Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 P 2525/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4696/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nur noch streitig, ob der Kläger aufgrund eines Neufeststellungsantrags Pflegegeld nach Pflegestufe II im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bereits ab 04. März 2004 beanspruchen kann. Seit dem 01. November 2007 erhält der Kläger Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
Der am 1988 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er leidet an einer chronisch-progredienten Muskeldystrophie mit schlaffer arthropher proximal betonter Tetraparese, an labiler arterieller Hypertonie, an einer Skoliose der Wirbelsäule und an Adipositas. Nach Angaben des Klägers ist das Merkzeichen "H" und "B" festgestellt. Der Hauptanteil an der Pflege und der Hauswirtschaft wird von seiner Mutter (Pflegeperson) übernommen. Der Kläger bezog von der Beklagten seit dem 01. November 1995 Pflegegeld nach der Pflegestufe I (Bescheid vom 18. Dezember 1995). Grundlage hierfür war das Gutachten des Arztes Y. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) vom Dezember 1995 (gesamter Zeitaufwand für die Grundpflege 66 Minuten). Ärztin Dr. Ke. vom MDK bestätigte im Gutachten vom 24. Juni 2003 das Vorliegen der Pflegestufe I (gesamter Zeitaufwand für die Grundpflege 70 Minuten).
Am 04. März 2004 beantragte die Mutter des Klägers für diesen bei der Beklagten die Höherstufung, da sich der Hilfebedarf seit der letzten Begutachtung durch den MDK erhöht habe. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegefachkraft T. vom MDK vom 09. Juni 2004, das aufgrund einer beim Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 24. Mai 2004 durchgeführten Untersuchung erstattet wurde. Darin wurden als pflegebegründende Diagnosen neurogene Muskelathrophie mit raschem Erschöpfungszustand und nächtliche Blasenschwäche genannt. Der Kläger sei 190 cm groß und sein Gewicht betrage ca. 110 kg. Er besuche je einmal wöchentlich Krankengymnastik, Ergotherapie und Logopädie. Die Gutachterin schätzte den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 76 Minuten (bei der Körperpflege 28 Minuten, bei der Ernährung drei Minuten und bei der Mobilität 45 Minuten), wobei sie für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung einen Zeitaufwand von 14 Minuten pro Tag wegen des zweimal wöchentlichen Aufsuchens von Therapieräumen annahm. Für die Hauswirtschaft nahm sie einen täglichen Hilfebedarf von 60 Minuten an. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte die Höherstufung in die Pflegestufe II mit Bescheid vom 14. Juni 2004 ab. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Mutter des Klägers geltend, dass zahlreiche tägliche Hilfestellungen und -leistungen bislang nicht beachtet oder berücksichtigt worden seien. Sie müsse ihn (den Kläger) zu den Therapien fahren und dort auch wieder abholen. Zudem habe er Bedürfnisse im sozialen Bereich, wie z.B. Stadtbummel, Zoo- oder Kinobesuch bzw. Einkaufen. Außerdem legte sie ein Pflegetagebuch für den Zeitraum vom 04. bis 10. Juli 2004 vor. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegefachkraft Kö. und des Dr. W. vom MDK vom 12. November 2004, das aufgrund einer bei dem Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 10. November 2004 durchgeführten Untersuchung erstattet wurde. Die Gutachter schätzten den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 105 Minuten (bei der Körperpflege 58 Minuten, bei der Ernährung vier Minuten und bei der Mobilität 43 Minuten), wobei auch hier ein täglicher Zeitaufwand für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung von 14 Minuten angenommen wurde. Es könne ein leicht erhöhter Hilfebedarf aufgrund des als pflegeerschwerenden Faktors zu berücksichtigenden Übergewichts festgestellt werden. Die Zeitangaben im Pflegetagebuch seien teilweise überzogen, was mit dem Kläger und dessen Mutter besprochen worden sei. Der Zeitaufwand für die Hauswirtschaft betrage 60 Minuten pro Tag. Die Mutter des Klägers erhob mit Schreiben vom 04. Dezember 2004 Einwände gegen das Gutachten und wies zudem darauf hin, dass am 13. Dezember 2004 ein Termin im Muskelzentrum Freiburg vereinbart sei und sie nach diesem Termin weitere Unterlagen vorlegen werde.
Am 23. Februar 2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Untätigkeitsklage, mit der er die Verpflichtung der Beklagten begehrte, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Juni 2004 zu bescheiden (S 1 P 635/05). Die Beklagte trat der Klage entgegen und teilte mit, der Widerspruchsausschuss werde in der Sitzung am 14. April 2005 über den Widerspruch entscheiden. In dieser Sitzung gelangte der Widerspruchsausschuss jedoch zu der Auffassung, dass der MDK erneut zu hören sei. Die Beklagte zog deshalb die sozialmedizinische Stellungnahme der Pflegefachkraft Kö. vom MDK vom 02. Mai 2005 bei. Danach sei wegen Übergewichts und Schweißbildung zweimal täglich Duschen anerkannt worden. Vom Kläger seien zweimal täglich Stuhlentleerung und Abwischen durch die Mutter angegeben worden sowie Stoffwindelwechsel nachts. Beim Ordnen der Bekleidung nach den Ausscheidungen könne der Kläger mithelfen. Tagsüber werde die Toilette selbstständig aufgesucht. Das Säubern des Toilettenumfeldes bei Verschmutzung übernehme die Mutter. Im Bereich der Mobilität seien im Gutachten zwei Minuten weniger anerkannt worden, da der Kläger zuvor ein Stützkorsett getragen habe, welches derzeit nicht mehr benötigt werde. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2005 unter Hinweis auf die Gutachten vom 09. Juni und 12. November 2004 zurück. Der Kläger erklärte die Untätigkeitsklage mit Schreiben vom 08. August 2005 für erledigt.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2005 erhob der Kläger am 04. Juli 2005 Klage beim SG (S 10 P 2525/05). Er sei schwerpflegebedürftig, da er bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten Hilfe benötige. Dies ergebe sich aus der Widerspruchsbegründung seiner Mutter und aus dem eingereichten Pflegetagebuch. Der Pflege- und Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten weiter verschlechtert. In die bisherigen Begutachtungen seien weder der Hilfebedarf für den Stuhlgang noch das Übergewicht als pflegeerschwerender Faktor eingeflossen. Zudem habe sich der nächtliche Hilfebedarf erhöht. Seine Mutter müsse inzwischen nahezu in jeder Nacht drei- bis viermal aufstehen, um ihm beim nächtlichen Stuhlgang zu helfen, die Windeln zu wechseln und ihn gegebenenfalls auch zu waschen.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakte entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Chefarzt Dr. F. von der A. W.-Klinik (Fachklinik für neurologische und orthopädische Rehabilitation) teilte mit (Auskunft vom 04. November 2005), der Kläger sei vom 07. August bis 03. September 2005 stationär behandelt worden. Der Barthel-Index, aus welchem sich die beim Kläger erforderlichen Hilfestellungen ergäben, habe bei Aufnahme und Entlassung des Klägers 70/100 betragen. Der Kläger benötige teilweise Hilfe beim Einkaufen, Kochen, Wechseln und Waschen von Kleidung und Wäsche, Spülen und Beheizen. Dem Gutachten vom 12. November 2004 stimme er im Wesentlichen zu. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. gab an (Auskunft vom 04. November 2005), der Gesundheitszustand des Klägers habe sich weiter verschlechtert. Die von der Mutter nunmehr angegebenen Pflegezeiten könne er bestätigen. Diese wichen deutlich von der Beurteilung im Gutachten vom 12. November 2004 ab. Beigefügt war eine Aufstellung der Mutter über den Umfang und den geschätzten Zeitaufwand der erforderlichen Hilfe sowie der Entlassungsbericht des Dr. F. vom 07. September 2005.
Ferner erhob das SG das Sachverständigengutachten der Ärztin für Anästhesie/praktische Ärztin Dr. Kü. vom 25. April 2006. Die Sachverständige untersuchte den Kläger am 12. April 2006 in häuslicher Umgebung und schätzte den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf 68 Minuten (auf S. 13 des Gutachtens 70 Minuten angegeben). Insoweit stellte sie einen täglichen Hilfebedarf, bezogen auf die Körperpflege von 44 Minuten, für das Duschen (15 Minuten) und die Unterstützung beim Waschen (zehn Minuten), die Zahn- und Mundpflege (zwei Minuten) für das Kämmen (zwei Minuten), für die Intimhygiene nach der Defäkation (zwölf Minuten) sowie für das zweimal wöchentliche Reinigen des Umfeldes nach Einnässen ins Bett (2 ×10 = 20 × 7 = 3 Minuten) fest. Tagsüber bewältige der Kläger die Toilettenbenutzung zur Miktion völlig selbstständig einschließlich des Richtens der Bekleidung und der Intimhygiene. Eine kurze zusätzliche morgendliche Wäsche von Gesicht, Händen, Achseln und Intimbereich könne vom Kläger zu nicht geringen Teilen selbstständig durchgeführt werden. Für die Ernährung nahm sie einen täglichen Hilfebedarf für die mundgerechte Zubereitung einer warmen Hauptmahlzeit (zwei Minuten) an. Ferner bejahte die Sachverständige täglichen Hilfebedarf bei der Mobilität von 22 Minuten, nämlich für das Absenken bzw. wieder Schließen des zur Sicherheit angebrachten Bettgitters (4 × 2 = 8 Minuten), für die Teilübernahme des An- und Auskleidens (zwölf Minuten) sowie für die Herunter- bzw. Heraufbeförderung des Rollstuhls wegen Fahrten zur Therapie (4 × 3 = 12 ÷ 7 = 2 Minuten). Der Umstand, dass etwa nach dem Schwimmen mehr Hilfe erforderlich sei, stelle nicht die Regel dar und sei daher für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit nicht relevant. Gehen und Stehen seien - teilweise mit Hilfsmitteln - selbstständig möglich. Das Verlassen der Wohnung sei im Elektrorollstuhl oder mit einem Taxi selbstständig möglich. Die Kriterien der Pflegestufe II seien bei weitem nicht erfüllt und ein Grenzfall liege nicht vor. Der aktuell festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Mobilität sei gegenüber den bisherigen Gutachten deutlich geringer. Im Gutachten vom 09. Juni 2004 sei ein Zeitaufwand für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung von 14 Minuten, d.h. ca. 50 Minuten pro Anlass, angenommen worden. Dies sei bei dem damals gerade 16-jährigen Kläger noch plausibel gewesen. Der inzwischen aber bereits knapp 18-jährige Kläger benötige zum Verlassen der Wohnung (nur) noch die Hilfestellung beim Verladen des Rollstuhls ins Taxi. Dies sei hier angerechnet worden. Inzwischen sei eine vollständige Begleitung mit Sicherheit nicht mehr notwendig. Schulbesuche, Einkäufe, Stadtbummel oder die Teilnahme am gesellschaftlichen oder kulturellen Leben könnten zur Ermittlung der Pflegestufe nicht berücksichtigt werden. Eine ständige Beaufsichtigung wegen Sturzgefahr sei nicht erforderlich und finde in der Schule auch nicht statt. Wege der Mutter des Klägers in die Schule zur Hilfeleistung bei der Intimhygiene nach Defäkation könnten nicht berücksichtigt werden, da derartige Hilfeleistungen bereits angerechnet worden seien. Der geltend gemachte drei- bis viermalige nächtliche Hilfebedarf sei nicht nachvollziehbar. Die selbstständige Verwendung einer Urinflasche zur Miktion sei durchaus möglich, wie auch der Kläger und dessen Mutter eingeräumt hätten. Sie seien nur noch nicht auf diese Idee gekommen. Einmaliger nächtlicher Hilfebedarf bei Stuhlgang sei angerechnet worden. Die Wege zum Schwimmen und zum Rollstuhlsport könnten zur Ermittlung des Grundpflegebedarfs nicht angerechnet werden. Allerdings bestehe die Prognose einer voraussichtlich fortschreitenden Verschlechterung der Muskelkraft des Klägers. Der Kläger trat dem Gutachten unter Vorlage eines Schreibens seiner Mutter vom 10. Mai 2006 entgegen, in dem dargelegt wurde, dass zahlreiche Verrichtungen im Gutachten nicht bzw. unzureichend beachtet und berücksichtigt worden seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 09. August 2006 wies das SG die Klage ab. Der erforderliche Hilfebedarf der Pflegestufe II werde im Bereich der Grundpflege nicht erreicht. Dies ergebe sich aus den Gutachten des MDK vom 09. Juni und 12. November 2004 sowie aus dem Gutachten der Dr. Kü. vom 25. April 2006. Danach liege der Gesamtpflegeaufwand der Grundpflege bei 70 Minuten pro Tag. Damit würden die zeitlichen Kriterien der begehrten Pflegestufe II bei weitem nicht erfüllt. Maßgeblich sei nicht die Art und Schwere der Erkrankung oder der Behinderung sondern allein der konkret daraus resultierende Umfang der notwendigen Hilfeleistungen im Bereich der vom Gesetzgeber abschließend als pflegebegründend definierten Verrichtungen. Dies werde vom Kläger bzw. dessen Mutter offenkundig verkannt oder nicht gesehen. So würden Verrichtungen und pflegende Leistungen in erheblichem Umfang aufgeführt werden, die bei der Ermittlung der Pflegestufe nicht zu berücksichtigen seien. Von maßgeblicher Bedeutung seien die Begutachtungs-Richtlinien, welche von Dr. Kü. korrekt und zutreffend angewandt worden seien. Der festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Mobilität sei nunmehr deutlich geringer, da der inzwischen erwachsene Kläger zum Verlassen der Wohnung nur noch die Hilfestellung beim Verladen des Rollstuhls ins Taxi benötige. Dies sei angerechnet worden, obgleich all diese Faktoren nicht pflegestufenrelevant seien. Anrechenbar seien nur solche Anlässe zum Verlassen der Wohnung, die zur Aufrechterhaltung des Lebens im häuslichen Umfeld unumgänglich seien und das persönliche Erscheinen des Betroffenen verlangten, in der Regel Arzt- und Therapietermine. Anderweitige Anlässe zum Verlassen der Wohnung, wie etwa Schulbesuche, Einkäufe, Stadtbummel oder wegen der Teilnahme am gesellschaftlichen oder kulturellen Leben, könnten zur Ermittlung der Pflegestufe nicht berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die Konsultation der Beratungslehrerin und des Schulpsychologen in der Schule bzw. für die Beschaffung passender Kleidung. Des Weiteren sei von Dr. Kü. die Hilfeleistung bei der Intimhygiene nach Defäkation bereits zu Gunsten des Klägers in ungewöhnlich hohem Maße angerechnet worden. Die nächtliche selbstständige Verwendung einer Urinflasche zur Miktion sei durchaus möglich. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne einer Verschlimmerung sei mithin nicht eingetreten.
Gegen den am 15. August 2006 mit Einschreibebrief zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14. September 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er sei schwerpflegebedürftig, zumal die allgemeinen Erschöpfungszustände zugenommen hätten. Er könne längere Wegstrecken nicht mehr bewältigen und müsse seit Dezember 2003 einen elektrisch betriebenen Rollstuhl nutzen. Er sei nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe selbst an- und auszuziehen. Zum Öffnen von Verschlüssen, beispielsweise Schließen von Knöpfen oder Reißverschlüssen, sei er auf fremde Hilfe angewiesen. Des Weiteren müsse er mehrmals wöchentlich Therapietermine wahrnehmen (u.a. Bewegungsbad). Hierzu werde er von seiner Mutter begleitet, da er nicht in der Lage sei, sich selbst auszuziehen, anschließend abzutrocknen und wieder anzuziehen. Bei allen Therapien (Ergo- und Physiotherapie sowie Reha-Sport) handle es sich um ärztlich verordnete Therapien, die wöchentlich (Reha-Sport zweiwöchentlich) erfolgten. Die Fahrkosten würden von der Beklagten erstattet. Die Fahrzeit nach K. hin und zurück sei nicht unerheblich und seine Pflegeperson könne in dieser Zeit keine anderen Besorgungen machen, da er auch bei den Therapien (beim An- und Ausziehen sowie beim Toilettengang) Hilfe benötige. Des Weiteren sei es vor kurzem zu einem Abszess am Steißbein gekommen, weshalb er täglich zum Verbandswechsel zum Arzt habe gehen müssen. Derartiges könne immer wieder auftreten. Zur weiteren Begründung hat der Kläger das ärztliche Attest des Dr. G. vom 21. September 2006, wonach Rollstuhlsport und das Bewegungsbad aufgrund der eingeschränkten Lungenfunktion medizinisch indiziert seien, eine Aufstellung von Rechnungen und Fahrstrecken zu den Therapien (Fahrstrecken: Ergotherapie 4,5 km, Physiotherapie 0,7 km, Rollstuhlsport 13,2 km und Bewegungsbad 12,6 km), den Bescheid der DAK K. vom 24. August 2006 hinsichtlich der Übernahme von Fahrkosten in Höhe von EUR 188,45, den Entlassungsbericht des Dr. F. vom 24. August 2006 und den Befundbericht des Oberarztes Dr. B. (Universitätsklinikum M., Bewegungsambulanz der Neurologischen Klinik) vom 04. Dezember 2006, wonach die Notwendigkeit bestehe, das Gewicht zu reduzieren, weshalb die Teilnahme an der Physiotherapie und dem Rollstuhl-Baskettball sinnvoll sei, vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2005 zu verurteilen, ihm auch vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend und hat nachdem der Kläger einen weiteren Höherstufungsantrag gestellt hat - das Gutachten der Pflegefachkraft Z. vom MDK vom 18. Dezember 2007 vorgelegt, das aufgrund einer bei dem Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 17. Dezember 2007 durchgeführten Untersuchung erstattet worden ist. Die Gutachterin hat im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 100 Minuten pro Tag festgestellt, acht Minuten für Teilwäsche Unterkörper, sechs Minuten für Teilwäsche Hände/Gesicht, dreizehn Minuten für Duschen, fünf Minuten für Baden, zwei Minuten für Zahnpflege, zwei Minuten für Kämmen, drei Minuten für Rasieren, drei Minuten für Stuhlgang, zwölf Minuten für Richten der Bekleidung, sechs Minuten für mundgerechte Zubereitung der Hauptmahlzeit, zwei Minuten für das Aufstehen/Zubettgehen, eine Minute für das Umlagern, acht Minuten für das Ankleiden gesamt, sechs Minuten für das Ankleiden Ober-/Unterkörper, vier Minuten für das Entkleiden gesamt, drei Minuten für das Entkleiden Ober-/Unterkörper, sechs Minuten für das Gehen, sieben Minuten für das Stehen und drei Minuten für das Treppensteigen. Weiterhin hat die Beklagte das Gutachten der Pflegefachkraft T. vom MDK vom 28. April 2008 vorgelegt, das im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens aufgrund einer bei dem Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 22. April 2008 durchgeführten Untersuchung erstattet worden ist. Die Gutachterin hat im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 123 Minuten festgestellt, 14 Minuten für die Teilwäsche Unterkörper, 15 Minuten für Duschen, fünf Minuten für Baden, sechs Minuten für Zahnpflege, zwei Minuten für Kämmen, drei Minuten für Rasieren, drei Minuten für Stuhlgang, 16 Minuten für das Richten der Bekleidung, neun Minuten für die mundgerechte Zubereitung der Hauptmahlzeit, vier Minuten für das Aufstehen/Zubettgehen, drei Minuten für das Umlagern, acht Minuten für das Ankleiden gesamt, sechs Minuten für das Ankleiden Ober-/Unterkörper, vier Minuten für das Entkleiden gesamt, drei Minuten für das Entkleiden Ober-/Unterkörper, sechs Minuten für das Gehen, zehn Minuten für das Stehen (Transfer), drei Minuten für das Treppensteigen und drei Minuten für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung. Wegen rascher Ermüdung würden die pflegerischen Tätigkeiten nunmehr vollständig übernommen. Sowohl das Nachputzen der Zähne als auch die Rasur bzw. das Kämmen würden vollständig übernommen. Der Kläger gehe in kurzen Abständen auf die Toilette, um nicht so häufig einzunässen. Eine zusätzliche Intimhygiene sei notwendig, da der Kläger eine empfindliche Haut habe und zeitweise einnässe. Bei der Mobilität sei die Begleitung zu den Therapien, die Bewältigung der Treppe und der Weg zum Auto sowie die Hilfe beim Ein- und Ausstieg zu berücksichtigen. Aufgrund der Größe und des Gewichts des Klägers bestehe ein größerer Pflegeaufwand. Sämtliche Transfers erfolgten nur mit Hilfe der Mutter. Ein höherer Zeitaufwand könne daher seit November 2007 gewürdigt werden. Des Weiteren hat die Beklagte den Bescheid vom 02. Mai 2008 vorgelegt, mit welchem sie dem Kläger ab dem 01. November 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II gewährt hat.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Ihm steht in der Zeit vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 kein Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu.
1. Streitgegenständlich ist im Berufungsverfahren nur noch die Frage, ob dem Kläger auch in der Zeit vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zusteht. Denn die Beklagte gewährt dem Kläger ab dem 01. November 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II (Bescheid vom 02. Mai 2008).
Der Bescheid vom 02. Mai 2008 ist nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, denn dieser Bescheid ändert oder ersetzt den (ablehnenden) Bescheid, dem im Übrigen keine Dauerwirkung zukommt (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 58, 27), vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2005 nicht, sondern trifft auf der Grundlage eines erneuten (Höherstufungs-)Antrags des Klägers eine Regelung ab dem 01. November 2007.
2. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass sich der Hilfebedarf des Klägers im Bereich der Grundpflege im Vergleich zu denjenigen Verhältnissen, die bei der (nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen) letzten bescheidmäßigen Feststellung der Beklagten vom 18. Dezember 1995, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I gegeben seien, vorgelegen hatten, nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) in der Weise geändert hat, dass in der Zeit vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 der tägliche Hilfebedarf bei den einstufungsrelevanten Verrichtungen der Grundpflege mindestens 120 Minuten betrug.
2.1. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass das Ausmaß des Pflegebedarfs nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen ist. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen kommt es zudem allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege an. Der Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI ist abschließend; sonstige dort nicht genannte Tätigkeiten können keine Berücksichtigung finden. Die Zeitkorridore, die die auf der Ermächtigung des § 17 SGB XI beruhenden Begutachtungs-Richtlinien vom 21. März 1997 in der Fassung vom 11. Mai 2006 enthalten, können für die dem Normalfall entsprechenden Pflegemaßnahmen als "Orientierungswerte" zur Pflegezeitbemessung dienen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 15). Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.
2.1.1. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das SG zutreffend entschieden, dass bei dem Kläger ab dem 04. März 2004 (bis 31. Oktober 2007) kein Hilfebedarf bei der Grundpflege von täglich mehr als 120 Minuten bestand. Auch der Senat vermag im Hinblick auf die urkundenbeweislich zu verwertenden MDK-Gutachten vom 09. Juni 2004 (Pflegefachkraft T.) und vom 12. November 2004 (Pflegefachkraft Kö. und Dr. W.), in denen der grundpflegerische Hilfebedarf mit täglich 76 bzw. 105 Minuten eingeschätzt wurde, sowie im Hinblick auf das Sachverständigengutachten der Dr. Kü. vom 25. April 2006, in welchem der grundpflegerische Hilfebedarf mit täglich 68 Minuten eingeschätzt wurde, nicht festzustellen, dass der Hilfebedarf bei dem Kläger im Bereich der Grundpflege im Zeitraum vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 einen Zeitbedarf von 120 Minuten pro Tag überstieg.
Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Kü. bestand ein täglicher Hilfebedarf bei der Grundpflege von 68 Minuten. Hiervon entfielen auf die Körperpflege 44 Minuten, für das Duschen (15 Minuten) und die Unterstützung beim Waschen (zehn Minuten), die Zahn- und Mundpflege (zwei Minuten), für das Kämmen (zwei Minuten), für die Intimhygiene nach der Defäkation (zwölf Minuten) sowie für das zweimal wöchentliche Reinigen des Umfelds nach Einnässen ins Bett (2 ×10 = 20 ÷ 7 = 3 Minuten). Auf die Ernährung entfiel ein täglicher Hilfebedarf für die Zubereitung einer warmen Hauptmahlzeit (zwei Minuten) sowie auf die Mobilität von 22 Minuten, für das Absenken bzw. wieder Schließen des zur Sicherheit angebrachten Bettgitters (4 × 2 = 8 Minuten), für die Teilübernahme des An- und Auskleidens (zwölf Minuten) sowie für die Herunter- bzw. Heraufbeförderung des Rollstuhls wegen Fahrten zur Therapie (4 × 3 = 12 ÷7 = 2 Minuten). Die vom Kläger gegen die Sachverständige erhobenen Einwendungen greifen - wie bereits das SG im angefochtenen Urteil ausgeführt hat - nicht durch. Für die Beurteilung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege kommt es auch nicht darauf an, welche Gebietsbezeichnung die Sachverständige führt. Die Einschätzung der Dr. Kü. ist mit dem Ergebnis des im Verwaltungsverfahren erhobenen Gutachtens der Pflegefachkraft T. vom 09. Juni 2004 nahezu identisch. Zwar schätze Pflegefachkraft Kö. und Dr. W. bzw. Pflegefachkraft Z. in den Gutachten vom 12. November 2004 bzw. 18. Dezember 2007 den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 105 bzw. 100 Minuten. Auch hiernach bestand aber nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI der für die Pflegestufe II notwendige Zeitaufwand für die Grundpflege von mindestens 120 Minuten nicht.
2.1.2. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, er könne längere Wegstrecken nicht mehr bewältigen (seit Dezember 2003 Nutzung eines elektrisch betriebenen Rollstuhls) und sei nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe selbst an- und auszuziehen, weist der Senat darauf hin, dass dies in den Gutachten der Pflegefachkraft T. vom 09. Juni 2004 (Hilfebedarf bei der Mobilität 45 Minuten), der Pflegfachkraft Kö. und des Dr. W. vom 12. November 2004 (Hilfebedarf bei der Mobilität 43 Minuten), der Sachverständigen Dr. Kü. (Hilfebedarf bei der Mobilität 22 Minuten) und der Pflegefachkraft Z. vom 18. Dezember 2007 (Hilfebedarf bei der Mobilität 40 Minuten) berücksichtigt worden ist. Insbesondere wurde jeweils die Hilfe beim An- und Auskleiden berücksichtigt.
2.1.3. Der für die Pflegestufe II notwendige Zeitumfang wird in dem hier noch streitigen Zeitraum (04. März 2004 bis 31. Oktober 2007) auch nicht dadurch erreicht, dass der Kläger zweimal wöchentlich zur Ergo- und Physiotherapie gefahren wird.
Hilfe bei der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung ist als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG SozR 2-3300 § 14 Nr. 5 m.w.N.). Dazu zählen Arztbesuche, aber auch Wege zur Krankengymnastik, zum Logopäden oder zur Ergotherapie, soweit sie der Behandlung einer Krankheit dienen (vgl. BSG SozR 4-3300 § 15 Nr. 1 m.w.N.). Nicht zu berücksichtigen hingegen ist die Begleitung zur Behindertenwerkstatt (vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr.2), zur Arbeitsstätte (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6), zur logopädischen Schulung (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 8), auf dem Schulweg (vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr. 8), zum Gottesdienst (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 16) oder zu einer Arzneimittelstudie (BSG, Urteil vom 18. September 2008 - B 3 P 5/07 R - = veröffentlicht in juris). Maßnahmen der sozialen oder beruflichen Rehabilitation sind daher nicht zu berücksichtigen (BSG SozR 4-3300 § 15 Nr. 1). Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall, dass eine ärztliche Verordnung vorliegt und der Pflegeaufwand mindestens einmal wöchentlich anfällt (BSG a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund kann der Zeitaufwand für den Besuch des Rollstuhlsports und des Bewegungsbads nicht berücksichtigt werden. Zwar hat Dr. G. in seinem ärztlichen Attest vom 21. September 2006 angegeben, dass der Rollstuhlsport und das Bewegungsbad aufgrund der eingeschränkten Lungenfunktion medizinisch indiziert sei. Eine Berücksichtigung des für die Fahrt zum Rollstuhlsport (vom Kläger selbst als "Reha-Sport" bezeichnet) notwendigen Zeitaufwands scheitert - unabhängig davon, dass es sich hierbei nicht um die Behandlung einer Krankheit handelt - bereits daran, dass der Rollstuhlsport nicht wöchentlich, sondern vielmehr nur zweiwöchentlich stattfindet. Der Zeitaufwand für das wöchentliche Bewegungsbad kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden, weil hierbei eindeutig die Rehabilitation und nicht die Behandlung einer Krankheit im Vordergrund steht.
Soweit der Kläger zweimal wöchentlich die Ergo- bzw. Physiotherapie in Karlsruhe besucht, kann hierfür - zusätzlich zu dem von der Sachverständigen Dr. Kü. ermittelten Zeitaufwand - nur ein Zeitaufwand von drei Minuten täglich anerkannt werden. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten der Pflegefachkraft T. vom 28. April 2008. Pflegefachkraft T. schätzte den täglichen Zeitaufwand für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung auf drei Minuten täglich. Rechnet man dies um (3 × 7 = 21 ÷ 2) ergibt sich, dass ein Hilfebedarf von 10,5 Minuten zweimal wöchentlich besteht. Dies entspricht einem Fahraufwand von jeweils ca. fünf Minuten. Dies hält der Senat - auch wenn in den Gutachten der Pflegefachkraft T. vom 09. Juni 2004 und der Pflegefachkraft Kö. und des Dr. W. vom 12. November 2004 ein Zeitaufwand von 14 Minuten täglich für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung angenommen wurde - für nachvollziehbar und schlüssig. Denn aus der im Berufungsverfahren vorgelegten Aufstellung über die Fahrkosten (Bl. 24 der LSG-Akte) ergibt sich, dass die Fahrstrecke zur Ergotherapie 4,5 km und die Fahrstrecke zur Physiotherapie nur 0,7 km beträgt. Ein höherer Zeitaufwand kann bei diesen kurzen Fahrstrecken nicht anerkannt werden.
Zwar besteht auch die Möglichkeit, eine zwangsläufig anfallende Wartezeit der Begleitperson zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 10). Dies gilt allerdings nur, soweit die Pflegeperson während dieser Zeit im Allgemeinen keiner Tätigkeit nachgehen kann, der sie sich widmen würde, wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (BSG a.a.O.). Der Kläger hat im Berufungsverfahren zwar vorgetragen, dass er vor und während der Therapien (beim An- und Ausziehen und beim Toilettengang) Hilfe benötige. Der Senat konnte sich jedoch nicht davon überzeugen, dass eine Begleitung des Klägers zur Ergo- bzw. Physiotherapie tatsächlich notwendig ist. Der Senat stützt sich zum einen auf die diesbezügliche Einschätzung der Sachverständigen Dr. Kü. in ihrem Gutachten vom 25. April 2006, wonach der Kläger zum Verlassen der Wohnung nur noch die Hilfestellung beim Verlassen des Rollstuhls ins Taxi benötigt und eine notwendige vollständige Begleitung nicht mehr notwendig ist (von ihr angenommener Hilfebedarf: täglich zwei Minuten [4 × 3 = 12 ÷ 7 = 2]), und zum anderen auf die Aussage auf die Mutter des Klägers in ihrem Widerspruchsschreiben vom 14. Juli 2004. In diesem Schreiben hat die Mutter des Klägers angegeben, dass sie den Kläger zu den Therapien fährt und ihn danach wieder abholt (Bl. 24 der Verwaltungsakte). Insofern ist nicht zu erkennen, dass die Mutter des Klägers als Begleitperson während der Therapie anwesend ist, sodass Wartezeiten nicht berücksichtigt werden können. Im Übrigen ist die Praxis für die Ergotherapie nur 0,7 km von der Wohnung des Klägers entfernt, so dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Mutter des Klägers als Begleitperson während der Behandlungszeit im Allgemeinen keiner Tätigkeit nachgehen könnte, der sie sich widmen würde, wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde.
Nachdem sowohl Pflegefachkraft T. in ihrem Gutachten vom 09. Juni 2004 als auch Pflegefachkraft Kö. und Dr. W. in ihrem Gutachten vom 12. November 2004 bereits einen Zeitaufwand von 14 Minuten täglich für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung angenommen haben, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der vom Senat für erforderlich gehaltenen drei Minuten für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung wegen der Therapiebesuche lediglich ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von insgesamt 71 Minuten (Gutachten der Sachverständigen Dr. Kü. vom 25. April 2006, die diesbezüglich nur zwei Minuten wegen der Beförderung des Rollstuhls für notwendig erachtet hat). Damit wird der im noch streitigen Zeitraum für die Pflegestufe II notwendige Zeitumfang nicht erreicht.
2.1.3. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den sachverständigen Zeugenauskünften. Dr. F. hat sich in seiner Auskunft vom 04. November 2005 ausdrücklich dem Gutachten der Pflegefachkraft Kö. und des Dr. W. vom 12. November 2004 angeschlossen. Soweit Dr. G. in seiner Auskunft vom 04. November 2005 davon ausgeht, dass die von der Mutter angegebenen Pflegezeiten zuträfen, weist der Senat darauf hin, dass der von der Mutter des Klägers angegebene wesentlich höhere Zeitaufwand ersichtlich auf einen subjektiven Maßstab beruht. Wie bereits dargelegt, ist das Ausmaß des Pflegebedarfs jedoch nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Aus dem Entlassungsbericht des Dr. F. vom 24. August 2006 und dem Befundbericht des Dr. Ba. vom 04. Dezember 2006 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereits im Zeitraum vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt hat. Aus dem Entlassungsbericht des Dr. F. folgt vielmehr, dass eine Stabilisierung in der Krankheitsprogredienz und eine verbesserte beidseitig Armhebung mit gesteigerter Belastbarkeit durch die stationäre Rehabilitationsmaßnahme (vom 02. Juli bis 05. August 2006) erreicht werden konnte. Dr. Ba. empfahl in seinem Befundbericht im Wesentlichen weiterhin an einer Physiotherapie und im Rollstuhl-Basketball teilzunehmen.
2.2. Auch die von der Beklagten aufgrund des Gutachtens der Pflegefachkraft T. vom 28. April 2008 ab 01. November 2007 angenommene (zeitlich) knappe Überschreitung des für die Pflegestufe II notwendigen Zeitaufwands für die Grundpflege von 120 Minuten spricht im Übrigen nicht dafür, dass sich der Hilfebedarf bei der Grundpflege in zeitlicher Hinsicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt geändert hat. Vielmehr kommt dadurch der progrediente Verlauf der Erkrankung des Klägers zum Ausdruck, mit einer allmählichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands und der verminderten Fähigkeit, bei den Verrichtungen der Grundpflege noch selbstständig tätig zu sein. Dies wird belegt durch die Ausführungen der Pflegefachkraft T., dass ab diesem Zeitpunkt die meisten pflegerischen Tätigkeiten wegen der raschen Ermüdung des Klägers vollständig von der Pflegeperson übernommen werden müssten. Entsprechende Feststellungen sind in keinem der vorangegangenen Gutachten enthalten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nur noch streitig, ob der Kläger aufgrund eines Neufeststellungsantrags Pflegegeld nach Pflegestufe II im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bereits ab 04. März 2004 beanspruchen kann. Seit dem 01. November 2007 erhält der Kläger Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
Der am 1988 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er leidet an einer chronisch-progredienten Muskeldystrophie mit schlaffer arthropher proximal betonter Tetraparese, an labiler arterieller Hypertonie, an einer Skoliose der Wirbelsäule und an Adipositas. Nach Angaben des Klägers ist das Merkzeichen "H" und "B" festgestellt. Der Hauptanteil an der Pflege und der Hauswirtschaft wird von seiner Mutter (Pflegeperson) übernommen. Der Kläger bezog von der Beklagten seit dem 01. November 1995 Pflegegeld nach der Pflegestufe I (Bescheid vom 18. Dezember 1995). Grundlage hierfür war das Gutachten des Arztes Y. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) vom Dezember 1995 (gesamter Zeitaufwand für die Grundpflege 66 Minuten). Ärztin Dr. Ke. vom MDK bestätigte im Gutachten vom 24. Juni 2003 das Vorliegen der Pflegestufe I (gesamter Zeitaufwand für die Grundpflege 70 Minuten).
Am 04. März 2004 beantragte die Mutter des Klägers für diesen bei der Beklagten die Höherstufung, da sich der Hilfebedarf seit der letzten Begutachtung durch den MDK erhöht habe. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegefachkraft T. vom MDK vom 09. Juni 2004, das aufgrund einer beim Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 24. Mai 2004 durchgeführten Untersuchung erstattet wurde. Darin wurden als pflegebegründende Diagnosen neurogene Muskelathrophie mit raschem Erschöpfungszustand und nächtliche Blasenschwäche genannt. Der Kläger sei 190 cm groß und sein Gewicht betrage ca. 110 kg. Er besuche je einmal wöchentlich Krankengymnastik, Ergotherapie und Logopädie. Die Gutachterin schätzte den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 76 Minuten (bei der Körperpflege 28 Minuten, bei der Ernährung drei Minuten und bei der Mobilität 45 Minuten), wobei sie für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung einen Zeitaufwand von 14 Minuten pro Tag wegen des zweimal wöchentlichen Aufsuchens von Therapieräumen annahm. Für die Hauswirtschaft nahm sie einen täglichen Hilfebedarf von 60 Minuten an. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte die Höherstufung in die Pflegestufe II mit Bescheid vom 14. Juni 2004 ab. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Mutter des Klägers geltend, dass zahlreiche tägliche Hilfestellungen und -leistungen bislang nicht beachtet oder berücksichtigt worden seien. Sie müsse ihn (den Kläger) zu den Therapien fahren und dort auch wieder abholen. Zudem habe er Bedürfnisse im sozialen Bereich, wie z.B. Stadtbummel, Zoo- oder Kinobesuch bzw. Einkaufen. Außerdem legte sie ein Pflegetagebuch für den Zeitraum vom 04. bis 10. Juli 2004 vor. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegefachkraft Kö. und des Dr. W. vom MDK vom 12. November 2004, das aufgrund einer bei dem Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 10. November 2004 durchgeführten Untersuchung erstattet wurde. Die Gutachter schätzten den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 105 Minuten (bei der Körperpflege 58 Minuten, bei der Ernährung vier Minuten und bei der Mobilität 43 Minuten), wobei auch hier ein täglicher Zeitaufwand für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung von 14 Minuten angenommen wurde. Es könne ein leicht erhöhter Hilfebedarf aufgrund des als pflegeerschwerenden Faktors zu berücksichtigenden Übergewichts festgestellt werden. Die Zeitangaben im Pflegetagebuch seien teilweise überzogen, was mit dem Kläger und dessen Mutter besprochen worden sei. Der Zeitaufwand für die Hauswirtschaft betrage 60 Minuten pro Tag. Die Mutter des Klägers erhob mit Schreiben vom 04. Dezember 2004 Einwände gegen das Gutachten und wies zudem darauf hin, dass am 13. Dezember 2004 ein Termin im Muskelzentrum Freiburg vereinbart sei und sie nach diesem Termin weitere Unterlagen vorlegen werde.
Am 23. Februar 2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Untätigkeitsklage, mit der er die Verpflichtung der Beklagten begehrte, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Juni 2004 zu bescheiden (S 1 P 635/05). Die Beklagte trat der Klage entgegen und teilte mit, der Widerspruchsausschuss werde in der Sitzung am 14. April 2005 über den Widerspruch entscheiden. In dieser Sitzung gelangte der Widerspruchsausschuss jedoch zu der Auffassung, dass der MDK erneut zu hören sei. Die Beklagte zog deshalb die sozialmedizinische Stellungnahme der Pflegefachkraft Kö. vom MDK vom 02. Mai 2005 bei. Danach sei wegen Übergewichts und Schweißbildung zweimal täglich Duschen anerkannt worden. Vom Kläger seien zweimal täglich Stuhlentleerung und Abwischen durch die Mutter angegeben worden sowie Stoffwindelwechsel nachts. Beim Ordnen der Bekleidung nach den Ausscheidungen könne der Kläger mithelfen. Tagsüber werde die Toilette selbstständig aufgesucht. Das Säubern des Toilettenumfeldes bei Verschmutzung übernehme die Mutter. Im Bereich der Mobilität seien im Gutachten zwei Minuten weniger anerkannt worden, da der Kläger zuvor ein Stützkorsett getragen habe, welches derzeit nicht mehr benötigt werde. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2005 unter Hinweis auf die Gutachten vom 09. Juni und 12. November 2004 zurück. Der Kläger erklärte die Untätigkeitsklage mit Schreiben vom 08. August 2005 für erledigt.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2005 erhob der Kläger am 04. Juli 2005 Klage beim SG (S 10 P 2525/05). Er sei schwerpflegebedürftig, da er bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten Hilfe benötige. Dies ergebe sich aus der Widerspruchsbegründung seiner Mutter und aus dem eingereichten Pflegetagebuch. Der Pflege- und Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten weiter verschlechtert. In die bisherigen Begutachtungen seien weder der Hilfebedarf für den Stuhlgang noch das Übergewicht als pflegeerschwerender Faktor eingeflossen. Zudem habe sich der nächtliche Hilfebedarf erhöht. Seine Mutter müsse inzwischen nahezu in jeder Nacht drei- bis viermal aufstehen, um ihm beim nächtlichen Stuhlgang zu helfen, die Windeln zu wechseln und ihn gegebenenfalls auch zu waschen.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakte entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Chefarzt Dr. F. von der A. W.-Klinik (Fachklinik für neurologische und orthopädische Rehabilitation) teilte mit (Auskunft vom 04. November 2005), der Kläger sei vom 07. August bis 03. September 2005 stationär behandelt worden. Der Barthel-Index, aus welchem sich die beim Kläger erforderlichen Hilfestellungen ergäben, habe bei Aufnahme und Entlassung des Klägers 70/100 betragen. Der Kläger benötige teilweise Hilfe beim Einkaufen, Kochen, Wechseln und Waschen von Kleidung und Wäsche, Spülen und Beheizen. Dem Gutachten vom 12. November 2004 stimme er im Wesentlichen zu. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. gab an (Auskunft vom 04. November 2005), der Gesundheitszustand des Klägers habe sich weiter verschlechtert. Die von der Mutter nunmehr angegebenen Pflegezeiten könne er bestätigen. Diese wichen deutlich von der Beurteilung im Gutachten vom 12. November 2004 ab. Beigefügt war eine Aufstellung der Mutter über den Umfang und den geschätzten Zeitaufwand der erforderlichen Hilfe sowie der Entlassungsbericht des Dr. F. vom 07. September 2005.
Ferner erhob das SG das Sachverständigengutachten der Ärztin für Anästhesie/praktische Ärztin Dr. Kü. vom 25. April 2006. Die Sachverständige untersuchte den Kläger am 12. April 2006 in häuslicher Umgebung und schätzte den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf 68 Minuten (auf S. 13 des Gutachtens 70 Minuten angegeben). Insoweit stellte sie einen täglichen Hilfebedarf, bezogen auf die Körperpflege von 44 Minuten, für das Duschen (15 Minuten) und die Unterstützung beim Waschen (zehn Minuten), die Zahn- und Mundpflege (zwei Minuten) für das Kämmen (zwei Minuten), für die Intimhygiene nach der Defäkation (zwölf Minuten) sowie für das zweimal wöchentliche Reinigen des Umfeldes nach Einnässen ins Bett (2 ×10 = 20 × 7 = 3 Minuten) fest. Tagsüber bewältige der Kläger die Toilettenbenutzung zur Miktion völlig selbstständig einschließlich des Richtens der Bekleidung und der Intimhygiene. Eine kurze zusätzliche morgendliche Wäsche von Gesicht, Händen, Achseln und Intimbereich könne vom Kläger zu nicht geringen Teilen selbstständig durchgeführt werden. Für die Ernährung nahm sie einen täglichen Hilfebedarf für die mundgerechte Zubereitung einer warmen Hauptmahlzeit (zwei Minuten) an. Ferner bejahte die Sachverständige täglichen Hilfebedarf bei der Mobilität von 22 Minuten, nämlich für das Absenken bzw. wieder Schließen des zur Sicherheit angebrachten Bettgitters (4 × 2 = 8 Minuten), für die Teilübernahme des An- und Auskleidens (zwölf Minuten) sowie für die Herunter- bzw. Heraufbeförderung des Rollstuhls wegen Fahrten zur Therapie (4 × 3 = 12 ÷ 7 = 2 Minuten). Der Umstand, dass etwa nach dem Schwimmen mehr Hilfe erforderlich sei, stelle nicht die Regel dar und sei daher für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit nicht relevant. Gehen und Stehen seien - teilweise mit Hilfsmitteln - selbstständig möglich. Das Verlassen der Wohnung sei im Elektrorollstuhl oder mit einem Taxi selbstständig möglich. Die Kriterien der Pflegestufe II seien bei weitem nicht erfüllt und ein Grenzfall liege nicht vor. Der aktuell festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Mobilität sei gegenüber den bisherigen Gutachten deutlich geringer. Im Gutachten vom 09. Juni 2004 sei ein Zeitaufwand für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung von 14 Minuten, d.h. ca. 50 Minuten pro Anlass, angenommen worden. Dies sei bei dem damals gerade 16-jährigen Kläger noch plausibel gewesen. Der inzwischen aber bereits knapp 18-jährige Kläger benötige zum Verlassen der Wohnung (nur) noch die Hilfestellung beim Verladen des Rollstuhls ins Taxi. Dies sei hier angerechnet worden. Inzwischen sei eine vollständige Begleitung mit Sicherheit nicht mehr notwendig. Schulbesuche, Einkäufe, Stadtbummel oder die Teilnahme am gesellschaftlichen oder kulturellen Leben könnten zur Ermittlung der Pflegestufe nicht berücksichtigt werden. Eine ständige Beaufsichtigung wegen Sturzgefahr sei nicht erforderlich und finde in der Schule auch nicht statt. Wege der Mutter des Klägers in die Schule zur Hilfeleistung bei der Intimhygiene nach Defäkation könnten nicht berücksichtigt werden, da derartige Hilfeleistungen bereits angerechnet worden seien. Der geltend gemachte drei- bis viermalige nächtliche Hilfebedarf sei nicht nachvollziehbar. Die selbstständige Verwendung einer Urinflasche zur Miktion sei durchaus möglich, wie auch der Kläger und dessen Mutter eingeräumt hätten. Sie seien nur noch nicht auf diese Idee gekommen. Einmaliger nächtlicher Hilfebedarf bei Stuhlgang sei angerechnet worden. Die Wege zum Schwimmen und zum Rollstuhlsport könnten zur Ermittlung des Grundpflegebedarfs nicht angerechnet werden. Allerdings bestehe die Prognose einer voraussichtlich fortschreitenden Verschlechterung der Muskelkraft des Klägers. Der Kläger trat dem Gutachten unter Vorlage eines Schreibens seiner Mutter vom 10. Mai 2006 entgegen, in dem dargelegt wurde, dass zahlreiche Verrichtungen im Gutachten nicht bzw. unzureichend beachtet und berücksichtigt worden seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 09. August 2006 wies das SG die Klage ab. Der erforderliche Hilfebedarf der Pflegestufe II werde im Bereich der Grundpflege nicht erreicht. Dies ergebe sich aus den Gutachten des MDK vom 09. Juni und 12. November 2004 sowie aus dem Gutachten der Dr. Kü. vom 25. April 2006. Danach liege der Gesamtpflegeaufwand der Grundpflege bei 70 Minuten pro Tag. Damit würden die zeitlichen Kriterien der begehrten Pflegestufe II bei weitem nicht erfüllt. Maßgeblich sei nicht die Art und Schwere der Erkrankung oder der Behinderung sondern allein der konkret daraus resultierende Umfang der notwendigen Hilfeleistungen im Bereich der vom Gesetzgeber abschließend als pflegebegründend definierten Verrichtungen. Dies werde vom Kläger bzw. dessen Mutter offenkundig verkannt oder nicht gesehen. So würden Verrichtungen und pflegende Leistungen in erheblichem Umfang aufgeführt werden, die bei der Ermittlung der Pflegestufe nicht zu berücksichtigen seien. Von maßgeblicher Bedeutung seien die Begutachtungs-Richtlinien, welche von Dr. Kü. korrekt und zutreffend angewandt worden seien. Der festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Mobilität sei nunmehr deutlich geringer, da der inzwischen erwachsene Kläger zum Verlassen der Wohnung nur noch die Hilfestellung beim Verladen des Rollstuhls ins Taxi benötige. Dies sei angerechnet worden, obgleich all diese Faktoren nicht pflegestufenrelevant seien. Anrechenbar seien nur solche Anlässe zum Verlassen der Wohnung, die zur Aufrechterhaltung des Lebens im häuslichen Umfeld unumgänglich seien und das persönliche Erscheinen des Betroffenen verlangten, in der Regel Arzt- und Therapietermine. Anderweitige Anlässe zum Verlassen der Wohnung, wie etwa Schulbesuche, Einkäufe, Stadtbummel oder wegen der Teilnahme am gesellschaftlichen oder kulturellen Leben, könnten zur Ermittlung der Pflegestufe nicht berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die Konsultation der Beratungslehrerin und des Schulpsychologen in der Schule bzw. für die Beschaffung passender Kleidung. Des Weiteren sei von Dr. Kü. die Hilfeleistung bei der Intimhygiene nach Defäkation bereits zu Gunsten des Klägers in ungewöhnlich hohem Maße angerechnet worden. Die nächtliche selbstständige Verwendung einer Urinflasche zur Miktion sei durchaus möglich. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne einer Verschlimmerung sei mithin nicht eingetreten.
Gegen den am 15. August 2006 mit Einschreibebrief zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14. September 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er sei schwerpflegebedürftig, zumal die allgemeinen Erschöpfungszustände zugenommen hätten. Er könne längere Wegstrecken nicht mehr bewältigen und müsse seit Dezember 2003 einen elektrisch betriebenen Rollstuhl nutzen. Er sei nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe selbst an- und auszuziehen. Zum Öffnen von Verschlüssen, beispielsweise Schließen von Knöpfen oder Reißverschlüssen, sei er auf fremde Hilfe angewiesen. Des Weiteren müsse er mehrmals wöchentlich Therapietermine wahrnehmen (u.a. Bewegungsbad). Hierzu werde er von seiner Mutter begleitet, da er nicht in der Lage sei, sich selbst auszuziehen, anschließend abzutrocknen und wieder anzuziehen. Bei allen Therapien (Ergo- und Physiotherapie sowie Reha-Sport) handle es sich um ärztlich verordnete Therapien, die wöchentlich (Reha-Sport zweiwöchentlich) erfolgten. Die Fahrkosten würden von der Beklagten erstattet. Die Fahrzeit nach K. hin und zurück sei nicht unerheblich und seine Pflegeperson könne in dieser Zeit keine anderen Besorgungen machen, da er auch bei den Therapien (beim An- und Ausziehen sowie beim Toilettengang) Hilfe benötige. Des Weiteren sei es vor kurzem zu einem Abszess am Steißbein gekommen, weshalb er täglich zum Verbandswechsel zum Arzt habe gehen müssen. Derartiges könne immer wieder auftreten. Zur weiteren Begründung hat der Kläger das ärztliche Attest des Dr. G. vom 21. September 2006, wonach Rollstuhlsport und das Bewegungsbad aufgrund der eingeschränkten Lungenfunktion medizinisch indiziert seien, eine Aufstellung von Rechnungen und Fahrstrecken zu den Therapien (Fahrstrecken: Ergotherapie 4,5 km, Physiotherapie 0,7 km, Rollstuhlsport 13,2 km und Bewegungsbad 12,6 km), den Bescheid der DAK K. vom 24. August 2006 hinsichtlich der Übernahme von Fahrkosten in Höhe von EUR 188,45, den Entlassungsbericht des Dr. F. vom 24. August 2006 und den Befundbericht des Oberarztes Dr. B. (Universitätsklinikum M., Bewegungsambulanz der Neurologischen Klinik) vom 04. Dezember 2006, wonach die Notwendigkeit bestehe, das Gewicht zu reduzieren, weshalb die Teilnahme an der Physiotherapie und dem Rollstuhl-Baskettball sinnvoll sei, vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2005 zu verurteilen, ihm auch vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend und hat nachdem der Kläger einen weiteren Höherstufungsantrag gestellt hat - das Gutachten der Pflegefachkraft Z. vom MDK vom 18. Dezember 2007 vorgelegt, das aufgrund einer bei dem Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 17. Dezember 2007 durchgeführten Untersuchung erstattet worden ist. Die Gutachterin hat im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 100 Minuten pro Tag festgestellt, acht Minuten für Teilwäsche Unterkörper, sechs Minuten für Teilwäsche Hände/Gesicht, dreizehn Minuten für Duschen, fünf Minuten für Baden, zwei Minuten für Zahnpflege, zwei Minuten für Kämmen, drei Minuten für Rasieren, drei Minuten für Stuhlgang, zwölf Minuten für Richten der Bekleidung, sechs Minuten für mundgerechte Zubereitung der Hauptmahlzeit, zwei Minuten für das Aufstehen/Zubettgehen, eine Minute für das Umlagern, acht Minuten für das Ankleiden gesamt, sechs Minuten für das Ankleiden Ober-/Unterkörper, vier Minuten für das Entkleiden gesamt, drei Minuten für das Entkleiden Ober-/Unterkörper, sechs Minuten für das Gehen, sieben Minuten für das Stehen und drei Minuten für das Treppensteigen. Weiterhin hat die Beklagte das Gutachten der Pflegefachkraft T. vom MDK vom 28. April 2008 vorgelegt, das im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens aufgrund einer bei dem Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 22. April 2008 durchgeführten Untersuchung erstattet worden ist. Die Gutachterin hat im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 123 Minuten festgestellt, 14 Minuten für die Teilwäsche Unterkörper, 15 Minuten für Duschen, fünf Minuten für Baden, sechs Minuten für Zahnpflege, zwei Minuten für Kämmen, drei Minuten für Rasieren, drei Minuten für Stuhlgang, 16 Minuten für das Richten der Bekleidung, neun Minuten für die mundgerechte Zubereitung der Hauptmahlzeit, vier Minuten für das Aufstehen/Zubettgehen, drei Minuten für das Umlagern, acht Minuten für das Ankleiden gesamt, sechs Minuten für das Ankleiden Ober-/Unterkörper, vier Minuten für das Entkleiden gesamt, drei Minuten für das Entkleiden Ober-/Unterkörper, sechs Minuten für das Gehen, zehn Minuten für das Stehen (Transfer), drei Minuten für das Treppensteigen und drei Minuten für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung. Wegen rascher Ermüdung würden die pflegerischen Tätigkeiten nunmehr vollständig übernommen. Sowohl das Nachputzen der Zähne als auch die Rasur bzw. das Kämmen würden vollständig übernommen. Der Kläger gehe in kurzen Abständen auf die Toilette, um nicht so häufig einzunässen. Eine zusätzliche Intimhygiene sei notwendig, da der Kläger eine empfindliche Haut habe und zeitweise einnässe. Bei der Mobilität sei die Begleitung zu den Therapien, die Bewältigung der Treppe und der Weg zum Auto sowie die Hilfe beim Ein- und Ausstieg zu berücksichtigen. Aufgrund der Größe und des Gewichts des Klägers bestehe ein größerer Pflegeaufwand. Sämtliche Transfers erfolgten nur mit Hilfe der Mutter. Ein höherer Zeitaufwand könne daher seit November 2007 gewürdigt werden. Des Weiteren hat die Beklagte den Bescheid vom 02. Mai 2008 vorgelegt, mit welchem sie dem Kläger ab dem 01. November 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II gewährt hat.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Ihm steht in der Zeit vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 kein Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu.
1. Streitgegenständlich ist im Berufungsverfahren nur noch die Frage, ob dem Kläger auch in der Zeit vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zusteht. Denn die Beklagte gewährt dem Kläger ab dem 01. November 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe II (Bescheid vom 02. Mai 2008).
Der Bescheid vom 02. Mai 2008 ist nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, denn dieser Bescheid ändert oder ersetzt den (ablehnenden) Bescheid, dem im Übrigen keine Dauerwirkung zukommt (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 58, 27), vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juni 2005 nicht, sondern trifft auf der Grundlage eines erneuten (Höherstufungs-)Antrags des Klägers eine Regelung ab dem 01. November 2007.
2. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass sich der Hilfebedarf des Klägers im Bereich der Grundpflege im Vergleich zu denjenigen Verhältnissen, die bei der (nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen) letzten bescheidmäßigen Feststellung der Beklagten vom 18. Dezember 1995, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I gegeben seien, vorgelegen hatten, nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) in der Weise geändert hat, dass in der Zeit vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 der tägliche Hilfebedarf bei den einstufungsrelevanten Verrichtungen der Grundpflege mindestens 120 Minuten betrug.
2.1. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass das Ausmaß des Pflegebedarfs nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen ist. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen kommt es zudem allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege an. Der Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI ist abschließend; sonstige dort nicht genannte Tätigkeiten können keine Berücksichtigung finden. Die Zeitkorridore, die die auf der Ermächtigung des § 17 SGB XI beruhenden Begutachtungs-Richtlinien vom 21. März 1997 in der Fassung vom 11. Mai 2006 enthalten, können für die dem Normalfall entsprechenden Pflegemaßnahmen als "Orientierungswerte" zur Pflegezeitbemessung dienen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 15). Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.
2.1.1. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das SG zutreffend entschieden, dass bei dem Kläger ab dem 04. März 2004 (bis 31. Oktober 2007) kein Hilfebedarf bei der Grundpflege von täglich mehr als 120 Minuten bestand. Auch der Senat vermag im Hinblick auf die urkundenbeweislich zu verwertenden MDK-Gutachten vom 09. Juni 2004 (Pflegefachkraft T.) und vom 12. November 2004 (Pflegefachkraft Kö. und Dr. W.), in denen der grundpflegerische Hilfebedarf mit täglich 76 bzw. 105 Minuten eingeschätzt wurde, sowie im Hinblick auf das Sachverständigengutachten der Dr. Kü. vom 25. April 2006, in welchem der grundpflegerische Hilfebedarf mit täglich 68 Minuten eingeschätzt wurde, nicht festzustellen, dass der Hilfebedarf bei dem Kläger im Bereich der Grundpflege im Zeitraum vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 einen Zeitbedarf von 120 Minuten pro Tag überstieg.
Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Kü. bestand ein täglicher Hilfebedarf bei der Grundpflege von 68 Minuten. Hiervon entfielen auf die Körperpflege 44 Minuten, für das Duschen (15 Minuten) und die Unterstützung beim Waschen (zehn Minuten), die Zahn- und Mundpflege (zwei Minuten), für das Kämmen (zwei Minuten), für die Intimhygiene nach der Defäkation (zwölf Minuten) sowie für das zweimal wöchentliche Reinigen des Umfelds nach Einnässen ins Bett (2 ×10 = 20 ÷ 7 = 3 Minuten). Auf die Ernährung entfiel ein täglicher Hilfebedarf für die Zubereitung einer warmen Hauptmahlzeit (zwei Minuten) sowie auf die Mobilität von 22 Minuten, für das Absenken bzw. wieder Schließen des zur Sicherheit angebrachten Bettgitters (4 × 2 = 8 Minuten), für die Teilübernahme des An- und Auskleidens (zwölf Minuten) sowie für die Herunter- bzw. Heraufbeförderung des Rollstuhls wegen Fahrten zur Therapie (4 × 3 = 12 ÷7 = 2 Minuten). Die vom Kläger gegen die Sachverständige erhobenen Einwendungen greifen - wie bereits das SG im angefochtenen Urteil ausgeführt hat - nicht durch. Für die Beurteilung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege kommt es auch nicht darauf an, welche Gebietsbezeichnung die Sachverständige führt. Die Einschätzung der Dr. Kü. ist mit dem Ergebnis des im Verwaltungsverfahren erhobenen Gutachtens der Pflegefachkraft T. vom 09. Juni 2004 nahezu identisch. Zwar schätze Pflegefachkraft Kö. und Dr. W. bzw. Pflegefachkraft Z. in den Gutachten vom 12. November 2004 bzw. 18. Dezember 2007 den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 105 bzw. 100 Minuten. Auch hiernach bestand aber nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI der für die Pflegestufe II notwendige Zeitaufwand für die Grundpflege von mindestens 120 Minuten nicht.
2.1.2. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, er könne längere Wegstrecken nicht mehr bewältigen (seit Dezember 2003 Nutzung eines elektrisch betriebenen Rollstuhls) und sei nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe selbst an- und auszuziehen, weist der Senat darauf hin, dass dies in den Gutachten der Pflegefachkraft T. vom 09. Juni 2004 (Hilfebedarf bei der Mobilität 45 Minuten), der Pflegfachkraft Kö. und des Dr. W. vom 12. November 2004 (Hilfebedarf bei der Mobilität 43 Minuten), der Sachverständigen Dr. Kü. (Hilfebedarf bei der Mobilität 22 Minuten) und der Pflegefachkraft Z. vom 18. Dezember 2007 (Hilfebedarf bei der Mobilität 40 Minuten) berücksichtigt worden ist. Insbesondere wurde jeweils die Hilfe beim An- und Auskleiden berücksichtigt.
2.1.3. Der für die Pflegestufe II notwendige Zeitumfang wird in dem hier noch streitigen Zeitraum (04. März 2004 bis 31. Oktober 2007) auch nicht dadurch erreicht, dass der Kläger zweimal wöchentlich zur Ergo- und Physiotherapie gefahren wird.
Hilfe bei der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung ist als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG SozR 2-3300 § 14 Nr. 5 m.w.N.). Dazu zählen Arztbesuche, aber auch Wege zur Krankengymnastik, zum Logopäden oder zur Ergotherapie, soweit sie der Behandlung einer Krankheit dienen (vgl. BSG SozR 4-3300 § 15 Nr. 1 m.w.N.). Nicht zu berücksichtigen hingegen ist die Begleitung zur Behindertenwerkstatt (vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr.2), zur Arbeitsstätte (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6), zur logopädischen Schulung (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 8), auf dem Schulweg (vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr. 8), zum Gottesdienst (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 16) oder zu einer Arzneimittelstudie (BSG, Urteil vom 18. September 2008 - B 3 P 5/07 R - = veröffentlicht in juris). Maßnahmen der sozialen oder beruflichen Rehabilitation sind daher nicht zu berücksichtigen (BSG SozR 4-3300 § 15 Nr. 1). Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall, dass eine ärztliche Verordnung vorliegt und der Pflegeaufwand mindestens einmal wöchentlich anfällt (BSG a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund kann der Zeitaufwand für den Besuch des Rollstuhlsports und des Bewegungsbads nicht berücksichtigt werden. Zwar hat Dr. G. in seinem ärztlichen Attest vom 21. September 2006 angegeben, dass der Rollstuhlsport und das Bewegungsbad aufgrund der eingeschränkten Lungenfunktion medizinisch indiziert sei. Eine Berücksichtigung des für die Fahrt zum Rollstuhlsport (vom Kläger selbst als "Reha-Sport" bezeichnet) notwendigen Zeitaufwands scheitert - unabhängig davon, dass es sich hierbei nicht um die Behandlung einer Krankheit handelt - bereits daran, dass der Rollstuhlsport nicht wöchentlich, sondern vielmehr nur zweiwöchentlich stattfindet. Der Zeitaufwand für das wöchentliche Bewegungsbad kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden, weil hierbei eindeutig die Rehabilitation und nicht die Behandlung einer Krankheit im Vordergrund steht.
Soweit der Kläger zweimal wöchentlich die Ergo- bzw. Physiotherapie in Karlsruhe besucht, kann hierfür - zusätzlich zu dem von der Sachverständigen Dr. Kü. ermittelten Zeitaufwand - nur ein Zeitaufwand von drei Minuten täglich anerkannt werden. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten der Pflegefachkraft T. vom 28. April 2008. Pflegefachkraft T. schätzte den täglichen Zeitaufwand für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung auf drei Minuten täglich. Rechnet man dies um (3 × 7 = 21 ÷ 2) ergibt sich, dass ein Hilfebedarf von 10,5 Minuten zweimal wöchentlich besteht. Dies entspricht einem Fahraufwand von jeweils ca. fünf Minuten. Dies hält der Senat - auch wenn in den Gutachten der Pflegefachkraft T. vom 09. Juni 2004 und der Pflegefachkraft Kö. und des Dr. W. vom 12. November 2004 ein Zeitaufwand von 14 Minuten täglich für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung angenommen wurde - für nachvollziehbar und schlüssig. Denn aus der im Berufungsverfahren vorgelegten Aufstellung über die Fahrkosten (Bl. 24 der LSG-Akte) ergibt sich, dass die Fahrstrecke zur Ergotherapie 4,5 km und die Fahrstrecke zur Physiotherapie nur 0,7 km beträgt. Ein höherer Zeitaufwand kann bei diesen kurzen Fahrstrecken nicht anerkannt werden.
Zwar besteht auch die Möglichkeit, eine zwangsläufig anfallende Wartezeit der Begleitperson zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 10). Dies gilt allerdings nur, soweit die Pflegeperson während dieser Zeit im Allgemeinen keiner Tätigkeit nachgehen kann, der sie sich widmen würde, wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (BSG a.a.O.). Der Kläger hat im Berufungsverfahren zwar vorgetragen, dass er vor und während der Therapien (beim An- und Ausziehen und beim Toilettengang) Hilfe benötige. Der Senat konnte sich jedoch nicht davon überzeugen, dass eine Begleitung des Klägers zur Ergo- bzw. Physiotherapie tatsächlich notwendig ist. Der Senat stützt sich zum einen auf die diesbezügliche Einschätzung der Sachverständigen Dr. Kü. in ihrem Gutachten vom 25. April 2006, wonach der Kläger zum Verlassen der Wohnung nur noch die Hilfestellung beim Verlassen des Rollstuhls ins Taxi benötigt und eine notwendige vollständige Begleitung nicht mehr notwendig ist (von ihr angenommener Hilfebedarf: täglich zwei Minuten [4 × 3 = 12 ÷ 7 = 2]), und zum anderen auf die Aussage auf die Mutter des Klägers in ihrem Widerspruchsschreiben vom 14. Juli 2004. In diesem Schreiben hat die Mutter des Klägers angegeben, dass sie den Kläger zu den Therapien fährt und ihn danach wieder abholt (Bl. 24 der Verwaltungsakte). Insofern ist nicht zu erkennen, dass die Mutter des Klägers als Begleitperson während der Therapie anwesend ist, sodass Wartezeiten nicht berücksichtigt werden können. Im Übrigen ist die Praxis für die Ergotherapie nur 0,7 km von der Wohnung des Klägers entfernt, so dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Mutter des Klägers als Begleitperson während der Behandlungszeit im Allgemeinen keiner Tätigkeit nachgehen könnte, der sie sich widmen würde, wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde.
Nachdem sowohl Pflegefachkraft T. in ihrem Gutachten vom 09. Juni 2004 als auch Pflegefachkraft Kö. und Dr. W. in ihrem Gutachten vom 12. November 2004 bereits einen Zeitaufwand von 14 Minuten täglich für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung angenommen haben, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der vom Senat für erforderlich gehaltenen drei Minuten für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung wegen der Therapiebesuche lediglich ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von insgesamt 71 Minuten (Gutachten der Sachverständigen Dr. Kü. vom 25. April 2006, die diesbezüglich nur zwei Minuten wegen der Beförderung des Rollstuhls für notwendig erachtet hat). Damit wird der im noch streitigen Zeitraum für die Pflegestufe II notwendige Zeitumfang nicht erreicht.
2.1.3. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den sachverständigen Zeugenauskünften. Dr. F. hat sich in seiner Auskunft vom 04. November 2005 ausdrücklich dem Gutachten der Pflegefachkraft Kö. und des Dr. W. vom 12. November 2004 angeschlossen. Soweit Dr. G. in seiner Auskunft vom 04. November 2005 davon ausgeht, dass die von der Mutter angegebenen Pflegezeiten zuträfen, weist der Senat darauf hin, dass der von der Mutter des Klägers angegebene wesentlich höhere Zeitaufwand ersichtlich auf einen subjektiven Maßstab beruht. Wie bereits dargelegt, ist das Ausmaß des Pflegebedarfs jedoch nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Aus dem Entlassungsbericht des Dr. F. vom 24. August 2006 und dem Befundbericht des Dr. Ba. vom 04. Dezember 2006 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereits im Zeitraum vom 04. März 2004 bis 31. Oktober 2007 die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt hat. Aus dem Entlassungsbericht des Dr. F. folgt vielmehr, dass eine Stabilisierung in der Krankheitsprogredienz und eine verbesserte beidseitig Armhebung mit gesteigerter Belastbarkeit durch die stationäre Rehabilitationsmaßnahme (vom 02. Juli bis 05. August 2006) erreicht werden konnte. Dr. Ba. empfahl in seinem Befundbericht im Wesentlichen weiterhin an einer Physiotherapie und im Rollstuhl-Basketball teilzunehmen.
2.2. Auch die von der Beklagten aufgrund des Gutachtens der Pflegefachkraft T. vom 28. April 2008 ab 01. November 2007 angenommene (zeitlich) knappe Überschreitung des für die Pflegestufe II notwendigen Zeitaufwands für die Grundpflege von 120 Minuten spricht im Übrigen nicht dafür, dass sich der Hilfebedarf bei der Grundpflege in zeitlicher Hinsicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt geändert hat. Vielmehr kommt dadurch der progrediente Verlauf der Erkrankung des Klägers zum Ausdruck, mit einer allmählichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands und der verminderten Fähigkeit, bei den Verrichtungen der Grundpflege noch selbstständig tätig zu sein. Dies wird belegt durch die Ausführungen der Pflegefachkraft T., dass ab diesem Zeitpunkt die meisten pflegerischen Tätigkeiten wegen der raschen Ermüdung des Klägers vollständig von der Pflegeperson übernommen werden müssten. Entsprechende Feststellungen sind in keinem der vorangegangenen Gutachten enthalten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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