Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 4327/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4438/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin will mit ihrer Klage erreichen, dass die Beklagte verpflichtet wird, die Kosten für eine ambulante Liposuktion (= Absaugungen von Fettdepotansammlungen) der Beine zu übernehmen.
Die 1950 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet seit Jahren an einem Lipödem (ICD 10: R60.9) beider Beine und beider Oberarme. Mit Schreiben vom 17. November 2004 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage zweier ärztlicher Atteste, die Kosten für eine Liposuktion zu übernehmen. Im Attest der Hautklinik des Klinikums D. vom 26. Oktober 2004, unterschrieben vom Oberarzt der Klinik Dr. R., wird die geplante Therapie wie folgt bezeichnet: Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie ambulant in 4 Sitzungen. Als Nachtrag ist auf dem Attest unter dem Datum vom 12. November 2004 ausgeführt, dass die Kosten 2.230,78 EUR pro Sitzung betrügen. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Im Gutachten vom 22. Dezember 2004 wird u.a. ausgeführt, die Liposuktion (Fettabsaugung) sei ein in der kosmetisch-ästhetischen Chirurgie etabliertes Behandlungsverfahren, das hauptsächlich bei Fettverteilungsstörungen im kosmetischen Bereich angewandt werde. Nach Einspritzen des Anästhetikums würden Kanülen von kleinen Stichinzisionen am Rande des zu extrahierenden Fettgewebes eingeführt und unter gleichzeitiger Spülung und Absaugung fächerförmig in verschiedenen Ebenen vorgeschoben. Die Behandlungsmethode sei weder in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) noch in den GOÄ-Katalog übernommen worden. Eine Empfehlung des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen über den therapeutischen Nutzen der Methode liege nicht vor. Die Beklagte lehnte gestützt auf dieses Gutachten den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 12. Januar 2005 ab.
Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK ein. Darin wird ausgeführt, beim Lipödem handele es sich um eine Fettverteilungsstörung in den Beinen. Dadurch komme es zur Ausbildung von kleinen Fettläppchen, welche wahrscheinlich zur Verbiegung der Lymphgefäße führten, so dass es zu einem verschlechterten Abfluss und somit zu einer Schwellung der Beine komme, welche bei manchen Patienten mit Schmerzen einhergingen. Die Therapie der Wahl sei die Kompressionstherapie kombiniert mit einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie. In letzter Zeit werde immer wieder die Liposuktion zur Behandlung des Lipödems propagiert. Bislang könne noch nicht gesagt werden, ob es sich dabei wirklich um ein so schonendes Verfahren handele, dass Lymphgefäße nicht beschädigt würden. Da Langzeitstudien fehlten, sei es ohne Weiteres vorstellbar, dass es einige Jahre nach der Liposuktion zum verstärkten Auftreten eines Lymphödems komme, wenn Lymphgefäße bei der Liposuktion beschädigt würden. Ein lebensbedrohlicher oder zur Pflegebedürftigkeit führender Zustand liege nicht vor. Eine Kostenübernahme könne daher nicht befürwortet werden. Daraufhin lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 22. März 2005 erneut ab.
Gegen diese erneute Leistungsablehnung legte die Klägerin wiederum Widerspruch ein, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2005 zurückwies.
Am 31. Oktober 2005 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und weiterhin eine Kostenübernahme für die Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie geltend gemacht. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. Juli 2006, den (damaligen) Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 31. Juli 2006, abgewiesen.
Am 31. August 2006 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie trägt u.a. vor, das SG sei zu Unrecht zu der Auffassung gelangt, dass ein sog. Systemversagen in ihrem Fall nicht vorliege. Ein Systemversagen könne auch angenommen werden, wenn ein Anerkennungsverfahren nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Davon sei hier auszugehen. Die hier streitige Methode werde in der Fachwelt als hochwirksam betrachtet. Dies gelte jedenfalls für diejenigen Therapeuten, die sich mit dieser seltenen Erkrankung überhaupt auseinander gesetzt hätten. Die Klägerin beruft sich auf das Urteil des SG Frankfurt vom 26. Februar 2004 (S 30/25 KR 2369/02), welches sie in Kopie zu den Akten gereicht hat.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Dermatologie S. hat mitgeteilt, er habe das Lipödem nicht behandelt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat dargelegt, dass die Klägerin schon seit 1998 in seiner hausärztlichen Behandlung stehe. Die Beschwerden von Seiten des Lipödems hätten seit 2000 zugenommen. Eine deutliche Verschlechterung mit zunehmender Umfangvermehrung der Beine und auch der Arme sei ab 2004 aufgetreten. Er verweist auf einen Artikel im Deutschen Ärzteblatt vom 15. April 2005, Seite A-1061, mit der Überschrift: "Lipödem: Verbesserte Lebensqualität durch Therapiekombination." (Bl. 74 ff der LSG-Akte). Der Internist Dr. G. hat mitgeteilt, er habe die Klägerin wegen dieser Erkrankung nicht behandelt. Dr. R. hat ausgeführt, die Klägerin habe sich am 16. September 2004 erstmalig bei ihm vorgestellt. Er habe die bereits gestellte Diagnose Lipödem bestätigen können. Eine weitere Untersuchung habe am 8. September 2005 stattgefunden. Dabei habe er eine Zunahme des Krankheitsbildes festgestellt, insbesondere seien nun auch die Oberarme betroffen. Daraufhin habe er ein erneutes Attest ausgestellt, da nun fünf Sitzungen unter Einschluss der Oberarme notwendig seien. Im September 2003 habe eine Behandlung in der F.-Klinik mittels Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfen stattgefunden. Nach Angaben der Klägerin sei es dabei zu keiner Besserung, eher zu einer Verschlechterung der Beschwerden gekommen. Aus seiner Sicht seien diese Therapieformen beim Lipödem nicht geeignet und wie zu erwarten auch nicht wirksam bzw. sogar nachteilig.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 7. November 2006 ausgeführt, die Methode der Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie sei bisher weder im Gemeinsamen Bundesausschuss noch im vormals zuständigen Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen überprüft worden. Es sei bisher kein Antrag zur Überprüfung dieser Methode als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode gestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2008 hat die Klägerin ein Attest des Dr. G. vom 23. September 2008 vorgelegt. Darin heißt es, die Klägerin leide an einem schmerzhaften Lipödem der Extremitäten mit starker Ausprägung an beiden Beinen. Außerdem bestehe ein Sjögren-Syndrom sowie ein Fibromyalgie-Syndrom. Alle bisherigen Therapieversuche konservativer Art seien fehlgeschlagen. Auch eine Krankenhauseinweisung am 21. Juli 2008 wegen starker Schmerzen für 2 Wochen habe keine wesentliche Besserung erbringen können. Da außer Schmerzen auch eine zunehmende psychische Beeinträchtigung zu beobachten sei, sei eine Therapie in Form der operativen Absaugmethode indiziert und erfolgversprechend. Außerdem würden Folgeerkrankungen, die vorprogrammiert seien, sicher verhindert. Er bitte um eine rasche Entscheidung in der Frage der Kostenübernahme.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin u.a. noch auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zum Lipödem der Beine (AWMF-Leitlinien-Register Nr. 037/012) aufmerksam gemacht. Darin werde ausgeführt, dass zur Reduktion des Fettgewebes die operative Therapie mittels Fettabsaugung (Liposuktion) eingesetzt werde. Ferner hat die Klägerin vorgetragen, auch die Beklagte habe in einem Fall die Kosten für eine stationäre Liposuktion übernommen. Daraufhin hat der Senatsvorsitzende darauf hingewiesen, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nur die Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten für eine ambulant durchzuführende Liposuktion zu übernehmen.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme ist § 27 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Versicherte haben nach dieser Vorschrift Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. eine ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V).
Das Lipödem, an dem die Klägerin leidet, ist unstreitig eine behandlungsbedürftige Krankheit. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Nach den Leitlinien der Gesellschaft für Phlebologie handelt es sich um eine meist progrediente (fortschreitende) Erkrankung, die durch eine symmetrische Unterhaut-Fettgewebsvermehrung überwiegend der unteren, selten der oberen Extremitäten gekennzeichnet ist. Zusätzlich besteht eine Ödembildung häufig mit Spannungs-, Druck- und Berührungsschmerzen sowie eine Hämatomneigung nach geringen Traumen. Im fortgeschrittenen Stadium kann sich ein lymphostatisches Ödem ausbilden. Demzufolge hat die Klägerin auch Anspruch auf Krankenbehandlung.
Der Anspruch einer Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt aber den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Ärztliche Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1998, B 1 KR 19/96 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 - Jomol; vgl. auch BSG, Urteil vom 3. April 2001, B 1 KR 22/00 R, SozR 3-2500 § 27a Nr. 2 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 87/00 R, SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr. 2 S 9 f.). Darum geht es bei den von der Klägerin beanspruchten vier bzw. fünf Liposuktionen. "Neu" ist eine Methode, wenn sie - wie hier die Liposuktion - zum Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist. Als nicht vom GBA empfohlene neue Methode ist die ambulante Fettabsaugung bei Lipödemen mithin grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R, juris).
Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegen im Fall der Klägerin nicht vor. So hat das BSG zwar erwogen, die medizinische Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode i.S. des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aufzufassen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Von einer bei der Klägerin bestehenden einzigartigen Krankheitssituation kann aber keine Rede sein. Dies hat die Klägerin auch nicht behauptet.
Auch die Voraussetzungen, unter denen das BSG von einem Systemversagen ausgeht, liegen hier nicht vor. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem GBA antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim GBA bislang nicht gestellt worden ist. Aus den Akten und dem Vorbringen der Beteiligten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Antragstellung hintertrieben, verhindert oder in einer den Krankenkassen oder dem GBA sonst zurechenbaren Weise unzulässig verzögert worden sein könnte (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 12 m.w.N.).
Auch Anhaltspunkte für eine hier gebotene grundrechtsorientierte Auslegung sind weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Die verfassungskonforme Auslegung setzt u.a. voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt. Daran fehlt es. Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R, juris m.w.N.). Einen solchen Schweregrad erreichen die - wenn auch schmerzhaften - Lipödeme der Klägerin nach dem gesamten Vorbringen nicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem Attest des Dr. G. vom 23. September 2008 noch an weiteren Krankheiten leidet.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang, ohne dass es nach Ansicht des Senats entscheidend hierauf ankommt, auf einen Beitrag zur Qualitätssicherung in der Anästhesiologie des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Regionalanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) in den von dieser und dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten e. V. herausgegebenen Leitlinien (4. Aufl. S. 195 ff.), Entschließungen - Empfehlungen - Vereinbarungen, (www.dgai.de unter Publikationen, Entschließungen, Vereinbarungen) hinzuweisen. Der Arbeitskreis Regionalanästhesie macht darauf aufmerksam, dass im Zusammenhang mit der Tumeszenz-Lokalanästhesie exorbitante Dosierungen von Lokalanästhetika subkutan verabreicht werden. Zu jeder Zeit innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn dieser Technik sei daher mit schwerwiegenden Nebenwirkungen durch Mega-Dosierungen der Lokalanästhetika, durch exorbitante Adrenalin-Dosierungen sowie durch eine erhebliche parenterale Volumenüberlastung zu rechnen. Der Gesichtspunkt möglicher Nebenwirkungen bei bestimmten Verfahren kann auch im Rahmen einer grundrechtsorientierten Auslegung nicht außer Betracht bleiben.
Im Übrigen können nach den von der Klägerin erwähnten Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Ödemreduktion verschiedene physikalische Maßnahmen wie Bewegungstherapie, Kompressionstherapie, intermittierende pneumatische Kompression und manuelle Lymphdrainage eingesetzt werden. Der Hinweis in diesen Leitlinien, dass zur Reduktion des Fettgewebes auch die Liposuktion eingesetzt werde, ist insofern wenig aussagekräftig, als damit einerseits nur wiedergegeben wird, dass diese Methode überhaupt Anwendung findet, und andererseits die Meldungen über Befundbesserungen von denjenigen stammen dürften (zB Dr. R.), die diese Methode anwenden. Vergleichsstudien zur konservativen und operativen Therapie sind auch nach den Leitlinien nicht vorhanden. Abgesehen davon können Aussagen in den Leitlinien eine Empfehlung des GBA nicht ersetzen.
Eine Liposuktion in Form einer Krankenhausbehandlung ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Klägerin hat bei der Beklagten nur eine Kostenübernahme für mehrere ambulante Sitzungen geltend gemacht. Dies ergibt sich aus dem Attest des Dr. R. vom 26. Oktober 2004, das sie mit ihrem Schreiben vom 17. November 2004 vorgelegt hat. Darin wird als geplante Therapie ausdrücklich eine "Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie ambulant in 4 Sitzungen" bezeichnet.
Darüber hinaus hängt ein Anspruch der Klägerin auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch davon ab, dass Krankenhausbehandlung allein aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Die Erforderlichkeit richtet sich nach den medizinischen Erfordernissen. Dafür genügt es nicht schon allgemein, dass eine ambulante Behandlungsmethode zwar den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht, aber ohne Rechtsverstoß (noch) nicht in den Leistungskatalog vertragsärztlicher zu Lasten der Krankenkassen erbringbarer Leistungen aufgenommen worden ist. In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch und gerade der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (BSG, Urteil vom 16.12.2008, a.a.O.). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin will mit ihrer Klage erreichen, dass die Beklagte verpflichtet wird, die Kosten für eine ambulante Liposuktion (= Absaugungen von Fettdepotansammlungen) der Beine zu übernehmen.
Die 1950 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet seit Jahren an einem Lipödem (ICD 10: R60.9) beider Beine und beider Oberarme. Mit Schreiben vom 17. November 2004 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage zweier ärztlicher Atteste, die Kosten für eine Liposuktion zu übernehmen. Im Attest der Hautklinik des Klinikums D. vom 26. Oktober 2004, unterschrieben vom Oberarzt der Klinik Dr. R., wird die geplante Therapie wie folgt bezeichnet: Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie ambulant in 4 Sitzungen. Als Nachtrag ist auf dem Attest unter dem Datum vom 12. November 2004 ausgeführt, dass die Kosten 2.230,78 EUR pro Sitzung betrügen. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Im Gutachten vom 22. Dezember 2004 wird u.a. ausgeführt, die Liposuktion (Fettabsaugung) sei ein in der kosmetisch-ästhetischen Chirurgie etabliertes Behandlungsverfahren, das hauptsächlich bei Fettverteilungsstörungen im kosmetischen Bereich angewandt werde. Nach Einspritzen des Anästhetikums würden Kanülen von kleinen Stichinzisionen am Rande des zu extrahierenden Fettgewebes eingeführt und unter gleichzeitiger Spülung und Absaugung fächerförmig in verschiedenen Ebenen vorgeschoben. Die Behandlungsmethode sei weder in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) noch in den GOÄ-Katalog übernommen worden. Eine Empfehlung des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen über den therapeutischen Nutzen der Methode liege nicht vor. Die Beklagte lehnte gestützt auf dieses Gutachten den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 12. Januar 2005 ab.
Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK ein. Darin wird ausgeführt, beim Lipödem handele es sich um eine Fettverteilungsstörung in den Beinen. Dadurch komme es zur Ausbildung von kleinen Fettläppchen, welche wahrscheinlich zur Verbiegung der Lymphgefäße führten, so dass es zu einem verschlechterten Abfluss und somit zu einer Schwellung der Beine komme, welche bei manchen Patienten mit Schmerzen einhergingen. Die Therapie der Wahl sei die Kompressionstherapie kombiniert mit einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie. In letzter Zeit werde immer wieder die Liposuktion zur Behandlung des Lipödems propagiert. Bislang könne noch nicht gesagt werden, ob es sich dabei wirklich um ein so schonendes Verfahren handele, dass Lymphgefäße nicht beschädigt würden. Da Langzeitstudien fehlten, sei es ohne Weiteres vorstellbar, dass es einige Jahre nach der Liposuktion zum verstärkten Auftreten eines Lymphödems komme, wenn Lymphgefäße bei der Liposuktion beschädigt würden. Ein lebensbedrohlicher oder zur Pflegebedürftigkeit führender Zustand liege nicht vor. Eine Kostenübernahme könne daher nicht befürwortet werden. Daraufhin lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 22. März 2005 erneut ab.
Gegen diese erneute Leistungsablehnung legte die Klägerin wiederum Widerspruch ein, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2005 zurückwies.
Am 31. Oktober 2005 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und weiterhin eine Kostenübernahme für die Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie geltend gemacht. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. Juli 2006, den (damaligen) Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 31. Juli 2006, abgewiesen.
Am 31. August 2006 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie trägt u.a. vor, das SG sei zu Unrecht zu der Auffassung gelangt, dass ein sog. Systemversagen in ihrem Fall nicht vorliege. Ein Systemversagen könne auch angenommen werden, wenn ein Anerkennungsverfahren nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Davon sei hier auszugehen. Die hier streitige Methode werde in der Fachwelt als hochwirksam betrachtet. Dies gelte jedenfalls für diejenigen Therapeuten, die sich mit dieser seltenen Erkrankung überhaupt auseinander gesetzt hätten. Die Klägerin beruft sich auf das Urteil des SG Frankfurt vom 26. Februar 2004 (S 30/25 KR 2369/02), welches sie in Kopie zu den Akten gereicht hat.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Dermatologie S. hat mitgeteilt, er habe das Lipödem nicht behandelt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat dargelegt, dass die Klägerin schon seit 1998 in seiner hausärztlichen Behandlung stehe. Die Beschwerden von Seiten des Lipödems hätten seit 2000 zugenommen. Eine deutliche Verschlechterung mit zunehmender Umfangvermehrung der Beine und auch der Arme sei ab 2004 aufgetreten. Er verweist auf einen Artikel im Deutschen Ärzteblatt vom 15. April 2005, Seite A-1061, mit der Überschrift: "Lipödem: Verbesserte Lebensqualität durch Therapiekombination." (Bl. 74 ff der LSG-Akte). Der Internist Dr. G. hat mitgeteilt, er habe die Klägerin wegen dieser Erkrankung nicht behandelt. Dr. R. hat ausgeführt, die Klägerin habe sich am 16. September 2004 erstmalig bei ihm vorgestellt. Er habe die bereits gestellte Diagnose Lipödem bestätigen können. Eine weitere Untersuchung habe am 8. September 2005 stattgefunden. Dabei habe er eine Zunahme des Krankheitsbildes festgestellt, insbesondere seien nun auch die Oberarme betroffen. Daraufhin habe er ein erneutes Attest ausgestellt, da nun fünf Sitzungen unter Einschluss der Oberarme notwendig seien. Im September 2003 habe eine Behandlung in der F.-Klinik mittels Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfen stattgefunden. Nach Angaben der Klägerin sei es dabei zu keiner Besserung, eher zu einer Verschlechterung der Beschwerden gekommen. Aus seiner Sicht seien diese Therapieformen beim Lipödem nicht geeignet und wie zu erwarten auch nicht wirksam bzw. sogar nachteilig.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 7. November 2006 ausgeführt, die Methode der Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie sei bisher weder im Gemeinsamen Bundesausschuss noch im vormals zuständigen Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen überprüft worden. Es sei bisher kein Antrag zur Überprüfung dieser Methode als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode gestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2008 hat die Klägerin ein Attest des Dr. G. vom 23. September 2008 vorgelegt. Darin heißt es, die Klägerin leide an einem schmerzhaften Lipödem der Extremitäten mit starker Ausprägung an beiden Beinen. Außerdem bestehe ein Sjögren-Syndrom sowie ein Fibromyalgie-Syndrom. Alle bisherigen Therapieversuche konservativer Art seien fehlgeschlagen. Auch eine Krankenhauseinweisung am 21. Juli 2008 wegen starker Schmerzen für 2 Wochen habe keine wesentliche Besserung erbringen können. Da außer Schmerzen auch eine zunehmende psychische Beeinträchtigung zu beobachten sei, sei eine Therapie in Form der operativen Absaugmethode indiziert und erfolgversprechend. Außerdem würden Folgeerkrankungen, die vorprogrammiert seien, sicher verhindert. Er bitte um eine rasche Entscheidung in der Frage der Kostenübernahme.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin u.a. noch auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zum Lipödem der Beine (AWMF-Leitlinien-Register Nr. 037/012) aufmerksam gemacht. Darin werde ausgeführt, dass zur Reduktion des Fettgewebes die operative Therapie mittels Fettabsaugung (Liposuktion) eingesetzt werde. Ferner hat die Klägerin vorgetragen, auch die Beklagte habe in einem Fall die Kosten für eine stationäre Liposuktion übernommen. Daraufhin hat der Senatsvorsitzende darauf hingewiesen, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nur die Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten für eine ambulant durchzuführende Liposuktion zu übernehmen.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme ist § 27 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Versicherte haben nach dieser Vorschrift Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. eine ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V).
Das Lipödem, an dem die Klägerin leidet, ist unstreitig eine behandlungsbedürftige Krankheit. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Nach den Leitlinien der Gesellschaft für Phlebologie handelt es sich um eine meist progrediente (fortschreitende) Erkrankung, die durch eine symmetrische Unterhaut-Fettgewebsvermehrung überwiegend der unteren, selten der oberen Extremitäten gekennzeichnet ist. Zusätzlich besteht eine Ödembildung häufig mit Spannungs-, Druck- und Berührungsschmerzen sowie eine Hämatomneigung nach geringen Traumen. Im fortgeschrittenen Stadium kann sich ein lymphostatisches Ödem ausbilden. Demzufolge hat die Klägerin auch Anspruch auf Krankenbehandlung.
Der Anspruch einer Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt aber den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Ärztliche Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1998, B 1 KR 19/96 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 - Jomol; vgl. auch BSG, Urteil vom 3. April 2001, B 1 KR 22/00 R, SozR 3-2500 § 27a Nr. 2 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 87/00 R, SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr. 2 S 9 f.). Darum geht es bei den von der Klägerin beanspruchten vier bzw. fünf Liposuktionen. "Neu" ist eine Methode, wenn sie - wie hier die Liposuktion - zum Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist. Als nicht vom GBA empfohlene neue Methode ist die ambulante Fettabsaugung bei Lipödemen mithin grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R, juris).
Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegen im Fall der Klägerin nicht vor. So hat das BSG zwar erwogen, die medizinische Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode i.S. des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aufzufassen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Von einer bei der Klägerin bestehenden einzigartigen Krankheitssituation kann aber keine Rede sein. Dies hat die Klägerin auch nicht behauptet.
Auch die Voraussetzungen, unter denen das BSG von einem Systemversagen ausgeht, liegen hier nicht vor. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem GBA antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim GBA bislang nicht gestellt worden ist. Aus den Akten und dem Vorbringen der Beteiligten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Antragstellung hintertrieben, verhindert oder in einer den Krankenkassen oder dem GBA sonst zurechenbaren Weise unzulässig verzögert worden sein könnte (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 12 m.w.N.).
Auch Anhaltspunkte für eine hier gebotene grundrechtsorientierte Auslegung sind weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Die verfassungskonforme Auslegung setzt u.a. voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt. Daran fehlt es. Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R, juris m.w.N.). Einen solchen Schweregrad erreichen die - wenn auch schmerzhaften - Lipödeme der Klägerin nach dem gesamten Vorbringen nicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem Attest des Dr. G. vom 23. September 2008 noch an weiteren Krankheiten leidet.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang, ohne dass es nach Ansicht des Senats entscheidend hierauf ankommt, auf einen Beitrag zur Qualitätssicherung in der Anästhesiologie des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Regionalanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) in den von dieser und dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten e. V. herausgegebenen Leitlinien (4. Aufl. S. 195 ff.), Entschließungen - Empfehlungen - Vereinbarungen, (www.dgai.de unter Publikationen, Entschließungen, Vereinbarungen) hinzuweisen. Der Arbeitskreis Regionalanästhesie macht darauf aufmerksam, dass im Zusammenhang mit der Tumeszenz-Lokalanästhesie exorbitante Dosierungen von Lokalanästhetika subkutan verabreicht werden. Zu jeder Zeit innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn dieser Technik sei daher mit schwerwiegenden Nebenwirkungen durch Mega-Dosierungen der Lokalanästhetika, durch exorbitante Adrenalin-Dosierungen sowie durch eine erhebliche parenterale Volumenüberlastung zu rechnen. Der Gesichtspunkt möglicher Nebenwirkungen bei bestimmten Verfahren kann auch im Rahmen einer grundrechtsorientierten Auslegung nicht außer Betracht bleiben.
Im Übrigen können nach den von der Klägerin erwähnten Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Ödemreduktion verschiedene physikalische Maßnahmen wie Bewegungstherapie, Kompressionstherapie, intermittierende pneumatische Kompression und manuelle Lymphdrainage eingesetzt werden. Der Hinweis in diesen Leitlinien, dass zur Reduktion des Fettgewebes auch die Liposuktion eingesetzt werde, ist insofern wenig aussagekräftig, als damit einerseits nur wiedergegeben wird, dass diese Methode überhaupt Anwendung findet, und andererseits die Meldungen über Befundbesserungen von denjenigen stammen dürften (zB Dr. R.), die diese Methode anwenden. Vergleichsstudien zur konservativen und operativen Therapie sind auch nach den Leitlinien nicht vorhanden. Abgesehen davon können Aussagen in den Leitlinien eine Empfehlung des GBA nicht ersetzen.
Eine Liposuktion in Form einer Krankenhausbehandlung ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Klägerin hat bei der Beklagten nur eine Kostenübernahme für mehrere ambulante Sitzungen geltend gemacht. Dies ergibt sich aus dem Attest des Dr. R. vom 26. Oktober 2004, das sie mit ihrem Schreiben vom 17. November 2004 vorgelegt hat. Darin wird als geplante Therapie ausdrücklich eine "Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie ambulant in 4 Sitzungen" bezeichnet.
Darüber hinaus hängt ein Anspruch der Klägerin auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch davon ab, dass Krankenhausbehandlung allein aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Die Erforderlichkeit richtet sich nach den medizinischen Erfordernissen. Dafür genügt es nicht schon allgemein, dass eine ambulante Behandlungsmethode zwar den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht, aber ohne Rechtsverstoß (noch) nicht in den Leistungskatalog vertragsärztlicher zu Lasten der Krankenkassen erbringbarer Leistungen aufgenommen worden ist. In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch und gerade der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (BSG, Urteil vom 16.12.2008, a.a.O.). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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