L 3 R 2321/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 RA 1929/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 2321/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt bei der Feststellung der Höhe ihrer Altersrente eine höhere Einstufung ihrer ab November 1955 ausgeübten Beschäftigung und zusätzlich die Berücksichtigung von Beiträgen, die sie in der ehemaligen DDR zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtet hat, im Wege des Zugunstenbescheides.

Die am 14.10.1929 geborene Klägerin, die im Dezember 1989 aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte, absolvierte in der früheren DDR ausweislich des vorgelegten Lehrvertrags zwischen dem 01.07.1946 und 30.06.1949 eine kaufmännische Ausbildung beim Kreishandwerksamt J. II. Im Anschluss daran war sie nach ihrem Versicherungsausweis und ihren Angaben bis 14.10.1949 weiter bei der Landeskreishandwerkerschaft beschäftigt. Ab 01.01.1950 war sie zunächst als Stenotypistin, ab 01.01.1951 als Kontokorrentbuchhalterin, ab März 1954 als Finanzbuchhalterin und vom 01.11.1955 bis 29.02.1968 als Bilanzbuchhalterin und nach der Bestätigung des ehemaligen Direktors der VEAB - G. auch als stellvertretende Hauptbuchhalterin mit Unterschriftsvollmacht für sämtliche Bankkonten beim VEAB für Pflanzliche Erzeugnisse in G. tätig. Von März 1968 bis Dezember 1969 arbeitete sie als Finanzbuchhalterin bei der VdgB Molkereigenossenschaft G., vom März 1970 bis Dezember 1970 als Buchhalterin beim VEB Fleischkombinat M., Tierkörperbeseitigungsanstalt G ... Zwischen Januar 1971 und Dezember 1973 war sie in diesem Betrieb als Finanzbuchhalterin und anschließend bis Dezember 1977 als Hauptbuchhalterin tätig. In der Zeit von Januar 1978 bis Mai 1978 arbeitete sie als Finanzbuchhalterin bei der VEB Hausschuhfabrik M. und ab Juni 1978 bis September 1989 als Hauptbuchhalterin bei der PGH der Bäcker und Konditoren in M ... Ab Oktober 1989 bezog die Klägerin Altersrente von der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik.

Zwischen 1972 und September 1989 entrichtete die Klägerin nach dem Rentenbescheid der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik über Leistungen aus der freiwilligen Zusatzrentenversicherung vom 08.06.1989 Beiträge zur FZR zwischen 1.100,- Mark und 12.750,- Mark jährlich.

Nach der Übersiedlung bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 21.02.1990 Altersruhegeld ab 04.12.1989. Hierbei ordnete sie die Beschäftigung der Klägerin zwischen dem 01.07.1949 und dem 13.10.1959 der Leistungsgruppe 4, vom 14.10.1959 bis 13.10.1974 der Leistungsgruppe 3 und ab 14.10.1974 der Leistungsgruppe 2 zu. Die zur FZR geleisteten Beiträge wurden nicht berücksichtigt.

Am 29.11.1996 beanstandete die Klägerin die Nichtberücksichtigung ihrer Zahlungen zur FZR und machte außerdem am 27.02.1997 für die Zeit ab 1951 eine höhere Leistungsgruppeneinstufung geltend. Zur Begründung hierfür führte sie aus, ihr tatsächlicher Verdienst zwischen 1951 und 1959 sei höher gewesen, als es die Leistungsgruppe 4 vorsehe. Zwischen 1960 und 1968 habe sie eine leitende Tätigkeit mit voller Verantwortlichkeit verrichtet. Die Einstufung in die Leistungsgruppe 3 werde dem nicht gerecht.

Mit Bescheid vom 18.03.1997 lehnte die Beklagte eine Änderung des bisherigen Rentenbescheides ab. Da die Klägerin vor dem 01.01.1937 geboren sei und ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 in der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet gehabt hätte, sei ihre Rente nach § 259a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu Recht aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz (FRG) ermittelt worden.

Mit Bescheid vom 26.03.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin ohne Änderung der bisherigen Leistungsgruppeneinstufung und ohne Berücksichtigung der FZR-Zahlungen Regelaltersrente ab 01.02.1997.

Am 30.06.2000 reklamierte die Klägerin unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens erneut die Leistungsgruppeneinstufung für die Zeit von November 1955 bis Februar 1968. Sie wies ergänzend darauf hin, dass sie ab November 1955 den Hauptbuchhalterbereich mit einem Kollegium von 22 Mitarbeiterin in der Buchhaltung und Abrechnungsgruppe einschließlich des gesamten Schriftverkehrs voll verantwortlich geführt und die monatlichen Bilanzen mit allen dazugehörigen Abrechnungsunterlagen persönlich im Bezirk abgegeben habe. Außerdem habe sie mit der Deutschen Notenbank in G. die Steuererklärungen abgerechnet, sei für die Abrechnung sämtlicher Investitionen zuständig gewesen und habe mit zwei weiteren Hauptbuchhaltern die monatliche Bezirksbilanz erstellt.

Mit Bescheid vom 07.08.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Bei Erlass des Bescheides vom 26.03.1997 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden.

Auf den Widerspruch der Klägerin kam es zu einer Teilabhilfe. Die Zeit vom 01.11.1955 bis 13.10.1959 wurde ebenfalls in die Leistungsgruppe 3 eingestuft. Als Folge wurde, nachdem unter dem 27.09.2000 und 19.10.2000 Probeberechnungen durchgeführt worden waren, mit Rentenbescheid 01.11.2000 zunächst die Altersrente der Klägerin ab 01.01.1996 nach Maßgabe zwischenzeitlich, seit der erstmaligen Rentenfestsstellung geänderter rentenrechtlicher Vorschriften und auf Grund einer Einstufung der ab 01.11.1955 ausgeübten Beschäftigung in die Leistungsgruppe 3 und schließlich mit Bescheid vom 02.11.2000 die Regelaltersrente bei gleichbleibendem Zahlbetrag in Höhe von 2.186,77 DM (1.118,08 EUR) ab 01.02.1997 neu festgestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2001 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin, soweit ihm nicht durch Bescheid vom 01.11.2000 abgeholfen worden sei, zurück. Die eingesandten Unterlagen würden die Einstufung in die Leistungsgruppe 4 für die Zeit vom 01.01. bis 31.10.1955 und in die Leistungsgruppe 3 für die Zeit vom 14.10.1959 bis 31.12.1968 bestätigen.

Im März 2001 wandte sich die Klägerin unter anderem wegen einer Höhergruppierung erneut an die Beklagte. Sie sei bis 1968 in einem großen und umfangreichen Betrieb mit 120 Beschäftigten tätig gewesen und habe einmal monatlich im Bezirk die Hauptbuchhaltertagung-Weiterbildung und einmal im Jahr eine achttätige Spezialschulung aller Hauptbuchhalter, die vom Bezirk und Berlin geführt worden sei, besucht. Ab 1955 habe sie Prokura gehabt. Deshalb müsse die Zeit vom 14.10.1959 bis zum 29.02.1968 in die Leistungsgruppe 2 eingestuft werden. Sie legte ein Zwischenzeugnis des Volkseigenen Erfassungs- und Aufkauf-Betriebs für Landwirtschaftliche Erzeugnisse G. vom 19.12.1959 vor, wonach sie anfänglich als Kontokorrent-Buchhalterin, dann mit der Buchung der Finanzkonten, ab Anfang Februar 1954 als Finanzbuchhalterin und ab November 1955 als Bilanzbuchhalterin tätig war. Ab 15.12.1955 habe sie auch als stellvertretende Hauptbuchhalterin fungiert und ab 01.11.1955 Unterschriftsvollmacht für sämtliche Bankkonten des Betriebs erhalten. Mit Schreiben vom 12.11.2001 beanstandete die Klägerin außerdem noch einmal die Nichtanerkennung ihrer Beiträge zur FZR.

Mit Schreiben vom 03.04.2001, 25.05.2001 und 23.04.2002 erläuterte die Beklagte die der Klägerin zuerkannte Rente.

Am 22.07.2002 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), mit der sie die Anerkennung der Beiträge zur FZR und eine Höhereingruppierung begehrte (S 7 RA 1356/02). Sie legte eine bisher nicht bekannte Beurteilung der PGH der Bäcker und Konditoren "Altstadt" vom 30.09.1989 vor, wonach sie seit 01.06.1978 in der Genossenschaft als Hauptbuchhalter tätig war und die Abrechnung, Bilanzen, Meldungen und das Rechnungswesen gegenüber 100 Mitgliedern abgesichert habe und Prokura für sämtliche Bankkonten gehabt habe. Das Verfahren wurde am 12.03.2003 durch einen Vergleich beendet. Die Beklagte verpflichtete sich, die Leistungsgruppeneinstufung und die Frage der FZR nochmals zu überprüfen und einen Bescheid gemäß § 44 SGB X zu erlassen.

Bereits mit Rentenbescheid vom 23.08.2002 hatte die Beklagte die bisherige Regelaltersrente der Klägerin ab 01.01.1998 wegen Änderung der Beitragszeiten vom 01.01.1947 bis 14.10.1949 und vom 01.01.1950 bis 31.12.1950 neu festgestellt.

In Ausführung des Vergleichs lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.04.2003 die Änderung der Rentenbescheide vom 26.03.1997 und vom 23.08.2002 hinsichtlich der Anerkennung der Beiträge zur FZR und der Leistungsgruppeneinstufung ab. Bei diesen Bescheiden sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Die vorliegenden und vorgelegten Unterlagen und erneut dargelegten Sachverhalte würden die Einstufung in die bisherigen Leistungsgruppen bestätigen und seien nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung zu treffen. Bei der Rentenberechnung seien alle nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beitrags-, Ersatz- und Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Die Berechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften.

Den Widerspruch der Klägerin, den sie insbesondere mit dem Hinweis auf ihre besonderen beruflichen Begabungen und die sich hieraus ergebende Leistungsgruppeneinstufung und dem Vorbringen, dass die Aberkennung von Beiträgen zur FZR einer Enteignung gleichkomme, begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2003 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.09.2003 erneut Klage zum SG erhoben. Hilfsweise hat sie nunmehr im Hinblick auf die Beiträge zur FZR die volle Rückzahlung der von ihr eingezahlten Beiträge in Höhe von rund 15.000,- DM zuzüglich der von den Betrieben für sie entrichteten Versicherungsbeiträge in Höhe von weiteren 15.000,- DM, d.h. insgesamt 30.000,- DM gefordert. Sie hat noch eine Bescheinigung des Volkseigenen Erfassungs- und Aufkaufbetriebs G. vom 15.01.1955 vorgelegt, wonach sie im Jahr 1954 an der Fachschulung der Mitarbeiter der Abteilung Erfassung und Aufkauf der Räte der Kreise und VEAB mit gutem Erfolg teilgenommen hat.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.06.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Einstufung in die Leistungsgruppe 2 ab November 1955 und unter Berücksichtigung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Auch ein Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung sei nicht gegeben. Die Einstufung sei auf der Grundlage der in der Anlage 1 zum FRG genannten Beispiele erfolgt. Auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin zu ihrer beruflichen Tätigkeit und der von ihr vorgelegten Unterlagen könne eine Einstufung in die Leistungsgruppe 2 vor dem 14.10.1974 nicht erfolgen. Daraus folge nicht, dass die Leistungsgruppe 2 bereits vor Vollendung des 45. Lebensjahres zuzuerkennen wäre. Auch wenn es sich bereits vorher um eine verantwortungsvolle Tätigkeit gehandelt haben solle, müsse berücksichtigt werden, dass nach den in der Anlage 1 zum FRG genannten Beispielfällen Bilanz- und Lohnbuchhalter grundsätzlich erst nach Vollendung des 45. Lebensjahres in die Leistungsgruppe 2 einzustufen seien. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Berücksichtigung der zur FZR gezahlten Beiträge. Die Rentenberechnung der Klägerin habe nach § 259a SGB VI aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG zu erfolgen. FZR-Beiträge seien danach nicht zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf Rückzahlung der zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlten Beiträge sei gesetzlich nicht vorgesehen.

Hiergegen richtet sich die am 15.06.2004 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie weist ergänzend darauf hin, dass ihr gesonderter früherer Rentenbescheid über Leistungen aus der freiwilligen Zusatzrentenversicherung vom 08.06.1989 bisher total unberücksichtigt geblieben sei. Unter Entbehrungen habe sie die Beiträge zur FZR abgeführt.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 01. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheids vom 24. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2003 zu verurteilen, die Bescheide vom 26. März 1997, 01. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2001, 02. November 2000 und 23. August 2002 abzuändern und ihr eine höhere Altersrente unter Einstufung in die Leistungsgruppe 2 ab November 1955 und unter Berücksichtigung der zwischen 1972 und September 1989 entrichteten Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihr die zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten beider Instanzen einschließlich Vorakten verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Rentenleistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Rücknahme der früheren Rentenbescheide verneint. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung einer Altersrente unter Berücksichtigung einer Einstufung ihrer Beschäftigung in die Leistungsgruppe 2 ab November 1955 und von Beitragszahlungen zur FZR. Auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der zur FZR entrichteten Beiträge besteht nicht.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend den maßgeblichen Inhalt der Leistungsgruppen 2 und 3 und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Beiträgen zur FZR wiedergegeben; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend wird auf die im Widerspruchsbescheid vom 18.09.2003 dargestellten weiteren Voraussetzungen für die Einstufung in die Leistungsgruppe 3 und 4 sowie die Leistungsgruppe 1 verwiesen. Darüber hinaus wird im Einzelnen nocheinmal dargelegt, dass gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird ( § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend ausgeführt, dass und warum die Klägerin ab November 1955 keine Einstufung in die Leistungsgruppe 2 verlangen kann und dass die Berücksichtigung von Beiträgen zur FZR nicht in Betracht kommt, so dass auch eine Rücknahme des Bescheids vom 24.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2003 ausgeschlossen ist, da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist.

Ergänzend wird nocheinmal darauf hingewiesen, dass eine Einstufung der von der Klägerin ab November 1955 ausgeübten buchhalterischen Tätigkeit in die Leistungsgruppe 2 nicht in Betracht kommt. Es wird insoweit nicht bezweifelt, dass die Klägerin eine verantwortungsvolle und auch anspruchsvolle Tätigkeit verrichtet hat und einem Kollegium von 22 Mitarbeitern vorstand. Dies ist für die Einstufung in die Leistungsgruppen jedoch nicht das maßgebliche Kriterium. Es geht bei der Einstufung nicht um die Anerkennung der beruflichen Leistung. Mit der vom FRG vorgesehen Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zu den Leistungsgruppen wird anhand einer hierarchischen Ordnung in Leistungsgruppen eine sinnvolle, dem gesamten Berufsverlauf entsprechende Zuordnung vorgenommen. Dabei kommt dem zeitlichen Ausmaß der beruflichen Tätigkeit und dem Erwerb beruflicher Erfahrungen maßgebliche Bedeutung zu und nicht - was aber die Klägerin in den Vordergrund stellt - der Verantwortung und der Anzahl der Untergebenen. Dementsprechend wird ein Angestellter für die Tätigkeit unmittelbar im Anschluss an seine Ausbildung nur in Leistungsgruppe 4 eingestuft. Dies gilt auch dann, wenn seine Tätigkeit nicht einfach war. Eine Einstufung in die Leistungsgruppe 3 erfordert - wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 18.09.2003 ausgeführt hat - "mehrjährige Berufserfahrung", "besondere Fachkenntnisse oder Fähigkeiten" oder die Ausübung einer "Spezialtätigkeit". Erst mit deren Erwerb ist eine höhere Einstufung als in Leistungsgruppe 4 möglich. Für die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 bedarf es unter anderem auch "besonderer Erfahrungen". Eine "mehrjährige Berufserfahrung" setzt in aller Regel eine rund zehnjährige praktische Tätigkeit nach Abschluss der üblichen Lehrzeit oder Fachschulausbildung voraus. "Besondere Erfahrungen", die über die mehrjährige Berufserfahrung hinausgehen, können auch nur durch Ausübung der Berufstätigkeit erworben werden. Sie liegen erst nach rund 20- bis 25- jähriger Berufsausübung vor.

Dementsprechend hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin vom 01.07.1949 bis 31.10.1955 zu Recht der Leistungsgruppe 4, vom 01.11.1955 bis 13.10.1974 der Leistungsgruppe 3 und ab 14.10.1974 der Leistungsgruppe 2 zugeordnet. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Klägerin zwischen dem 01.07.1946 und 30.06.1949 zunächst eine kaufmännische Ausbildung absolviert hat und im Anschluss daran ab 01.01.1950 als Stenotypistin tätig war. Erst am 01.01.1951 nahm sie eine Tätigkeit als Kontokurrentbuchhalterin, ab März 1954 als Finanzbuchhalterin und ab November 1955 als Bilanzbuchhalterin auf. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin im Jahr 1949 bei Aufnahme der Tätigkeit mit Ausnahme der Ausbildung noch über keine Berufserfahrung verfügte und erst 18 Jahre alt war, hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin ab 01.07.1949 bis zum 31.10.1955, dem Monat, in dem die Klägerin 26 Jahre alt wurde, zu Recht der Leistungsgruppe 4 und im Anschluss daran bis zu ihrem 45. Lebensjahr in die Leistungsgruppe 3 eingestuft. Vor dem 14.10.1974 und damit vor dem 45. Lebensjahr, verfügte sie noch nicht über die für die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 erforderlichen "besonderen Erfahrungen". Erst ab diesem Zeitpunkt hat sie die Buchhaltertätigkeit, die sie zwischen 1951 und Oktober 1955 zunächst nur in Teilbereichen verrichtete, insgesamt 23 Jahre ausgeübt. Ab diesem Zeitpunkt ist damit eine Einstufung in die Leistungsgruppe 2 gerechtfertigt. Für die Zeit davor fehlt es an der "besonderen Erfahrung", die nur durch Ausübung der Berufstätigkeit erworben werden kann und in der Regel erst nach 20- bis 25- jähriger Berufsausübung vorliegt. Dies steht auch damit im Einklang, dass die Leistungsgruppe 2 nach der Anlage 1 zum FRG grundsätzlich erst für über 45- jährige vorgesehen ist.

Auch die entrichteten Beiträge der Klägerin zur FZR hat die Beklagte zu Recht nicht als Beitragszeit anerkannt. Wie das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29.07.1997 - 4 RA 56/95 -, in Juris) zu Recht ausgeführt hat, bestimmt sich die Höhe der der Rentenberechnung der Klägerin zu Grunde zu legenden Entgeltpunkte, nachdem die Klägerin vor dem 01.01.1937 geboren und ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatte, ausschließlich nach § 259a SGB VI. Danach werden Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt. Nach dem FRG ist maßgeblich für die Anerkennung von Beitragszeiten, dass eine Berufstätigkeit im Beitrittsgebiet ausgeübt worden ist, aufgrund derer Beiträge zur Sozialpflichtversicherung gezahlt worden sind. Die Höhe der tatsächlich erzielten und in der Sozialpflicht bzw. für Zeiten ab dem 01.03.1971 in der FZR versicherten Arbeitsverdienste ist nicht relevant. Beiträge zur FZR sind im Rahmen der Bewertung von Zeiten nach dem FRG deshalb nicht zu berücksichtigen. Entscheidend sind allein die in den Anlagen 1 bis 16 FRG genannten fiktiven westdeutschen Arbeitsentgelte, die bei der Klägerin in nicht zu beanstandender Weise zugrunde gelegt wurden. Dass die Klägerin hierdurch benachteiligt sein könnte, ist - bezugnehmend auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29.07.1997 - nicht erkennbar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Eine Personengruppe, die der Gesetzgeber anders behandelt hat, ist nicht vorhanden. Er hat insbesondere keiner Personengruppe eine Doppelversorgung der Gestalt zugesagt, dass sowohl eine Versorgung nach dem FRG als auch - für denselben Zeitraum - eine weitere unter Berücksichtigung von FZR-Beiträgen bzw. von Beitragszeiten des jeweiligen Herkunftslandes in Betracht kommt. Es ist auch nicht erkennbar, dass für den Fall, dass § 259a SGB VI nicht anwendbar ist, ein unter Berücksichtigung von §§ 6 und 7 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaftszeiten aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (AAÜG) zugrunde zu legender "ostdeutscher" Verdienst - jedenfalls bis zur Beitragsbemessungsgrenze - pauschalierend und typisierend betrachtet zu Rentenleistungen führt, die höher sind als diejenigen, die sich nach den Tabellenwerten des FRG bestimmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29.04.1997 a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Klägerin mit Bescheid der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik eine Rente aufgrund der von ihr erbrachten Beiträge zur FZR gewährt wurde. Eine Bindung des deutschen Rentenversicherungsträgers an diesen Rentenbescheid der Deutschen Demokratischen Republik besteht nicht. Die Berechnung der der Klägerin nach Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland zustehenden Rente bestimmt sich allein nach bundesdeutschem Recht.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die von ihr hilfsweise geltend gemachten Rückzahlung der zur FZR gezahlten Beiträge. Eine Erstattung dieser Beiträge ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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