L 3 AL 3004/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 3689/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3004/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung streitig.

Der 1949 geborene Kläger war zuletzt ab dem 01.10.1999 bei der Firma L. Software Engineering GmbH als Senior Consultant beschäftigt. Eine mit Schreiben vom 31.01.2003 ausgesprochene Kündigung nahm der Arbeitgeber zurück, nachdem der Kläger mit Bescheid vom 20.03.2003 ab dem 01.01.2000 als Schwerbehinderter anerkannt worden war. In einem Telefonat mit der Beklagten vom 10.02.2003 hatte der Kläger zuvor auf seine ab Mai 2003 drohende Arbeitslosigkeit hingewiesen und von dort die Auskunft erhalten, er solle sich im April 2003 erneut melden, falls die Kündigung Bestand habe. Nachdem die Zustimmung des Integrationsamtes vorlag, kündigte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 21.01.2004, beim Bevollmächtigten des Klägers am 22.01.2004 eingegangen, das Arbeitsverhältnis aus krankheits- und betriebsbedingten Gründen zum 30.04.2004. Das Kündigungsschreiben trägt einen weiteren Eingangsstempel mit dem Vermerk "Eingegangen 24. Jan. 2004". Es enthält folgenden Hinweis:

Wir weisen ihren Mandanten darüber hinaus ausdrücklich darauf hin, dass er unverzüglich bei der für ihn zuständigen Arbeitsbehörde die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuzeigen hat und dass er darüber hinaus dazu verpflichtet ist, sich aktiv über eine neue Beschäftigung zu bemühen, andernfalls er mit Kürzungen des Arbeitslosengeldes zu rechnen hat.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (Az.: 23 Ca 665/04) schlossen der Arbeitgeber und der Kläger am 09.02.2004 einen Vergleich, nach dessen Nr. 1 das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung des Arbeitgebers vom 21.01.2004 unter Einhaltung der vertraglichen/gesetzlichen Kündigungsfrist mit dem Ablauf des 30.04.2004 endet.

Mit Fax vom 10.03.2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, nach gut einem Jahr der Auseinandersetzung sei die Kündigung rechtswirksam geworden. Er sei ab 01.05.2004 arbeitslos, beabsichtige, sich selbständig zu machen und bitte um einen Beratungstermin. Am 11.03.2004 bestätigte die Beklagte den Eingang des Fax und vereinbarte mit Schreiben vom 19.03.2004 einen Termin für den 29.03.2004. Der Kläger meldete sich am 29.03.2004 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Hierbei gab er an, er sei zur Zeit vom Arzt nicht arbeitsunfähig krank geschrieben. Der Arbeitgeber teilte in der Arbeitsbescheinigung mit, der Kläger habe in der Zeit von Mai 2003 bis April 2004 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ein beitragspflichtiges Bruttoentgelt in Höhe von 61.400,- EUR erzielt.

Mit Schreiben vom 28.05.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei der Pflicht, sich unverzüglich nach Kenntnis des Zeitpunkts der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, nicht rechtzeitig nachgekommen. Er hätte sich spätestens am 25.01.2004 arbeitsuchend melden müssen. Tatsächlich habe er sich erst am 29.03.2004 gemeldet. Die Meldung sei somit um 64 Tage zu spät erfolgt. Sein Anspruch auf Leistungen mindere sich um 50,- EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage. In seinem Fall errechne sich somit ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.500,- EUR. Die Minderung erfolge, indem dieser Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde. Die Höhe des Abzugs von der täglichen Leistung betrage 34,67 EUR. Die Anrechnung beginne am 01.05.2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 13.06.2004 beendet.

Mit Bescheid vom 02.06.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.05.2004 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1.170,00 EUR nach Leistungsgruppe C/1 mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 485,45 EUR. Unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Anrechnungsbetrages von 242,69 EUR setzte die Beklagte einen wöchentlichen Zahlbetrag von 242,76 EUR (täglich 34,68 EUR) fest.

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, zum einen müsse das gerundete wöchentliche Bemessungsentgelt 1.180,- EUR betragen. Zum anderen wandte er sich gegen die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Hierzu trug er vor, sein Arbeitsverhältnis sei erstmals bereits am 01.02.2003 gekündigt worden. Er habe hiergegen am 07.02.2003 Klage zum Arbeitsgericht erhoben und sich am 10.02.2003 bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Auf seinen Antrag hin sei er rückwirkend zum 01.01.2000 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt worden. Die Kündigung sei daraufhin am 24.10.2003 zurückgenommen worden. Nachdem das Integrationsamt dem Antrag des Arbeitgebers auf Kündigung Ende Januar 2004 zugestimmt habe, sei die auf den 31.01.2004 datierte Kündigung vom 21.01.2004 ausgesprochen worden, die ihn persönlich tatsächlich erst am 03.02.2004 erreicht habe. Im Laufe des Februar 2004 sei er gesundheitlich schlicht nicht in der Lage gewesen, sich schriftlich oder gar persönlich bei der Arbeitsagentur zu melden. Am 10.03.2004 habe er sich per Fax an den Leiter der Agentur für Arbeit H. mit der Bitte um einen Beratungstermin gewandt und hierbei mitgeteilt, dass die zweite Kündigung nunmehr rechtswirksam geworden sei und er ab dem 01.05.2004 arbeitslos sein werde. Kenntnis von der Verpflichtung, sich unverzüglich arbeitssuchend zu melden, habe er erst durch eine e-mail seines ehemaligen Arbeitgebers vom 25.03.2004 erlangt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Abrechnungszeitraum vom 01.05.2003 bis 30.04.2004 umfasse 52,4 Wochen. In dieser Zeit sei ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 61.400,- EUR erzielt worden. Hieraus ergebe sich ein durchschnittliches wöchentliches Entgelt (Bemessungsentgelt) von gerundet 1.170,00 EUR, das der Bewilligung zugrunde gelegt worden sei. Auch die Minderung des wöchentlichen Leistungssatzes in Höhe von 485,45 EUR gemäß § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auf einen geminderten Leistungssatz von wöchentlich 242,76 EUR sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dahingestellt bleiben könne, ob die Kündigung dem Kläger am 25.01.2004 oder erst am 03.02.2004 zugegangen sei, da dessen persönliche Arbeitsuchendmeldung bei der Agentur für Arbeit erst am 29.03.2004 erfolgt sei. Die Bitte um einen Beratungstermin per Fax sei keine Meldung im Sinne des § 37b SGB III. Hierzu bedürfe es vielmehr einer persönlichen Meldung gemäß § 122 SGB III. Ein Hinderungsgrund, der einer rechtzeitigen Meldung hätte entgegenstehen können, sei nicht ausreichend nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht.

Am 17.11.2004 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Unter Bezugnahme auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren hat er ergänzend vorgetragen, dem Hinweis im Kündigungsschreiben vom 21.01.2004 auf das Erfordernis einer sofortigen Arbeitslosmeldung habe er keinerlei Bedeutung zugemessen, weil zum damaligen Zeitpunkt das tatsächliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses noch nicht festgestanden habe und der Bevollmächtigte des früheren Arbeitgebers auch in der Vergangenheit falsche rechtliche Hinweise erteilt habe. Auch sei er vor Ende März 2005 (gemeint 2004) aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, bei der Beklagten persönlich vorzusprechen, um sich arbeitsuchend zu melden.

Den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld nach einem höheren Bemessungsentgelt hat der Kläger nicht weiter verfolgt.

Mit Urteil vom 26.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, der Kläger habe von der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2004 am 22.01.2004 Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt sei das Kündigungsschreiben bei seinem Bevollmächtigten eingegangen, dessen Kenntnis er sich zurechnen lassen müsse. Aber auch dann, wenn er - entsprechend seinem Vorbringen - das Kündigungsschreiben erst am 03.02.2004 erhalten habe, habe er sich nicht unverzüglich, sondern erst am 29.03.2004 bei der Beklagten arbeitsuchend bzw. arbeitslos gemeldet. Die Pflicht zur Meldung bestehe unabhängig von einem noch anhängigen arbeitsgerichtlichen Verfahren, wie sich aus § 37b Satz 3 SGB III ergebe. Die verspätete Arbeitsuchendmeldung sei dem Kläger auch zurechenbar. Unbeachtlich sei, dass er nach der erstmaligen Kündigung im Jahr 2003 von einem Mitarbeiter der Beklagten die Empfehlung erhalten habe, sich etwa einen Monat vor Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitslos zu melden. Das Kündigungsschreiben vom 21.01.2004 habe nämlich den klaren und unmissverständlichen Hinweis enthalten, dass er unverzüglich bei der für ihn zuständigen Arbeitsbehörde die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuzeigen habe. Unbeachtlich sei der Vortrag, der Arbeitgeber habe ihn früher unzutreffend belehrt. Er hätte sich nämlich durch Rückfrage bei der Beklagten Gewissheit verschaffen können und müssen, ob eine entsprechende Verpflichtung bestehe. Schließlich seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, zumindest telefonisch Kontakt mit der Beklagten aufzunehmen. Die Beklagte habe die Minderung des Arbeitslosengeld-Anspruchs danach in zutreffender Höhe festgesetzt.

Gegen das am 10.05.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.06.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, unter Zugrundelegung eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabes treffe ihn an der verspäteten Arbeitsuchendmeldung kein Verschulden. Er habe von der seit 01.07.2003 in § 37b SGB III normierten Verpflichtung keine Kenntnis gehabt. Auch der Hinweis des früheren Arbeitgebers im Kündigungsschreiben vom 21.01.2004 sei nicht geeignet, eine Kenntnis von der entsprechenden Verpflichtung zu begründen, insbesondere weil der frühere Arbeitgeber im Anschluss an die erste Kündigung Anfang 2003 definitiv falsche Aussagen zu Sperrzeiten wegen der Kündigung gemacht habe. Auch habe für ihn im Hinblick auf die im Februar 2003 erteilte Auskunft der Beklagten, es reiche aus, sich einen Monat vor Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitsuchend zu melden, keinerlei Veranlassung bestanden, sich bei der Beklagten zu melden. Er habe absolut nicht damit rechnen können, dass sich die Rechtslage zwischenzeitlich so erheblich geändert habe. Auch habe er als juristischer Laie die rechtliche Bedeutung des Wortes "unverzüglich" nicht so verstehen müssen, dass er sich innerhalb weniger Tage bei der Beklagten melden müsse. Die Beklagte sei weiter verpflichtet gewesen, nach Erhalt des Fax vom 10.03.2004 ihn explizit auf die geänderte Rechtslage hinzuweisen. Stattdessen sei ihm lediglich ein Termin für den 29.03.2004 angeboten worden. Schließlich sei er auch aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, sich - zumindest vor dem 10.03.2004 - bei der Beklagten persönlich zu melden. Er sei seit 01.01.2000 schwerbehindert mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen aG und B, so dass er anerkannterweise stets auf Begleitung angewiesen sei und nicht ohne weiteres erhebliche Wegstrecken zurücklegen und Termine ohne vorherige Terminsabsprachen wahrnehmen könne. Hierzu hat er ein ärztliches Attest des behandelnden Arztes Dr. Heck vom 29.01.2007 vorgelegt, in welchem u.a. ausgeführt wird, zumindest im Jahr 2003 sei der Kläger durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Entsprechende Bescheinigungen seien auf Wunsch des Klägers nicht ausgestellt worden, da dieser versucht habe, von zu Hause aus eine berufliche Existenz aufzubauen. In einer weiteren Stellungnahme vom 25.04.2007 hat der Kläger vorgetragen, wegen des Erschöpfungszustandes Anfang 2004 habe er keinen Arzt konsultiert. Die notwendigen Medikamente habe ihm seine Frau besorgt. Lediglich zu einer Nachsorgeuntersuchung habe er Ende Februar 2004 die Medizinische Klinik Böblingen aufgesucht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. April 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. Mai 2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages nach § 140 SGB III zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, im Fax vom 10.03.2004 habe der Kläger hinsichtlich seiner Arbeitsfähigkeit angegeben, nach einem Eingriff Ende Juni 2003 sei eine deutliche Besserung eingetreten. Inzwischen sei er mit Einschränkungen wieder voll arbeitsfähig. Die vorgelegte Bescheinigung des behandelnden Arztes beziehe sich lediglich auf das Jahr 2003. Es seien deshalb keine gesundheitlichen Gründe ersichtlich, die einer persönlichen Arbeitslosmeldung entgegengestanden hätten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Zwar sind bei einem sogenannten Höhenstreit im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) regelmäßig Grund und Höhe des Arbeitslosengeld-Anspruchs in vollem Umfang zu überprüfen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Kläger seine Klage ausdrücklich auf die Anfechtung der Minderung selbst beschränkt (BSG, Urteil vom 18.08.2005 - B 7a AL 4/05 R - in juris). Eine solche Beschränkung ist vorliegend erfolgt. Insbesondere hat der Kläger die zunächst auch bezüglich der Höhe des Bemessungsentgelts erhobene Klage nicht weiter verfolgt und nur noch die Aufhebung der Minderung wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung geltend gemacht.

Die so gefasste Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht eine Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung festgesetzt.

Nach § 37b SGB III in der vom 01.01.2004 bis 31.12.2005 geltenden Fassung sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird. Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt bei einem Bemessungsentgelt über 100,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung 50,00 EUR. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen zwei und drei ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird (§ 140 SGB III in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung).

Die Voraussetzungen für die Minderung nach § 140 SGB III sind vorliegend erfüllt. Der Kläger war nach § 37b SGB III verpflichtet, sich arbeitsuchend zu melden (1.); er ist dieser Verpflichtung nicht unverzüglich nachgekommen (2.); die verspätete Meldung ist vom Kläger auch zu vertreten (3.).

1. Die Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsuchendmeldung entsteht nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts des Versicherungspflichtverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete vorliegend aufgrund der arbeitgeberseitigen Kündigung vom 21.01.2004 und damit nach Inkrafttreten des § 37b SGB III. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber bereits im Jahr 2003 und damit noch vor Inkrafttreten der ursprünglichen Fassung des § 37b SGB III zum 01.07.2003 erstmals eine Kündigung ausgesprochen hatte, da er diese wieder zurückgenommen hat. Das Entstehen der Meldepflicht hängt auch nicht davon ab, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird, wie § 37b Satz 3 SGB III unmissverständlich klarstellt.

2. Der Kläger ist der Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung nicht nachgekommen. Der Arbeitsuchende muss sich danach sofort nach Kenntnis der bevorstehenden Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der Agentur für Arbeit melden (Brand in Niesel, SGB III, 3. Aufl., § 37b Rn. 4). Das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 21.01.2004 mit dem entsprechenden Hinweis auf die unverzügliche Meldung bei der Beklagten ist beim Bevollmächtigten des Klägers am 22.01.2004 eingegangen und dem Kläger selbst am 24.01.2004 zugegangen. Zur Überzeugung des Gerichts ergibt sich dies aus dem weiteren Eingangsstempel "Eingegangen 24. Jan. 2004", der auf dem Kündigungsschreiben neben dem Eingangsstempel des Bevollmächtigten des Klägers aufgebracht ist. Der Kläger hat zwar vorgetragen, das Kündigungsschreiben erst am 03.02.2004 erhalten zu haben. Offensichtlich ist ihm hierbei jedoch eine Verwechslung mit der ein Jahr zuvor mit Schreiben vom 31.01.2003 ausgesprochenen Kündigung unterlaufen. Er hat nämlich angegeben, die erneute, diesmal formgerechte Kündigung sei auf den 31.01.2004 datiert. Eine auf den 31.01.2004 datierte Kündigung existiert jedoch nicht, lediglich eine auf den 31.01.2003 datierte Kündigung. Zudem hat der Kläger auf der Kündigung vom 31.01.2003 handschriftlich vermerkt, es stimme nicht, dass die Kündigung persönlich am 31.01.2003 übergeben worden sei. Ein Zugang der ersten Kündigung am 03.02.2003 ist vorliegend aber unbeachtlich.

Erst mit Fax vom 10.03.2004 hat er sich bei der Beklagten gemeldet und mit der Bitte um einen Termin für die Beratung mitgeteilt, er sei ab 01.05.2004 arbeitslos und beabsichtige, sich selbständig zu machen. Er hat sich damit nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet.

3. Der Kläger hatte auch Kenntnis von der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung. Die Verletzung der in § 37b SGB III normierten Obliegenheit setzt ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus. Rechtlicher Ansatzpunkt hierfür ist § 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der eine Legaldefinition der Unverzüglichkeit enthält. Danach ist ein Verstoß gegen die Obliegenheit, sich arbeitsuchend zu melden, nur dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten ohne schuldhaftes Zögern gehandelt hat. Hat der Arbeitslose keine Kenntnis von der Obliegenheit gehabt, sich unverzüglich zu melden, ist allerdings zu prüfen, ob ihm die Unkenntnis im Sinne eines Fahrlässigkeitsvorwurfs vorgehalten werden kann (BSG, Urteil vom 18.08.2005 - B 7a/7 AL 94/04 R - SozR 4-4300 § 140 Nr. 2).

Zwar hatte der Kläger nicht bereits aufgrund seiner früheren Kontakte mit der Beklagten Kenntnis von der Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung. Er hat hierzu glaubhaft vorgetragen, dass er ihm Jahr 2003 - entsprechend der damals geltenden Rechtslage - die Auskunft erhalten hat, es reiche aus, wenn er sich ca. vier Wochen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit melde.

Er hätte jedoch aufgrund der Hinweise im Kündigungsschreiben wissen müssen, dass er verpflichtet ist, sich "unverzüglich" arbeitsuchend zu melden. Bei dieser Meldung handelt es sich wie bei der Arbeitslosmeldung um eine reine Tatsachenerklärung, mit der der künftige Arbeitslose angibt, dass er ab dem Tag nach dem Ende des Versicherungspflichtverhältnisses eine Beschäftigung sucht. Das BSG hat hierzu ausgeführt, der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der künftige Arbeitslose nicht die Freiheit besitze, selbst darüber zu entscheiden, ob er wirklich arbeitsuchend sei. Der Gesetzgeber verlange von dem Arbeitslosen vielmehr diese Erklärung und damit im Grunde auch die innere Bereitschaft zur Aufnahme einer Beschäftigung. Der Arbeitslose könne sich mithin nicht darauf berufen, er müsse sich erst dann arbeitsuchend melden, wenn er tatsächlich gewillt sei, sich vermitteln zu lassen. Wolle man dem Arbeitslosen dieses Recht zugestehen, würde dies dem Ziel der Vorschrift nach einem möglichst nahtlosen Übergang vom Ende eines Pflichtversichersicherungsverhältnisses in ein (neues) Beschäftigungsverhältnis widersprechen (BSG, Urteil, a.a.O.).

Die arbeitgeberseitige Kündigung enthält den eindeutigen Hinweis, sich unverzüglich bei der Arbeitsbehörde zu melden. Soweit der Kläger vorgetragen hat, eine logische Analyse des Hinweises des Arbeitgebers ergebe, dass es sich bei dem Wort "unverzüglich" um einen Fremdkörper in der Formulierung handle, der keine Bedeutung zukomme, zeigt dies lediglich, dass sich der Kläger - zwischenzeitlich - intensiv mit dem Kündigungsschreiben und den darin enthaltenen Hinweisen auseinandergesetzt hat. Sowohl in seiner Widerspruchsbegründung als auch im Klageverfahren hat er jedoch nie geltend gemacht, eine logische Analyse des Hinweises habe für ihn ergeben, der Begriff "unverzüglich" sei als "rechtzeitig" auszulegen. Er hat vielmehr vorgetragen, sich aus allein gesundheitlichen Gründe nicht früher gemeldet zu haben und dem Hinweis im Kündigungsschreiben keinerlei Bedeutung zugemessen zu haben, weil zum damaligen Zeitpunkt das tatsächliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses noch nicht festgestanden habe und der Bevollmächtigte des Arbeitgebers in der Vergangenheit falsche rechtliche Hinweise gegeben habe (SG-Akten Bl. 42).

Es sind auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, weshalb sich der Kläger nicht unverzüglich hätte arbeitsuchend melden können. Insbesondere war er aus gesundheitlichen Gründen nicht an einer unverzüglichen Meldung gehindert. Der behandelnde Arzt Dr. Heck hat lediglich für das Jahr 2003 eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, ohne dass jedoch entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt worden sind. Die hierfür angegebene Begründung, der Kläger sei von zu Hause aus tätig gewesen, um sich eine berufliche Existenz aufzubauen, legt nahe, dass dem Kläger zumindest Tätigkeiten in zeitlich vermindertem Umfang möglich waren. Der Kläger hat auch zu Beginn des Jahres 2004 keinen Arzt konsultiert und befand sich lediglich im Februar 2004 zu einer Nachsorgeuntersuchung in der Medizinischen Klinik Böblingen. Zudem hat er im Antrag auf Arbeitslosengeld keine gesundheitlichen Leistungseinschränkungen angegeben und mitgeteilt, er könne die zuletzt ausgeübte Tätigkeit auch weiterhin ausüben. Gründe, die einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten im Februar 2004 entgegengestanden hätten, liegen damit nicht vor.

Die Beklagte hat schließlich den Minderungsbetrag und die Minderungsdauer zutreffend festgesetzt. Hierzu wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass zwischen der Kenntnis des Klägers von der Kündigung am 24.01.2004 und der Meldung per Fax bei der Beklagten am 10.03.2004 mehr als 30 Tage liegen, an denen die Beklagte dienstbereit war. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob dem Kläger bereits die Kenntnis seines Bevollmächtigten vom 22.01.2004 zuzurechnen ist und ob der Kläger bereits mit dem Fax vom 10.03.2004 seiner Obliegenheit zur Arbeitsuchendmeldung nachgekommen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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