Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 320/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 541/08 U PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde vom 18.06.2008 wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 30.05.2008 aufgehoben.
Dem Kläger und Beschwerdeführer wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt P. beigeordnet.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers und Beschwerdeführers für das Beschwerdeverfahren werden auf die Staatskasse übernommen.
Gründe:
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung des Rechtsanwalts P ...
Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG) ist die Gewährung von Verletztengeld über den 15.06.2007 hinaus auf Grund des Arbeitsunfalls am 30.06.2006 streitig.
Mit Antrag vom 27.12.2007, gleichzeitig mit der Klageerhebung, beantragte der Beschwerdeführer und Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung des Rechtsanwalts P ... Aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 06.12.2007 sowie dem beiliegenden Bescheid der Arge R. vom 11.10.2007 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ergibt sich, dass der Kläger keine Einkünfte hat und in einer Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II bezieht. Mit Beschluss vom 23.05.2008 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts P. ab. Die Vertretung des Klägers durch einen Rechtsanwalt erscheine nicht erforderlich im Sinne von § 121 Abs.1 Satz 1 ZPO, da die Streitsache tatsächlich oder rechtlich einfach gelagert sei. Überdies sei das SG im Rahmen des Amtsermittlungsprinzips verpflichtet, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken und ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzen zu lassen.
Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 17.06.2008 Beschwerde ein. Dem Kläger als gebürtigen Italiener, der der deutschen Sprache nur im Umgangsbereich einigermaßen mächtig sei, fehle bei juristischem Fachvokabular jegliche Kenntnis. Zur Wahrung der Waffengleichheit im Prozess sei deshalb die Einschaltung eines Anwalts erforderlich.
Der Beschwerdeführer und Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 23.05.2008 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt P. beizuordnen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (Buchstabe a) und die Beiordnung des Rechtsanwaltes P. (Buchstabe b).
a) Nach § 73a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Beschwerdeführer und Kläger ist als Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung zu bestreiten. Die Klage hat auch hinreichende Aussichten auf Erfolg, da hinsichtlich der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers und Klägers durchaus Anhaltspunkte bestehen, dass sie über den 17.06.2007 hinaus fortdauerte. So ergibt sich aus der Bescheinigung der AOK Bayern vom 28.06.2008, dass der Kläger vom 20.06.2007 bis 27.06.2007 wegen der "Fraktur des Kalcaneus" arbeitsunfähig war. Außerdem ist möglicherweise von Bedeutung, dass sich die Wundheilung auf Grund der schlecht eingestellten Blutzuckerwerte - der Kläger ist Diabetiker vom Typ II - verzögerte. Damit dürfte eine weitere Beweiserhebung von Amts wegen durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durchzuführen sein.
Die Voraussetzungen von § 114 ZPO sind also erfüllt.
b) Die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgt nach § 121 Abs.2 ZPO dann, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dies beurteilt sich nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom 17.02.1997, 1 BvR 1440/96, NJW 1997, S.2103 f.; Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 22.06.2007, 1 BvR 681/07, veröffentlicht in Juris). Diese verfassungsrechtlich in Art.3 Abs.1 i.V.m. Art.20 Abs.3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit gebietet es im vorliegenden Fall, von einer Erforderlichkeit der Beiordnung auszugehen. Soweit im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die haftungsbegründende oder die haftungsausfüllende Kausalität im Sinne der sog. Theorie der wesentlichen Bedingung zu klären sind, handelt es sich um schwierige tatsächliche und rechtliche Fragen, bei denen regelmäßig davon auszugehen ist, dass der Versicherungsträger im Verhältnis zum Versicherten im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten ein deutliches Übergewicht besitzt. Dies verkannte das SG.
Im Ergebnis war dem Beschwerdeführer und Kläger also PKH zu bewilligen und der Rechtsanwalt P. antragsgemäß beizuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2007, 672).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dem Kläger und Beschwerdeführer wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt P. beigeordnet.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers und Beschwerdeführers für das Beschwerdeverfahren werden auf die Staatskasse übernommen.
Gründe:
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung des Rechtsanwalts P ...
Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG) ist die Gewährung von Verletztengeld über den 15.06.2007 hinaus auf Grund des Arbeitsunfalls am 30.06.2006 streitig.
Mit Antrag vom 27.12.2007, gleichzeitig mit der Klageerhebung, beantragte der Beschwerdeführer und Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung des Rechtsanwalts P ... Aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 06.12.2007 sowie dem beiliegenden Bescheid der Arge R. vom 11.10.2007 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ergibt sich, dass der Kläger keine Einkünfte hat und in einer Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II bezieht. Mit Beschluss vom 23.05.2008 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts P. ab. Die Vertretung des Klägers durch einen Rechtsanwalt erscheine nicht erforderlich im Sinne von § 121 Abs.1 Satz 1 ZPO, da die Streitsache tatsächlich oder rechtlich einfach gelagert sei. Überdies sei das SG im Rahmen des Amtsermittlungsprinzips verpflichtet, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken und ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzen zu lassen.
Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 17.06.2008 Beschwerde ein. Dem Kläger als gebürtigen Italiener, der der deutschen Sprache nur im Umgangsbereich einigermaßen mächtig sei, fehle bei juristischem Fachvokabular jegliche Kenntnis. Zur Wahrung der Waffengleichheit im Prozess sei deshalb die Einschaltung eines Anwalts erforderlich.
Der Beschwerdeführer und Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 23.05.2008 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt P. beizuordnen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (Buchstabe a) und die Beiordnung des Rechtsanwaltes P. (Buchstabe b).
a) Nach § 73a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Beschwerdeführer und Kläger ist als Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung zu bestreiten. Die Klage hat auch hinreichende Aussichten auf Erfolg, da hinsichtlich der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers und Klägers durchaus Anhaltspunkte bestehen, dass sie über den 17.06.2007 hinaus fortdauerte. So ergibt sich aus der Bescheinigung der AOK Bayern vom 28.06.2008, dass der Kläger vom 20.06.2007 bis 27.06.2007 wegen der "Fraktur des Kalcaneus" arbeitsunfähig war. Außerdem ist möglicherweise von Bedeutung, dass sich die Wundheilung auf Grund der schlecht eingestellten Blutzuckerwerte - der Kläger ist Diabetiker vom Typ II - verzögerte. Damit dürfte eine weitere Beweiserhebung von Amts wegen durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durchzuführen sein.
Die Voraussetzungen von § 114 ZPO sind also erfüllt.
b) Die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgt nach § 121 Abs.2 ZPO dann, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dies beurteilt sich nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom 17.02.1997, 1 BvR 1440/96, NJW 1997, S.2103 f.; Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 22.06.2007, 1 BvR 681/07, veröffentlicht in Juris). Diese verfassungsrechtlich in Art.3 Abs.1 i.V.m. Art.20 Abs.3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit gebietet es im vorliegenden Fall, von einer Erforderlichkeit der Beiordnung auszugehen. Soweit im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die haftungsbegründende oder die haftungsausfüllende Kausalität im Sinne der sog. Theorie der wesentlichen Bedingung zu klären sind, handelt es sich um schwierige tatsächliche und rechtliche Fragen, bei denen regelmäßig davon auszugehen ist, dass der Versicherungsträger im Verhältnis zum Versicherten im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten ein deutliches Übergewicht besitzt. Dies verkannte das SG.
Im Ergebnis war dem Beschwerdeführer und Kläger also PKH zu bewilligen und der Rechtsanwalt P. antragsgemäß beizuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2007, 672).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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