L 1 SF 11/09 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 312/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 11/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht Berlin (SG) in dem angegriffenen Beschluss den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. B zurückgewiesen.

Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Ein solcher Sachverhalt kann vorliegen, wenn ein Antragsteller – wie hier – den Ablehnungsgrund aus dem Verhalten des Gutachters bei der Untersuchung bzw. aus dem Inhalt des Gutachtens herleitet. Dann ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist von regelmäßig maximal einem Monat, zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Beschluss vom 14. Dezember 2005 – L 1 B 1051/05 SF – mit Bezug auf Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 118 Rdnr. 12m; vgl. auch OLG Koblenz in NJW-RR 1999, S. 72, 73; OLG Düsseldorf in NJW-RR 1998, S. 933, 934), jedenfalls innerhalb der Frist nach § 411 Abs. 4 ZPO. Eine noch weitergehende Ausdehnung der Frist nach § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO würde den Sinn der Vermeidung von Prozessverzögerungen unmöglich machen (so zutreffend OLG Köln, B. v. 19.08.2008 -4 W 10/08-).

Soweit der Kläger den Sachverständigen in seinem Ablehnungsgesuch vom 2. September 2008 (Eingangsdatum) für befangen hält, weil dieser bei der Untersuchung am 30. April 2008 gesagt haben soll, er könne zu dem Knirschen und Knacken des Knies nichts sagen, ist der Antrag demnach verspätet. Gleiches gilt, soweit er die Befangenheit zusätzlich aus den Äußerungen im Gutachten ableiten will. Der Antrag ist nicht binnen eines Monats nach Zugang des Gutachtens und auch nicht innerhalb der vom SG gesetzten Frist von sechs Wochen gestellt worden. Eine Heilung der Fristversäumnis ist nicht erfolgt. Dass das SG den Sachverständigen zur Stellungnahme aufgefordert hat, ist im Hinblick auf die Vorhalte unrichtiger Anamneseerhebung und fehlerhafter Würdigung des medizinischen Sachverhaltes sinnvoll gewesen und ist vom zusätzlichen Vorwurf möglicher Befangenheit zu trennen.

Im übrigen setzte der hier geltend gemachte Ablehnungsgrund der Besorgnis der Befangenheit voraus, dass hinreichende objektive Gründe vorlägen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gäben, eine Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Sachverständigen zu bezweifeln. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftiger Weise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus. Der Senat kann nicht erkennen, dass hier objektive Gründe für die Besorgnis der Befangenheit vorliegen. Die vorgebrachten Fehler und angeblich unrichtigen Rückschlüsse auf berühren lediglich die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens und seine Verwendbarkeit und deuten nicht auf eine Unvoreingenommenheit im vorliegenden Verfahren hin. Objektive Anhaltspunkte, aus welchen sich ergeben könnte, der Sachverständige habe sich unwiderruflich festgelegt, gibt es nicht. Selbst wenn die Feststellungen des Sachverständigen fehlerhaft sein sollten, ist ihnen nicht zu entnehmen, dass sie in parteilicher Absicht getroffen sein könnten. Unklarheiten, Widersprüche und neue Sachverhalte können und müssen gegebenenfalls vom Gericht vor seiner Entscheidung in der Sache durch eine Anhörung oder durch ein ergänzendes Gutachten geklärt werden, sofern sie für die konkret zur Beurteilung stehende Fragestellung überhaupt erheblich sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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