bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) B- und M () Betriebsteil B als Ingenieur beschäftigt. Nach der Umwandlungserklärung vom 31.05.1990 wurde der VEB Betriebsteil B in die I B GmbH umgewandelt, die am 25.06.1990 in das Handelsregister eingetragen wurde.

Unter dem 5.01.2006 beantragte der Kläger die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 15.03.1985 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der. Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).

Mit Bescheid vom 7.03.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass der Kläger am 30.06.1990 weder in ein Versorgungssystem der DDR einbezogen gewesen wäre, noch dass er eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art 19 Satz 2, 3 des Einigungsvertrages erlangt hätte und dass er auch aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Mit Schreiben vom 21.03.2006 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2006 zurückwies. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass der Kläger am 30.06.1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt gewesen sei.

Hiergegen hat sich die Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) gerichtet. Der Kläger hat vorgetragen, dass er eine Versorgungszusage tatsächlich nicht erhalten habe. Er sei aber der Ansicht, dass er die persönlichen Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung am 30.06.1990 erfüllt habe. Er sei in dem streitigen Zeitraum als Ingenieur beschäftigt gewesen. Bei dem VEB BMK Kohle und Energie, Betrieb Forschung, Projektierung, Technologie, Betriebsteil Berlin habe es sich um ein Konstruktionsbüro im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung (2. DB) gehandelt. Der Kombinatsbetrieb sei außerdem Forschungsinstitut im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen, da er Forschungs- und Entwicklungsaufgaben u. a. für die bautechnische Entwicklung zu übernehmen gehabt habe. Auf die am 30.06.1990 vorliegende Rechtsform komme es nicht an. Zum technischen und wirtschaftlichen Profil und der Tätigkeit des Betriebes habe bereits das Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen 13 RA 3977/04 Beweis erhoben. Am Stichtag dem 30.06. 1990 habe nach den Registerauszügen sowohl ein VEB als auch eine GmbH bestanden. Die am 25.06.1990 eingetragene GmbH habe jedoch noch keine Rechtswirksamkeit gehabt, da zum damaligen Zeitpunkt noch DDR-Recht gegolten habe.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. September 2006 abgewiesen. Der Bescheid vom 07.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 15.03.1985 bis 30.06. 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem AVItech sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum hieraus erzielten Arbeitsentgelte.

Das AAÜG sei im Falle des Klägers nicht anwendbar (§ 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG). Nach § 8 Abs. 1 AAÜG habe der zuständige Versorgungsträger die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistung aus der Rentenversicherung erforderlich seien und diese dem für die Feststellung der Leistung zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen. Eine solche Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger bestehe vorliegend nicht.

Die von ihm begehrten Feststellungen könne er nicht verlangen, da das AAÜG, aus dessen § 8 Abs. 2 und 3 sich allein ein solcher Anspruch ergeben könnte, auf ihn nicht anwendbar sei. Dieses Gesetz gelte nach seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssysteme im Beitrittsgebiet erworben worden seien. Der Kläger sei bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.08.1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gewesen. Einen Anspruch auf Versorgung habe er bis zu diesem Tag nicht erlangt; denn er sei zu keiner Zeit nach den entsprechenden Regelungen der DDR in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen worden, wofür die Aushändigung eines entsprechenden Dokuments erforderlich gewesen sei.

Allerdings habe das Bundessozialgericht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt, dass eine Anwartschaft auch dann bestehe, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (Hinweis auf BSG, Urteile vom 9.04.2002, B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Nach dieser Rechtsprechung hänge die nachträgliche Einbeziehung in die AVItech von drei Voraussetzungen ab: 1. Es müsse sich um Personen gehandelt haben, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und die 2. eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeführt hätten, und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (BSG, Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 18/01 R). Der Kläger erfülle danach die dritte Voraussetzung nicht. Er sei zum Stichtag am 30.06.1990 nicht mehr in einem volkseigenen Betrieb, sondern in einer GmbH beschäftigt gewesen. Wie sich aus dem Registerauszug des Amtsgerichts Charlottenburg ergebe, sei die Rechtsnachfolgerin des Kombinatsbetriebes Forschung und Projektierung Berlin die Industrieprojektierung Berlin GmbH Bauplanung und Beratung am 25.06.1990 eingetragen worden. Gemäß § 7 Umwandlungs-VO sei die Umwandlung mit der Eintragung der GmbH in das Register wirksam geworden. Mit der Eintragung sei die GmbH Rechtsnachfolgerin des umgewandelten Betriebes geworden. Der vor der Umwandlung bestehende Betrieb sei damit erloschen. Die Umwandlung sei damit aufgrund DDR-Rechts erfolgt. Die am 12.07.1990 erfolgte Löschung des BMK-Kohle und Energie im Register der volkseigenen Wirtschaft habe nur noch deklaratorische Bedeutung gehabt. Ab dem 25.06.1990 sei der Kläger damit in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach dem GmbH-Gesetz beschäftigt gewesen. Gesellschaften mit beschränkter Haftung seien auch nicht den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen, denn in § 1 Abs. 2 der 2. DB, der eine abschließende Aufzählung der gleichgestellten Einrichtungen und Betriebe enthalte, seien sie nicht benannt. Durch den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.10.2005 sei die Rechtsprechung zur Stichtagsregelung bestätigt worden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.10.2005, Az: 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 B\ R 445/05, 1 BvR 1144/05). Der Stichtag 30.06.1990 sei damit nicht zu beanstanden, da er an den Tag des In-Kraft-Tretens des Verbots der Neueinbeziehung in die Versorgungssysteme der DDR und damit an einen in der geschriebenen Rechtsordnung verankerten Zeitpunkt anknüpfe (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.01.2006, Az: L 8 R 1444/05).

Auf die Zuordnung des VEB , Kombinatsbetrieb B als Konstruktionsbüro und/oder Forschungsinstitut als gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2 DB sei es daher letztlich nicht angekommen. Hiergegen richtet sich die Berufung. Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren, dass es sich bei dem VEB , Kombinatsbetrieb B um ein Konstruktionsbüro und/oder Forschungsinstitut und damit um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne der § 1 Abs. 2 der 2. DB gehandelt habe. Im Übrigen könne es für die Annahme eines (fiktiven) Anspruchs auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz nicht darauf ankommen, ob das anspruchsbegründende Beschäftigungsverhältnis mit einem volkseigenen Betrieb am 30. Juni 1990 noch bestanden habe. Die Bezugnahme auf die am 30.06.1990 bestehende Sachlage ergebe sich insbesondere nicht aus den für die Überführung der in Zusatzversorgungssystemen erworbenen Ansprüche in die Rentenversicherung erlassenen Rechtsvorschriften, es sei eher das Gegenteil der Fall. Gemäß § 2 Abs. 2 AAÜG seien nicht nur die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatzversorgungssystemen des Beitrittsgebiets erworbenen Ansprüche, sondern auch die erworbenen Anwartschaften in die Rentenversicherung überführt worden. Auch wenn es sich bei den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen einer Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz kraft Tätigkeit als Ingenieur in einem volkseigenen Betrieb um eine fiktive Zugehörigkeit zu diesem Versorgungssystem gehandelt habe, ändere dies nichts daran, dass sich aus dieser Zugehörigkeit, wenn man sie denn annehme, mit Notwendigkeit sowohl Ansprüche als auch Anwartschaften ergäben, die durch einen Wechsel zu einem anderen Betrieb nicht verloren gegangen sein könnten (§ 1 Abs. 1 AAÜG). Dabei entspreche es dem Wesen der Anwartschaft, dass sie durch die fortlaufende Tätigkeit fortlaufend erworben werde, sie könne daher nicht stichtagsbedingt gewährt oder abgeschnitten werden; mit anderen Worten, es bestehe ein Widerspruch zwischen der Annahme eines Anspruchs auf Aufnahme in das Versorgungssystem aufgrund der Tätigkeit bzw. Beschäftigung des Berechtigten in einem volkseigenen Betrieb und der Versagung dieses Anspruchs unter Bezugnahme auf den auf eine ganz andere Abgrenzung gerichteten Stichtag 30.06.1990. Aus dem Verbot, nach diesem Datum weitere Personen in Versorgungssysteme einzubeziehen, ergebe sich dies nicht, da es sich nach der Begründung der angeführten sowie weiteren Urteile des Bundessozialgerichts gerade nicht um eine Neuaufnahme, sondern um die Korrektur gleichheits- bzw. rechtsstaatswidriger Einschränkungen handele, die in der Regelung der individuellen Versorgungszusage als Anspruchs- bzw., Anwartschaftsvoraussetzung in den Rechtsvorschriften der DDR gesehen worden seien. Es möge sein, dass die Annahme eines Stichtages verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Der Fehler bestehe aber darin, dass dieser angenommene Stichtag sich aus den Rechtsvorschriften nicht ergebe, auch nicht durch Analogieschluss, und dass er denklogisch mit der entwickelten Anspruchsfiktion nicht in Übereinstimmung zu bringen sei. Das habe zur Konsequenz, dass die Umwandlung des Kombinatsbetriebs in die IGmbH vor dem 30.06.1990, die dem Kläger bei rückwirkender Betrachtung zustehenden Rechtspositionen nicht berühren könne. Zusätzlich sei insoweit zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um einen vom Kläger vorgenommenen Wechsel des Beschäftigungsbetriebes gehandelt habe, sondern um die Übernahme des Arbeitsverhältnisses kraft Rechtsnachfolge, die sich entsprechend der im 1. Halbjahr 1990 herrschenden wirtschaftspolitischen Tendenz auf der Grundlage von Rechtsvorschriften vollzogen habe. Es sei zutiefst unbillig, hieraus eine Benachteiligung der Angehörigen vor dem 1.07.1990 umgewandelter Betriebe gegenüber den Angehörigen solcher Betriebe abzuleiten, die mit Wirkung zum 1.07.1990 kraft Gesetzes zu Kapitalgesellschaften geworden seien.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 27. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 15.03.1985 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die Verwaltungsakten der Beklagten zur Versicherungsnummer haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger durch die angefochtenen Bescheide in seinen Rechten nicht verletzt ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die vom Bundessozialgericht in verfassungskonformer Auslegung entwickelte nachträgliche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem; denn die Voraussetzungen für eine solche nachträgliche Einbeziehung lagen am Stichtag 30. Juni 1990 nicht vor. Der Kläger war an diesem Stichtag Beschäftigter einer GmbH, die nach den abstrakt-generellen Regelungen des DDR-Rechts weder unter die Versorgungsordnung der AVItech fallen konnte noch als gleichgestellter Betrieb angesehen werden konnte.

Das Sozialgericht hat den Kläger ausführlich auf diese Rechtsprechung und die Folgerungen daraus hingewiesen, so dass der Senat um Wiederholungen zu vermeiden auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts verweisen und von einer weiteren Darstellung absehen kann (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, die Stichtagsregelung des BSG sei inkonsequent und nicht weitgehend genug, übersieht der Kläger, dass sich sein Anspruch einfachgesetzlich überhaupt nicht begründen lässt. Er hatte in der DDR keine Versorgungszusage erhalten und konnte daher eine solche auch dem Verbot des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG widersprechend nicht verlieren. Seiner Einbeziehung in das Versorgungssystem steht einfachgesetzlich das noch vom Gesetzgeber der DDR erlassene Neueinbeziehungsverbot des § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) der DDR (GBl I S. 495) zum 30. Juni 1990 entgegen.

Deshalb kommt es entgegen der Berufung darauf an, ob die durch das Bundessozialgericht gefundene Lösung, die die Stichtagsregelung enthält, und die eine nachträgliche Einbeziehung in die Versorgungssysteme trotz deren Schließung aus verfassungsrechtlichen Gründen zulässt, selbst mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, das BSG habe bei seiner Rechtsprechung zum fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem an das am 1. Juli 1990 in Kraft getretene, noch vom Gesetzgeber der DDR erlassene Neueinbeziehungsverbot des RAnglG § 22 Abs. 1 anknüpfen dürfen. Der an das In-Kraft-Treten des Neueinbeziehungsverbots anknüpfende Stichtag des 30. Juni 1990 sei im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Rechtseinheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die schließlich noch offene Frage, ob die IPRO-GmbH selbst als seinerzeitige Arbeitgeberin des Klägers als gleichgestellter Betrieb i. S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB angesehen werden könne, hat der Senat schon in seiner Entscheidung vom 23.11.2007 (L 1 R 1431/06) dahin gehend beantwortet, dass dies nicht der Fall ist (vgl. auch LSG Berlin- Brandenburg vom 13.08.2008, L 3 R 1502/06 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 7. September 2006 (SozR 4, 8750 § 1 Nr. 11). Zwar stellt § 1 Abs. 2 der 2. DB nur auf "Konstruktionsbüros" ab, nicht aber darauf, in welcher Rechtsform sie betrieben wurden. Daher schließt der Wortlaut nicht aus, dass auch ein in der Rechtsform einer GmbH geführter Betrieb ein gleichgestellter Betrieb sein könnte.

Der Senat hat hierzu jedoch weiter ausgeführt, dass nach dem Sprachverständnis der DDR zwischen Projektierung und Konstruktion und demzufolge zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros unterschieden wurde. Nach dem Sprachverständnis der DDR wurde (seit 1949 und damit auch noch) am Stichtag des 30. Juni 1990 entsprechend den unterschiedlichen Aufgabenbereichen zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros unterschieden.

Einer der Ausgangspunkte für die Feststellung des am 30. Juni 1990 maßgeblichen Sprachverständnisses der DDR sei der kurz vor Gründung der DDR ergangene "Beschluss über die Errichtung eines technischen Projektierungs- und Konstruktionsbüros der Energiewirtschaft" vom 29. Juni 1949 (ZVOBl 1949 Teil I Nr. 59 (S. 1)). Danach sei für die Aufgabenbereiche der Projektierung und Konstruktion zwar nur ein Büro errichtet, dennoch deutlich zwischen den beiden Funktionen unterschieden worden. Die Projektierungsaufgabe habe darin bestanden, in allen Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und Anlagen zu "bearbeiten", also die "Projektierung der Verteilung, der Erweiterungen und der Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge" vorzunehmen, dagegen habe die Konstruktion "die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und Anlagen" betroffen. Schon diese Ausführungen hätten verdeutlicht, dass Konstruktionsarbeiten Fragen der technischen Herstellung (Produktion) von Einzelteilen oder auch ganzer Anlagen und ihres betrieblichen Einsatzes (bzw. Einsetzbarkeit) zu beantworten gehabt hätten; Projektierung habe sich dagegen nicht mit der Lösung derartiger Probleme befasst, sondern sie vorausgesetzt, um ein technisches (Gesamt)Konzept zu erstellen, das die optimale Realisierung des Unternehmenszweckes gewährleistete; dies habe die Formulierung "Projektierung der Verteilungen, der Erweiterungen und der Neuanlagen" in jenem Beschluss gezeigt.

Diese im Vergleich zur Konstruktion "übergeordnete Funktion" der Projektierung spiegele sich auch in der Begriffsbestimmung der Projektierungsleistung in der "Verordnung über das Projektierungswesen Projektierungsverordnung " vom 20. November 1964 (GBl DDR Teil II Nr. 115, S. 909) wider. Danach hätten zu den Projektierungsleistungen u. a. die Ausarbeitung von Aufgabenstellungen, von Projekten, Teilprojekten und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen gehört. Entscheidend sei, dass auch die "Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens" vom 10. Dezember 1974 (GBl DDR 1975 Teil I Nr. 1 (S. 1)), die noch am 30. Juni 1990 gegolten habe, zwischen Konstruktion und Projektierung (vgl. Nr. 32 und 33 a. a. O.) unterschieden habe.

An dieses sich aus den genannten abstrakt-generellen Regelungen der DDR ergebende staatliche Sprachverständnis knüpften die Definitionen im "Ökonomischen Lexikon" der DDR (3. Aufl., 1979) an. Danach seien Gegenstand von Konstruktionsarbeiten die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses (siehe Stichwort: Konstruktionsbüro). Projektierungen im weiteren Sinn seien alle Leistungen, die von Projektierungseinrichtungen insbesondere für die Lösung von Investitionsaufgaben erbracht würden. Ihr Ergebnis seien Dokumentationen unterschiedlicher Art. Die Leistungen der Projektierung seien Bestandteil der materiellen Produktionssphäre der Volkswirtschaft. Sie umfassten im Wesentlichen die Mitwirkung an "grundfondswirtschaftlichen" Untersuchungen (Studien, Variantenuntersuchungen), Aufgabenstellungen für die Vorbereitung von Investitionen, die Ausarbeitung von Dokumentationen zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen, die Erarbeitung der Ausführungsprojekte, die Lösung von Aufgaben des "Planes Wissenschaft und Technik", die Vorbereitung von Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn seien unter Projektierungen die Ausarbeitung des Investitionsprojekts (Ausführungsobjekts) verstanden worden (siehe Stichwort: Projektierungseinrichtung). Beide Definitionen zeigten deutlich die abgegrenzten Funktionsbereiche auf. Dies zugrunde gelegt hat der Senat weiter ausgeführt, dass es sich bei der IPRO GmbH nach den in § 2 des Gesellschaftsvertrags genannten Unternehmensgegenständen (die Erstellung von und der Handel mit Planungs- und ingenieurtechnischen Leistungen sowie die Erbringung von Beratungsleistungen für Industrie- und Gesellschaftsbauten sowie Verkehrsanlagen) um einen Projektierungsbetrieb gehandelt habe. Das habe auch der 22. Senat des LSG Berlin- Brandenburg in seinem Beschluss vom 26. Januar 2006 - L 22 R 244/05, festgestellt. Schließlich bestätige auch die von der Klägerin eingereichte Festschrift (in diesem Verfahren ebenfalls eingereicht) dieses Selbstverständnis des Betriebes als Spezialprojektant für Kraftwerks- und Kernkraftwerksvorhaben. Das BSG (Urteil vom 7.09.2006, B 4 RA 39/05 R Rdnr. 27, zit. nach Juris) habe sich in diesem Zusammenhang die Frage gestellt, ob selbständige Konstruktionsbüros am Stichtag in der DDR überhaupt noch existiert hätten. Dagegen spreche die Auflistung in der "Systematik der Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik" (Ausgabe 1985); diese benenne zwar Projektierungsbetriebe (Nrn.: 6 300 0 und 6 331 0), jedoch keine Konstruktionsbüros. Daraus habe das BSG die Schlussfolgerung gezogen: "Sollten daher in der DDR Konstruktionsbüros ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr in Form selbstständiger Betriebe geführt worden sein, würde dies nicht dazu führen, dass an ihrer Stelle nach dem am 1. August 1991 gültigen Bundesrecht nunmehr Projektierungsbüros als am 30. Juni 1990 gleichgestellte Betriebe i. S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB einzusetzen wären; vielmehr wäre dann in Bezug auf Konstruktionsbüros die Gleichstellungsnorm bereits am 30. Juni 1990 objektiv gegenstandslos gewesen und insoweit schon deshalb kein Bundesrecht geworden."

Dies zugrunde gelegt, lagen am 30. Juni 1990 die betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gem. § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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