Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3970/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3201/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2007 und der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 aufgehoben.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Rentenbescheides wegen Anrechnung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Rückforderung von Rente.
Die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (Beklagte) bewilligte dem Kläger, der ab 15. Juli 1998 arbeitsunfähig war, mit Bescheid vom 21. Januar 1999 rückwirkend ab 28. Oktober 1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 1.247,41 DM. Unter "Mitteilungspflichten" wies sie darauf hin, dass die Rente wegen Berufsunfähigkeit bei Aufnahme bzw. Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit nicht oder in verminderter Höhe geleistet werde, sofern die für diese Rente maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Diese betrage in den alten Bundesländern 3.064,99 DM, wobei sich dieser Betrag um den Prozentsatz verändere, um den sich der jeweilige aktuelle Rentenwert infolge einer Rentenanpassung ändere, weswegen die gesetzliche Verpflichtung bestehe, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Ferner bestehe die gesetzliche Verpflichtung, der Rentenversicherung den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung der Gewährung u. a. von Alg unverzüglich mitzuteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Rentenbescheid verwiesen.
Vom 20. August 1998 bis zum 6. Januar 2000 hatte der Kläger Krankengeld bezogen. Vom 7. Januar 2000 bis 30. September 2001 bezog der Kläger Alg, vom 1. Oktober bis 2. Dezember 2001 Krankengeld, vom 3. Dezember 2001 bis 20. Februar 2002 Alg, vom 21. Februar 2002 bis 4. Februar 2003 Krankengeld, vom 5. Februar bis 18. August 2003 Alg, vom 19. August 2003 bis 3. Januar 2005 Krankengeld, vom 4. Januar 2005 bis 22. Januar 2006 Alg, vom 23. Januar bis 17. Juli 2006 Krankengeld, vom 18. Juli bis 8. August 2006 Übergangsgeld und ab 9. August 2006 Alg. Mit Bescheid vom 3. November 2006 hat die Beklagte dem Kläger ab 1. November 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt.
Am 18. Februar 1999 teilte die Krankenkasse der Beklagten mit, der Kläger habe bis 12. Januar 1999 Krankengeld bezogen. Das Arbeitsamt (AA), jetzt Bundesagentur für Arbeit (BA) teilte am 22. Dezember 1999 mit, der Kläger habe nach Ende des Krankengeldbezuges ab 7. Januar 2000 Alg beantragt. In der Beklagtenakte war auf der Rückseite dieser Mitteilung vermerkt, das Alg sei nicht auf die Rente anzurechnen. Die Beklagte teilte dem AA am 11. Januar 2000 mit, ein Erstattungsanspruch werde nicht geltend gemacht, weil der Rentenanspruch im Falle der Bewilligung von Alg nicht ruhe.
Am 19. Februar 2002 beantragte der Kläger einen Versicherungsverlauf bzw. eine aktuelle Rentenauskunft. Einem anlässlich dieses Antrags am 22. Februar 2002 erstellten Kontospiegel sind Beitragszahlungen wegen Krankengeldbezugs (84) und wegen Arbeitslosengeldbezugs (95) bis 31. Dezember 2001 zu entnehmen. Zu einem weiteren Antrag auf Rentenauskunft vom 20. Oktober 2003 teilte der Kläger mit, er beziehe zurzeit noch Alg, vermutlich bis Februar 2004.
Unter dem 26. August 2003 wurde eine "Zentrale Warnungsprüfung" aktenkundig, wonach beim Kläger für die Zeit vom 7. Januar 2000 bis 31. Dezember 2000 und vom 5. Februar 2003 bis zum 18. August 2003 Daten wegen Arbeitslosengeldbezug gespeichert seien. Die von der Beklagten durchgeführte Prüfung am 6./24./30. Oktober 2003 ergab, dass bei dem beschäftigungslosen Kläger, der Arbeitslosengeld beziehe, weiterhin gemäß § 313 a SGB VI keine Anrechnung stattfinde, weil der Rentenbescheid vor dem 1. Januar 1999 ergangen sei und der Kläger vor dem 1. Januar 2001 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt habe.
Im Zusammenhang mit einer "Zentralen Warnungsprüfung" vom 5. Januar 2006 findet sich auf einem Ausdruck einer gemeinsamen Arbeitsanweisung der LVA Baden-Württemberg, geändert am 30. November 2004 (wesentlicher Inhalt: nach einer vor dem 1. Januar 2001 begonnenen Arbeitslosigkeit, die später durch Arbeitsunfähigkeit unterbrochen werde, entstehe nach Ende der Arbeitsunfähigkeit ein neuer Anspruch auf Alg mit der Folge, dass für das erneute Zusammentreffen dieses Alg und der Rente wegen Berufsunfähigkeit die Anrechnungsvorschrift des § 313a Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 313 Abs. 1 SGB VI maßgeblich sei) eine Notiz vom 12. Januar 2006, nach der eine nochmalige Überprüfung des Zeitraums bis 2003 nicht erfolge, da die rechtliche Klarstellung in den gemeinsamen Arbeitsanweisungen erst am 30. November 2004 erfolgt und dies am 6. Oktober 2003 noch nicht bekannt gewesen sei.
Unter dem 30. Januar 2006 teilte das AA der Beklagten die Höhe des ab 4. Januar 2005 gewährten Alg mit. Eine Neuberechnung vom 2. Februar 2006 für die Zeit ab 1. Januar 2005 ergab dann unter Berücksichtigung des mitgeteilten, ab 4. Januar 2005 geleisteten Alg bzw. des diesem zu Grunde liegenden Bemessungsentgelts einen die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Betrag.
Auf entsprechende Hinweise und Anhörung vom 7. Februar 2006 machte der Kläger geltend, er habe bei der Antragstellung beim AA den Rentenbescheid vorgelegt, worauf man ihm mitgeteilt habe, die Rente werde auf das Alg angerechnet bzw. man werde sich mit der Beklagten diesbezüglich in Verbindung setzen. Er sei davon ausgegangen, es sei alles in Ordnung. Ferner habe das AA die Beklagte bereits im Dezember 1999 über die Gewährung von Alg informiert. Zur Zeit der Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente habe er noch Krankengeld bezogen. Ab 7. Januar 2000 habe er dann Leistungen vom zuständigen AA mit einer Bewilligungszeit von 960 Tagen erhalten. Hiervon habe die Beklagte Kenntnis erlangt. Während des Bezugs von Alg sei er mehrere Male krank gewesen, mit Krankengeldbezug von der Krankenkasse. Es gälten immer noch die gesetzlichen Regelungen aus der Bewilligung und der §§ 95 und 313a SGB VI. Erst mit dem "Verbrauch" des im Jahr 1998 entstandenen Rechtsanspruches auf Alg könnten die geänderten Rechtsauffassungen bei laufenden Ansprüche wirksam werden.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 hob die Beklagte den Rentenbescheid vom 21. Januar 1999 zum 1. Januar 2005 auf und entschied ferner, die vom 1. Januar 2005 bis 28. Februar 2006 geleisteten Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 9.365,19 EUR seien zu erstatten. Nach Ende der Arbeitsunfähigkeit am 2. Dezember 2001 sei am 3. Dezember 2001 ein neuer Anspruch auf Alg entstanden, mit der Folge, dass durch das erneute Zusammentreffen von Alg mit Rente die Anrechnungsvorschrift zur Anwendung komme. Soweit vorgebracht werde, eine Anrechnung nach den neuen Vorschriften sei erst zulässig, wenn der bis zum 6. Januar 2000 entstandener Anspruch auf Alg aufgebraucht sei, sei dies unzutreffend. Von einer Anrechnung der bis 31. Dezember 2004 gezahlten Sozialleistungen werde aus Vertrauensschutzgründen im Ermessenswege abgesehen, da der Vorgang trotz mehrmaliger Vorlage der Akte im Geschäftsgang nicht erkannt worden sei. Die Rente sei jedoch ab dem 1. Januar 2005 nicht mehr zu leisten. Die Überzahlung bis 28. Februar 2006 sei zu erstatten. Wegen der Einzelheiten und der Berechnung der Hinzuverdienstgrenze wird auf den Bescheid vom 8. Mai 2006 verwiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 23. Mai 2006 Widerspruch und machte geltend, ein Verschulden von seiner Seite liege nicht vor. Ferner sei ihm auch über den 1. Januar 2005 hinaus Vertrauensschutz zuzubilligen, weil er im Vertrauen auf seine Einkünfte am 5. April 2005 einen Kredit in Höhe von 10.000,00 EUR zur Durchführung dringend notwendiger Arbeiten an seinem Haus aufgenommen habe.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 zurück. Die Rente sei nur zu leisten, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Hinzuverdienstgrenze eingehalten werde. Diese sei auch dann zu beachten, wenn anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen wie Krankengeld oder Alg bestehe, wobei für die Höhe des Hinzuverdienstes nicht der Zahlbetrag der Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend sei (§ 96a Abs. 3 SGB VI). Die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze belaufe sich ab 1. Januar 2005 im Falle des Klägers auf 2.801,27 EUR. Ab 4. Januar 2005 habe der Kläger Alg auf Grund einer Bemessungsgrundlage in Höhe von kalendertäglich 100,90 EUR erhalten, was für den Teilmonat Januar 2005 2.825,20 EUR entspreche. Damit sei die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Januar 2005 nicht mehr zu leisten. Nach Erlass des Rentenbescheides sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Den wechselnden Bezug von Krankengeld und Alg habe der Kläger zu keiner Zeit mitgeteilt, obwohl er auf Grund der Auflagen und Vorbehalte im Bescheid vom 21. Januar 1999 habe wissen müssen, dass das Überschreiten der zulässigen Hinzuverdienstgrenze zur Rentenminderung führe. Ferner habe der Bescheid den Hinweis enthalten, der Bezug oder die Veränderung von Sozialleistungen, u.a. Alg, sei unverzüglich mitzuteilen. Nach Beendigung des jeweiligen Krankengeldbezuges habe der Kläger den erneuten Bezug von Alg jeweils nicht gemeldet, sei also seiner Meldepflicht nicht nachgekommen. Der Rentenbescheid sei daher gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 96a SGB VI für die Zeit ab 1. Januar 2005 zurückzunehmen gewesen. Von einer Anrechnung bis 31. Dezember 2004 gezahlter Sozialleistungen werde aus Vertrauensschutzgründen im Wege des Ermessens abgesehen, da bei mehrmaliger Vorlage der Akten im Geschäftsgang bis Oktober 2003 der Sachverhalt nicht erkannt worden sei. Die Überzahlung sei zu erstatten.
Deswegen hat der Kläger am 18. August 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat im Wesentlichen vorgetragen, jedes Mal, wenn er bei anderen Sozialversicherungsträgern Alg oder Krankengeld beantragt habe, habe er dort den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente angegeben. Die zuständigen Stellen seien gehalten gewesen, ihn aufzuklären und zu beraten. Er habe sich insoweit rechtmäßig verhalten. Soweit ihm von Seiten der Beklagten vorgehalten werde, er habe den wechselnden Bezug von Krankengeld und Alg zu keiner Zeit mitgeteilt und auf Hinweise im Rentenbewilligungsbescheid verwiesen werde, sei dies ungerechtfertigt. Erst mit dem Rentenreformgesetz 1999 (RRG) habe es gestaffelte Hinzuverdienstgrenzen gegeben. Die formularmäßigen Hinweise auf eine Meldepflicht von Hinzuverdiensten habe deshalb für ihn weder eine Warnfunktion gehabt, noch die objektive Pflicht zur Meldung des Bezugs von Alg ausgelöst. Ferner habe er auf die Rechtmäßigkeit der Leistung vertraut und einen Kredit für Baumaßnahmen aufgenommen, die er ohne die finanzielle Sicherheit der Rente nicht durchgeführt hätte. Auch stehe der Rücknahme die Kenntnis des Bezugs von Alg auf Seiten der Beklagten entgegen. Gutgläubigen stehe nach Bewilligung von Sozialleistungen nach Ablauf von zwei Jahren Schutz vor der Rücknahme des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit und Zukunft zu. Die Beklagte habe den Bescheid nicht binnen eines Jahres nach Kenntnis des Bezugs von Alg zurückgenommen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger habe seiner Mitteilungspflicht nicht Genüge getan. Die Mitteilungspflicht bestehe gegenüber dem Rentenversicherungsträger, was auch dem Rentenbescheid zu entnehmen gewesen sei. Ihr Nichterkennen entsprechender Sachverhalte in den Jahren 2002 und 2003 sei dadurch berücksichtigt, dass die Rückforderung erst ab dem erneuten Bezug vom Alg im Januar 2005 erfolgt sei. Im Übrigen bestehe die Mitteilungspflicht des Leistungsempfängers auch dann, wenn sie die Tatsachen hätte erkennen müssen. Ein atypischer Fall liege insofern auch nicht vor. Zusätzliche subjektive Momente seien darüber hinaus in Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X unerheblich. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X seien erfüllt, da der Bezug von Alg ab dem 4. Januar 2005 erst mit dem Kontospiegel vom 5. Januar 2006 übermittelt worden sei und die Aufhebung für die Zeit ab 1. Januar 2005 innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der entsprechenden Tatsachen erfolgt sei.
Das SG hat die Verwaltungsakten des AA bzw. der BA beigezogen und deren schriftliche Auskunft zum Anspruch des Klägers auf Alg eingeholt. Sie hat am 30. März 2007 mitgeteilt, der Kläger habe wegen seines Bezugs von Krankengeld vom 1. Oktober bis 2. Dezember 2001 sowie 2. Februar 2002 bis 4. Februar 2003 am 5. Februar 2003 einen neuen Anspruch auf Alg für 180 Tage erworben, der zusammen mit dem nicht verbrauchten Restanspruch von 247 Tagen, der auf seinem ursprünglichen Arbeitslosengeldanspruch vom 7. Januar 2000 beruht habe, einen Gesamtanspruch von 427 Tagen umfasst habe.
Mit Urteil vom 9. Mai 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei befugt gewesen, den Rentenbescheid rückwirkend ab 1. Januar 2005 aufzuheben. Durch den Bezug von Krankengeld habe der Kläger innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist bis zum 5. Februar 2003 einen neuen vollwertigen Anspruch auf Alg erworben. Der bis dahin bestehende alte Anspruch sei erloschen und auf den neuen Anspruch aufgeschlagen worden. Damit handle es sich ab 5. Februar 2003 insgesamt um einen neuen Anspruch auf Alg, der nun nach dem 31. Dezember 2000 entstanden sei. Damit habe sich der Kläger ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf die ihm günstigen Anrechnungsvorschriften und Übergangsregelungen berufen können und sei das Arbeitslosengeld ab diesem Zeitpunkt mit dem seiner Berechnung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelt anzurechnen. Das sich daraus ergebende Arbeitseinkommen habe die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überschritten, weswegen die Rente wegen Berufsunfähigkeit unter Anrechnung des Alg-Bezuges nicht mehr zu leisten gewesen sei. Damit sei eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Soweit die Beklagte den Rentenbescheid mit Rückwirkung ab 1. Januar 2005 aufgehoben habe, liege kein Ermessensfehlgebrauch vor. Bei der maßgeblichen Vorschrift handle es sich um eine Soll-Verpflichtung für eine Aufhebung mit Rückwirkung, wobei die Behörde nur in Ausnahmefällen aus besonderen Gründen von einer rückwirkenden Aufhebung des Dauerverwaltungsaktes überhaupt absehen könne. Wenn nun die Beklagte den Rentenbescheid lediglich ab 1. Januar 2005 aufgehoben habe, sei dies für den Kläger günstig und habe sie ihr Ermessen jedenfalls sachgerecht ausgeübt. Berücksichtigt habe sie auch, dass ihr der Bezug von anrechnungspflichtigem Arbeitslosengeld schon seit 2002 oder 2003 hätte auffallen können. Der Kläger könne nicht verlangen, auch noch über den 1. Januar 2005 hinaus Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten, obwohl sie ihm nicht mehr zugestanden habe. Es seien keine Gründe ersichtlich, die eine Ausnahme von der Soll-Verpflichtung nach der relevanten Norm gebieten würden. Soweit der Kläger geltend mache, er sei über die Meldepflicht nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden, sei dies ohnehin nur im Rahmen des Ermessens berücksichtigungsfähig, weil § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Fehlverhalten des Versicherten abstelle. Der Kläger sei auf Grund der Hinweise im Rentenbescheid über die Mitteilungspflichten auch ausreichend unterrichtet worden. Im Übrigen könne auch die Tatsache, dass der Kläger einen Kredit für Umbaumaßnahmen aufgenommen habe, nicht die Abweichung von der Soll-Verpflichtung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründen. Ferner sei der Kläger auch zur Rückerstattung der überzahlten Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 9. Mai 2007 verwiesen.
Gegen das am 8. Juni 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Juni 2007 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den Rentenbescheid rückwirkend zurückzunehmen. Gutgläubige, denen wiederkehrende Sozialleistungen bewilligt worden seien, würden nach Ablauf von zwei Jahren Schutz vor der Rücknahme des Verwaltungsaktes für Vergangenheit und Zukunft genießen. Er habe sich immer richtig verhalten, insbesondere bei Beantragung von Leistungen die von der Beklagten gewährte Rente angegeben. Versäumnisse von Sozialleistungsträgern gingen nicht mit ihm heim. Der Einwand, er habe trotz der Hinweise im Rentenbescheid den Bezug von Krankengeld und Alg nicht mitgeteilt, greife nicht durch. Erst mit dem RRG habe es gestaffelte Hinzuverdienstgrenzen gegeben, weswegen die Hinweise auf Meldepflichten zu Hinzuverdienstgrenzen keine Warnfunktion erfüllt hätten und eine objektive Pflicht zur Meldung nicht bestanden habe. Fraglich sei auch, inwieweit er sich diese Auflage Jahre später noch habe vergegenwärtigen müssen. Im Vertrauen auf die Weiterzahlung der Rente habe er Vermögensdispositionen getroffen und einen Kredit aufgenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag vor dem SG und die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Der Senat hat die Akten der Bundesagentur für Arbeit beigezogen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 konnten keinen Bestand haben, weil die Beklagte bei der Aufhebung des Rentenbescheids vom 21. Januar 1999 mit Wirkung vom 1. Januar 2005 und der Rückforderung der vom 1. Januar 2005 bis 28. Februar 2006 geleisteten Rentenzahlungen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ihr Ermessen daher in rechtswidriger Weise nicht - ausreichend - betätigt hat. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse u. a. aufgehoben werden, sofern der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der aus dem Verwaltungsakt sich ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedeutet das Wort "soll" in Abs. 1 Satz 2 des § 48 SGB X, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (vgl. BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 8; Urteil vom 31. Januar 2008 - B 13 R 23/07 R - in Juris). Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden. Geht der Leistungsträger selbst von einem atypischen Fall aus, ist diese Voraussetzung nicht mehr zu prüfen (BSG Urteil vom 31. Januar 2008 aaO Rn. 30.31). Zu überprüfen ist dann lediglich noch, ob der Leistungsträger von dem ihm dann zustehenden Ermessen einen sachgerechten Gebrauch gemacht hat, wozu auch gehört, dass er bei seinen Ermessenserwägungen von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
Hiervon ausgehend stellt der Senat fest, dass eine wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die dem Erlass des Rentenbescheides vom 21. Januar 1999 zu Grunde lagen, zum 5. Februar 2003 eingetreten ist. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 21. Januar 1999, mit welchem dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 28. Oktober 1998 zuerkannt wurde, galt für Versicherte, die bereits am 31. Dezember 1998 Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hatten, die Ausnahmevorschrift des § 313a SGB VI. Seit ihrem In-Kraft-Treten zum 1. Januar 1999 (BGBl I 2998) wurde die Regelung zweimal geändert, ohne dass sich in Bezug auf den hier wesentlichen Satz 2 eine Änderung des Gesetzeswortlauts ergeben hätte. Danach erfolgt als Ausnahme der Anrechnungsvorschrift des Satzes 1 nach Satz 2 eine Anrechnung der Rente auf das für denselben Zeitraum geleistete Alg nicht, wenn das Alg auf Grund einer Anwartschaftszeit geleistet wird, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden ist. Dies war hier der Fall. Dem Kläger wurde zum 7. Januar 2000 ein Anspruch auf Alg mit einer Anspruchsdauer von 960 Tagen zuerkannt. Die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten begann, ebenso wie die Rahmenfrist von zwei Jahren, innerhalb deren die Anwartschaftszeit liegen muss, am 6. Januar 2000 und reicht demgemäß zurück bis zum 7. Januar 1999, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Rente wegen Berufsunfähigkeit bereits begonnen hatte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten, die in der gemeinsamen Arbeitsanweisung, geändert am 30. November 2004, ihren Niederschlag gefunden hat, ist der am 7. Januar 2000 für die Anspruchdauer von 960 Tagen entstandene Alg-Anspruch des Klägers nicht bereits durch die Zeit der Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug vom 1. Oktober 2001 bis 2. Dezember 2001 erloschen und nach deren Ende am 3. Dezember 2001 neu entstanden. Vielmehr ruhte der Alg-Anspruch während des Bezugs von Krankengeld nur (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Während des Ruhenszeitraums wurde der Anspruch auch nicht verbraucht (vgl BSG SozR 4100 § 125 Nr. 2; Bay. LSG Urteil vom 11. Januar 2006 - L 16 R 210/04 - m.w.N.). Dementsprechend bestand am 30. September 2001 eine Restanspruchsdauer von 327 Tagen, welche erst ab 3. Dezember 2001 weiter vermindert wurde, sodass beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 21. Februar 2002 noch eine Restanspruchsdauer von 247 Tagen bestand, wie der Senat den Zahlungsnachweisen in der beigezogenen Akte der BA entnimmt. Ein Erlöschen dieses Alg-Anspruchs trat erst mit der Entstehung des neuen Anspruchs auf Alg ein (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Dies geschah im Falle des Klägers erst am 5. Februar 2003, da er zu diesem Zeitpunkt auf Grund des Krankengeldbezugs von Oktober bis Dezember 2001 und von Februar 2002 bis Februar 2003 mit den hierfür entrichteten Pflichtbeiträgen innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist (5. Februar 2001 bis 4. Februar 2003) einen neuen Alg-Anspruch in Höhe von 180 Tagen erworben hatte, welcher sich um die Restdauer des wegen Entstehung des neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs verlängert hatte (§ 127 Abs. 4 SGB III). Auf den am 5. Februar 2003 entstandenen Alg-Anspruch war aber war § 313a Satz 2 SGB VI nicht anwendbar, da Satz 3 dieser Vorschrift dies für nach dem 31. Dezember 2000 entstandene Ansprüche ausschließt. Daher war ab diesem Zeitpunkt die Rente des Klägers auf den Alg-Anspruch anrechenbar.
Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt dieser wesentlichen Änderung kann der Senat aber einen Verstoß des Klägers gegen seine Mitteilungspflichten nicht feststellen. Vielmehr hat der Kläger gerade in dieser Zeit bei der Beklagten zwei Rentenauskunftsverfahren betrieben (Anträge vom 19. Februar 2002 und Antrag vom 20. Oktober 2003). Der Alg-Bezug des Klägers war nicht nur in den in diesem Zusammenhang jeweils erstellten Versicherungsverläufen erkennbar, vielmehr wurde auch mit der zentralen Warnungsprüfung vom 26. August 2003 der Alg-Bezug vom 5.Februar 2003 bis 18. August 2003 ausgeworfen und dieser von der Beklagten im Rahmen der Prüfung am 6./30. Oktober 2003 für unschädlich i.S.d. § 313a Satz 2 SGB VI gehalten.
Die Beklagte hat den Rentenbescheid nicht mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also dem Beginn der Anrechenbarkeit der Rente des Klägers auf den Alg-Anspruch aufgehoben, vielmehr hat sie die Aufhebung des Bescheides erst auf den 1. Januar 2005 datiert. Damit hat sie im Sinne der bereits erwähnten Rechtsprechung des BSG zugunsten des Klägers einen atypischen Fall angenommen, was vom Senat als Rechtsvoraussetzung daher nicht mehr zu prüfen ist. Bei ihrer daraus folgenden Ermessensbetätigung ist die Beklagte aber von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. Unzutreffend ist - wie bereits dargelegt - zum einen, dass der neue Alg-Anspruch bereits am 3. Dezember 2001 entstanden sei, weshalb dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze keine Rente wegen Berufsunfähigkeit mehr zustehe. Unzutreffend ist - wie bereits dargelegt - zum anderen, dass der Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit der wesentlichen Änderung der Verhältnisse seinen Mitteilungspflichten nicht genügt habe. Schließlich ist eine Ermessensbetätigung der Beklagten auch nur hinsichtlich der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 erkennbar. Für die Zeit ab 1. Januar 2005 sind in den Bescheiden der Beklagten keine Ermessenserwägungen erkennbar. Da die Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ihr Ermessen in rechtswidriger Weise nicht - ausreichend - betätigt hat, hat der Senat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Rentenbescheides wegen Anrechnung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Rückforderung von Rente.
Die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (Beklagte) bewilligte dem Kläger, der ab 15. Juli 1998 arbeitsunfähig war, mit Bescheid vom 21. Januar 1999 rückwirkend ab 28. Oktober 1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 1.247,41 DM. Unter "Mitteilungspflichten" wies sie darauf hin, dass die Rente wegen Berufsunfähigkeit bei Aufnahme bzw. Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit nicht oder in verminderter Höhe geleistet werde, sofern die für diese Rente maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten werde. Diese betrage in den alten Bundesländern 3.064,99 DM, wobei sich dieser Betrag um den Prozentsatz verändere, um den sich der jeweilige aktuelle Rentenwert infolge einer Rentenanpassung ändere, weswegen die gesetzliche Verpflichtung bestehe, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Ferner bestehe die gesetzliche Verpflichtung, der Rentenversicherung den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung der Gewährung u. a. von Alg unverzüglich mitzuteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Rentenbescheid verwiesen.
Vom 20. August 1998 bis zum 6. Januar 2000 hatte der Kläger Krankengeld bezogen. Vom 7. Januar 2000 bis 30. September 2001 bezog der Kläger Alg, vom 1. Oktober bis 2. Dezember 2001 Krankengeld, vom 3. Dezember 2001 bis 20. Februar 2002 Alg, vom 21. Februar 2002 bis 4. Februar 2003 Krankengeld, vom 5. Februar bis 18. August 2003 Alg, vom 19. August 2003 bis 3. Januar 2005 Krankengeld, vom 4. Januar 2005 bis 22. Januar 2006 Alg, vom 23. Januar bis 17. Juli 2006 Krankengeld, vom 18. Juli bis 8. August 2006 Übergangsgeld und ab 9. August 2006 Alg. Mit Bescheid vom 3. November 2006 hat die Beklagte dem Kläger ab 1. November 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt.
Am 18. Februar 1999 teilte die Krankenkasse der Beklagten mit, der Kläger habe bis 12. Januar 1999 Krankengeld bezogen. Das Arbeitsamt (AA), jetzt Bundesagentur für Arbeit (BA) teilte am 22. Dezember 1999 mit, der Kläger habe nach Ende des Krankengeldbezuges ab 7. Januar 2000 Alg beantragt. In der Beklagtenakte war auf der Rückseite dieser Mitteilung vermerkt, das Alg sei nicht auf die Rente anzurechnen. Die Beklagte teilte dem AA am 11. Januar 2000 mit, ein Erstattungsanspruch werde nicht geltend gemacht, weil der Rentenanspruch im Falle der Bewilligung von Alg nicht ruhe.
Am 19. Februar 2002 beantragte der Kläger einen Versicherungsverlauf bzw. eine aktuelle Rentenauskunft. Einem anlässlich dieses Antrags am 22. Februar 2002 erstellten Kontospiegel sind Beitragszahlungen wegen Krankengeldbezugs (84) und wegen Arbeitslosengeldbezugs (95) bis 31. Dezember 2001 zu entnehmen. Zu einem weiteren Antrag auf Rentenauskunft vom 20. Oktober 2003 teilte der Kläger mit, er beziehe zurzeit noch Alg, vermutlich bis Februar 2004.
Unter dem 26. August 2003 wurde eine "Zentrale Warnungsprüfung" aktenkundig, wonach beim Kläger für die Zeit vom 7. Januar 2000 bis 31. Dezember 2000 und vom 5. Februar 2003 bis zum 18. August 2003 Daten wegen Arbeitslosengeldbezug gespeichert seien. Die von der Beklagten durchgeführte Prüfung am 6./24./30. Oktober 2003 ergab, dass bei dem beschäftigungslosen Kläger, der Arbeitslosengeld beziehe, weiterhin gemäß § 313 a SGB VI keine Anrechnung stattfinde, weil der Rentenbescheid vor dem 1. Januar 1999 ergangen sei und der Kläger vor dem 1. Januar 2001 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt habe.
Im Zusammenhang mit einer "Zentralen Warnungsprüfung" vom 5. Januar 2006 findet sich auf einem Ausdruck einer gemeinsamen Arbeitsanweisung der LVA Baden-Württemberg, geändert am 30. November 2004 (wesentlicher Inhalt: nach einer vor dem 1. Januar 2001 begonnenen Arbeitslosigkeit, die später durch Arbeitsunfähigkeit unterbrochen werde, entstehe nach Ende der Arbeitsunfähigkeit ein neuer Anspruch auf Alg mit der Folge, dass für das erneute Zusammentreffen dieses Alg und der Rente wegen Berufsunfähigkeit die Anrechnungsvorschrift des § 313a Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 313 Abs. 1 SGB VI maßgeblich sei) eine Notiz vom 12. Januar 2006, nach der eine nochmalige Überprüfung des Zeitraums bis 2003 nicht erfolge, da die rechtliche Klarstellung in den gemeinsamen Arbeitsanweisungen erst am 30. November 2004 erfolgt und dies am 6. Oktober 2003 noch nicht bekannt gewesen sei.
Unter dem 30. Januar 2006 teilte das AA der Beklagten die Höhe des ab 4. Januar 2005 gewährten Alg mit. Eine Neuberechnung vom 2. Februar 2006 für die Zeit ab 1. Januar 2005 ergab dann unter Berücksichtigung des mitgeteilten, ab 4. Januar 2005 geleisteten Alg bzw. des diesem zu Grunde liegenden Bemessungsentgelts einen die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Betrag.
Auf entsprechende Hinweise und Anhörung vom 7. Februar 2006 machte der Kläger geltend, er habe bei der Antragstellung beim AA den Rentenbescheid vorgelegt, worauf man ihm mitgeteilt habe, die Rente werde auf das Alg angerechnet bzw. man werde sich mit der Beklagten diesbezüglich in Verbindung setzen. Er sei davon ausgegangen, es sei alles in Ordnung. Ferner habe das AA die Beklagte bereits im Dezember 1999 über die Gewährung von Alg informiert. Zur Zeit der Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente habe er noch Krankengeld bezogen. Ab 7. Januar 2000 habe er dann Leistungen vom zuständigen AA mit einer Bewilligungszeit von 960 Tagen erhalten. Hiervon habe die Beklagte Kenntnis erlangt. Während des Bezugs von Alg sei er mehrere Male krank gewesen, mit Krankengeldbezug von der Krankenkasse. Es gälten immer noch die gesetzlichen Regelungen aus der Bewilligung und der §§ 95 und 313a SGB VI. Erst mit dem "Verbrauch" des im Jahr 1998 entstandenen Rechtsanspruches auf Alg könnten die geänderten Rechtsauffassungen bei laufenden Ansprüche wirksam werden.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 hob die Beklagte den Rentenbescheid vom 21. Januar 1999 zum 1. Januar 2005 auf und entschied ferner, die vom 1. Januar 2005 bis 28. Februar 2006 geleisteten Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 9.365,19 EUR seien zu erstatten. Nach Ende der Arbeitsunfähigkeit am 2. Dezember 2001 sei am 3. Dezember 2001 ein neuer Anspruch auf Alg entstanden, mit der Folge, dass durch das erneute Zusammentreffen von Alg mit Rente die Anrechnungsvorschrift zur Anwendung komme. Soweit vorgebracht werde, eine Anrechnung nach den neuen Vorschriften sei erst zulässig, wenn der bis zum 6. Januar 2000 entstandener Anspruch auf Alg aufgebraucht sei, sei dies unzutreffend. Von einer Anrechnung der bis 31. Dezember 2004 gezahlten Sozialleistungen werde aus Vertrauensschutzgründen im Ermessenswege abgesehen, da der Vorgang trotz mehrmaliger Vorlage der Akte im Geschäftsgang nicht erkannt worden sei. Die Rente sei jedoch ab dem 1. Januar 2005 nicht mehr zu leisten. Die Überzahlung bis 28. Februar 2006 sei zu erstatten. Wegen der Einzelheiten und der Berechnung der Hinzuverdienstgrenze wird auf den Bescheid vom 8. Mai 2006 verwiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 23. Mai 2006 Widerspruch und machte geltend, ein Verschulden von seiner Seite liege nicht vor. Ferner sei ihm auch über den 1. Januar 2005 hinaus Vertrauensschutz zuzubilligen, weil er im Vertrauen auf seine Einkünfte am 5. April 2005 einen Kredit in Höhe von 10.000,00 EUR zur Durchführung dringend notwendiger Arbeiten an seinem Haus aufgenommen habe.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 zurück. Die Rente sei nur zu leisten, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Hinzuverdienstgrenze eingehalten werde. Diese sei auch dann zu beachten, wenn anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen wie Krankengeld oder Alg bestehe, wobei für die Höhe des Hinzuverdienstes nicht der Zahlbetrag der Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend sei (§ 96a Abs. 3 SGB VI). Die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze belaufe sich ab 1. Januar 2005 im Falle des Klägers auf 2.801,27 EUR. Ab 4. Januar 2005 habe der Kläger Alg auf Grund einer Bemessungsgrundlage in Höhe von kalendertäglich 100,90 EUR erhalten, was für den Teilmonat Januar 2005 2.825,20 EUR entspreche. Damit sei die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Januar 2005 nicht mehr zu leisten. Nach Erlass des Rentenbescheides sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Den wechselnden Bezug von Krankengeld und Alg habe der Kläger zu keiner Zeit mitgeteilt, obwohl er auf Grund der Auflagen und Vorbehalte im Bescheid vom 21. Januar 1999 habe wissen müssen, dass das Überschreiten der zulässigen Hinzuverdienstgrenze zur Rentenminderung führe. Ferner habe der Bescheid den Hinweis enthalten, der Bezug oder die Veränderung von Sozialleistungen, u.a. Alg, sei unverzüglich mitzuteilen. Nach Beendigung des jeweiligen Krankengeldbezuges habe der Kläger den erneuten Bezug von Alg jeweils nicht gemeldet, sei also seiner Meldepflicht nicht nachgekommen. Der Rentenbescheid sei daher gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 96a SGB VI für die Zeit ab 1. Januar 2005 zurückzunehmen gewesen. Von einer Anrechnung bis 31. Dezember 2004 gezahlter Sozialleistungen werde aus Vertrauensschutzgründen im Wege des Ermessens abgesehen, da bei mehrmaliger Vorlage der Akten im Geschäftsgang bis Oktober 2003 der Sachverhalt nicht erkannt worden sei. Die Überzahlung sei zu erstatten.
Deswegen hat der Kläger am 18. August 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat im Wesentlichen vorgetragen, jedes Mal, wenn er bei anderen Sozialversicherungsträgern Alg oder Krankengeld beantragt habe, habe er dort den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente angegeben. Die zuständigen Stellen seien gehalten gewesen, ihn aufzuklären und zu beraten. Er habe sich insoweit rechtmäßig verhalten. Soweit ihm von Seiten der Beklagten vorgehalten werde, er habe den wechselnden Bezug von Krankengeld und Alg zu keiner Zeit mitgeteilt und auf Hinweise im Rentenbewilligungsbescheid verwiesen werde, sei dies ungerechtfertigt. Erst mit dem Rentenreformgesetz 1999 (RRG) habe es gestaffelte Hinzuverdienstgrenzen gegeben. Die formularmäßigen Hinweise auf eine Meldepflicht von Hinzuverdiensten habe deshalb für ihn weder eine Warnfunktion gehabt, noch die objektive Pflicht zur Meldung des Bezugs von Alg ausgelöst. Ferner habe er auf die Rechtmäßigkeit der Leistung vertraut und einen Kredit für Baumaßnahmen aufgenommen, die er ohne die finanzielle Sicherheit der Rente nicht durchgeführt hätte. Auch stehe der Rücknahme die Kenntnis des Bezugs von Alg auf Seiten der Beklagten entgegen. Gutgläubigen stehe nach Bewilligung von Sozialleistungen nach Ablauf von zwei Jahren Schutz vor der Rücknahme des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit und Zukunft zu. Die Beklagte habe den Bescheid nicht binnen eines Jahres nach Kenntnis des Bezugs von Alg zurückgenommen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger habe seiner Mitteilungspflicht nicht Genüge getan. Die Mitteilungspflicht bestehe gegenüber dem Rentenversicherungsträger, was auch dem Rentenbescheid zu entnehmen gewesen sei. Ihr Nichterkennen entsprechender Sachverhalte in den Jahren 2002 und 2003 sei dadurch berücksichtigt, dass die Rückforderung erst ab dem erneuten Bezug vom Alg im Januar 2005 erfolgt sei. Im Übrigen bestehe die Mitteilungspflicht des Leistungsempfängers auch dann, wenn sie die Tatsachen hätte erkennen müssen. Ein atypischer Fall liege insofern auch nicht vor. Zusätzliche subjektive Momente seien darüber hinaus in Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X unerheblich. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X seien erfüllt, da der Bezug von Alg ab dem 4. Januar 2005 erst mit dem Kontospiegel vom 5. Januar 2006 übermittelt worden sei und die Aufhebung für die Zeit ab 1. Januar 2005 innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der entsprechenden Tatsachen erfolgt sei.
Das SG hat die Verwaltungsakten des AA bzw. der BA beigezogen und deren schriftliche Auskunft zum Anspruch des Klägers auf Alg eingeholt. Sie hat am 30. März 2007 mitgeteilt, der Kläger habe wegen seines Bezugs von Krankengeld vom 1. Oktober bis 2. Dezember 2001 sowie 2. Februar 2002 bis 4. Februar 2003 am 5. Februar 2003 einen neuen Anspruch auf Alg für 180 Tage erworben, der zusammen mit dem nicht verbrauchten Restanspruch von 247 Tagen, der auf seinem ursprünglichen Arbeitslosengeldanspruch vom 7. Januar 2000 beruht habe, einen Gesamtanspruch von 427 Tagen umfasst habe.
Mit Urteil vom 9. Mai 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei befugt gewesen, den Rentenbescheid rückwirkend ab 1. Januar 2005 aufzuheben. Durch den Bezug von Krankengeld habe der Kläger innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist bis zum 5. Februar 2003 einen neuen vollwertigen Anspruch auf Alg erworben. Der bis dahin bestehende alte Anspruch sei erloschen und auf den neuen Anspruch aufgeschlagen worden. Damit handle es sich ab 5. Februar 2003 insgesamt um einen neuen Anspruch auf Alg, der nun nach dem 31. Dezember 2000 entstanden sei. Damit habe sich der Kläger ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf die ihm günstigen Anrechnungsvorschriften und Übergangsregelungen berufen können und sei das Arbeitslosengeld ab diesem Zeitpunkt mit dem seiner Berechnung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelt anzurechnen. Das sich daraus ergebende Arbeitseinkommen habe die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überschritten, weswegen die Rente wegen Berufsunfähigkeit unter Anrechnung des Alg-Bezuges nicht mehr zu leisten gewesen sei. Damit sei eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Soweit die Beklagte den Rentenbescheid mit Rückwirkung ab 1. Januar 2005 aufgehoben habe, liege kein Ermessensfehlgebrauch vor. Bei der maßgeblichen Vorschrift handle es sich um eine Soll-Verpflichtung für eine Aufhebung mit Rückwirkung, wobei die Behörde nur in Ausnahmefällen aus besonderen Gründen von einer rückwirkenden Aufhebung des Dauerverwaltungsaktes überhaupt absehen könne. Wenn nun die Beklagte den Rentenbescheid lediglich ab 1. Januar 2005 aufgehoben habe, sei dies für den Kläger günstig und habe sie ihr Ermessen jedenfalls sachgerecht ausgeübt. Berücksichtigt habe sie auch, dass ihr der Bezug von anrechnungspflichtigem Arbeitslosengeld schon seit 2002 oder 2003 hätte auffallen können. Der Kläger könne nicht verlangen, auch noch über den 1. Januar 2005 hinaus Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten, obwohl sie ihm nicht mehr zugestanden habe. Es seien keine Gründe ersichtlich, die eine Ausnahme von der Soll-Verpflichtung nach der relevanten Norm gebieten würden. Soweit der Kläger geltend mache, er sei über die Meldepflicht nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden, sei dies ohnehin nur im Rahmen des Ermessens berücksichtigungsfähig, weil § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Fehlverhalten des Versicherten abstelle. Der Kläger sei auf Grund der Hinweise im Rentenbescheid über die Mitteilungspflichten auch ausreichend unterrichtet worden. Im Übrigen könne auch die Tatsache, dass der Kläger einen Kredit für Umbaumaßnahmen aufgenommen habe, nicht die Abweichung von der Soll-Verpflichtung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründen. Ferner sei der Kläger auch zur Rückerstattung der überzahlten Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 9. Mai 2007 verwiesen.
Gegen das am 8. Juni 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Juni 2007 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den Rentenbescheid rückwirkend zurückzunehmen. Gutgläubige, denen wiederkehrende Sozialleistungen bewilligt worden seien, würden nach Ablauf von zwei Jahren Schutz vor der Rücknahme des Verwaltungsaktes für Vergangenheit und Zukunft genießen. Er habe sich immer richtig verhalten, insbesondere bei Beantragung von Leistungen die von der Beklagten gewährte Rente angegeben. Versäumnisse von Sozialleistungsträgern gingen nicht mit ihm heim. Der Einwand, er habe trotz der Hinweise im Rentenbescheid den Bezug von Krankengeld und Alg nicht mitgeteilt, greife nicht durch. Erst mit dem RRG habe es gestaffelte Hinzuverdienstgrenzen gegeben, weswegen die Hinweise auf Meldepflichten zu Hinzuverdienstgrenzen keine Warnfunktion erfüllt hätten und eine objektive Pflicht zur Meldung nicht bestanden habe. Fraglich sei auch, inwieweit er sich diese Auflage Jahre später noch habe vergegenwärtigen müssen. Im Vertrauen auf die Weiterzahlung der Rente habe er Vermögensdispositionen getroffen und einen Kredit aufgenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag vor dem SG und die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Der Senat hat die Akten der Bundesagentur für Arbeit beigezogen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 konnten keinen Bestand haben, weil die Beklagte bei der Aufhebung des Rentenbescheids vom 21. Januar 1999 mit Wirkung vom 1. Januar 2005 und der Rückforderung der vom 1. Januar 2005 bis 28. Februar 2006 geleisteten Rentenzahlungen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ihr Ermessen daher in rechtswidriger Weise nicht - ausreichend - betätigt hat. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse u. a. aufgehoben werden, sofern der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der aus dem Verwaltungsakt sich ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedeutet das Wort "soll" in Abs. 1 Satz 2 des § 48 SGB X, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (vgl. BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 8; Urteil vom 31. Januar 2008 - B 13 R 23/07 R - in Juris). Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden. Geht der Leistungsträger selbst von einem atypischen Fall aus, ist diese Voraussetzung nicht mehr zu prüfen (BSG Urteil vom 31. Januar 2008 aaO Rn. 30.31). Zu überprüfen ist dann lediglich noch, ob der Leistungsträger von dem ihm dann zustehenden Ermessen einen sachgerechten Gebrauch gemacht hat, wozu auch gehört, dass er bei seinen Ermessenserwägungen von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
Hiervon ausgehend stellt der Senat fest, dass eine wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die dem Erlass des Rentenbescheides vom 21. Januar 1999 zu Grunde lagen, zum 5. Februar 2003 eingetreten ist. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 21. Januar 1999, mit welchem dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 28. Oktober 1998 zuerkannt wurde, galt für Versicherte, die bereits am 31. Dezember 1998 Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hatten, die Ausnahmevorschrift des § 313a SGB VI. Seit ihrem In-Kraft-Treten zum 1. Januar 1999 (BGBl I 2998) wurde die Regelung zweimal geändert, ohne dass sich in Bezug auf den hier wesentlichen Satz 2 eine Änderung des Gesetzeswortlauts ergeben hätte. Danach erfolgt als Ausnahme der Anrechnungsvorschrift des Satzes 1 nach Satz 2 eine Anrechnung der Rente auf das für denselben Zeitraum geleistete Alg nicht, wenn das Alg auf Grund einer Anwartschaftszeit geleistet wird, die insgesamt nach dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt worden ist. Dies war hier der Fall. Dem Kläger wurde zum 7. Januar 2000 ein Anspruch auf Alg mit einer Anspruchsdauer von 960 Tagen zuerkannt. Die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten begann, ebenso wie die Rahmenfrist von zwei Jahren, innerhalb deren die Anwartschaftszeit liegen muss, am 6. Januar 2000 und reicht demgemäß zurück bis zum 7. Januar 1999, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Rente wegen Berufsunfähigkeit bereits begonnen hatte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten, die in der gemeinsamen Arbeitsanweisung, geändert am 30. November 2004, ihren Niederschlag gefunden hat, ist der am 7. Januar 2000 für die Anspruchdauer von 960 Tagen entstandene Alg-Anspruch des Klägers nicht bereits durch die Zeit der Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug vom 1. Oktober 2001 bis 2. Dezember 2001 erloschen und nach deren Ende am 3. Dezember 2001 neu entstanden. Vielmehr ruhte der Alg-Anspruch während des Bezugs von Krankengeld nur (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Während des Ruhenszeitraums wurde der Anspruch auch nicht verbraucht (vgl BSG SozR 4100 § 125 Nr. 2; Bay. LSG Urteil vom 11. Januar 2006 - L 16 R 210/04 - m.w.N.). Dementsprechend bestand am 30. September 2001 eine Restanspruchsdauer von 327 Tagen, welche erst ab 3. Dezember 2001 weiter vermindert wurde, sodass beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 21. Februar 2002 noch eine Restanspruchsdauer von 247 Tagen bestand, wie der Senat den Zahlungsnachweisen in der beigezogenen Akte der BA entnimmt. Ein Erlöschen dieses Alg-Anspruchs trat erst mit der Entstehung des neuen Anspruchs auf Alg ein (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Dies geschah im Falle des Klägers erst am 5. Februar 2003, da er zu diesem Zeitpunkt auf Grund des Krankengeldbezugs von Oktober bis Dezember 2001 und von Februar 2002 bis Februar 2003 mit den hierfür entrichteten Pflichtbeiträgen innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist (5. Februar 2001 bis 4. Februar 2003) einen neuen Alg-Anspruch in Höhe von 180 Tagen erworben hatte, welcher sich um die Restdauer des wegen Entstehung des neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs verlängert hatte (§ 127 Abs. 4 SGB III). Auf den am 5. Februar 2003 entstandenen Alg-Anspruch war aber war § 313a Satz 2 SGB VI nicht anwendbar, da Satz 3 dieser Vorschrift dies für nach dem 31. Dezember 2000 entstandene Ansprüche ausschließt. Daher war ab diesem Zeitpunkt die Rente des Klägers auf den Alg-Anspruch anrechenbar.
Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt dieser wesentlichen Änderung kann der Senat aber einen Verstoß des Klägers gegen seine Mitteilungspflichten nicht feststellen. Vielmehr hat der Kläger gerade in dieser Zeit bei der Beklagten zwei Rentenauskunftsverfahren betrieben (Anträge vom 19. Februar 2002 und Antrag vom 20. Oktober 2003). Der Alg-Bezug des Klägers war nicht nur in den in diesem Zusammenhang jeweils erstellten Versicherungsverläufen erkennbar, vielmehr wurde auch mit der zentralen Warnungsprüfung vom 26. August 2003 der Alg-Bezug vom 5.Februar 2003 bis 18. August 2003 ausgeworfen und dieser von der Beklagten im Rahmen der Prüfung am 6./30. Oktober 2003 für unschädlich i.S.d. § 313a Satz 2 SGB VI gehalten.
Die Beklagte hat den Rentenbescheid nicht mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also dem Beginn der Anrechenbarkeit der Rente des Klägers auf den Alg-Anspruch aufgehoben, vielmehr hat sie die Aufhebung des Bescheides erst auf den 1. Januar 2005 datiert. Damit hat sie im Sinne der bereits erwähnten Rechtsprechung des BSG zugunsten des Klägers einen atypischen Fall angenommen, was vom Senat als Rechtsvoraussetzung daher nicht mehr zu prüfen ist. Bei ihrer daraus folgenden Ermessensbetätigung ist die Beklagte aber von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. Unzutreffend ist - wie bereits dargelegt - zum einen, dass der neue Alg-Anspruch bereits am 3. Dezember 2001 entstanden sei, weshalb dem Kläger bereits ab diesem Zeitpunkt wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze keine Rente wegen Berufsunfähigkeit mehr zustehe. Unzutreffend ist - wie bereits dargelegt - zum anderen, dass der Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit der wesentlichen Änderung der Verhältnisse seinen Mitteilungspflichten nicht genügt habe. Schließlich ist eine Ermessensbetätigung der Beklagten auch nur hinsichtlich der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 erkennbar. Für die Zeit ab 1. Januar 2005 sind in den Bescheiden der Beklagten keine Ermessenserwägungen erkennbar. Da die Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ihr Ermessen in rechtswidriger Weise nicht - ausreichend - betätigt hat, hat der Senat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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