L 25 B 2143/08 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 100 AS 8958/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 2143/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Oktober 2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 100 AS 8958/06 unter Beiordnung der von ihm benannten Rechtsanwältin zu, weil die Voraussetzungen der §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) nicht erfüllt sind.

Hierbei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob der Kläger derzeit noch bedürftig im Sinne der §§ 114 ff ZPO ist. Zweifel hieran sind allerdings angezeigt, weil der Kläger mittlerweile wieder in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht und Einkommen erzielt. Dies bedarf indessen keiner abschließenden Klärung, weil der Klage jedenfalls die hinreichende Erfolgsaussicht nach § 114 ZPO fehlt.

Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist vorliegend der Zeitpunkt der (jetzigen) Entscheidung des Senats. Zwar ist im Grundsatz die Erfolgsaussicht zum Zeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs zu beurteilen, die hier bei Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 2. Oktober 2006 gegeben war. Vorliegend jedoch besteht kein rechtlich anerkennenswertes Bedürfnis für eine (aus heutiger Sicht) rückwirkende Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung einer Rechtsanwältin, weil dem Kläger bislang keine Prozesskosten entstanden sind und rückwirkend auch nicht mehr entstehen können. Denn Gerichtsgebühren sind wegen der Gerichtskostenfreiheit nach § 183 SGG nicht angefallen und werden für dieses Verfahren auch zukünftig nicht anfallen können. Anwaltsgebühren sind bislang gleichfalls nicht angefallen, weil die vom Kläger benannte Rechtsanwältin für ihn bislang im Verfahren nicht tätig geworden ist und der Kläger stets allein die zukunftsgerichtete Beiordnung der Rechtsanwältin begehrt hat.

Ausgehend von einer Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind diese vollumfänglich zu verneinen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG und dem aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe dieses Verfahren an die Stelle des Verfahrens der Hauptsache treten zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2007, 1 BvR 68/07). Aus diesem Grunde dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von dem Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Verfahren der Hauptsache zugeführt werden können (BVerfG a.a.O).

Vor diesem Hintergrund ist ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält und ggf. – sofern der Tatsachenstoff noch nicht geklärt ist – von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist.

Indessen ist auch vor dem Hintergrund dieser erhöhten verfassungsrechtlichen Anforderungen im vorliegenden Fall eine hinreichende Erfolgsaussicht des in dem Verfahren der Hauptsache geltend gemachten Rechtsschutzbegehrens zu verneinen. Denn dem jetzigen Rechtsschutzbegehren des Klägers im Verfahren der Hauptsache liegt eine nach § 99 SGG unzulässige Klageänderung zugrunde. Zunächst hatte der Kläger – unter Anfechtung der ablehnenden Bescheide – die Gewährung von Leistungen der Beklagten im Hinblick auf private Krankenversicherungsbeiträge begehrt. Nunmehr jedoch begehrt der Kläger – wie er auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich klargestellt hat – allein die Feststellung seiner Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie die Feststellung der zuständigen Krankenkasse, beides bezogen auf einen zurückliegenden Zeitraum.

Hierin liegt eine Klageänderung nach § 99 SGG, der der Beklagte ausdrücklich widersprochen hat und die das Sozialgericht für nicht sachdienlich erachtet. Dem schließt sich der Senat im Ergebnis an. Die mangelnde Sachdienlichkeit der Klageänderung ergibt sich bereits daraus, dass die Klage mit ihrem jetzigen alleinigen Klageziel der Feststellung ausschließlich gegen eine Krankenkasse, nicht jedoch gegen den Beklagten als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu richten ist. Will der Kläger die Feststellung der Mitgliedschaft in einer Krankenkasse erreichen, muss er diese Krankenkasse verklagen. Eine gegen ein Jobcenter gerichtete Klage ist hingegen nicht sachdienlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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